Fotos: Unterwegs in Syrien

Syrien und die katastrophale Lage dort ist hier im Blog (bislang noch) kein Thema – nicht weil es nicht von Bedeutung wäre; aber die Vielzahl von Konflikten zwingt mich ein wenig, mich auf die Sicherheitspolitik aus deutscher Perspektive zu konzentrieren…

Dennoch an dieser Stelle ein Hinweis auf eine Fotoreportage aus Syrien, vom Widerstand gegen das Assad-Regime. Der Fotograf Timo Vogt, hier im Blog schon mal mit Afghanistan-Fotos präsent, war im Nordwesten Syriens unterwegs.

Blut auf den Stufen der Moschee in Kureen im Nordwesten Syriens – ein Ort unter Kontrolle der Opposition, bis er von der syrischen Armee angegriffen wurde.

Vogts Fotos sind hier anzuschauen, und er hat die drastischsten schon nicht in diese Reportage aufgenommen.

Zu seiner gefährlichen Reise schreibt er:

Der Aufstand in Syrien hat das ganze Land erfasst. Neben der Stadt Homs sind es mittlerweile viele Schauplätze, an denen die Regierungstruppen versuchen den Aufstand der Menschen gegen das Assad-Regime blutig niederzuschlagen.

Ich bin auf Schmugglerpfaden illegal über die grüne Grenze in die nordwestliche syrische Provinz Idlib gereist. Eine Region, die früh von Oppositionellen kontrolliert wurde. Doch meine Ankunft fiel mit dem Zeitpunkt zusammen, als die syrische Armee begann, verlorenes Gebiet zurück zu erobern. Wirklich halten kann sie die Orte nicht, sie werden nur tageweise erobert. Aber mit unfassbarer Brutalität sollen die Menschen eingeschüchtert werden. Die Armee der Deserteure kann mit ihren alten Kalschnikows und Jagdflinten mit selbstgebastelten Patronen gegen die modernen Schützenpanzer der Armee nichts ausrichten. Sie wollen die Bevölkerung schützen und können doch nur zusehen, wie das Morden weitergeht.

In einem Ort nahe der Stadt Idlib sollte ich einige Nächte verbringen. Er wurde von der Opposition als sicher eingeschätzt. Tagsüber sollte ich in die Stadt geschmuggelt werden. Einen Tag lang ging das auch gut. Als am Morgen des 22. Februar die Kinder zur Schule gingen, wurden sie plötzlich von Schnellfeuergewehrsalven und ersten Granat-Detonationen in Angst und Panik versetzt. Die Armee rollte an!

Sieben Stunden lag das Dorf unter schwerem Feuer, ein Kampfhubschrauber kreiste. Einige hundert Menschen entkamen in die umliegenden Olivenhaine, deren Bäume glücklicherweise hier ganzjährig Blätter tragen und wir uns verstecken konnten. Der Mehrzahl der Einwohner gelang die Flucht jedoch nicht. Der Ort wurde verwüstet, geplündert, gebrandschatzt. 20 Männer verhaftet, deren Überlebenschancen als sehr gering eingeschätzt werden. Eine Frau starb an einem Herzinfarkt während des Angriffs. 6 Männer wurden exekutiert. Zuvor wurden sie schwer misshandelt.

Mein Rückweg in die Türkei war versperrt! Ein wichtiger Ort auf meiner Route war ebenfalls unter Beschuß gekommen und es dauerte einige Tage, bis eine Alternative gefunden wurde. Nach einer Woche in der Hölle Syriens kletterte ich mit syrischen Flüchtlingen über den türkischen Stacheldraht. Ich wurde entdeckt und von der türkischen Gendarmerie verhaftet.

Syrien ist ein Land der lebenden Toten geworden. Für die Aufständischen, deren gemeinsames Ziel die „Freiheit“ ist, gibt es kein zurück mehr. Aufzugeben würde ihren Tod bedeuten. Und das Assad-Regime lässt daran auch keine Zweifel aufkommen. Was ich gesehen habe war kein Kampf Soldaten gegen Soldaten. Die Freie Syrische Armee der Deserteure ist nicht einmal in der Lage ein Dorf zu schützen. In Syrien werden Zivilisten, die nach wie vor meist unbewaffnet sind, von den Schergen der Regierung auf die brutalstmögliche Art und Weise gelyncht.