Merkel im Kosovo (update)
Was für ein Unterschied. Heute besuchte Bundeskanzlerin Angela Merkel die deutschen Soldaten im Kosovo und traf sich am Rande des Besuchs auf dem Flughafen von Pristina mit dem kosovarischen Ministerpräsidentn Hashim Thaci. Der erste Besuch eines deutschen Regierungschefs, seitdem der damalige Kanzler Gerhard Schröder im Spätsommer 1999 in den Kosovo gereist war.
Damals lief alles noch ein bisschen anders ab. Staatsbesuch im Schutz schwerer Maschinengewehre, überschrieb ich meinen Bericht für Associated Press: Von Mazedonien aus war Schröder mit CH-53-Hubschraubern nach Pristina Prizren geflogen, Doorgunner sicherten in den Helikoptern. Die größte Gefahr drohte damals ganz offensichtlich dem Kanzler jedoch nicht von serbischen Attentätern, sondern von begeisterten Kosovaren: Mitten in der Altstadt von Pristina Prizren, nahe der Brücke, die seit dem Besuch Kanzlerbrücke genannt wird, drohte die enthusiastische Menge den deutschen Regierungschef fast zu erdrücken. Noch heute sehe ich die Panik im Gesicht eines Fallschirmjäger-Zugführers vor mir, der seine Leute nur noch anbrüllen kann, die Menge abzudrängen…
Zwölf Jahre später dürften die meisten Deutschen verblüfft sein, dass überhaupt noch Bundeswehr-Soldaten im Kosovo im Einsatz sind – und zudem in den vergangenen Wochen die ohnehin nie entspannte Lage noch mal problematischer geworden ist. Zahlreiche deutsche Soldaten wurden bei Auseinandersetzungen mit den Serben im Norden des Kosovo verletzt, zwei von ihnen sogar durch Schüsse verwundet.
Merkel mit deutschen Soldaten in der Casa Italia im KFOR-Hauptquartier in Pristina (Foto: ©Bundesregierung/Steffen Kugler)
Der Besuch der Kanzlerin galt denn auch in erster Linie der Bundeswehr als Teil der internationalen KFOR-Truppe. Kanzlerin Merkel hat sich im KFOR-Hauptquartier Prishtina mit Bundeswehrsoldaten und -soldatinnen getroffen und Ihnen für Ihren Dienst gedankt, twitterte Regierungssprecher Steffen Seibert vom Besuch. In den Worten der Kanzlerin: Ich möchte mit meinem Besuch auch bei den deutschen Truppen der Bundeswehr heute deutlich machen, wie wir das Engagement der Soldaten schätzen. … Es hat sich doch in den letzten Wochen wieder herausgestellt, dass der Einsatz nicht ganz so ungefährlich ist, wie man manchmal denkt.
Natürlich konnte auch bei einem vorweihnachtlichen Truppenbesuch die Politik nicht außen vor bleiben. Ein Ausschnitt aus der knappen Pressekonferenz der Kanzlerin nach dem Gespräch mit dem kosovarischen Regierungschef (der Verweis auf Präsident Tadić bezieht sich auf das Staatsoberhaupt Serbiens):
Ein Problem, über das wir selbstverständlich gesprochen haben, ist die Lage im Norden des Kosovo. Hier ist es notwendig –‑ darüber habe ich auch mit Präsident Tadić gesprochen ‑, dass wir vor allen Dingen zu vernünftigen Formen des Umgangs kommen. Die gemeinsame Grenzkontrolle könnte so etwas sein, was auf dem Papier vereinbart ist, was aber noch nicht implementiert ist. Ich habe in diesem Zusammenhang auch die kosovarische Seite gebeten, ihren Beitrag dazu zu leisten. Genauso sind wir natürlich in einem ständigen Kontakt mit Serbien und mit Präsident Tadić.
Wir wollen mit der Anwesenheit unserer Soldaten im Rahmen von KFOR und der Nato-Mission genauso wie mit unseren Polizisten und Rechtsexperten von EULEX einen Beitrag dazu leisten, dass die Region sich gut entwickeln kann. Sie kann es letztlich nur, wenn alle Beteiligten – und in diesem Fall auch Kosovo – den guten Willen dazu hat. Man hat mir das heute immer wieder versichert. Wir werden noch einen langen Weg vor uns haben.
Ich möchte mit meinem Besuch auch bei den deutschen Truppen der Bundeswehr heute deutlich machen, wie wir das Engagement der Soldaten schätzen. Ich bedanke mich auch für Ihre Worte. Es hat sich doch in den letzten Wochen wieder herausgestellt, dass der Einsatz nicht ganz so ungefährlich ist, wie man manchmal denkt. Wir alle haben natürlich die Aufgabe, zu schauen, dass die Sicherheit hier im umfassenden Sinne gewährleistet ist.
Es ist unübersehbar, dass noch viel zu tun bleibt, und zwar sowohl beim Aufbau eines Rechtsstaates Kosovo als auch bei den Beziehungen zu Serbien. Aber wir wissen, dass man in der Geschichte auch dicke Bretter bohren muss. Deutschland möchte dazu einen konstruktiven Beitrag leisten. Auch ich möchte an dieser Stelle unseren Soldatinnen und Soldaten und unseren Polizistinnen und Polizisten und Rechtsexperten ganz herzlich danken, dass sie einen Beitrag dazu leisten. Mein Besuch soll heute dazu auch dienen.
Übrigens bedarf es derzeit offensichtlich noch nicht mal der Barrikaden der Kosovo-Serben, den Verkehr zwischen dem Kosovo und Serbien über die Administrative Boundary Line lahmzulegen: Auf serbischer Seite streiken die Polizisten an den Grenzübergängen für Lohnerhöhungen.
Nachtrag: Das Bundespresseamt hat die Ansprache Merkels vor den deutschen Soldaten und noch ein paar mehr Bilder vom Besuch der Kanzlerin veröffentlicht. (Und macht etwas merkwürdige Bildunterschriften: Ausdrücklich dankt die Kanzlerin den Soldatinnen und Soldaten für den geleisteten Dienst. Vor kurzem waren zwei von ihnen im Einsatz verletzt worden. Nein, es waren deutlich mehr verletzt worden. Aber eben zwei durch Schüsse verwundet. Die sind vermutlich gemeint.)
Und? Wird ihr Besuch irgendwas bringen?
@Roman
Merkwürdig das Sie diese Anmerkung bzw. Frage in dieses Blog posten. Politische Gespräche gehören zur diplomatischen Auseinandersetzung, Einigung oder einfach Austausch.
Für die Soldaten, Beamte und Angestellte im Einsatz ist es eine schöne Geste … ohne Wenn und Aber.
Hallo,
Bildunterschrift Bundespresseamt „…mit militärischen Ehren durch die kosovarische Armee empfangen…“ Ei wenn das ein Serbe liest ;-)
Zu den Bildunterschriften hatte ich oben schon was gesagt…
@ seepferd
Ähhh, wo ist der Punkt? Habe ich was übersehen?
@ Kamann
Darauf wollte ich hinaus. Wir wissen seit Jahren, das im Kosovo nichts geht, die veranwortlichen Politiker haben seit der Unabhängigkeit des Kosovo das Thema tunlichst gemieden. Diesen Sommer knallte es mal wieder, nun im Herbst um so heftiger. Im Winder, der dort herrlich arschkalt ist, wird das ganze Abflauen und dann im Frühjahr wieder aufkochen. Wenn Merkel schon mal da ist, erwarte ich nicht nur Blumen und nette Gespräche. Ich glaube, den Soldaten dort ist es lieber, wenn sie den Besuch im Feldlager auslässt und lieber den Kosovaren und Serben die Leviten liest. Das schafft man aber wohl nicht in weniger als 24 Stunden.
@T.W.
Verwechseln Sie in Ihrer Einleitung evtl. Pristina mit Prizren?
@Prediger
In der Tat, wie peinlich. Habe ich jetzt korrigiert; danke für den Hinweis.