Scharfe Schüsse auf den Strand
Der Kollege Stephan Löwenstein hat da einen kleinen Scoop, der nicht untergehen sollte: Nach F.A.Z.-Informationen sollen die europäischen Seestreitkräfte der Operation „Atalanta“ künftig auch gegen Einrichtungen somalischer Piraten an Land vorgehen. Das Politische und Sicherheitspolitische Komitee der EU lässt den Operationsplan überarbeiten.
Nun ist die Absicht so neu nicht – in der EU wie auch in der NATO war das in diesem Jahr schon heftig diskutiert worden. Bislang hatten sich allerdings die beteiligten Länder nicht auf dieses Vorgehen am Strand einigen können – wie zu hören war, war auch Deutschland nicht unbedingt dafür.
„Mit dem Wirken gegen die Piraterielogistik am Strand ist beabsichtigt, am Strand gelagertes Material, das für Pirateriezwecke verwendet wird oder werden soll, zu zerstören“, zitiert nun die FAZ einen Sprecher des deutschen Verteidigungsministeriums. Das klingt hinreichend harmlos. Im Klartext: wird das in der EU so gebilligt, werden die Kriegsschiffe der EU-Antipirateriemission künftig – leere – Piratenboote auch dann wegschießen, wenn sie auf dem Strand liegen. Und nicht wie in diesem Video aus dem Bordhubschrauber der Fregatte Köln zwar direkt vor der Küste, aber eben schon im Wasser…
„Das Weißbuch ist im Übrigen eine Diskussionsgrundlage der Regierung und kein ersatz für das GG: (…)
Eine breite gesellschaftliche Debatte blieb aus!“
Ich habe das Weißbuch bisher ja eigentlich als Formulierung der sicherheitspolitischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland verstanden. Jung führt dazu aus: „…ist Programm für die nächsten Jahre.“
Und bezüglich der Debatte wenden Sie sich doch einfach mal an den Herrn Köhler, der für die Aussage „Schutz von Handelswegen und Rohstoffen“ (wie sie auch im Weißbuch zu finden ist) von gewissen Politikern geteert und gefedert worden ist.
@Prediger
Stimmt, Köhler sagte was dazu, aber er entfachte leider keine breite gesellschaftliche Debatte.
@Koffer
Was ist denn das für ein Unfug? Wenn Sie in einer Diskussion über Somalia mit dem Unternehmen Barbarossa gleichsetzen, dann kann ich das ja nur als “Nazi-Keule” bezeichnen und ablehnen. Das ist doch keine inhaltliche Diskussion, sondern nur billige Polemik…
Leider schwingen sie im Moment die „Nazi Keule“ ihnen ist wohl nicht bewusst in welchem Zusammenhang man diesen Begriff verwendet. Ich habe meine Aussage auf den Zugang zu Rohstoffen bezogen und nicht auf eine politische Ausrichtung. Sie reisen meine Antwort aus dem Zusammenhang. Denn es war als Antwort auf ihren Satz…
“Es ist für Deutschland Zeit endlich erwachsen zu werden! Die Zeit in der andere unsere Drecksarbeit gemacht haben ist vorbei.”
…geschrieben und dieser bezieht sich ja ausdrücklich auf die Gegenwart und die Zeit davor (Geschichte)
ICH habe dies nicht zu entscheiden! Dies ist Entscheidung der Bundesregierung, der ich durch Eid und Treue verpflichtet bin und der ich (als Stellvertreter für Deutschland) diene.
Dann habe ich sie falsch verstanden und bedaure dies. Umso mehr gilt dann für mich die Gretchenfrage. Denn genau dies wird von einem deutschen Soldat/Offizier gefordert!
Es ist im Übrigen im Normalfall nicht die Entscheidung der Regierung sondern des Parlamentes. Gerichte hatten in der Vergangenheit Soldaten, bei Entscheidungen gegen ihren Einsatz, Recht gegeben.
„Wenn man einem Soldaten diese Entscheidung aufbürdet, dann entlässt man die Politiker aus DEREN Verantwortung!“
Das kann man so sehen! Es ist die Aufgabe der Politik im Rahmen der Gesetze zu handeln und ihr Handeln dann auch so zu vermitteln. Nur glaube ich eben dass beides richtig ist. Keiner kann den anderen für eine Tat die ggf mit unseren Gesetzen vereinbar sind aus der Verantwortung nehmen. Deshalb gab es auch die Prozesse um die Mauerschützen. In Den Haag sind eben auch Soldaten angeklagt. Ob jemand Straffällig wird oder nicht ist was anderes als vor dem Gewissen zu bestehen. Der Staatsbürger in Uniform ist auf einen Gesetzeskonformen und Sinnvollen Auftrag angewiesen. Der deutsche Offizier ist aus der Geschichte gewachsen er muss vorne stehen und stehen bleiben, wenn sich nach militärischen Entscheidungen Legionen von Medien kommentierend und analysierend in Position bringen. Das schließt den Mut zur eigenen Meinung – „sapere aude“ – unbedingt mit ein. Berechtigte Kritik und Loyalität zeichnen einen deutschen Soldaten aus. Blinder Gehorsam der Regierung gegenüber ist für uns keine Option. Wie man sieht sind wir von Somalia auf grundsätzliches gekommen aber so ist das immer, denn genau das unterscheidet uns ja von vielen anderen Streitkräften. „Normal (so wie andere)“ kann und wird eine deutsche Armee nicht werden. Erst eine neue Armee wird eine neue Grundlage bekommen und so wie sich die EU-Rechtssprechung im Moment entwickelt, ist es möglich, dass diese Armee ähnliche Grundlagen wie die Deutsche haben wird!
„Es ist im Übrigen im Normalfall nicht die Entscheidung der Regierung sondern des Parlamentes.“
Entschuldigung, aber da muß ich scharf widersprechen! Das ist zwar eine weitverbreite Auffassung (und wird aus PR Gründen gerne auch von militärischen Vorgesetzten und vom BMVg so behauptet, aber es ist NIEMALS die Entscheidung des Bundestages!
Die Bundeswehr ist ein Teil der Exekutive, das „Märchen“ von der sogenannten Parlamentsarmee finde ich schon seit längerem äußerst ärgerlich.
Ein Streitkräfteeinsatz ist IMMER eine Entscheidung der BReg, der BT hat nur (sozusagen) ein „Veto“-Recht. Kann also verhindern, aber niemals selbst gestalten.
Mir persönlich geht übrigens auch schon dieses „Veto“-Recht zu weit, da es in unschöner Weise in die Gewaltenteilung eingreift…
„Gerichte hatten in der Vergangenheit Soldaten, bei Entscheidungen gegen ihren Einsatz, Recht gegeben.“
Bisher geschah das EINMAL im Fall des sog. „Maj“ Pfaff.
Aber ansonsten ist das Widerstandsrecht des Art. 20 GG glücklicherweise an so enge Grenzen gebunden, dass sich in der derzeitigen politischen Lage (stabile Demokratie etc.) kein Soldaten bei einem Ungehorsam auf so etwas erfolgreich berufen könnte.
„Das schließt den Mut zur eigenen Meinung – “sapere aude” – unbedingt mit ein. Berechtigte Kritik und Loyalität zeichnen einen deutschen Soldaten aus. Blinder Gehorsam der Regierung gegenüber ist für uns keine Option.“
Das stimmt, berechtigte Kritik und das Recht (ja die Pflicht) zur (kritischen) Beratung von Vorgesetzten und vor allem Politikern hat jeder deutsche Soldat (übrigens schon seit Preußens Zeiten!).
Aber das ändern nichts daran, dass auch der „Staatsbürger in Uniform“ zunächst einmal Befehlsempfänger ist und der Regelfall der (willige) Gehorsam und nur im (absoluten) Ausnahmefall der Ungehorsam sein kann!
Meiner Meinung nach haben wir derzeit ein ganz üble Schieflage in der Bundeswehr:
Im kleinen (Anzugordnung, Formaldienstordnung, Gefechtsbefehle –> vgl. den kürzlich erschienen ZEIT-Artikel über das Denken und handeln von Mannschaften und Unteroffizieren in AFG) wird Ungehorsam geübt und das eigene „Gewissen“ über den Befehl der Vorgesetzten gestellt.
Aber im großen (auf der Generalsebene und im BMVg etc.) wird gerade nicht selbstbewusst und fachlich kompetent beraten und der Politik auch mal (angemessen und kritisch-loyal) „Widerstand“ geleistet. Gerade hier ist der vorauseilende Gehorsam seit Jahren unglaublich in Mode.
Eigentlich sollte es ja genau umgedreht sein, aber so ist es leider in unserer Armee heutzutage…
@Koffer
Nur ’ne kleine Anmerkung: Major Pfaff und nicht +sog. „Maj“ Pfaff!+
Traurig und unverständlich genug das er (noch) nicht befördert wurde.
@Heiko Kamann:
Viel unverständlicher ist für mich, dass dieses Urteil mit Verweis auf das Soldatengesetz nicht angefochten wurde. Hiermit wurden die Regeln zur Befehlsverweigerung ad absurdum geführt. Hier hat Struck versagt.
@memoria
„anfechten“? … Das Urteil stammt doch vom Bundesverwaltungsgericht; mehr is dann nich
wenn ich es – als Nichtjurist – richtig verstanden habe, hätte man wegen der grundsätzlichen Bedeutung eine Klärung beim BVerfG herbeiführen können.
Wäre ja nicht das erstemal, dass ein BVG-Urteil durch Karlsruhe revidiert worden wäre.
@Heiko Kamann
Wenn „Major“ Pfaff rechtmässige Befehle verweigert, muss er sich nicht wundern, wenn er nicht befördert wird. Wäre ja auch noch schöner!
@Memoria
Nein, leider war kein Rechtsweg mehr möglich. Das Urteil war endgültig. Struck hätte höchstens die Gesetze anpassen können, aber aufgrund der besonderen Struktur des Urteila dürfte das auch nichts gebracht haben und eine Rückwirkung ist ja so oder so ausgeschlossen.
Unabhängig davon spielt das aber auch keine Rolle, weil das Urteil ein Einzelfall war und der fragliche Berichtetstatter den Senat gewechselt hat und jetzt nicht mehr für Sdt zuständig ist.
@Koffer
Na das passt aber mit dem komischen „Karrieregedöns“ das die Bundeswehr allerortens macht, nicht zusammen. Sieht eher danach aus als ob hier eine „beleidigte Leberwurst“ (BMVg) nicht einsehen kann das sie rechtlich unterlegen ist. Geht man so mit Stabsoffizieren um? Dann doch „Gute Nacht“ … ach so, der Irak-Krieg ist ja nun wohl zu Ende … wer hat denn da gesiegt?
@Wieso „Karrieregedönds“?
Es ist doch ganz einfach: Das BVerwG hat in einer (äußerst umstrittenen und bisher glücklicherweise einzelnen) Entscheidung festgestellt, dass der Befehl den der sog. „Major“ Pfaff nicht ausgeführt hat rechtmäßig war und das aus (außergewöhnlichen) Gründen die Verweigerung dieses Befehls aber „straffrei“ (Begriff stimmt nicht ganz, da es ja nur ein Disziplinarverfahren war – was ich übrigens nie ganz verstanden habe – aber dürfte zu verdeutlichen hier ausreichen) blieb.
Das ändert aber nichts am Ungehorsam dieses „Major“, von daher ist es doch nur folgerichtig, dass er bisher nicht befördert wurde…
Man sollte den Fall nicht an die streitbaren Person Major Pfaff binden. Seine Ünterstützung zum Irak-Krieg war eher marginal, wenn denn überhaupt vorhanden, aber auch da ging es um das Prinzip.
Vielmehr ist verwunderlich, dass so wenige Offiziere diesen Weg gingen, denn offensichtlich hatten ja viele die Kriegshandlungen im IRAK unterstützt. Da der Angriff auf den Irak wohl nicht unserem GG entsprach, müssten folglich diejenigen die einen Angriffskrieg unterstützten verantwortlich gemacht werden.
„Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts (2. Wehrdienstsenat)
Nr. 38/2005: BVerwG 2 WD 12.04
22.06.2005
Unverbindlichkeit eines Befehls wegen Verstoßes gegen die Gewissensfreiheit eines Bundeswehrsoldaten während des IRAK-Krieges
Ein Major weigerte sich im April 2003, den Befehl seines Vorgesetzten auszuführen, an der weiteren Entwicklung eines militärischen Software-Programms mitzuwirken. Zur Begründung führte er an, er könne es mit seinem Gewissen nicht vereinbaren, Befehle zu befolgen, die geeignet seien, Kriegshandlungen im IRAK zu unterstützen……..“
@Elahan
Ob der Irak-Krieg rechtswidrig war oder nicht hat das BVerwG im Pfaff-Urteil offen gelassen. Das die Beteiligung der Bundeswehr den Tatbestand der „Unterstützung eines Angriffskrieges“ erfüllte ist auch eher unwahrscheinlich, denn hierbei handelt es sich um eine Straftat und wenn dem so gewesen wäre, dann wäre „Major“ Pfaff mit ganz einfachen (und rechtlich übrigens wesentlich überzeugenderen) Argumenten freigesprochen worden.
„Vielmehr ist verwunderlich, dass so wenige Offiziere diesen Weg gingen, denn offensichtlich hatten ja viele die Kriegshandlungen im IRAK unterstützt.“
Wieso ist es verwunderlich, dass Soldaten Befehle befolgen?
Meine Herren… kommen wir, bei allem inneren Zusammenhang, nicht doch ein bisschen vom Thema des Threads ab?
@Koffer:
Nach dem Pfaff-Urteil kann man ja nach Belieben das Gewissen als Begründung heranziehen. Daher ist das Urteil aus meiner Sicht auch nicht auf den Einzelfall bezogen.
Der Truppendienstsenat war der Meinung, dass die Gewissensfreiheit des Art. 1 GG auch nicht durch die wehrverfassungsrechtlichen Regelungen des GG beschränkt wird.
Diese Aussage hätte aus meiner Sicht durch das Bundesverfassungsgericht überprüft werden können und müssen.
@Koffer
In der Tat hat das BVerwG im Pfaff-Urteil offen gelassen ob der Irak-Krieg rechtswidrig war oder nicht! Das die Beteiligung der Bundeswehr den Tatbestand der “Unterstützung eines Angriffskrieges” erfüllte wird selbst von vielen amerilanischen Gelehrten und Offizieren nicht mehr bestritten. Selbst Powell seinen Auftritt in der UN als „Schandfleck“ in seiner Karriere, schließlich sei er es gewesen, der für die Vereinigten Staaten der Welt diese Argumentation präsentiert habe. und Powell war Außenminister und nun wirlich kein Linker Spinner. Das Gericht verwies auf Art. 2 Ziff 4 UN-Charta, wonach „jede“ Androhung und Anwendung militärischer Gewalt gegen einen anderen Staat eine völkerrechtswidrige Aggression sei. Davon gebe es nur zwei Ausnahmen: Der förmliche Beschluss durch den UNO-Sicherheitsrat und den Fall der Selbstverteidigung. Beides sei im Falle des Irak nicht gegeben gewesen.
Insbesondere hätten sich die USA zu Unrecht auf die von ihnen angeführten UN-Resolutionen berufen. UN-Resolution 678 von 1990 habe nur zur Vertreibung des Irak aus Kuwait legitimiert. Die Waffenstillstandsresolution 687 von 1991 habe festgestellt, dass dieses Ziel erreicht sei. Sie habe dem Irak im Falle des Einsatzes gasförmiger oder bakteriologischer Waffen „ernste Konsequenzen“ angedroht und eine eindeutige Distanzierung vom „internationalen Terrorismus“ verlangt. Dies habe der Irak akzeptiert.
Die UN-Resolution 707 von 1991 habe die Waffenruhe nicht aufgehoben. Auch später sei dies nicht geschehen. Keine der späteren UN-Resolutionen des Sicherheitsrates habe einen Rechtfertigungsgrund für militärische Handlungen enthalten, auch nicht um die Zusammenarbeit mit Waffeninspektoren zu erzwingen.
Wo weder ein Fall der Selbstverteidigung gemäß Art. 51 UNO-Charta noch eine Ermächtigung durch den UN-Sicherheitsrat gemäß Art. 42 UNO-Charta vorliegt, verbietet das absolute Gewaltverbot des Art. 2. Z. 4 UN-Charta jeden militärischen Angriff auf einen anderen Staat.
Dass die NATO in drei Kriegen ihre Legitimation zur Kriegsbführung bis an die Grenzen (und evtl. darüber hinaus) gedehnt hat, mag man für gut oder schlecht bewerten, dass aber diese Vorgehensweise von China, Israel, Russland (siehe Ossetien) und Weißrußland genau beobachtet wurden und ggf als Legitimation für die Durchsetzung ihrer Interessen gebrauchen werden, wird uns langfristig auf die Füße fallen!
„Wieso ist es verwunderlich, dass Soldaten Befehle befolgen?“
Es ist nicht verwunderlich, dass Soldaten Befehle befolgen, es ist verwunderlich, dass Soldaten in den höchsten Rängen Befehle bedingungslos befolgen. Wenn man selbst erlebt hat, dass man in heutiger Zeit mit mangelhafter Ausrüstung und Auftrag in den Einsatz geschickt wird ohne, dass von der mili. Führung widersprochen wird ist es traurig. Selbst die entscheidenden Politiker gestehen heute ein, dass es viele falsche Entscheidungen gab und man von den Militärs oft falsch beraten wurde, man hätte ihnen zu oft nach dem Mund geredet.
Genau dies wollte man mit dem Staatsbürger in Uniform verhindern.
@Memoria
Verfassungsbeschwerden (zumindest wenn es um Grundrechte geht) sind nur durch den Betroffen zulässig und nicht durch den Staat. D.h. „Major“ Pfaff hätte bei einer Verurteilung ans BVerfG appellieren können (und wäre dort vermutlich kläglich gescheitert), das BMVg darf aber nicht nach Karlsruhe ziehen.
Unabhängig davon läßt das Urteil (bei allen Fehlern und kritikwürdigen Argumentationen) NICHT eine schrankenlose Berufung auf das Gewissen zu. Das hätten zwar die „Offiziere“ um Pfaff und Rose gerne, aber glücklicherweise ist dem nicht so. Und solange es ein einzelnes Urteil bleibt kann auch nicht von einer „gefestigten Rechtsprechung“ gesprochen werden. Und nur dies wäre relevant, da solche „gefestigte Rechtsprechung“ von den Truppendienstgerichten in den erstinstanzlichen Urteilen regelmäßig DEREN Urteilen zu Grunde gelegt wird.
Deswegen würde ich mich derzeit (noch) ganz beruhigt zurück lehnen und das „Pfaff-Urteil“ als das betrachten was es war: ein bedauerlicher Ausrutscher…
@Elahan
Zum Irak-Krieg sage ich jetzt nichts, denn da habe ich eine deutlich andere Bewertung als Sie und das wäre jetzt definitiv off-topic (Sie sehen, ich habe den Hinweis verstanden Herr Wiegold ;) ).
Zur Frage des Gehorsam:
Ich gebe Ihnen in soweit Recht, dass deutsche Generale leider häufig genug der Politik nach dem Mund reden und dadurch ihre Offizierpflichten vernachlässigen. Außerdem kann ich auch gar nicht verstehen, warum manche Offiziere sich im Verteidigungsausschuss von jungen MdB abfällig behandeln lassen (aber auch das ist eine andere Diskussion ;) ).
Bei der achso mangelhaften Ausrüstung habe ich da meine Zweifel, denn im Vergleich zu allen anderen Nationen (ausgenommen die Vereinigten Staaten) sind wird im Durchschnitt ausgezeichnet ausgestattet (von Hubschraubern und Transportflugzeugen mal abgesehen).
„Genau dies wollte man mit dem Staatsbürger in Uniform verhindern.“
Entschuldigung, aber hier muß ich HEFTIG widersprechen, dass was Sie angegeben haben teile ich in bestimmten Punkten auch. Aber das Schlagwort „Staatsbürger in Uniform“ hat NICHTS damit zu tun.
Dies Konzept bezieht sich auf die Frage der bürgerlichen Rechte und einer „Parallel“-Gesellschaft neben der eigentlichen Gesellschaft.
@T.Wiegold
Ja, leider so ist das mit den Hobby Strategen, sie kommen immer zu des Pudels Kern und über Sachverhalte in denen man sich einig ist, braucht man nicht zu streiten :-)
Piraten brechen Gesetze, Gesetze müssen eingehalten werden, dazu benötigt man eine Kraft die diese Gesetze gesetzesgemäß durchsetzt und ggf Gestzesbrecher nachhaltig behindert Gesetze zu brechen. Darüber sind wir uns doch einig, oder?
Also leiten sich daraus die Fragen ab und die sind für die USA, Russland, China eben anders zu beantworten als für die BRD, Niederlande, Schweden, Schweiz uvm! Da wir uns aber eher mit den deutschen Fragen beschäftigen kommen wir oft an den selben Punkt, nur oft aus anderen Richtungen.
@Koffer
Artikel 87a.(1) Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf. Ihre zahlenmäßige Stärke und die Grundzüge ihrer Organisation müssen sich aus dem Haushaltsplan ergeben. (2) Außer zur Verteidigung dürfen die Streitkräfte nur eingesetzt werden, soweit dieses Grundgesetz es ausdrücklich zuläßt.
Beim Verteidigungsfall handelt es sich nach Art. 115a GG um „die Feststellung, dass das Bundesgebiet mit Waffengewalt angegriffen wird oder ein solcher Angriff unmittelbar droht.“Die Feststellung des Verteidigungsfalles obliegt dem Bundestag; der Bundesrat muss zustimmen. Der entsprechende Antrag muss von der Bundesregierung gestellt werden. Die Feststellung im Bundestag erfolgt mit der Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen, mindestens aber mit den Stimmen der absoluten Mehrheit der Gesamtzahl seiner Mitglieder. Im Bundesrat ist die absolute Mehrheit der Stimmen erforderlich.
Wenn dann selbst beim ureigensten Auftrag der Streitkräfte der Bundestag mit der Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen den Einsatz der Bw zustimmen muss, dann ist es für die Nebenaufgaben der Bw nur recht und billig. Nach meiner Bewertung der Urteile, sieht das auch das Bundesverfassungsgericht so.
Die in diesem Zusammenhang wohl umstrittenste Frage nach dem etwaigen Revokationsrecht des Parlamentes (siehe auch Gewaltenteilung) ist dahingehend gelöst, dass dem Bundestag ein Recht die Bundeswehr bei „Gefahr im Verzug“ oder aus humanitären Gründen einzusetzen nicht zusteht.
Der Parlamentsvorbehalt ist rechtens und somit bindend!
http://deposit.ddb.de/cgi-bin/dokserv?idn=97966103x&dok_var=d1&dok_ext=pdf&filename=97966103x.pdf
Die Erfahrungen im letzten Jahrhundert hatten ergeben, dass man als Soldaten der BRD nicht den blinden Befehlsempfänger, sondern einen aus Einsicht und Überzeugung handelnden Menschen wollte (Staatsbürger in Uniform). Um dies zu erreichen, gewährte man den Soldaten das aktive und passive Wahlrecht, eine gewisse Koalitionsfreiheit (siehe dazu: Deutscher Bundeswehrverband) und der befehlende Vorgesetzte hat vor der Erteilung eines Befehls zu prüfen, ob sein Befehl rechtmäßig, zweckmäßig und angemessen ist. Sollte ein Soldat bei der Operation Atalanta mit dem Befehl Personen/Gebäude (kommt auf die Umstände an) an Land zu beschießen zum Schluß kommen, dass dadurch ein schwerer Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht vorliegt, darf er einen solchen Befehl nicht ausgeführt werden. Auch das unterscheidet uns von einigen anderen Armeen aber es gibt auch EU-Streitkräfte mit ähnlichen Verfahren. Ob dies nun einem gefällt oder nicht, wäre dann ein anderer Thread :-)
@Elahan
1. Nett, dass Sie das GG so umfangreich zitieren.
2. Das Revokationsrecht hat überhaupt nichts mit „Gefahr im Verzuge“ zu tun. Sie müssen da wohl in einen falschen Abschnitt beim zitieren gerutscht sein…
2a. Der Bundestag hat überhaupt kein Recht die Bundeswehr einzusetzen! Er hat lediglich das Recht den Einsatz der Bw durch die BReg zu genehmigen oder zu untersagen.
3. Der Parlamentsvorbehalt ist in der Tat grundsätzlich rechtens (durch Urteil BVerfG). Allerdings in der derzeitigen konkreten Ausgestaltung sicherlich nicht. Da braucht man nur die drei einschlägigen Urteile neben den Gesetzestext legen und stellt fest, dass das Gesetz die Rechte der BReg viel zu sehr einschränkt.
4. Unabhängig davon, halte ich die derzeitige Rechtssituation für einen schwerwiegenden Verstoß gegen die Gewaltenteilung und würde mir eine entsprechende Gesetzes- (und ggf. sogar GG-) Änderung wünschen um der BReg die ihr zuständen Rechte wieder uneingeschränkt zukommen zu lassen.
5. Aber unabhängig von diesem allem, was hat das mit „Staatsbürger in Uniform“ zu tun?!?! Ich verstehe den inneren Zusammenhang zwischen Ihren Aussagen und dem was ich vorher geschrieben hatte überhaupt nicht!
Auch der Begriff „blinder Befehlsempfänger“ hat NICHTS mit dem Konzept des Staatsbürger in Uniform zu tun. Zwar stimme ich Ihnen vollkommen zu, dass es deutschen Offiziersverständnis nicht entspricht blinder Empfehlsempfänger zu sein (übrigens auch schon zu Preußens Zeiten nicht) und das ist auch gut so!
Aber das hat doch nichts mit dem Konzept des „Staatsbürgers in Uniform“ zu tun!
Das Konzept hat etwas mit der Einbettung des Soldaten in die zivile Gesellschaft und mit dem Selbstverständnis eine aufrechten „Wehrbürgers“ (das ist jetzt mein eigener Begriff) zu tun…
6. Das ein Soldat keinen schweren Verstoße gegen das Völkerrecht begehen darf ist keine deutsche Erfindung, sondern ist in allen (zivilisierten) Staaten so!
7. Und unabhängig davon hat das wiederum NICHTS mit der Operation Atalanta zu tun, denn dass Piraten auch an Land bekämpft werden dürfen (auch von deutschen Soldaten) steht in keiner Weise im Widerspruch zum Völkerrecht.
+ Somalia ist ein „failed state“, so dass die Frage der territorialen Integrität nicht greift.
+ Ein Angriff gegen Piraten ist auch kein Verstoß gegen Kriegsführungsrecht oder gegen Menschenrechte.
Also wo soll das völkerrechtliche Problem sein?
Erst recht ein „schwerer“ Verstoß (denn nur ein solcher würde es ja einem deutschen Soldaten erlauben/verpflichten den Befehl verweigern zu dürfen/zu müssen)…
@Koffer
Revokationsrecht hat überhaupt nichts mit “Gefahr im Verzuge”
http://books.google.de/books?id=LKM4u-SJ3iQC&pg=PA297&lpg=PA297&dq=Revokationsrecht+parlament+einsatz+bundeswehr&source=bl&ots=aCq5uY9WvM&sig=DexHkOZ9ALMPuZd0pv7Pet7EwuM&hl=de&sa=X&ei=nFj_ToHZHpOJsAbS0_D1Dw&ved=0CC4Q6AEwAQ#
Seite 231
http://deposit.ddb.de/cgi-bin/dokserv?idn=97966103x&dok_var=d1&dok_ext=pdf&filename=97966103x.pdf
Es ist eine Freude sich mit ihren Argumenten zu beschäftigen und ich freue mich auch im neuen Jahr ihre Standpunkte zu erfahren. Nehmen Sie es bitte nicht persönlich, wenn ich nicht alle teile. Gerda zum Staatsbürger in Uniform habe ich ein anderes Verständnis. Ich wünsche Ihnen und natürlich allen anderen in diesem Blog ein friedvolles und erfolgreiches neue Jahr 2012 und lassen sie uns auch in Zukunft für eine bessere Erkenntnis so gesittet streiten.
@Elahan
Herzlichen Dank für die beiden Links. Insbesondere die Diss ist äußerst interessant.
Dennoch:
Meine Aussage war, dass ein (mögliches) Revokationsrecht nichts mit „Gefahr im Verzuge“ zu tun hat. Hierbei habe ich mich doch gar nicht zur Zulässigkeit einer Revokation geäußert! Vielmehr habe ich die beiden Fragen (Revokationsrecht vs. Gefahr im Verzuge) unterschiedlichen Themengebieten zugewiesen…
Inhaltlich halte ich übrigens ein Revokationsrecht des Bundestages für NICHT gegeben, weiß aber dies ein äußerst strittige Frage ist (sieht man ja auch an Ihren beiden Links, die genau zu dieser Frage vollkommen entgegen gesetzte Auffassungen vertreten).
Zum Staatsbürger in Uniform.
Ich denke es ist gut so, dass hier unterschiedliche Auffassungen bestehen, denn bei diesem Konzept (genauso wie bei seinem Pendant, der „Inneren Führung“), handelt es sich ja um Philosophiefragen und da wäre es ja äußerst langweilig, wenn alle die gleiche Position hätten ;)
Ich bin übrigens ein glühender Anhänger des Konzepts des Staatsbürgers in Uniform, ich verweigere mich hier nur Deutungen, die in diesem Konzept irgendeine Form der „Zivilisierung“ bzw. „Entmilitarisierung“ der Armee beinhalten, denn genau dies gehört meiner Meinung nach nicht zu diesem Konzept, sondern widerspricht ihm sogar…
Auch Ihnen ein erfolgreiches und „spannendes“ 2012 und auf zahlreiche interessante Diskussionen in diesem Blog!
Wie kann man sich das denn vorstellen. Fahren die Herrschaften dann mit ner Fregatte den Strand ab und schießen mit der 76mm schnelleuerkanone auf den Strand? Die 155mm Artillerielösung wurde ja leider verworfen.
@Dante: Hier kann es nur mit Hubschraubern funktionieren, möglicherweise in Zusammenarbeit mit Spezialkräften.