SPD-Chef will den Marschbefehl aus Europa
Dass der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel ein ehemaliger Zeitsoldat ist, wird in der Öffentlichkeit genau so gerne übersehen wie sein langes Festhalten an der Wehrpflicht, auch gegen eine Mehrheitsmeinung in der eigenen Partei. Zu verteidigungs- und sicherheitspolitischen Fragen äußert sich Gabriel allerdings relativ selten, deshalb wird vermutlich manche – auch unter Sozialdemokraten – seine Rede überraschen, die er heute bei den Petersberger Gesprächen gehalten hat. Ich empfehle diese Rede dringend zum Nachlesen (auch im Hinblick auf den Ausgang der Bundestagswahl 2013) – und ich bin sehr gespannt, ob die SPD tatsächlich mehrheitlich eine solche Haltung einnimmt: eine stärkere europäische Verteidigungszusammenarbeit auch, und das ist das entscheidende, auf Kosten der nationalstaatlichen Souveränität.
Gabriel im Wortlaut:
Wir Sozialdemokraten sind dazu bereit, zusammen mit den anderen demokratischen Parteien des deutschen Bundestages ein starkes Signal an unsere europäischen Partner auszusenden:
„Deutschland ist bereit, auch unter Änderung seines Grundgesetzes, für die Realisierung einer handlungsfähigen gemeinsamen Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik und damit verbunden des Fernziels einer Europäischen Armee einzutreten.“
In welcher Form dies geschehen kann, muss Gegenstand einer breit geführten Debatte sein. Ich könnte mir sogar vorstellen, dass wir dieses Ziel als Verpflichtung in das Grundgesetz aufnehmen.
Soldaten des Jägerbataillons 291, Teil der deutsch-französischen Brigade (Foto: Bruno Biasutto/defense.gouv.fr)
Wie die anderen Parteien setzt auch Gabriel an den Sparzwängen in den Verteidigungshaushalten an, die inzwischen – wenn auch auf hohem Niveau – selbst die USA erreicht haben. Und wie die anderen Parteien zieht er daraus die Konsequenz, dass auf europäischer Ebene dringend eine Arbeitsteilung her muss, um Mehrfachausgaben zurückzuführen. Pooling&Sharing oder Gent-Initiative heißen die Buzzwords, die immer wieder fallen.
Natürlich erwähnt auch der SPD-Chef diese Initiativen:
Pooling & Sharing, die Spezialisierung militärischer Fähigkeiten unter Partnern, gemeinsame Ausbildung und die bessere Abstimmung von Rüstungsprojekten sind gute Ansätze, die es konsequent auszubauen und weiter voranzutreiben gilt. Hier gibt es noch viel Potenzial. Die von Deutschland und Schweden auf den Weg gebrachte so genannte Gent-Initiative setzt genau an dieser Stelle an.
Was wir brauchen, sind ebenso intelligente wie auch mutige Projekte und Initiativen.
Das von Deutschland, Frankreich, Belgien und den Niederlanden bestückte Europäische Lufttransportkommando ist eine Initiative mit deutlichen Synergien bei strategischen Fähigkeiten. Es könnte Vorbild für weitere Projekte sein.Wir sollten aber auch eine seriöse Diskussion über Spezialisierung von militärischen Fähigkeiten zulassen. Viele unserer EU-Partner haben sehr pragmatische und vernünftige Vorstellungen, in was sie gut sind und was sie verstärkt leisten können. Im Gegenzug würden sie auf andere Fähigkeiten verzichten wollen.
Die deutsch-französische Brigade, das Eurokorps, das deutsch-niederländische Korps und das multilaterale Korps Nordost sind weitere Beispiele bereits bestehender wegweisender Projekte militärischer Zusammenarbeit.
Die Integration bleibt meist auf Stäbe und unterstützende Einheiten beschränkt. Hier müssen wir ansetzen und die Verzahnung der Strukturen weiterentwickeln.
Alles richtig. Aber der Knackpunkt ist ein anderer, und er zeigt sich an dem wegweisenden Projekt deutsch-französische Brigade: Wann ist die denn jemals als Brigade in den Einsatz gegangen? Teile dieser Brigade wurden im vergangenen Jahr nach Afghanistan geschickt – allerdings die deutschen Soldaten, unter deutschem Kommando. Als deutsch-französische Einheit ist das bislang nicht passiert.
Denn da sei auf deutscher Seite der Bundestag vor: dass eine gemeinsame Einheit aus verschiedenen europäischen Ländern in den Einsatz geht, ohne dass die Abgeordneten für den deutschen Anteil ein recht detailliertes Mandat vorgegeben hätten. Oder dass die Bundeswehr für internationale Einsätze Spezialisten vorhält, die dann aber nicht entsendet, weil Deutschland bei einem Einsatz aller anderen Nationen eben nicht mitmacht. So ähnlich passierte es doch vor Jahresfrist beim Thema Libyen – im NATO-Rat billigte die Bundesrepublik zwar diese Mission, beteiligte sich aber nicht und zog im Gegenteil umgehend die Marineeinheiten vor Ort aus der Embargoüberwachung ab.
Das darf, sagt Gabriel, nicht mehr vorkommen:
Wenn es aber darum geht, die von mir eingangs erwähnte drohende Marginalisierung der europäischen Staaten auf der internationalen Bühne zu verhindern, reichen die soeben geschilderten Maßnahmen bei weitem nicht aus.
Hier ist zuallererst die Politik gefordert, einen glaubwürdigen politischen Impuls hin zu einer gemeinsamen Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik zu geben. Das ist die Herausforderung der Stunde, der sich die Politiker in allen europäischen Hauptstädten gemeinsam stellen müssen, auch in Berlin.Für Deutschland bedeutet dies zunächst verloren gegangenes Vertrauen in unsere Bündnissolidarität zurückzugewinnen. Törichte Alleingänge, wie in der Libyenkrise, dürfen wir uns in Zukunft nicht leisten.
Wenn wir uns im Jahr 2050 in einer gemeinsamen Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik wiederfinden wollen, müssen wir bereit sein, unsere sicherheits- und verteidigungspolitischen Ziele abzustimmen. Auch wenn es schwer fällt, müssen wir bereit sein, wie schon zuvor in anderen Politikbereich, auch im sicherheits- und verteidigungspolitischen Bereich Schritt für Schritt Souveränität abzugeben.
Da ist es, das Reizwort: Souveränität abgeben. Wer sich an das Bonmot erinnert (ich weiß gerade nicht mehr, wer es geprägt hat): Europa gibt 50 Prozent der Verteidigungsausgaben der USA aus und erzielt damit zehn Prozent der Ergebnisse, dem ist klar, dass angesichts knapper – und schrumpfender – Verteidigungshaushalte nur der Weg der Zusammenarbeit funktioniert, auch unter Aufgabe eigener Fähigkeiten, in Arbeitsteilung mit europäischen Verbündeten.
Ich bin gespannt, ob Gabriel für diesen Ansatz auch nur in den eigenen Reihen eine Mehrheit findet, und dann darüber hinaus. Denn Souveränität auf diesem Feld abzugeben heißt auch, die Entscheidung für den grundsätzlichen Marschbefehl abzugeben. Und gegebenenfalls deutsche Soldaten für Europa loszuschicken, selbst wenn es dafür im eigenen Land keine politische Mehrheit gibt.
@Koffer
„Hört sich ja ganz spannend an, wie ist denn der Titel zu dem Polit-Thriller?“
Der Euro bzw. mehrere große Banken und damit auch die deutsche Wirtschaft standen z.B. bereits im Mai 2010 zeitweise unmittelbar vor einem Zusammenbruch. Das bestätigte später auch die EZB offiziell (Beschreibung im Bericht ab S. 38):
http://www.bundesbank.de/download/ezb/monatsberichte/2010/201006.mb_ezb.pdf
Sie erinnern sich: Das war als alle Instanzen ohne reale Möglichkeit der Prüfung innerhalb von Stunden ein erstes Rettungspaket durchgewunken haben und Präsident Köhler anschließend „überraschend“ zurücktrat.
Aber es entspricht dem üblichen Muster der Diskussion in dieser Frage, dass Hinweisen auf die Instabilität des Euros und die enormen Risiken, die Deutschland u.a. aufgrund des Euros zu tragen hat, nur mit polemischen Vorwürfen bzgl. „rechter Verschwörungstheorien“ etc. begegnet wird. Das hat über Jahre ja auch wunderbar funktioniert und die notwendigen Diskussionen ein um das andere Mal unterbunden.
Die sicherheitspolitische Diskussion darüber, wie man in Deutschland im Fall der Schließung von Banken über Zeiträume von bis zu mehreren Wochen und vermutlich sofort einsetzenden Panikkäufen etc. die Versorgung der Bevölkerung sicherstellt, die im Schnitt Vorräte für ca. drei Tage bereithält, wurde daher leider auch nicht geführt.
@Politikverdruss
Die Wirksamkeit der europäischen Verteidigung hat 70 Jahre funktioniert und die UDSSR zu Fall gebracht. Sicherheitspolitik ist eben mehr als der Einsatz von Waffen.
Gute Sicheheitspolitik hätte auch einen Angriff auf Libyen überflüssig gemacht!
Aber die war nicht gewollt! Ein Einsatz wie Libyen soll ja auch nicht Aufgabe einer europäischen Armee werden! Wir sprechen von Verteidigung! Wie ein Bundesstaat aufgebaut und funktionieren kann hat ja gerade das 1.+ 2. Deutsche Reich und die BRD gezeigt. Wer hätte das vor 150 Jahren gedacht? Auch Russland, China, Schweiz Indien und die USA sind ein Bund von vielen Völkern. Die Frage wird nicht sein ob wir es machen wollen, sondern die Umstände werden uns zwingen! Was die Bayern und Preußen geschafft hatten, können auch die Deutschen und Franzosen (ob mit oder ohne England, Österreich, Luxemburg, Südtirol, Elsaß sind ja auch nicht in Deutschland)! Auch die Bayern und Sachsen kämpften im 1. Weltkrieg noch in getrennten Einheiten. Ich hoffe nicht, dass wir unter einer Regierung dienen sondern unter einer Kette von Entscheidungsebenen und die Entscheidungen müssen dort getroffen werden wo es sinnvoll ist. Europa wird hoffentlich kein Zentralstaat sondern ein Staatenbund, aufgebaut nach dem Substitaritätsprinzip.
@Elahan
„Ein Einsatz wie Libyen soll ja auch nicht Aufgabe einer europäischen Armee werden! Wir sprechen von Verteidigung!“
Gegen wen wurde bzw. wird Deutschland denn z.B. bei den EU-Einsätzen im Kongo oder im Tschad verteidigt, und warum werden Forderungen nach stärkerer militärischer Integration auch mit dem angeblichen deutschen „Libyen-Fiasko“, das sich nicht wiederholen dürfe etc., begründet? Die endgültige Ausschaltung der grundgesetzlichen Beschränkung von Bundeswehreinsätzen auf Landesverteidigung durch die europäische Hintertür wäre m.E. eine offensichtliche Folge der geforderten sicherheitspolitischen Integration.
„Was die Bayern und Preußen geschafft hatten, können auch die Deutschen und Franzosen (ob mit oder ohne England, Österreich, Luxemburg, Südtirol, Elsaß sind ja auch nicht in Deutschland)! “
Eine funktionierende Demokratie braucht ein Staatsvolk bzw. eine Öffentlichkeit, die politische Diskuse führen kann, was als Mindesvoraussetzung eine gemeinsame Verkehrssprache bedingt, in der auch der Großteil der politischen Diskussion geführt werden muss. Das gibt es in Europa nicht, so dass die für eine funktionierende Demokratie auf europäischer Ebene notwendigen Bedingungen nicht gegeben sind. Um eine Demokratie zu schaffen, reicht es eben nicht, irgendwo ein Parlament hinzustellen.
Ich bin da bei Orontes. :) Auch sind seine Aussagen zum Euro allenfalls offensiv, aber keineswegs Früchte irgendwelcher Verschwörungstheorien. Der Euro kann in seiner Form auf Dauer nicht so funktionieren, wie man es von einer Währung erwartet. Er kann aufgrund der Struktur der Währungsunion nur duch gravierende Eingriffe der Beteiligten stabilisiert werden, wobei der Maastrichter Vertrag permanent gebrochen wird.
Man muss übrigens dringend davor warnen, rein politische Prestigeobjekte von anfänglich eher mäßigem Nutzen nachträglich heilig zu sprechen oder mit allzu hohen Bedeutungen zu unterfüttern. Aussagen wie: „Scheitert der Euro, scheitert Europa“ sind dabei genauso abgedroschen wie schlicht unwahr.
Und so halte ich es mit vielen restlichen „europäischen“ Projekten, die einem Nutzen entbehren und ein Klima der Fremdbestimmung schaffen. Kleinere Staaten fühlen sich latent übergangen (auch wenn einige ihre Motive zum EU-Beitritt prüfen sollten), genau wie viele Staatsvölker.
Um wieder zurück zur Verteidigung zu kommen. Die Verteidigungsfähigkeit (und ich meine die Verteidigung) entscheidet sich nicht an einer europäischen Armee. Eine solche Struktur könnte sogar hemmend wirken. Eine ernsthafte Verteidigungspolitik setzt woanders an. Z.B. an der Verteidigungsbereitschaft der Big Player (wir sind so einer ohne es zu wissen) oder an der Wehrpflicht…. Huch, die ist ja weg… Eine EU-Armee riecht zu sehr nach einer Lastenumlage im Abenteuerfalle nationalen Interesses.
@Elahan,
ich glaube es mangelt ein wenig an der Klarheit der Begriffe.
Der Staatenbund ist ein Zusammenschluss souveräner Staaten, mit eigener, aber nur lockerer Organisation auf Bundesebene. Zum Beispiel Benelux oder Deutscher Bund.
Der Unterschied zwischen Staatenbund und Bundesstaat besteht darin, dass im Bundesstaat der Bund Inhaber der Souveränität ist, während im Staatenbund die einzelnen Staaten rechtlich und wirtschaftlich autonom sind, jedoch eine gemeinsame Union bilden.
Die EU ist über den Status als Staatenbund längst hinaus. Sie verfügt in ihren Mitgliedsländern über innenpolitische Befugnisse, die längst bundesstaatlichen Charakter haben. Stichwort: EU-Richtlinien, derzeit besonders gut zu beobachten bei der Gängelung Ungarns. Was Herrn Barroso in seiner Sammlung noch fehlt, ist zum Beispiel die Budget-Hoheit oder eine europäische Außenpolitik, die von Brüssel bestimmt wird.
Also, wenn es „nur“ um die Strukturen eines Staatenbundes ginge, ausgerichtet nach den Prinzipien der Subsidiarität, dann könnten wir beruhigt in die europäische Zukunft schauen. Da bin ich ganz auf Ihrer Seite. Darum geht es aber nicht. Es geht darum, dass die EU immer mehr Kompetenzen(EU-Richtlinien) an sich reißt oder im „Windschatten“ der Staatsverschuldungskrise zugewiesen erhält (z.B. Fiskalpakt). So läuft das nicht! In seinem Urteil vom 30.Juni 2009 zum Vertrag von Lissabon bekräftigt das BVerfG, dass die EU kein Bundesstaat sei und auch nicht werden dürfe, solange das Grundgesetz gelte und das deutsche Volk einem solchen Schritt nicht in einer Volksabstimmung zugestimmt habe.
@Politikverdruss
Ich habe Sie nicht als Träumer, sondern als „Anti“ bezeichnet.
Was eine Umfrage des Zeitmagazines ergibt oder nicht es demokratietechnisch egal. Wie leben in einer Republik und bei uns wir die Volkssouveränität durch Wahlen manifestiert.
D.h. politisch geht solange noch eine ganze Menge, wie die demokratisch gewählten Politiker das wollen und das Volk niemand anderes wählt.
Rechtlich geht im Europa mindestens so viel wie in der NATO (genaugenommen sogar mehr weil wir für die Übertragung von Hoheitsgewalt an die EU einen eigenen Art. haben). Und wenn man sich die Kommandostruktur der NATO zu Zeiten des kalten Krieges oder in der Struktur der D/F-Brig angeht, dann ist auch da viel Luft.
Spannend wird es da, wo Entscheidungen über Einsatz und Nicht-Einsatz oder über Krieg und Frieden in Europa und nicht mehr im BT gefällt werden.
Hier gibt es sicherlich absolute Grenzen, die in der Fachdiskussion noch umstritten sind. Aber auch da geht mehr als heute der IST-Zustand ist…
Nebenbei hat das BVerfG den Ermachtigungsparagraphen der bereits in den aktuellen Verträgen hinsichtlich einer gemeinsamen Verteidigung nicht moniert, sondern (bisher) lediglich die „Aktivierung“ unter Parlamentsvorbehalt gestellt.
@Koffer | 12. März 2012 – 19:33
Zitat: „bei uns wir die Volkssouveränität durch Wahlen manifestiert“
Dies ist jedoch nur dann richtig, wenn die Volksvertreter das Volk wirklich vertreten, indem sie im Sinne des mehrheitlichen Volkswillens entscheiden. Dies ist jedoch nur der Fall, wenn es keinen deutlichen Unterschied zwischen Parlamentsentscheidungen und repräsentativen Meinungsumfragen in unserer repräsentativen Demokratie gibt. Die Praxis ist das Kriterium der Wahrheit.
Stefan | 12. März 2012 – 19:48
„Dies ist jedoch nur dann richtig, wenn die Volksvertreter das Volk wirklich vertreten, indem sie im Sinne des mehrheitlichen Volkswillens entscheiden.“
Nein, ein Parlamentarier (MdB) entscheidet nicht unbedingt im Sinne des mehrheitlichen Volkswillens … das muss und soll er auch nicht. Er ist sich selbst und dem Grundgesetz verpflichtet bei seinen Entscheidungen. Er muss nämlich auch unpopuläre Entscheidungen treffen, die der „mehrheitliche Volkswillen“ evtl. nicht will … Steuererhöhungen, Streitkräfte einsatz, Reform arbeitslosengeld etc. Somit hat der Wähler den Auftrag, sich die Kandidaten genau an zu sehen bevor sie gewählt werden.
Ich persönlich möchte nicht von Volksentscheiden regiert werden … dann wäre die Bananenrepublik noch das Optimum.
@Heiko Kamann
„Er ist sich selbst und dem Grundgesetz verpflichtet bei seinen Entscheidungen.“
Na sich selbst ja, nämlich seinem „besten Wissen und Gewissen“ … und sonst eigentlich niemandem. Das „freie Mandat“ kennt eigentlich kaum eine Begrenzung.
Sofern Sie sich mal der Mühe unterziehen wollen, allen namentlichen Abstimmungen nachzugehen, die im Zusammenhang mit den Abstimmungen über den Einsatz deutscher Streitkräfte außerhalb der bündnisbezogegenen Landesverteidigung stehen, dann könnte Ihnen auffallen, dass diese nicht sehr unhäufig aus den Reihen der Regierungsparteien unabhängig der jeweiligen Regierungsformation erfolgten.
Zumeist können in den amtlichen Drucksachen des Deutschen Bundestages die Gründe, die diese geltend machten, nachgelesen werden. Selbst ehemaligen Parlamentarische Staatssekretäre im BMVg stimmten als Abgeordnete gegen einen bestimmten Einsatz deutscher Streitkräfteaußerhalb der bündnisbezogenen Landesverteidigung.
Über deren Gründe, die sie damals geltend machten und in den amtlichen Drucksachen dokumentiert sind, lohnt sich nachzudenken.
@Stefan
Umfragen sind wirklich das aller, allerletzte nachdenen sich ein Volksvertreter richten sollte!
@all
Hier mal drei Zitate aus dem aktuellen (und durch das BVerfG gebilligten Vertrag von Lissabon – oder genau genommen aus der konsolidierten Fassung der Europäischen Verträge in der Fassung nach dem ratifizierten Vertrag von Lissabon):
EUV
Präambel
[…]ENTSCHLOSSEN, eine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik zu verfolgen, wozu nach Maßgabe des Artikels 42 auch die schrittweise Festlegung einer gemeinsamen Verteidigungspolitik gehört, die zu einer gemeinsamen Verteidigung führen könnte, und so die Identität und Unabhängigkeit Europas zu stärken, um Frieden, Sicherheit und Fortschritt in Europa und in der Welt zu fördern,[…]
§24 (1)
Die Zuständigkeit der Union in der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik erstreckt sich auf alle Bereiche der Außenpolitik sowie auf sämtliche Fragen im Zusammenhang mit der Sicherheit der Union, einschließlich der schrittweisen Festlegung einer gemeinsamen Verteidigungspolitik, die zu einer gemeinsamen Verteidigung führen kann. […]
§42
Die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik umfasst dieschrittweise Festlegung einer gemeinsamen Verteidigungspolitik der Union. Diese führt zu einer gemeinsamen Verteidigung (sic!!!), sobald der Europäische Rat dies einstimmig beschlossen hat. Er empfiehlt in diesem Fall den Mitglied staaten, einen Beschluss in diesem Sinne im Einklang mit ihren verfassungsrechtlichen Vorschriften zu erlassen.
Also, wenngleich eine Europa-Armee und/oder eine integrierte europäische Verteidigung nicht zwingend vorgeschrieben ist, so müßte für die Einführung des einen wie des anderen noch nicht einmal die Verträge geändert werden. Das ist alles schon in den aktuelle Verträgen angelegt.
Allerdings sagt der Vertragstext natürlich auch deutlich aus, dass die „Aktivierung“ dieser Ermächtigungsnormen gem. den nationalen Verfassungen erfolgen sollte.
Außerdem wäre vermutlich eine Anpassung der Strukturen von Rat und Kommission zweckmäßig (und damit dann doch eine Vertragsänderung), aber notwendig wäre sie nicht…
BTW Zwischen dem jetzt und einer möglichen vollintegrierten „Europaarmee“ gibt es natürlich auch noch ein, zwei Zwischenschritte, wie z.B. „nur“ ein vollintegriertes Eurokorps oder aber das Konzept der „Synchronized Armed Forces Europe“ (Vorgeschlagen durch Hr. Pöttering) – quasi als Versuch die deutsche Kultusminister-Konferenz auf die GSVP zu übertragen ;)
@Koffer,
in grundlegenden Fragen gilt in Deutschland das Grundgesetz. Deshalb stelle ich Ihren Auszügen aus dem Lissabonner Vertrag die Leitsätze des BVerfG mit Urteil vom 07.09.111 entgegen:
3a) Der Deutsche Bundestag darf seine Budgetverantwortung nicht durch unbestimmte haushaltspolitische Ermächtigungen auf andere Akteure übertragen. Insbesondere darf er sich, auch durch Gesetz, keinen finanzwirksamen Mechanismen ausliefern, die – sei es aufgrund ihrer Gesamtkonzeption, sei es aufgrund einer Gesamtwürdigung der Einzelmaßnahmen – zu nicht überschaubaren haushaltsbedeutsamen Belastungen ohne vorherige konstitutive Zustimmung führen können.
b) Es dürfen keine dauerhaften völkervertragsrechtlichen Mechanismen begründet werden, die auf eine Haftungsübernahme für Willensentscheidungen anderer Staaten hinauslaufen, vor allem wenn sie mit schwer kalkulierbaren Folgewirkungen verbunden sind. Jede ausgabenwirksame solidarische Hilfsmaßnahme des Bundes größeren Umfangs im internationalen oder unionalen Bereich muss vom Bundestag im Einzelnen bewilligt werden
4.Die Bestimmungen der europäischen Verträge stehen dem Verständnis der nationalen Haushaltsautonomie als einer wesentlichen, nicht entäußerbaren Kompetenz der unmittelbar demokratisch legitimierten Parlamente der Mitgliedstaaten nicht entgegen, sondern setzen sie voraus. Ihre strikte Beachtung gewährleistet, dass die Handlungen der Organe der Europäischen Union in und für Deutschland über eine hinreichende demokratische Legitimation verfügen (BVerfGE 89, 155 ; 97, 350 ). Die vertragliche Konzeption der Währungsunion als Stabilitätsgemeinschaft ist Grundlage und Gegenstand des deutschen Zustimmungsgesetzes (BVerfGE 89, 155 ).
Koffer, die nationale Haushaltsautonomie ist auf der Grundlage des Grundgesetzes nicht entäußerbar. Erst ihre „strikte Beachtung gewährleistet, dass die Handlungen der Organe der europäischen Union in und für Deutschland über eine hinreichende Legitimation verfügen.“ Damit ist der „Aktivierung von Ermächtigungsnormen“ ein auf Grundlage des Grundgesetzes nicht überwindbarer Riegel vorgeschoben.
@Orontes
……Eine funktionierende Demokratie braucht ein Staatsvolk bzw. eine Öffentlichkeit, die politische Diskuse führen kann, was als Mindesvoraussetzung eine gemeinsame Verkehrssprache…….
Das ist so nicht richtig, denn die Schweiz existiert ja auch und sie ist ja für viele ein Musterland in Sachen Demokratie. Dass Europa evtl 2050 Englisch als Verkehrssprache haben wird, ist sehr wahrscheinlich und neue Kommunikationsmittel werden wir bis dahin auch haben! Aber das wird ein Prozess sein, so wie ihn Deutschland in den letzten 50 Jahren durchgemacht hat. Es kann aber auch ganz anders kommen!
…..Die endgültige Ausschaltung der grundgesetzlichen Beschränkung von Bundeswehreinsätzen auf Landesverteidigung durch die europäische Hintertür wäre m.E. eine offensichtliche Folge der geforderten sicherheitspolitischen Integration….
Zustimmung aber genau das gilt es im demokratischen Prozess zu verhindern oder nicht zur Regel zu machen. Genau diese Interventionspolitik würde durch eine Einbindung der Abenteurer hoffentlich gebändigt (persönliche Hoffnung). Nachhaltige Erfolge hatten diese Abenteuer ja bisher nicht!
@Niklas
Eine EU-Armee riecht zu sehr nach einer Lastenumlage……und genau das wird gerade mit all den Vorhaben der EDA (http://www.eda.europa.eu), OCCAR, EATC, Luftverteidigung (http://sverigesradio.se/sida/artikel.aspx?programid=2108&artikel=4910508) über Estland, Lettland und Litauen [der Link fällt so in eine Grauzone, siehe letzten Blog-Eintrag – lieber eine Originalmeldung der Luftwaffe oder der NATO dazu verlinken? T.W.], Niederlande ohne Panzer, BRD ohne Flugzeugträger uvm vorbereitet.
@Politikverdruss
Danke für die Definition der Begrifflichkeiten.
Artikel 24 GG (2) Der Bund kann sich zur Wahrung des Friedens einem System gegenseitiger kollektiver Sicherheit einordnen; er wird hierbei in die Beschränkungen seiner Hoheitsrechte einwilligen, die eine friedliche und dauerhafte Ordnung in Europa und zwischen den Völkern der Welt herbeiführen und sichern.
@Koffer
Zustimmung
@Elahan
„Dass Europa evtl 2050 Englisch als Verkehrssprache haben wird, ist sehr wahrscheinlich und neue Kommunikationsmittel werden wir bis dahin auch haben…“
Die Verordnung einer Fremdsprache bzw. des Englischen als exklusivem Medium der politischen Diskussion würde wohl nicht nur von Franzosen als beispielloser imperialer Akt verstanden werden, der alles, was man der EU bislang z.T. unfairerweise an Zentralismus und Übergehung der Nationalstaaten unterstellt hat, bei weitem übersteigen würde. Aber es ist interessant zu lesen, was sich EU-Befürworter langfristig alles noch an Zwangsmaßnahmen gegen die europäischen Völker wünschen.
In seiner extremen Form ist der Wunsch nach Auflösung der Nationalstaaten und Staatsvölker zum Glück ein vorwiegend deutsches Problem, das außerhalb Deutschlands verstärkt auf Widerstand stößt und daher wenig Aussichten auf Erfolg hat. Warum der Wunsch, sich als Volk aufzulösen und Souveränität und demokratische Rechte aufzugeben, gerade in Deutschland so stark ausgeprägt ist, wäre m.E. eine interessante psychologische Fragestellung.
@Orontes
So sind alle Saaten entstanden von der Antike bis zur Neuzeit selbst Deutschland bestand aus unzähligen einzelnen Staaten. So ist das Leben es organisiert sich und dann zerfällt es um wieder Platz für neues zu schaffen! Wer so tut als ob die BRD das Ende der Geschichte ist, kann sich ja mal über die Gründung eines Nordstaates in Deutschland, oder die Spaltung Großbritanniens informieren. Völker kommen und gehen! Und was verstehen sie unter Volk? Europäer sind nicht mehr und nicht weniger ein Volk wie die Völker Russlands, der Schweiz, der USA, Idiens, Brasiliens und Chinas.
@Elahan
„Wer so tut als ob die BRD das Ende der Geschichte ist, kann sich ja mal über die Gründung eines Nordstaates in Deutschland, oder die Spaltung Großbritanniens informieren. Völker kommen und gehen!“
Da stimme ich Ihnen absolut zu, nur meine ich, dass zuerst das Staatsvolk im staatsphilosophischen Sinne bestehen muss, damit sich der Staat bilden kann. Die EU versucht den umgekehrten Weg zu gehen und vorwegzunehmen, was vielleicht erst in 100 oder 200 Jahren als Vorbedingung für einen europäischen Staat existiert.
„Und was verstehen sie unter Volk? Europäer sind nicht mehr und nicht weniger ein Volk wie die Völker Russlands, der Schweiz, der USA, Idiens, Brasiliens und Chinas.“
Die europäischen Völker teilen m.E. noch stärker als die Bevölkerungen z.B. der USA oder Indiens Eigenschaften, die sie zu einem Staatsvolk werden lassen könnten; mit Ausnahme einer gemeinsamen Sprache. Es würde aber absolut dem Zeitgeist wiedersprechen, vorhandene Gemeinsamkeiten zu betonen, denn die Hervorhebung einer gemeinsamen Identität wäre notwendigerweise mit der Abgrenzung gegenüber dem verbunden, das nicht mehr dazugehört. Frühere europäische Einigungsbewegungen beruhten z.B. auf der Idee eines christlichen Europa und Abgrenzung und Verteidigung gegen den Islam (seit Karl dem Großen) oder der Abwehr des Kommunismus mit unterschiedlicher Akzentsetzung (wobei man ungerne zugibt, wer hier den Anfang gemacht hat). Um Europa eine gemeinsame Identität zu geben, würde man vermutlich wieder einen Feind brauchen, und von Feinden zu sprechen passt nicht zum Zeitgeist. Europa versucht gerade alles zu haben, nämlich gemeinsame Identität und Offenheit gegenüber alles und jedem.
P.S. Ein amerikanischer Blick auf Deutschlands geopolitische Lage im EU-Zusammenhang:
http://www.stratfor.com/weekly/state-world-germanys-strategy
Der Autor George Friedman sieht in der aktuellen EU-Politik ein deutsches Vorhaben zur „imposition of German power via economics“ mittels einer „German-dominated EU bureaucracy“, was den Zusammenhalt der EU gefährde. Als Ergebnis künftiger Spannungen könnten sich für Deutschland Alternativen zur EU in Form stärkerer Kooperation mit Russland ergeben.
Friedman spekuliert gerne und denkt stärker in geopolitischen Kategorien als die meisten deutschen Politiker es vermutlich tun, aber wie die jüngsten Wikileaks-Dokumente zeigen spricht er regelmäßig mit Personen, die einen tieferen Einblick in das Geschehen haben, und gibt z.T. möglicherweise auch deren Perspektive wider.
@Politikverdruss
1. Die von mit mir zitierte Ermachtigunsnorm für eine gemeinsame europäische Vtdg steht im Vertrag von Lissabon und der wurde durch das BVerfG gebilligt.
2. Haushaltsautonomie ist kein Hinderungsgrund für eine Europaarmee. Z.B. verfügt die EU via den Aussenzöllen über eigene Einnahmen, die zB ausreichen würden um eine vollintegrierte Kernstreitmacht zu finanzieren und den Rest der „synchronisierten“, aber nationalen Streitkräfte könnte man weiterhin über die nationalen Haushalte finanzieren. Eine andere Option ist eine eigene Europasteuer. Solange die EU hier keine „Kompetenz-Kompetenz“ bekommt ist das verfassungsrechtlich kein Problem
Die Frage ob und wenn ja wie man eine gemeinsame Europäische Verteidigung gestaltet ist eine POLITISCHE. Wenn die Euroskeptiker sich politisch durchsetzen, dann wird es keine geben. So einfach ist das.
Aber zu behaupten es ginge rechtlich nicht ist einfach nicht richtig!
@ Koffer
natürlich sind europäische Integrationsprozesse, auch auf verteidigungs-und sicherheitspolitischen Gebiet, weiter möglich. Das ist das, was in der Grauzone zwischen Staatenbund und Bundesstaat stattfindet. Dabei wird ständig gegen das Subsidiaritätsprinzip verstoßen. Darum geht es mir jetzt aber nicht.
Es geht mir um den Schritt, mit dem wir diese Grauzone verlassen und unzweideutig in den Bereich des europäischen Bundesstaates vorstoßen. Dieser Schritt ist mit dem Grundgesetz in der heutigen Fassung nicht zu machen. Das gilt auch für die Verteidigung. „Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf“ heißt es in Artikel 87a. Wenn dieser Schritt hin zum Bundesstaat vollzogen werden soll, dann mag dahinter eine politische Absicht stehen. Die Umsetzung aber ist nur auf rechtlicher Ebene möglich. Die Souveränität der 27 Mitgliedstaaten müsste aus den nationalen Verfassungen auf die EU übertragen werden. Das ist eine Jahrhundertaufgabe. Auch der Parteivorsitzende der SPD sprach in diesem Zusammenhang von einem „Fernziel“.
„Die Frage ob und wenn ja wie man eine gemeinsame Europäische Verteidigung gestaltet ist eine POLITISCHE“, behaupten Sie. Auch die Einführung des Euro ist eine POLITISCHE Entscheidung gewesen. Leider, muss man heute konstatieren. Diese Entscheidung wird uns noch viel kosten, wenn sie uns nicht sogar in den finanzpolitischen Abgrund reißt. Und nun müssen wir diesen Fehler nicht auch noch mit der „Europäischen Armee“ wiederholen.
Ich bin kein „Euroskeptiker“! Und Sie müssen diesen stigmatisierenden Begriff auch gar nicht verwenden. Ich weiß den Wert Europas sehr wohl zu schätzen. Gleichwohl steht die Politik nicht über dem Recht. Das scheint man ein wenig aus den Augen zu verlieren.
@Politikverdruss
„Auch die Einführung des Euro ist eine POLITISCHE Entscheidung gewesen. Leider, muss man heute konstatieren. Diese Entscheidung wird uns noch viel kosten, wenn sie uns nicht sogar in den finanzpolitischen Abgrund reißt. Und nun müssen wir diesen Fehler nicht auch noch mit der „Europäischen Armee“ wiederholen.“
Ja genau, diese Argumente sind politische. Genau über solche Fragen muß man sicher meiner Meinung nach unterhalten wenn es um die Debatte über für und wieder einer Europa-Armee geht.
Aber rechtlich ist das alles kein Problem.
Der Art 87a hindert den Bund nicht daran Streitkräfte unter europäisches Kommando zu stellen. Der Art 87a hindert Europa nicht aus „eigenen“ Mitteln vollintegrierte Kernfähigkeiten zu schaffen etc. etc.
Ich habe schon verstanden, dass sie gegen solche Schritte sind und ich empfinde diese Argumente als bedenkenswert (wenngleich ich auch eine andere Meinung vertrete), aber das hat etwas mit politischem Abwägen zu tun.
Rechtlich möglich ist das alles…
Ein Problem wurde bisher übrigens nur kurz gestreift:
Im Falle einer wie auch immer gearteten vollintegrierten europäische Komponente (sei es nun die ganze Armee oder nur ein kleiner Teil), müßte das aktuell bei uns ja „heilige“ Prinzip des Parlamentsvorbehalts zumindest teilweise fallen.
Nie und nimmer lassen sich die Franzosen oder Briten, ja noch nicht einmal die Niederländer auf ein System wie wir es derzeit in DEU haben ein.
Von Laufbahnrecht und Beteiligungsrechten ganz zu schweigen ;)
ICH halte das für gut, denn den einen oder anderen unsinnigen Auswuchs der letzten 15 Jahre könnte man damit wieder auf ein vernünftiges Maß zurecht stutzen, aber ob das Gabriel und Co auch so klar ist?
@Orontes
„Um Europa eine gemeinsame Identität zu geben, würde man vermutlich wieder einen Feind brauchen, und von Feinden zu sprechen passt nicht zum Zeitgeist. Europa versucht gerade alles zu haben, nämlich gemeinsame Identität und Offenheit gegenüber alles und jedem.“
Zustimmung so war das in der Vergangenheit und viele Saaten arbeiten noch heute mit diesen Rezepten was langfristig zur Schwächung und schließlich zu der Verschwinden endet! Um Europa eine gemeinsame Identität zu geben, würde man vermutlich wieder einen Feind brauchen, und von Feinden zu sprechen passt nicht zum Zeitgeist. Europa versucht gerade alles zu haben, nämlich gemeinsame Identität und Offenheit gegenüber alles und jedem. Gerade deshalb ist der neue Weg Europas ja so erfolversprechend denn er ist ein anderer. Wer die Welt in ihrer Vielfalt betrachtet und sie nicht auf schwarz und weiß reduziert wir in Zukunft erfolgreicher sein. Europa ist am Scheideweg und die Bevölkerung muss den Weg der Zukunft wählen und der heiß Kooperation und Vernetzung! Dies kann auch ein falscher sein! Ja, die Sehnsucht nach Heimat wird stärker aber diese Heimat sollte nicht ein staatliches/politisches Gebilde sein, sondern die Region aus der man stammt. Der Nationalismus des 19Jh hat hoffentlich in Europa keine Chance. Die Einheit von Raum, Volk, Sprache, Kultur und Religion war immer eine Illusion und hatte beim Streben nach ihrer Verwirklichung immer zu Spannung und Kriegen geführt (siehe Balkan). Wir sollten diesen falschen Traum nicht anstreben. Die Völker die sich in diese Einheit beaben, hatten vielleicht kurzfristig den Frieden aber er verloren langfristig die Freiheit und den Handel. Europa wird es sich nicht leisten können! Dies wird der Ausschlag für eine zukünftige Verteidigungsmacht sein wie auch immer und wann auch immer im Endausbau! Dieses Projekt hat begonnen der Zug rollt nun geht es nur um das Tempo und die Weichenstellung! Das Ziel muss der nachhaltige Frieden sein!
Die Regionalisierung geschieht gerade (siehe Bayern/ Friesen/ Schotten/ Wallonen/ Basken/ Sorben/ Tiroler/ selbst innerhalb Schwabens und der Schweiz gibt es diesen Trend). Dies ist auch nicht schädlich und widerspricht in keinem Fall der europäischen Idee. Unser Erfolgsrezept ist gerade diese Vielfalt und Flexibilität. Dies ist der europäische Mehrwert. Sinvolle und gut geplante Kooperation macht unsere Streitkäfte nicht schwächer, sondern stärker! Warum soll was in der Wirtschaft funktioniert, im Militär nicht klappen?
@Koffer,
was sollen wir mit Ihrem Argument anfangen, rechtlich sei alles möglich…? Damit kann doch keiner etwas anfangen. Dass das auch unzutreffend ist, dazu reicht doch ein Blick in Art. 79Abs.3 GG.
Ich beziehe mich auf die derzeitig gültige Rechtsordnung auf nationaler und europäischer Ebene. Und in der Kompetenzordnung der EU gilt das „Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung“.
Natürlich steht Art. 87a GG der Anwendung des Art. 24 Abs. 2 GG als verfassungsrechtliche Grundlage für den Einsatz bewaffneter Streitkräfte in einem System gegenseitiger kollektiver Sicherheit nicht entgegen. Etwas Gegenteiliges habe ich auch nicht behauptet. Aber das Grundgesetz verpflichtet die Bundesregierung auch, für einen Einsatz bewaffneter Streitkräfte die konstitutive Zustimmung des Deutschen Bundestages einzuholen. Das bedeutet, egal in welchen europäischen Strukturen sich deutsche Streitkräfte befinden, die Letztverantwortung für den Einsatz liegt bei den Bundestagsabgeordneten.
Für den Aufbau einer „europäischen Armee“ sehe ich gegenwärtig keine Notwendigkeit und in absehbarer Zeit auch keine Möglichkeit, die dazu erforderlichen rechtlichen Grundlagen für eine bundesstaatliche Rechtsordnung(EU) zu schaffen. Die durch einen Einzelstaat nicht leistbare Schutzverpflichtung gegenüber der eigenen Bevölkerung wird durch die bewährte NATO bestens sichergestellt. Und es wäre jetzt geradezu abenteuerlich, wenn man neben der noch Jahre dauernden Wirtschafts-, Währungs- und Finanzkrise weitere Strukturkrisen im Bereich der äußeren Sicherheit schaffen würde. Deshalb sollten die europäischen Eliten alles daran setzten, die Wirtschafts-, Währungs- und Finanzkrise in der EU zu bändigen. Damit haben die genug zu tun.
@koffer, @politikverdruss: Man kann die European Hedline Goals und den EUMC durchaus de jure als eben de jure faktisierte Europa-Armee ansehen. Diese These-die keinesfalls hier beweisbar wäre, geschweige denn ich als absolut hoier stehen gelassen will-soll meinen Post einleiten:
Dies anders zu betrachten hieße die EU-Missionen (z.B. Tschad, B/H, usw.) juristisch neu aufzuschnüren. Ich (!) hielte das für abwegig und gehe sogar noch einen Schritt weiter: wir haben sie auch de facto. Bitte mir jetzt nicht vorwerfen, dass das EUMC ja ein MC ohne Truppen ist-das ist in diesem (!) Zusammenhang die NATO auch, auch diese benötigt die „Freigabe durch die Mitglieder“, auch hier steht es jedem Mitglied frei zu entsenden oder es bei einer Protestnote zu belassen.
Das BVerfG sprach bei der EU von einem Staatenverbund. Seit dem versuchen sich Ökonomen, PolWiss, VerwWiss und natürlich Juristen an einer Definition, was das denn nun genau sei. Ich möchte lediglich eines zitieren:
„Solange im Rahmen einer europäischen Bundesstaatsgründung nicht ein
einheitliches europäisches Volk als Legitimationssubjekt seinen
Mehrheitswillen gleichheitsgerecht politisch wirksam formulieren kann,
bleiben die in den Mitgliedstaaten verfassten Völker der Europäischen
Union die maßgeblichen Träger der öffentlichen Gewalt, einschließlich
der Unionsgewalt.“ http://www.bverfg.de/pressemitteilungen/bvg09-072.html
Und hier bin ich nun wieder ziemlich bei Ihnen beiden und anderen: Die EU hat nach wie vor keine Verfassung. Es widerspricht sämtlichen europäischen demokratischen Rechtstraditionen Armeen ohne Rückkopplung auf die Verfassung einzusetzen-insofern es ohne Nationalstaat und ihren Verfassungen nicht legitim ist, auch das führe ich in Ableitung zum BVerfG-Urteil vom 30. Juni 2009 – 2 BvE 2/08, 2 BvE 5/08, 2 BvR 1010/08, 2 BvR 1022/08, 2 BvR 1259/08 und 2 BvR 182/09 – aus.
Doch andererseits kennt jede EU-Verfassung die Möglichkeit seine Truppen einem gemeinsam mit anderen Staaten gebildeten Oberkommando zu unterstellen. Wir hier also lediglich das Problem der fehlenden Sukzessivität noch ins Feld führen könnten, meine ich.
Und das Problem bleibt logisch, betrachtet man sich nochmals das BVerfG-Urteil: das Volk solle die Einhaltung der Verfassung, hier GG genannt, sicherstellen, auch beim Einsatz der SK. Kann es das, wenn man Truppen an die EU „abstellt“, in ein Oberkommando unterstellt, auch dauerhaft? Bzgl. der NATO hat das BVerfG nichts dazu gesagt-muss es auch nicht, Stichworte: Protestnote, Bündisverteidigung, etc-, bzgl. des EUMC verbietet es quasi die Dauerhaftigkeit ohne Entbindungsmöglichkeit bzgl. der Verpflichtung zum nationalen Parlamentsvorbehalt.
Aber deshalb vom Fehl einer EU-Armee sprechen?
Ich möchte es so ausdrücken: Wir erleben momentan eine EU, die die Staatsvölker die in diesem Staatenverbund leben, gerade etwas sehr strapaziert, tlw. wohl auch überfordert, wie nicht wenige-hier aus verständlichen und zu respektierenden Gründen nicht verlinkbare-Kolumnisten nicht müde werden zu betonen. Die EU-Armee ist auf der Liste der momentan abzuarbeitenden Probleme auf der Liste ein eher nachrangiger Punkt-eben auch weil wir mit dem EUMC und den Nationalstaatsverfassungen wirksame Elemente und Instrumente zum gemeinsamen SK-Einsatz anwenden können.
@Politikverdruss
„was sollen wir mit Ihrem Argument anfangen, rechtlich sei alles möglich…? Damit kann doch keiner etwas anfangen. Dass das auch unzutreffend ist, dazu reicht doch ein Blick in Art. 79Abs.3 GG.“
Der Art 79(3) bezieht sich nicht auf die Sicherheitspolitik und ist von daher hier nicht einschlägig.
„Aber das Grundgesetz verpflichtet die Bundesregierung auch, für einen Einsatz bewaffneter Streitkräfte die konstitutive Zustimmung des Deutschen Bundestages einzuholen.“
Das sehe ich nicht so. Natürlich könnte man das ParlBG auch so abändern, dass bestimmte Einsätze nur einem Rückholrecht, aber keinem Entsendevorbehalt unterliegen.
Das ist derzeit (leider) politisch nicht gewollt, aber rechtlich machbar ist das.
„Das bedeutet, egal in welchen europäischen Strukturen sich deutsche Streitkräfte befinden, die Letztverantwortung für den Einsatz liegt bei den Bundestagsabgeordneten.“
1. Spricht das nicht gegen eine Europaarmee, die anderen Statuten unterliegt (z.B. parallel zu einer weiterhin bestehenden Bundeswehr).
2. Kann der BT dennoch (solange die Kompetenz-Kompetenz nicht an Europa übergegangen ist) seine nationalen Vorbehalte ausüben.
Aber auch das spricht nicht gegen eine Europaarmee, sondern nur für eine kluge rechtliche Konstruktion…
@ Koffer | 14. März 2012 – 17:39
(…)Das sehe ich nicht so. Natürlich könnte man das ParlBG auch so abändern, dass bestimmte Einsätze nur einem Rückholrecht, aber keinem Entsendevorbehalt unterliegen(…)
Das ist im Grundsatz richtig, dennoch aus der Erfahrung heraus ohne Urteil des BVerfG dazu nicht final beantwortbar, meine ich.
(…)Das ist derzeit (leider) politisch nicht gewollt, aber rechtlich machbar ist das.(…)
Ich würde Ihr „leider“ statt in Klammern gesetzt gern gestrichen sehen.
Das mag eine Frage des Geschmacks sein, das mag bei effektiverer und für die Soldaten transparenterer/ glaubhafterer (?) und fachlicherer politischen Umsetzung gern eine Marginalie sein-ich folge der Absicht welcher im derzeitigen ParlBG abzulesen ist.
Ohne Zweifel interessiert es mich, warum Sie „leider“ lediglich in Klammern setzten, wäre über eine Antwort erfreut.
@Koffer,
dass das ParlBG auch auf ein „Rückholrecht“ reduziert werden könnte, sehe ich nicht. Hier Auszüge aus der Pressemitteilung des BVerfG vom 07.05.2008
Der Entscheidung des BVerfg lagen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:
„Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 12. Juli 1994 aus dem Gesamtzusammenhang wehrverfassungsrechtlicher Vorschriften des Grundgesetzes und vor dem Hintergrund der deutschen Verfassungstradition dem Grundgesetz ein allgemeines Prinzip entnommen, nach dem jeder Einsatz bewaffneter Streitkräfte der konstitutiven, grundsätzlich vorherigen Zustimmung des Deutschen Bundestags bedarf.“
„Die bündnispolitische Gestaltungsfreiheit der Bundesregierung schließt aber nicht die Entscheidung ein, wer innerstaatlich darüber zu befinden hat, ob sich Soldaten der Bundeswehr an einem konkreten Einsatz beteiligen, der im Bündnis beschlossen wurde. Wegen der politischen Dynamik eines Bündnissystems ist es umso bedeutsamer, dass die größer gewordene Verantwortung für den Einsatz bewaffneter Streitkräfte in der Hand des Repräsentationsorgans des Volkes liegt. Der wehrverfassungsrechtliche Parlamentsvorbehalt stellt insoweit ein wesentliches Korrektiv für die Grenzen der parlamentarischen Verantwortungsübernahme im Bereich der auswärtigen Sicherheitspolitik dar.“
Sie behaupten: “Das sehe ich nicht so. Natürlich könnte man das ParlBG auch so abändern, dass bestimmte Einsätze nur einem Rückholrecht, aber keinem Entsendevorbehalt unterliegen.“
Das Grundgesetz gibt eindeutig vor, dass der Einsatz bewaffneter Streitkräfte der konstitutiven, vorherigen Zustimmung des Bundestages unterliegt. Mich würde deshalb sehr interessieren, wie Sie Ihren „Ansatz“ rechtlich begründen.
Sieht so aus, als hätte Herr Gabriel jetzt erst einmal ein anderes Problem mit sicherheitspolitischem Bezug ;-)
http://www.publikative.org/2012/03/14/gabriels-apartheid-regime/
Der Weg zu den Vereinigten Staaten von Europa
Es hindert niemand die Nationen Europas in Rüstungsfragen oder in der Sicherheitspolitik zusammenzuarbeiten. Sigmar Gabriel hat hier z.b das Lufttransportkommando angesprochen.
Jeder Einsatz von Truppen steht aber unter dem Parlamentsvorbehalt der jeweiligen Nationen. Wäre das nicht so, so hätte der Wähler/Bürger keine Chance durch die jeweiligen nationalen Verfassungen Einfluss auf die Entscheidungen des Parlamentes zu nehmen. Das Souverän wäre also entmachtet.
Ein solches Gebilde ist kein souveräner Staat und keine Demokratie mehr.
Jetzt hat man also zwei Optionen:
1. Man macht alles National und arbeitet höchstens bei sicherheitsstrategischen Fragen zusammen.
2. Man stellt gemischte Verbände auf wie z.b die deutsch-französische Brigade. Muss dann aber damit rechnen das ein Parlament den Einsatz verweigert und so der Verband nicht oder nur teilweise eingesetzt werden kann.
Das Problem mit Punkt 2 ist Sigmar Gabriel bekannt und er hat in diesem Zusammenhang folgende Aussage getätigt:“Auch wenn es schwer fällt, müssen wir bereit sein, wie schon zuvor in anderen Politikbereich, auch im sicherheits- und verteidigungspolitischen Bereich Schritt für Schritt Souveränität abzugeben.“
Nun kann man sich darüber streiten was er mit „Souveränität abgeben“ genau meint. Bis zum heutigen Tag hat die BRD keine Souveränität abgegeben (zumindest theoretisch, die Praxis sieht natürlich etwas anders aus). Alles was die EU beschließt, muss nochmal national durch die jeweiligen Instanzen bestätigt werden.
Diesen Umstand hat gerade erst das Bundesverfassungsgericht nochmal klar gemacht in dem es die Hilfsmaßnahmen über den EFSF nicht in den Händen eines „Sondergremiums“ wissen wollte sondern verlangte ein Gremium mit dem Gewicht des Bundestages (eben ein für das BVerfG typisch salomonisches Urteil)
Sollte Sigmar Gabriel jedoch damit gemeint haben, den Parlamentsvorbehalt abzuräumen, so ist das eine politische Atombombe. Den diesen darf und kann er selbst nicht mit einer 2/3 Mehrheit im Bundestag abschaffen (auch nicht in 30 oder 40 Jahren).
Artikel 79 Abs. 3 GG
„Eine Änderung dieses Grundgesetzes, durch welche die Gliederung des Bundes in Länder, die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung oder die in den Artikeln 1 und 20 niedergelegten Grundsätze berührt werden, ist unzulässig.“
Artikel 20GG:
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
Artikel 146GG:
Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt, verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist.
Nun werden die meisten sagen, das da ja nicht genau steht das der Bundestag mit einer 2/3 Mehrheit nicht einfach den Parlamentsvorbehalt abschaffen kann bzw. eine neue Verfassung beschließen kann. Denen möchte ich sagen, das es unter den Verfassungsrechtlern inkl. Ferdinand Kirchhof und anderen ehem. Verfassungsrichtern es „common sense“ ist, das bestimmte Rechte wie das Haushaltsrecht und mit großer Sicherheit auch der Einsatz der Streitkräfte nicht einfach durch den Bundestag abgegeben werden können. Die Argumentationsgrundlage dafür sind die drei genannten Artikel. Das bedeutet, das Bundesverfassungsgericht würde eine solche GG Änderung durch den Bundestag wieder einkassieren. Ein solches Urteil dürfen wir wahrscheinlich in nächster Zeit erwarten wenn im Zuge des ESM das „Direktorium“ und seine Rechte unverändert fort bestehen.
Es bleibt also nur eine neue Verfassung zu wählen und die BRD in den neuen Superstaat „Vereinigte Staaten von Europa“ aufgehen zu lassen. Dazu müssten jedoch alle Nationen der EU ihre Verfassungen auflösen. Viele dieser Nationen sehen dafür explizit eine Volksbefragung vor. Ferdinand Kirchhof sieht deshalb den weiteren Weg zur „europäischen Integration“ nur durch Volksbefragungen (auch in D) für möglich.
Es wäre schön wenn man auf dieser Basis diskutieren könnte.
Kollektivismus vs. Individualismus
Als Deutschland kurz nach dem 2WK am Boden lag und die erste große kollektivistische Idee (der Nationalsozialismus) gescheitert war, war es ein Mann der sich gegen massiven Widerstand der Utilitaristen (Kapitalistischer Kollektivismus) durchsetzte. Seine Ideale waren Freiheit, Individualität, monetäre Disziplin und Marktwirtschaft (man kann auch noch Föderalismus und Regionalisierung anfügen wenn man nach Wilhelm Röpke geht). Nun ging es in diesem Land derart steil Bergauf das es den Utilitaristen schwindelig wurde. Der Umstand das diese besiegte Nation plötzlich reicher wirkte als die Siegermacht Großbritannien, welches sich gerade in einen neuen Sozialismus stürzte, berührte die kommunistischen Kollektivisten und Utilitaristen peinlich. Ab diesem Zeitpunkt versuchten die Kollektivisten den Erfolg der Sozialen Marktwirtschaft klein zu reden (die Europäische Wirtschaftskommission ist dafür eine Fundgrube). Die freie Marktwirtschaft hatte also den Kollektivismus in die Defensive gedrängt.
Diese Leute waren erzogen im Geist von Marx und Keynes. Für sie war der Marshallplan, Zentralverwaltungswirtschaft (Walter Eucken) und inflationäre Geldpolitik die Glück bringenden Ideale. Von der Zentralverwaltung versprach man sich Effizienzgewinne in allen Bereichen, die inflationäre Geldpolitik geht bis heute auf eine seltsame Interpretation Keynes zurück und sollte den Konsum ankurbeln (das man sich quasi Reich konsumieren kann, ist wohl der älteste Irrglaube der Utilitaristen bzw. der „modernen“ Ökonomie). Leider setzte sich dieses Modell in vielen Ländern Europas durch und sorgte für weiche Währungen, große Schuldenberge und relativ arme Bürger, trotz enormer Sozialausgaben.
Warum sich der Kollektivismus oder inzwischen der Utilitarismus in Deutschland wieder seit den 68ern besonders stark durchsetzte, hat wohl mit dem Menschen selbst zu tun. Der Mensch ist ein Herdentier, wir haben Angst davor alleine zu stehen. Wir wollen zu den Guten und moralisch Überlegenen gehören. Hat diese Gruppe eine bestimmte Größe erreicht, wird der Charakter zunehmend militant anderen Meinungsgruppen gegenüber. Man gesteht dem anderen keine abweichende Meinung mehr zu, da man diese Meinung als Bedrohung des eigenen Sachzwangs (z.b Rassenhygiene, Überwindung der Klassengesellschaft, Antifaschismus, Vereinigte Staaten von Europa etc.. etc..) empfindet und damit der paradiesischen Erfüllung der Prophezeiung einer besseren Welt. Das diese Harmoniesucht inzwischen bedenkliche Formen in Deutschland angenommen hat, erfüllt mich mit Sorge.
Die erste Phase ist die Delegitimierung der anderen Meinungsgruppe. Wenn ich diesen Thread kurz überfliege, finde ich folgende Worte für Leute die mehr National eingestellt sind:
„Anti“, „Verschwörungstheoretiker“, „Ewiggestrige„ usw.. ich frage mich wie lange es noch dauert, bis in der deutschen Debattenkultur, bei Kritik an der EU, das Wort „Subversives Element“ fällt.
Die nächste Phase ist die soziale Vernichtung von Personen mit abweichenden Meinungen. Dazu werden dann z.b falsche Tatsachenbehauptungen mit der Person verknüpft. Diese Person hat dann größte Schwierigkeiten diese Tatsachenbehauptung wieder abzustreifen. Meist kann der richtige Sachverhalt zwar vor Gericht erstritten werden. Der Arbeitsplatz ist dann aber schon verloren bzw. der Ruf ruiniert.
Die letzte Phase reicht dann von Ausweisung bis hin zur Deportation.
Die Meinung des Einzelnen kann zwar völlig von der Gruppenmeinung abweichen.
z.B Man findet die systematische Vernichtung von Menschen nicht gut, aber die Angst genauso ausgegrenzt, bestraft und die Karriere ruiniert zu bekommen, zwingt zurück in das Kollektiv.
Auch kann man sich ziemlich täuschen was Mehrheitsmeinung ist.
Professor Nobert Bolz:“Aus Angst davor, sich mit der eigenen Meinung zu isolieren, beobachtet man ständig die öffentliche Meinung – also was man so sagt und meint. Doch was man so sagt, ist zumeist die Meinung gut artikulierter Minderheiten.“
Ich denke hier hat man einen recht guten Eindruck über den „mindset“ heutiger Politiker. Diese sehen sich in den Parteien einem sehr starken Gruppenzwang ausgesetzt. Wechselt die Parteiführung, hat man kein Problem einen Meinungsschwenk um 180° zu vollführen. Unsere oberste Chefin hat es in dieser Kunst zur wahren Perfektion gebracht.
Durch den erzwungenen Konsens der „Mehrheitsmeinung“ wird Demokratie jedoch ad absurdum geführt und zu einer bloßen Abnickveranstaltung degradiert. Ich meine man kann das momentan gut am Bundestag sehen, wo es keine echte Opposition zu bestimmten Fragen mehr gibt.
Funktioniert Demokratie dann noch wie sie sollte?
Der Sachzwang ist der gemeinsame Nenner einer kollektivistischen Meinungsbewegung. Er steht über allem und muss unbedingt erreicht werden.
Hier wird der zentrale Unterschied zwischen Kollektivisten und Individualisten deutlich.
Der Kollektivist sieht alles als hinderlich bzw. überflüssig an, was der Erfüllung des Sachzwanges im Wege steht. Der Sachzwang steht also auch über dem Menschen (das hat wahrscheinlich auch zu den Exzessen im 20 Jh geführt).
Dieser mindset wird auch deutlich wenn Europapolitiker vom „Demokratiedefizit“ Reden. Man meint nämlich nicht damit, das man sich mehr Bürgerbeteiligung wünscht, sondern das man einen Weg finden möchte die Bevölkerung endlich mit der glückbringenden Europaidee zu befruchten.
Sollte es dann doch zu einer Volksabstimmung kommen, stimmt man einfach so lange ab bis das gewünschte Ergebnis da ist (so passiert in Dänemark).
Oder wenn ein Staatschef mit einer Volksabstimmung „droht“, setzt man einfach einen neuen Staatschef ein (Griechenland).
Oder der Befehl aus Brüssel kommt, das man gefälligst später wählen soll, damit die jetzige Regierung noch schnell ein paar Verträge unterschreiben kann (Irland)
Oder es stellt sich ein Gerhard Schröder in Brüssel hin und behauptet die EU Verfassung ist von einer großen Mehrheit des deutschen Volkes angenommen worden. In Wirklichkeit hatte der Bundestag abgestimmt und das Ergebnis welche die Meinungsumfragen verlauten ließen, hätte ganz anders ausgesehen.
Aber das alles sind harmlose Dinge im Vergleich dazu wie die EU seit der Finanzkrise zu einem Umverteilungsapperat umgebaut wurde. Verträge die man aus gutem Grund so formuliert hatte, wurden ohne Schuldgefühl gebrochen. In Deutschland ein Schattenhaushalt über die KfW Bank erschaffen und eingezahlt in einen Fond nach Luxemburgischen Recht.
Seit diesem Tag gehört der Rechtsbruch in der EU zum guten Ton und das Bundesverfassungsgericht welches stets versucht den größtmöglichen Spielraum der jeweiligen Bundesregierung einzuräumen, muss inzwischen im schnellen Takt eingreifen.
Dem nicht genug hat man in bester utilitaristischer Manier die Gelddruckmaschine angeworfen. Da Deutschland durch die Soziale Marktwirtschaft eines der Länder mit den reichsten privaten Haushalten ist, war es stets das Ziel der Deutschen Finanzpolitik die Inflation so gering wie möglich zu halten (monetäre Disziplin). Die Wertstabilität war sogar die Voraussetzung für die Zustimmung des Bundesverfassungsgerichtes für die Euroeinführung. Inzwischen ist beschlossen das man die „Krise“ über die Gelddruckmaschine lösen möchte. Für Deutschland eine Katastrophe und eigentlich das Signal sofort die Reißleine zu ziehen.
Ich erspare mir jetzt den Rückblick der zur Einführung des Euro geführt hat. Kann aber nur kurz dazu sagen das man mit der Einführung des Euro die europäische Integration erzwingen wollte. Sollte es zu Problemen kommen, hätten die Nationen keine Chance auf dem Weg umzukehren. Der Zwangscharakter war also der Vater des Euros.
„Europäische Integration“ mit dem Fernziel „Vereinigte Staaten von Europa“ sind die heutigen Sachzwänge zu deren Gunst man alles opfert was bisher gut und richtig war. Irgendwie rührselig, waren doch die großen Sachzwänge des 20 Jh wie z.b die „Überwindung der Klassengesellschaft“ noch etwas erfolgreicher. Diese haben wenigsten mehr als 10 Jahre gehalten bevor die ersten Zentrifugalkräfte auftraten.
Wie diese Geschichte ausgeht weis Eugen von Böhm-Bawerk: „Kommt es zum Konflikt zwischen politischer Macht und den ökonomischen Gesetzen, siegen letztere, letztlich bleibt der Politik nichts anderes übrig, als sie zu akzeptieren.“
Sind Kollektivisten also schlechte Menschen? Nein überhaupt nicht! Es sind Menschen wie ich oder viele andere. Der Mensch ist einfach so veranlagt das er versucht sich in ein Kollektiv einzufügen. Früher als es noch nicht diese starke Identifikation mit der Nation gab, war das Kollektiv die Familie. Die Auswirkungen auf die große Masse der Menschen fand nicht statt. Es ist doch interessant zu sehen, das erst mit dem Aufkommen von Radio und Fernsehen die Befruchtung der Massen mit einer alles bestimmenden Idee erst möglich wurde und genau in diese Zeit auch die großen Verirrungen dieser Massenbewegungen stattfanden.
Wir bekommen Kollektivität quasi geschenkt von dem was wir für die Mehrheitsmeinung halten.
Der Gegenentwurf zur Kollektivität ist der Individualismus. Ihn bekommt man nicht geschenkt. Er ist ein steiniger und beschwerlicher Weg. Man stellt sich abseits der Mehrheitsmeinung und muss einiges einstecken. Er erfordert Disziplin da man sich eine solide Bildung zulegen muss um die Dinge wirklich bewerten zu können. Man muss sich aus dem Kollektivismus befreien können und von außen auf ihn blicken um sein Gesicht sicher erkennen zu können. Genau das hat Leute wie Ludwig Erhard ausgezeichnet. Sie brachten die Disziplin auf, nicht bei jedem Ereignis in blinden Staatsinterventionsmus zu verfallen, sondern hatten die Kraft auf die Selbstreinigungskräfte des Systems zu vertrauen.
Micromanagment und purer politischer Aktionismus sind uns heute Maxime geworden. Darin spiegelt sich der Glaube, man könnte alles irgendwie regeln, normieren, Vorschriften erstellen etc..
In Wirklichkeit lähmt ein solches Vorgehen das System bis zum Stillstand (siehe heutige Bürokratie). Daraus leitet sich wahrscheinlich auch der Glaube ab, eine Zentralverwaltung könne alles besser regeln da sie ja unmittelbar alles befehlen kann.
Ich bin inzwischen der Überzeugung das der mangelnde Individualismus (damit meine ich besonders den Individualismus im Geist) die Krankheit unserer westlichen Gesellschaft ist. Es existiert zu viel Zerstreuung in diesen Tagen, sodass wir keine Muße mehr haben uns mit den wirklich wichtigen Dingen auseinander zu setzen. Eine unglaublich komplizierte Welt die viel Unnützes aufwirft macht es schwer das Wichtige zu erkennen. Die Meinung einer gut organisierten Minderheit suggeriert uns, das es ein großes Aufgabe gibt und sobald diese erledigt sei, alles besser wird.
Im letzten Teil geht es darum das sich bestimmte Vorstellungen über Strukturen gerade im Kollektivismus gehalten haben. Man setzt also voraus das bestimmte Strukturen das leisten was man erwartet.
Problematik einer Zentralverwaltung:
Inzwischen wissen wir aus praktischen Erfahrungen der DDR und der Sowjetunion (ich wage es mal auch Frankreich anzuführen) das eine Zentralverwaltung nicht effektiver, sondern in dem meisten Fällen sogar ineffektiver ist.
Hayek führt an, das es sich dabei um ein Wissensproblem handelt.
Beispiel: Die Arbeiter in der einzigen Kupfermine stellen fest, das die Kupfervorkommen langsam erschöpft sind. In einer Zentralverwaltungswirtschaft muss dieser Umstand gemeldet werden. Die Verwaltung bestimmt das alle kupferhaltigen Produkte in Zukunft ohne Kupfer entworfen werden müssen. Das erfordert aber ein anderes Element, dessen Produktion wieder erhöht werden muss durch die Verwaltung.
In einer freien Marktwirtschaft übernimmt diese Informationsfunktion der Preis. Erschöpft sich die Kupfermine, steigt der Preis. Hersteller kupferhaltige Produkte versuchen deshalb den Kupferanteil zu reduzieren, bzw. auf günstigere Verfahren umzusteigen. Parallel rentiert sich plötzlich der Abbau von Kupfer in weniger ergiebigen Gebieten bzw. das Recycling von entsorgten kupferhaltigen Produkten lohnt sich. Es kommt also ein Prozess in Gang, der parallel auf allen Ebenen versucht dieses Element zu ersetzen bzw. noch so lange wie möglich zu fördern. Es liegt in der Natur der Sache, das eine Zentralverwaltung niemals alle Möglichkeiten gleichzeitig überblicken kann.
Da jedoch sich nicht alles in einer Gesellschaft durch Angebot und Nachfrage regulieren lässt und somit trotzdem eine Verwaltung notwendig macht, plädiert Wilhelm Röpke gerade auf Grund dieses Wissensproblems für den Föderalismus (man kann diesen Umstand sogar auf die demokratische Meinungsfindung erweitern). Den die Verwaltung muss so nahe wie möglich an der Problematik sein um eine kompetente Entscheidung treffen zu können. Die Qualität der Entscheidung verschlechtert sich mit steigendem Abstand zum Problem.
Dieses Problem können wir auch in der Bundeswehr vorfinden. Wir ärgern uns in diesem Blog über sonderbare Entscheidungen des Bmvg zu der Transformation.
Der Transfer der Ch35 von Rheine nach Holzdorf ist für viele unbegreiflich die tief in dieser Thematik stecken. Es gibt gute Gründe gegen diesen Transfer. Für die Entscheidungsträger im bmvg hingegen sind dann Kriterien die wie die Länge der Landebahn etc.. entscheidend. Der Entscheidungsträger kann jedoch niemals über die Fachkompetenz verfügen wie derjenige welcher jeden Tag mit diesem System konfrontiert werden.
Auf diesem Blog gibt es einige die gegen die Verlegung von Ch53 nach Holzdorf sind, sich aber von einer gesamteuropäischen Armee und Sicherheitspolitik bessere Entscheidungen versprechen. Da wir uns gerade lange durch die Zentralisierungsproblematik gequält haben: Wie soll also eine Euroarmee und eine gesamte europäische Verteidigungspolitik bessere Ergebnisse produzieren?
1. Sicherheitspolitische Interessen die aus der Tradition völlig unterschiedlich sind:
Die Franzosen haben Interessen in Afrika, die Briten sind ggf. versucht die Falklandinseln gegen Argentinien zu verteidigen, Deutschland will den Israelis zur Seite stehen usw…. jede Entscheidung kann also nur eine suboptimale sein, die sich wahrscheinlich dann sogar durch die vielen Interessen gegenseitig blockieren.
Verbleiben die Entscheidungsträger auf der nationalen Ebene, sind mehrere Einsatzplanungen und Einsatzfreigaben parallel möglich.
2.Eine zentrale Organisation der Europäischen Armee setzt diese wiederum lokalen Interessen aus. Selbst wenn man alle Nationen und Bundesländer auflösen würde, will jeder Abgeordnete seiner Region etwas gutes tun. Die Soldaten welche sich momentan über die Verlegung nach Holzdorf aufregen dürften sich dann nicht wundern wenn plötzlich nach Griechenland verlegt wird. Natürlich ohne die Piloten und Mechaniker, da man in dem strukturschwachen Griechenland Arbeitsplätze schaffen möchte. Dabei geben ich zu bedenken das wir ausschließlich von strukturschwächeren Ländern umgeben sind. Das Stimmübergewicht also schon ausgemacht. Für Deutschland bedeutet das den Ausverkauf, nicht nur militärisch sondern auch wirtschaftlich.
Diese Problematik ist uns schon auf nationaler Ebene bekannt und wurde auch hier im Blog schon öfters besprochen. Wie kommt man also auf die Idee im großen europäischen Konzert würde dies nicht noch viel schlimmer werden?
Beispiel: Ich komme aus Stuttgart (BW) wo in unserer Nähe eine Pressefabrik in den Osten gelockt wurde, mit Geldern die aus dem Länderfinanzausgleich stammten, welcher zu einem großen Teil von Baden-Württemberg und Bayern bestritten wird. Man finanziert also seinen eigenen Ausverkauf.
Zentralisierung ist also nicht losgelöst von regionalen Faktoren. Abgeordnete wissen sehr genau woher sie stammen und werden immer Entscheidungen für ihre Länder und Regionen treffen. Diese gehen jedoch stets zu Lasten anderer Länder und Regionen. Diesem Umstand kann man nur durch strikte „no bail out“ Klauseln (welche in der EU schon längst abgeräumt wurde) und in der Regionalisierung (Föderalisierung) der Entscheidungsträger (nach Wilhelm Röpke) Rechnung tragen. Der Landesfürst wird also gezwungen das Problem selbst zu lösen. Demokratie auf einer regionalen Ebene hat zusätzlich den Vorteil das die Wähler den Erfolg oder Misserfolg einer Regierung mittelbarer erleben und so in ihrer Entscheidung stärker beeinflusst werden. Gerade in Deutschland hat die Konkurrenz zwischen den Ländern nicht unerheblich zum Erfolg beigetragen. Während in Frankreich die Bauern regelmäßig auf die Barrikaden gehen, wenn sie sich vom weit entfernten Paris nicht verstanden fühlen.
Anm:
Wir haben sogar in der BW mit der Auftragstaktik eine Art Regionalisierung, diese hat sich wie Clausewitz erkannte, der Befehlstaktik als überlegen erwiesen.
Ich vermeide jetzt in die Zentraliserungsproblematik noch weiter einzusteigen. Man kann das komplett durchexerzieren und wird interessante Erkenntnisse erhalten und verstehen wo ein Probleme der heutigen Wirtschaftskrise liegt.
Wilhelm Röpke und andere Vertreter der Sozialen Marktwirtschaft habe deswegen eindringlich gewarnt:“Nicht Globalisierung ist die Lösung, sondern Regionalisierung“
Die Akzeptanz eines Kollektivistischen/Zentralistischen Systems.
Nach John Locke ist eine Regierung nur dann legitim, wenn sie die Zustimmung des Volkes besitzt. Wir haben herausgearbeitet das Entscheidungen von immer schlechterer Qualität werden, desto weiter die Entscheidungsträger vom eigentlich Problem entfernt sind. Das führt wiederum dazu, das die Bevölkerung unzufrieden ist. Diesen Effekt konnte man in der Sowjetunion oder aktuell in China beobachten. In China sind gewaltsame Bauernaufstände an der Tagesordnung. Oft sind die Zustände so unerträglich durch korrupte Parteifunktionäre die sich durch die große Entfernung zu Peking unbeobachtet fühlen, das sie von den Bauern ermordet werden.
Es ist interessant das kollektivistische Systeme stets an dieser Unzufriedenheit zerbrochen sind.
Schauen wir nun auf die EU:
Dort ist inzwischen die anfänglichen Euphorie (die getragen wurde durch billige Kredite) völlig verflogen. Menschen fürchten um ihren sozialen Abstieg, in der Politik ist Europa von einer Herzensangelegenheit zu einem Fluch geworden, man beschimpft und erpresst sich Gegenseitig. Aktuell droht Draghi das die Reformanstrengungen nicht so erfolgreich sein werden, sollte Deutschland nicht von seinen harten Sparforderungen Abstand nehmen. In Griechenland prangt Angelika Merkel als Adolf Hitler auf den Plakaten von Protestanten die einen von Deutschland geforderten Sparkurs nicht mittragen wollen. Hier sehen wir also schon die ersten Zentrifugalkräfte welche dabei sind das System zu zerreißen. Es ist eine alte Binse das die Politik nicht lange einen Kurs gegen das Volk durchhalten kann. Ein totalitäres System mag diesen Zeitpunkt zwar hinauszuzögern, das Ergebnis bleibt das gleiche.
Das Scheitern der EU Verfassung in den Nationen mit Volksbefragungen verdeutlicht ziemlich gut wie „begeistert“ die europäischen Bürger über das Konstrukt EU sind. Die gesellschaftliche Akzeptanz ist nicht vorhanden und schwindet mit jedem Tag mehr.
Das ist auch nicht verwunderlich wenn man den Soziologen Max Weber gelesen hat: Allein die Nation kann die innere Bereitschaft der Menschen wecken, sich solidarisch und selbstlos für das Gemeinwesen einzusetzen“ Nation besagt demnach:“daß gewissen Menschengruppen ein spezifisches Solidaritätsempfinden anderen gegenüber zuzumuten sei.“
Der europäische Superstaat scheitert also daran, das die nötige Solidarität über die Staatsgrenze hinaus nicht gegeben ist. Genau das verlangt aber gerade die EU von den Bürgern und bekommt in Griechenland die Quittung präsentiert. Spüren die Bürger in Deutschland in ihren Geldbeutel die Rettungspolitik, wird es auch hier vorbei sein mit der Ruhe. Die einzige Möglichkeit ist dann der Zwang. Der Zwang untergräbt weiter die Akzeptanz und bringt das System zu einsturz.
Eine ähnliche Frage kann sich auch ein Soldat stellen. Warum sollte ich meinen Kopf in Afrika für die Franzosen hinhalten? In Deutschland haben wir es noch nicht einmal geschafft die Frage zu klären wofür ein deutscher Soldat unter deutschem Befehl bereit sein sollte in den Einsatz zu gehen und ggf. zu sterben. Wirtschaftsinteressen oder Menschenrechte?
Wie kommt man also darauf, diese Frage in einem noch viel komplizierteren Rahmen beantwortet zu bekommen?
Fazit zu einer europäischen Armee unter europäischer Sicherheitspolitik: Ich fürchte das viele Soldaten sehr unglücklich damit werden würden, sollte eines Tages diese Idee Realität werden. Man wird sich einer zentralistischen Willkür ausgesetzt sehen, dagegen ist die jetzige Transformation wahrscheinlich noch harmlos. Kämpfen soll man für Leute mit denen man keine Solidarität teilt. Was bleibt ist dann das pure Söldnertum. Das Kämpfen für die Bezahlung. Ich finde das sind traurige Aussichten.
Mit freundlichen Grüßen
Bang 50
Anm: Sollte der Satzbau oder die Rechtschreibung kritikwürdig sein, so möchte ich mich entschuldigen. Aber ich sehe gerade den Satz vor lauter Wörtern nicht mehr ;-)
@Bang50
„Die letzte Phase reicht dann von Ausweisung bis hin zur Deportation.“
Aha, geht es jetzt also schon wieder los? Die Ausschwitz-Keule, von jemand der sich als national bezeichnet? Wie süß.
@Politilverdruss
Der Parlamentsvorbehalt ist nicht eindeutig im GG vorhanden. Vor seiner Erfindung durch das BVerfG im AWACS I hätte man in einer Jura-Hausarbeit für DIESE Argumentation höchstens einen Gnadenpunkt für Originalität bekommen…
@Sachlicher
Der Parlamentsvorbehalt in der aktuellen Ausgestaltung ist ein schwerwiegender Bruch der Gewaltenteilung.
Er behindert die Exekutive in ihrer verfassungsmäßigen Rolle.
Die Gewaltenteilung ist in DEU sowieso schon bedenklich schwach ausgeprägt. Allerdings normalerweise zu Lasten der Legislative.
Jetzt könnte man sagen, na prima, dann bekommt der BT ja wenigstens auch mal rechte unberechtigt, das gleicht sich doch aus.
Das Problem ist, dass die Felder hier nicht „ausgleichsfähig“ sind. Man kann Einmischung der Exekutive in Gesetzgebung nicht durch Einmischung der Legislative in Außenpolitik ausgleichen.
Unabhängig von diesem verfasungstheoretischen Problem gibt es noch zwei praktische Probleme:
Alle anderen „großen“ Spieler (USA, FRA, GB, RUS) haben diese Beschränkung nicht. Dass bedeutet wir verlieren an Einfluss (siehe das AWACS Debakel).
UND: Bisher erzählen wir unseren Soldaten einen Blödsinn von der „Parlamentsarmee“ und einem breiten Konsens im BT.
Was passiert wenn eines Tages mal eine Koalition vom Ihrem demokratischen Recht Gebrauch macht und eine knappe Mehrheit für irgend etwas herbei führt?
Wenn man den jungen Soldaten ein abstraktes Dienstverstandnis wie in FRA oder in GB vermitteln wurde, wäre das kein Problem, aber wenn die aktuelle Position sich in den Köpfen der Soldaten durchsetzt, dann gibt es eines Tages massive Motivations umd Rechgertigungsprobleme. Noch viel, viel mehr als angesichts der sinkenden Umfragewerte in der Bevölkerung zu ISAF!
@Koffer
„Die Ausschwitz-Keule, von jemand der sich als national bezeichnet? Wie süß.“
Können Sie erklären, was genau Sie hier meinen? Warum genau sollte gerade ein national eingestellter Diskussionsteilnehmer (d.h. jemand der den Nationalstaat und seine realpolitischen Interessen als politischen Bezugsrahmen ansieht) nicht entschiedener und überzeugter Gegner des imperialistisch (d.h. auf Beherrschung anderer Völker) angelegten NS sein?
Wenn Sie sich aber unbedingt auf die Ebene solcher Vorwürfe begeben wollen, verweise ich Sie darauf, dass es gerade die Nationalsozialisten (insbesondere die SS) im Rahmen ihres Willens zur Kontrolle anderer Völker waren, die viele Europa-Konzepte vorausgedacht haben, von der europäischen Armee (die Waffen-SS war mit mehreren hunderttausend Freiwilligen aus europäischen Staaten der bislang größte Versuch zur Bildung einer solchen gesamteuropäischen Armee) bis hin zur wirtschaftlichen Integration. Vieles von der zur Rechtfertigung der Auflösung bzw. Fremdkontrolle europäischer Nationalstaaten verbreiteten Europa-Rhetorik der damaligen Zeit (auch im Netz vorhanden, aber aus rechtlichen Gründen nicht verlinkbar) würde dem heutigen Beobachter sehr bekannt vorkommen, wie v.a. in der britischen Diskussion gerne betont wird.
Sie identifizieren sich da also mit einer historisch äußerst belasteten Idee und sollten ggf. zurückhaltender damit sein, Europakritiker mit „Auschwitz“ zu identifzieren. Auch ein Sigmar Gabriel kommt international nicht sehr gut an, wenn er zuerst die historisch eindeutig verortete Forderung nach einer gesamteuropäischen Armee aufstellt und direkt darauf Forderungen nach „Lebensraum“ (Zitat Gabriel, bezogen auf die Palästinenser) an die Israelis richtet ;-)
@Koffer:
Das AWACS-Debakel (waren das mittlerweile nicht schon mehrere?) war n.m.E. kein Problem des Parlamentsvorbehaltes, sondernin erster Linie ein Problem der Politik der BReg – insbesondere des Außenministers: Westerwelle wollte unbedingt weniger Soldaten in AFG und keine über Lybien. Es fehlte also nicht die Zustimmung des Bundestages, sondern der Wille der BReg.
Oder ist ein Mandatsantrag im BT gescheitert?
@Koffer
Sie bemängeln hier des öfteren genutzte Polemik, oder den Ton.
Leider sind Sie mitunter keinen Deut besser. Ihre Aggressivität, wenn jemand nicht Ihrer Meinung ist bzw. Sie möglicherweise widerlegt, ist in letzter Zeit schon sehr auffällig.
Haben Sie @Bang50 gesamten Beitrag wirklich komplett gelesen? Das simple herauspicken und niedermachen eines! Satzes aus dem Gesamtkontext (der im übrigen nicht die olle Keule nutzt) finde ich bedenkenswert. Denn genau das geht in die Richtung die @Bang50 angemahnt/zu Bedenken gegeben hat.
Ich finde den Beitrag von @Bang50 äußerst lesenswert und ein herausragendes Beispiel für die Qualität bei vielen Themen in diesem Blog. Und dazu muss ich nicht alles teilen was er anbringt.
Vielen Dank dafür!
@Orontes
„Die letzte Phase reicht dann von Ausweisung bis hin zur Deportation.“
„Sie identifizieren sich da also mit einer historisch äußerst belasteten Idee und sollten ggf. zurückhaltender damit sein, Europakritiker mit “Auschwitz” zu identifzieren.“
Mann, Mann, Mann.
ICH habe weder eine solche Argumentation genutzt, noch begrüße ich es, wenn ein solcher Unfug in eine Diskussion eingeführt wird!
Als Auschwitz-Keule, Nazi-Keule oder Godwin’s Law wird das SACHFREMDE einführen von 3. Vergleichen in (Internet)-Diskussionen bezeichnet.
Meistens wird damit eine sinnvolle Diskussion (gewollt oder ungewollt) platt gemacht.
Und wenn @Bang50 in eine Diskussion über eine Europaarmee Begriffe wie Deportation einführt, dann ist das schon reichlich seltsam.
Und die Spitze mit dem „ein national“ denkender Mensch kam von mir, weil die Auschwitz Keule meistens von Linken oder Liberalen eingeführt wird (ich weiß aus leidvoller Erfahrung, das man als Vertreter konservativer/nationaler Positionen häufiger so angegriffen wird ;) ).
@Memoria
Grundsätzlich haben Sie Recht. Allerdings ist dies mEn Folge der Rechtsprechung des BVerfG, denn die BReg legt ja dem BT in diesem Bereich nur noch Fragen vor, die weitgehend unstrittig sind…
@NMWC
Ich muss zugeben, das ich mich in letzter Zeit manchmal von einer Diskussion habe „mitreißen“ lassen!
Ich werde mich bemühen wieder ETWAS sachlicher zu werden ;)
@ Koffer | 15. März 2012 – 0:35
(…)Der Parlamentsvorbehalt in der aktuellen Ausgestaltung ist ein schwerwiegender Bruch der Gewaltenteilung. Er behindert die Exekutive in ihrer verfassungsmäßigen Rolle. (…)
Das ist Ihre Perception. Ich folge dieser nicht. Spönnen wir es weiter, so kommen wir noch zu dem Punkt, dass das BVerfG nicht der institutionalisierte Schiedsrichter ist, sondern entscheidender Motor…und nein, die Gewaltenteilung ist doch bitte im DEU des Jahres nicht nur die horizontale Ebene, die vertikale, soziale und dezisive Ebene sind mit den konstitutionellen und temporären Beschränkungen ebenfalls sehr wirkungsmächtig.
Also der Parlamentsvorbehalt behindert die Exekutive in meinen Augen keineswegs, es ist -rein institutionell betrachtet- alles so schnell machbar wie es notwendig ist.
(…) Man kann Einmischung der Exekutive in Gesetzgebung nicht durch Einmischung der Legislative in Außenpolitik ausgleichen.(…)
Auch dem folge ich nicht. Ich möchte lieber davon sprechen, dass DEU eine Exekutive kennt, die sich ihre Interessenlage und Notwendigkeiten zu einem frühen Stadium der Artikulation und Partizipation einbringen kann. Das ist in DEU auch eine ihrer Aufgabe.
Und hier winken Sie ja mit der vertikalen Gewaltenteilungszaunlatte, da allzu oft eine Landtagswahl auf den Kurs des Bundes durchschlägt. A) das war einmal anders, B) ist das im Sinne der Subsidarität kein systemischer Fehler an sich. Daher werden Sie es mit systemischer Veränderung auch kaum zu ändern in der Lage sein-es sei denn sie bauen so massiv um, gestalten Föderation so wie in den USA, Russland, oder plädieren für Zentralismus.
(…)gibt es noch zwei praktische Probleme:…
Alle anderen “großen” Spieler (USA, FRA, GB, RUS) haben diese Beschränkung nicht. Dass bedeutet wir verlieren an Einfluss (siehe das AWACS Debakel).(…)
Nun wird es kompliziert. Nur weil wir eine andere institutionelle Tradition kennen, so ist sie nicht automatisch ineffektiver. Analysieren Sie bitte z.B. den Tschetschenien-Konflikt (unter der Präsidentschaft Putins) und sie werden feststellen wovor dieser so alles kapitulieren musste, nehmen Sie Frankreich in der Algerien-Krise, die auch eine frz. Staatskrise bedeutete, usw., usw. und der US-Präsident schickt nicht einmal einen Feldkoch zur Küchen-WM, wenn der US-Congress es nicht will. Und tut er es dennoch und der Feldkoch nimmt daran teil…glauben Sie mir: … möchten Sie nicht einmal vorm U-Ausschuß als Beobachter teilnehmen…
(…)UND: Bisher erzählen wir unseren Soldaten einen Blödsinn von der “Parlamentsarmee” und einem breiten Konsens im BT.(…)
Ich weiß nicht, was Sie vermitteln und was in Ihren Kreisen den Soldaten vermittelt wird. Aber diese Diskussion hatten wir vor Kambodscha/ Somalia (als auch viele BS kündigten, weil sie das BVerfG-Urteil nicht für sich umzusetzen in der Lage sahen-Stichwort: Gewissen)/ und vor allem bei der Vorstellung des Weißbuches 1994.
Später dann nochmal im Zuge des Kosovo-Konfliktes sehr massiv, als auch konservative Völkerrechtler Verrenkungen unternahmen, um diesen verbal zu legitimieren-und da soll jetzt ein Mitglied der Exekutive der Legislative nicht klipp und klar-und das im Vorfeld der Entscheidung zum Zwecke der Vermeidung einer Staatskrise- sagen dürfen: da mache ich nicht mit?
Ich denke, Sie meinen das nicht so, aber es liest sich streckenweise so, als plädierten Sie dafür, dass die Exekutive einfach mal „macht“ und die Legislative sich auf die Festlegung der linken/ rechten Grenze beschränken solle -wenn überhaupt- und sich aus der Festlegung der Hauptschussrichtung heraushielte, oder eben umgekehrt je nach Betrachtungswinkel. Zum einen meine ich ist der Prozess zum Finden der „richtigen“, der effektiven Balance schon ein notwendiger demokratischer Prozess an sich, zum anderen lässt die derzeitige Gesetzeslage alles zu, was notwendig ist. Aber zu einer Entscheidungstreffung und zu einer schnellen Entscheidung gehören wie Sie ja bstens wissen dürften-Mut. Und Mut systemisch erzwingen? Zumindest schwierig.
BTW ich es wesentlich kritischer empfinde, dass das Exekutivorgan AA bei der Thematik Außen- und SiPo die informelle FF beansprucht, dies aber konzeptionell kaum zu unterlegen bereit war in den letzten 15 Jahren und BMZ, mehr noch BMI und BMVg dies ausbaden müssen bzw. schon mehrmals ausbadeten.
(…)Was passiert wenn eines Tages mal eine Koalition vom Ihrem demokratischen Recht Gebrauch macht und eine knappe Mehrheit für irgend etwas herbei führt?(…)
Dann können Sie ihren Soldaten es dennoch erklären, oder diese stellen einen KDV-Antrag bzw. Antrag auf Entlassung. Und Sie tun es doch auch schon-oder war/ wäre Libyen (hier: MilEvakOp) im Grundsatz etwas anderes (gewesen)?
Wenn es hier noch etwas im Grundsatz zu regeln gäbe, dann einzig und allein, dass ein BS/ SaZ die Bw sauber verlassen kann ohne (und das gilt insbesondere für SaZ) dass er gleich einen KDV-Antrag stellen muss-denn, und ich sage es Ihnen so wie es viele Wehrpflichtige einst sagten: ins Ausland? Ohne mich. Aber wenn ihr mal DEU verteidigen müsst, dann ruft mich gerne an.
Dagegen werden Sie viele theoretische Argumente finden-aber das BVerfG legte fest, dass dies bis auf weiteres Privatmeinungscharakter hat, wenn man den Begriff Landesverteidigung auf die Grenzen der NATO umlegt. Oder?
(…)aber wenn die aktuelle Position sich in den Köpfen der Soldaten durchsetzt, dann gibt es eines Tages massive Motivations umd Rechgertigungsprobleme. Noch viel, viel mehr als angesichts der sinkenden Umfragewerte in der Bevölkerung zu ISAF!(…)
Ja, und? Sinkt die „Motivation“ so gibt es dafür Gründe. Gründe die nun wiederum die Legislative zwingen zu handeln. Gründe die Änderungen/ Anpassungen usw. hervorbringen.
Ein Soldat der Bw SOLL bekanntlich nicht alles schlucken. Er soll freilich auch nicht anfangen einen KDV-Antrag zu stellen, wenn sich die Lieferung des neuen Satz Schraubenschlüssel für sein KFZ aus Haushaltsgründen um 2 Wochen verschiebt.
Auch hier: Hier Grenzen regeln zu wollen, halte ich für wenig sinnvoll. Es kommt auf das Balance finden an, auf den Prozess.
Oder anders: Seinen „archaischen Kämpfer“ mag der ehemalige Heeresinspekteur GenLt Budde gerne handwerklich so (also „kämpfen könnend“) ausgebildet sehen, in diesem Kontext hier (!) aber kann er ihn behalten, das deutsche Volk, auch der konservative Teil, will ihn nicht.
@Koffer – Wenn Sie sich durch diese Aussage angegriffen gefühlt haben, so tut es mir Leid. Ich kann Ihnen aber versichern das dies nicht meine Intention war.
Mit ging es nur darum herauszuarbeiten, das sich bestimmte Gruppendynamiken herausbilden die dann den Verlauf nehmen: Von einer anfänglichen delegetemierung bis hin zu körperlicher Gewalt. Im Nationalsozialismus konnte man diese Phasen gut nachzeichnen, deswegen habe ich das so angeführt. Ich hätte auch den Kommunismus in der Sowjetunion nehmen können.
Deshalb sehen Sie das bitte nicht als „Nazi-Keule“ da ich nicht vor hatte diese Keule zu gebrauchen bzw. mir zu dem Zeitpunkt als ich das geschrieben habe, nicht einmal im klaren darüber war eine Keule in der Hand zu halten.
Sie können einige Abschnitte später sogar den Beleg finden das ich es nicht so gedacht haben wollte. Ich sehe mich dieser Entwicklung nämlich selbst nicht immun gegenüber.
Mein Beitrag sollte auch verdeutlichen das es eben nicht den einzigartig schlechten oder bösen Menschen gibt (Darauf basiert das „Nazi-Keulen System“. In dem man dem einen die Rolle des Bösen zuschiebt und man so automatisch der Gute ist). Sondern das die Verirrungen der NS Zeit, des Kommunismus, Maoismus usw.. vielmehr die Grundlage haben, das Menschen sich gerne von einer kollektiven Idee mitreißen lassen und später durch den Kollektivzwang zu extremen Taten befähigt werden. Dafür wollte ich die Sinne schärfen (auch besonders meine eigenen).
@Bang50
Wenn Sie die Nazi-Keule gar nicht schwingen wollten, dann betrachten Sie meinen Vorwurf bitte als obsolet.
Ich bin da vielleicht auch etwas überempfindlich, da ich mir als nationalkonservativer Offizier regelmäßig in Diskussionen (im Internet und auch in der realen Welt) solche Argumente anhören muss und diese zutiefst ablehne.
@Sachlicher
Zunächst muss ich sagen, das ich aus verfassungsrechtlicher und politiktheoretischer Sicht ein Sicht EINFACHER Lösungen bin.
Wenn ich mir ein Urteil hätte wünschen dürfen, hätte es gelautet: Einsatz von Streitkräften alleine aus Entscheidung der Exikutive. Legislative nur mit Befugnissen wenn aus laufendem Haushalt nicht zu finanzieren.
Das wäre die „klassische“ Lösung über das Haushaltsrecht und über die Option des Mistrauensvotums gewesen.
Aber selbst vor dem Hintergrund des (aus meiner Sicht) fatalen BVerfG Urteils hätte man zumindest die Gestaltungsspielräume ausdehnen können. Ich denke da z.B. an das Schweizer Modell: ein Einsatz der Armee bedarf nur dann einer Gemehmigung bei über 6 Wochen oder über 1.000 Sdt.
Aber das ist eine Frage der „Verfassungsphilosophie“ ;)
Hinsichtlich des Versagens des AA stimme ich Ihnen vollumfänglich zu!
Hinsichtlich der Situation in den USA allerdings nicht. Der Präsident schickt regelmäßig gegen den Willen des Congresses (bzw. ohne Zustimmung) Soldaten im Einsätze.
Ich würde mir allerdings nach dem Vorbild der USA kompetente (!) Ausschüsse wünschen…
Und hinsichtlich des archaischen Kämpfers sollte man nicht glauben, dass Gen Budde hier einen „Söldner/Rambo-Typen“ gefordert hat. Dazu waren seine Forderungen an das ethisch-sittliche Fundament dt. Soldaten viel zu nachdrücklich. Ich habe ihn eher so verstanden als wolle er dem weit verbreiteten Verteidigungsverwaltungsbeamten und dem bewaffneten THW-Helfer eine Absage erteilen!
Abschließend: ich lehne den Begriff der Parlamentsarmee zutiefst ab, weil eine Armee IMMER Werkzeug der Exekutive ist. Wir müssen langsam in DEU lernen, dass in einem großen Wekzeugkasten der Sicherheitspolitik auch der Schusseaffeneinsatz erwogen werden kann/soll/muss.
Und dies tut NIE das Parlament, sondern immer die Regierung.
@ Koffer | 15. März 2012 – 13:14 – – –
Um eine Sache gleich zu entschärfen: Natürlich gibt es Ihr Modell und natürlich gibt es das und funktioniert es in diversen demokratischen Staaten. Alein deshalb lohnt es sich ja über Ihre Ansichten nachzudenken. Ich tue das folglich auch und repektiere das.
Dass ich meine Meinung nicht ändere mag mit unterschiedlicher „Verfassungsphilosophie“ zu tun haben, mit unterschiedlichen Lehren aus der deutschen Geschichte…vor allem aber wohl damit, dass ich mit „verfassungsrechtlichen und politiktheoretischen“ EINFACHEN Lösungen nichts anzufangen weiß, wenn es um den Umbau selbst geht, aber Ihr Begehr, man möge es pragmatisch anwenden zumindest vollauf verstehe und respektiere.
(…)Hinsichtlich der Situation in den USA allerdings nicht. Der Präsident schickt regelmäßig gegen den Willen des Congresses (bzw. ohne Zustimmung) Soldaten im Einsätze.(…)
Korekter Hinweis, ich hatte aber bewusst übertrieben. Natürlich kenne ich die verfassungsmäßigen Regeln der USA hierzu.
(…)Abschließend: ich lehne den Begriff der Parlamentsarmee zutiefst ab, weil eine Armee IMMER Werkzeug der Exekutive ist.(…)
Hm, nun ja. Versuchen wir es so: das Werkzeug führen tut die Exekutive, das Werkzeug bereit stellen, unterhalten und zum Einsatz freigeben tut dann aber bitte schon die Legislative in Demokratien.
Warum? Weil die Legislative (ob präsidial oder parlamentarisch ausgestaltet) letztlich den Volkswillen institutionalisiert darstellt. Und bitte: das Volk solle sich entscheiden, ob es Krieg will-zumindest solle das Volk darüber befinden (können) ob es den „Einsatz“ gut fand oder nicht. Ich meine, dies ist für Deutschland ungleich bedeutender als für jeden anderen Staat dieser Welt.
Richtig ist aber allemal, wenn Sie einfordern, dass das Volk dann bitte auch hinne macht bei der Beseitigung von Unklarheiten.
(…)Wir müssen langsam in DEU lernen, dass in einem großen Wekzeugkasten der Sicherheitspolitik auch der Schusseaffeneinsatz erwogen werden kann/soll/muss.(…)
Das kann man auch losgelöst von unserer Debatte so sehen.
(…)Und dies tut NIE das Parlament, sondern immer die Regierung.(…)
Nein. Nicht einmal bzgl. des V-Falles. Es mag überholt sein, aber es steckt im GG nicht nur der Gesit der Paulskirche, sondern auch die Angst einer alleine könne mal wieder das Volk vor vollendete Tatsachen stellen, wie das ja durchaus so vorkam in der dt. Geschichte.
Andererseits ich auf die Empirie bzgl. Algerienkrise und Vietnam-Krieg hinweise, als sich das Volk quasi aus der Haftung entließ und die Exekutive erst wieder nach einem lämend-langen, an den staatlichen Grundfesten rüttelndem, Prozess einfangen konnte.
Ich denke, wir beide haben es auch eher so schwer miteinander, weil Sie die Ouputlegitimation für aureichend erachten-und das müssen Sie ja bei ihrem Modell fast zwingend-, ich aber eher meine Gedanken darauf ausrichte, wie wir wieder eine Stärkung der Inputlegitimation hinbekommen-das Volk aus der Haftung und Verantwortung entlassen wollen wir, so denke ich, beide nicht.
(…)Und hinsichtlich des archaischen Kämpfers sollte man nicht glauben, dass Gen Budde hier einen “Söldner/Rambo-Typen” gefordert hat. (…)
Deswegen schrieb ich es ja auch nicht. Ich wollte nur darauf hinweisen, dass die „Archaik“ im Duell ManngegenMann/ FraugegenMann/ usw. immer verbleiben wird, während sie im Geiste des deutschen Soldaten keinen Platz hat.
Übrigens man von Rambo halten kann, was man mag. Aber analysiert man die Filmgestalt der Teile 1-3 einmal eingehender, dann bleibt unter dem Strich:
1. traumatisiert,
2.besonders befähigt im Handwerk,
3.rechtlich und moralisch sauber kämpfend (wenn man bitte bei der „Mandatierung“ seines Tuns einmal absieht),
4.seine Mahnung sich selbst gegenüber, dass er lieber einmal mehr hätte fragen bzw. nein sagen-kurz: etwas mehr nachdenken-sollen.
Alles andere ist dan us-amerikanische Phantasie wie man sich in den 80ern us-amerikanische Außen- und SiPo so halt ausmalte.
Vlt. ein kleine Unterfütterung eines von mir, aber maßgeblich (in Umfang und inhaltlicher Untermalung) von anderen vorgetragene These, dass, grob gesagt, ein Verschmelzen der Länder NICHT ohne weiteres möglich/gewünscht ist – auch seitens der Bevölkerung.
Knappe Mehrheit für Erhalt des Saarlandes – ist ein aktueller Verweis auf eine Umfrage auf Zeit.de, in dem auch generell auf die Fusion von Bundesländern kurz eingegangen wird, die demnach mehrheitlich abgelehnt wird.