Schutzengel mit geladener Waffe

Nach den jüngsten Angriffen afghanischer Sicherheitskräfte auf ISAF-Soldaten – erst vergangene Woche kamen an einem Tag zwei Briten und ein Amerikaner ums Leben – hat ISAF-Kommandeur John Allen neue Sicherheitsmaßnahmen für den Umgang der westlichen Truppen mit ihren afghanischen Verbündeten erlassen. Eine neue taktische Direktive sehe unter anderem vor, dass bei gemeinsamen Aktionen, aber auch Ruhezeiten von ISAF und Afghanen immer ein Soldat als Schutzengel über seine Kameraden wache und die Afghanen im Auge behalte, berichtet die Los Angeles Times. Weitere taktische Vorkehrungen sähen vor, dass die internationalen Truppen künftig auch dort ihre Waffen am Mann behielten, wo sie bislang abgelegt wurden, zum Beispiel in afghanischen Ministerien, oder dass Schreibtische so umgestellt würden, dass kein Überraschungsangriff mehr möglich sei.

Da es sich um eine Anweisung des ISAF-Kommandeurs (und nicht des US-Generals) Allen handelt, gilt die Neuregelung auch für die Bundeswehr am Hindukusch. Allerdings dürfte es sehr vom Fingerspitzengefühl des jeweiligen taktischen Kommandeurs abhängen, diese Sicherheitsmaßnahmen den Afghanen nicht als Affront erscheinen zu lassen – schließlich ist ja weiterhin das Ziel, über gemeinsame Aktionen im Partnering die afghanischen Sicherheitskräfte aufzubauen. Ein so grundsätzlicher Kurswechsel im Umgang mit dem Verbündeten ist die Tactical Directive allerdings nicht: Bereits jetzt wurden gemeinsame Liegenschaften, zum Beispiel der im vergangenen Jahr neu erbaute Bundeswehr- und ANA-Außenposten in Hazrat-e Sultan, so aufgebaut, dass das deutsche und das afghanische Camp auch innen sauber voneinander abgegrenzt sind. Mit den so genannten Hescoes, mit Sand und Stein gefüllten Drahtkörben gegen Beschuss, und mit S-Draht. Wie nach außen.

Nachtrag, ehe es durch alle deutschen Medien rauscht: Ein Kollege vom Wall Street Journal weist darauf hin, dass diese Maßnahmen schon vor Wochen bei einer Anhörung des US-Kongresses bekannt wurden… (habe ich aber auch nicht mitbekommen).