Reservistenverband macht gegen NPD mobil
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Roderich Kiesewetter ist nicht nur Oberst a.D. (zuletzt aktiv bei SHAPE), sondern seit kurzem auch neuer Präsident des Verbandes der Reservisten der Bundeswehr. Und er scheint entschlossen, vor allem vor dem Hintergrund der jüngsten Erkenntnisse über rechte Extremisten im Verband klare Kante zu machen:
„Mitglieder der NPD haben im Reservistenverband nichts verloren“, wiederholt der Präsident des Reservistenverbandes, Roderich Kiesewetter MdB. Die jüngsten Meldungen in der Presse über rechtsextremistische Untaten bestärken den Reservistenverband einmal mehr, noch entschiedener gegen Mitglieder der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) im Verband vorzugehen. Bereits in seiner Erklärung vom 18. Oktober 2008 machte das Präsidium des VdRBw deutlich, dass es den eingeschlagenen Weg der Distanzierung von extremistischem Gedankengut weiter konsequent verfolgen wird, wie in mehreren Fällen bereits erfolgreich abgeschlossen.
Jüngst erweiterte das Bundesschiedsgericht den verbandsjuristischen Rahmen zum Ausschluss von NPD-Mitgliedern mit seinem Urteil vom 4. November 2011. Bis dato konnten lediglich NPD-Funktionäre ausgeschlossen werden, da diese die Satzung und das Parteiprogramm ihrer Partei öffentlich vertraten, welche mit der Satzung des Verbandes unvereinbar ist. Nach gültiger Schiedsgerichtssprechung kann der Ausschluss aus dem Verband von allen Mitgliedern der NPD allein aufgrund ihrer Parteizugehörigkeit und dem daraus abzuleitenden Bekenntnis zu der Satzung der NPD betrieben werden.
„Ich erwarte, dass alle Landesvorsitzenden des Verbandes gemeinsam mit Ihren Landesvorständen gegen Mitglieder der NPD das Ausschlussverfahren aus dem Verband bei dem zuständigen Schiedsgericht einleiten, um somit schnellst möglichst deren Ausschluss erwirken zu können“, sagt der Bundestagsabgeordnete.
Freimütige Kritik und demokratischer Rechtsstaat (Gustav Heinemann)
„Der Staat soll wieder einmal als das hohe über uns schwebende Etwas verstanden werden, das unabhängig von Parlamenten, Parteien und Volkssouveränität als ein Inbegriff von ausübender Gewalt besteht […] Wird nun aber radikale Kritik an der Verfassungswirklichkeit mit verfassungsfeindlichem Extremismus bewusst verwechselt, gilt es Alarm zu schlagen.“
Die spezifisch deutsche FDGO basiert noch immer letztendlich auf dem Blutrecht des ‚Deutschen Volkes‘ – siehe auch die soldatische Eidesformel. In einer schon seit Jahrzehnten zunehmend multikulturell, multiethnisch zusammengesetzten staatlichen Einheit, die sich politisch sogar entnationalisieren will (Europäischer Prozess) ist das ein Anachronismus ersten Ranges. Die deutsche Politik hat schon seit den späten 60ern versäumt, sich der gesellschaftspolitischen Aufgabe, diese FDGO im Grundsatz (Grundgesetz) weiter zu entwickeln verschlossen und immer nur mit den sattsam bekannten Ausgrenzungs-, Verbots-, Verdrängungsreflexen reagiert wie schon zu Zeiten des Wilhelmshavener Matrosenaufstandes.
Das ist genau genommen schon wieder eine andere Frage.
Aber was die Einwanderung betrifft Die Hugenotten fielen jedenfalls von ihrer Größenordnung nicht ins Gewicht. Und die Bergleute, die ins Ruhrgebiet zogen, waren überwiegend bereits deutsche Staatsangehörige polnischer, masurischer oder kaschubischer Nationalität. Ein Fall von Binnenwanderung, wenn man so will.
Preußen bzw. später das Deutsche Reich war damals de facto ein Vielvölkerstaat, genau wie Österreich-Ungarn.
@Heiko Kamann
Die Vertriebenen waren aber deutsche Staatsangehörige (sie wurden ja gerade deswegen vertrieben, weil sie Deutsche waren). Zu den Ruhrpolen (das Thema ist natürlich noch etwas komplexer) vgl. meinen früheren Beitrag.
@Orontes:
Sie schrieben:
„Der Reservistenverband dürfte eine der ethnisch homogensten Organistionen in Deutschland sein und dies mittelfristig auch bleiben“
Zu Ihrer Einschätzung des Ist-Zustandes des Reservistenverbandes kann ich nichts sagen, da mir da der persönliche Einblick fehlt. Gleichwohl halte ich sie für nachvollziehbar.
In (mittelfristiger) Zukunft besteht aber gerade für den Reservistenverband die Möglichkeit zu einem multiethnischen Verein zu werden. Insbesondere wenn man Wolffsohns These von der Unterschichtenarmee folgen mag, werden immer mehr Soldaten mit Migrationshintergrund in der Bundeswehr dienen. Somit steigt auch das Potential von entsprechenden Reservisten immer weiter an – man muss sie nur erfolgreich ansprechen können.
Welche Bedeutung das gemeinsame Dienen in einer Armee hat, zeigt sich ja nicht zuletzt am Beispiel der jüdischen Frontkämpfer des 1. WK, die erst nach Jahren intensiver, staatlicher Propaganda der Verfolgung durch SA/SS preisgegeben worden sind. Im Gegensatz zu Ihnen, Orontes, möchte ich hier eher die positive Seite betonen, obwohl letztlich auch die Frontkämpfer in Auschwitz vergast worden sind.
Zu den Ruhrpolen gab es vor kurzem einen Artikel in der ZEIT, der ganz interessant ist:
http://www.zeit.de/2010/50/Polen-Ruhrgebiet/seite-1
@K.B.
Das mit dem Frontkaempfertum ist geschichtlich so nicht ganz richtig, was Sie beschreiben, lesen Sie dazu bitte mal:
http://de.wikipedia.org/wiki/Frontkaempfer (bitte ae anpassen, mein US Keyboard will gerade nicht…)
Statt des Mythos, dass Hitler die Frontkaempfer schuetzen wollte, war es dann doch wohl eher Hindenburg… und es dauerte auch nur 2.5 Jahre bis das vorbei war, und wie das fuer den Einzelnen/Betroffenen tatsaechlich ausgesehen hat, dazu empfehle ich dann die Tagebuecher von Viktor Klemperer…. er wird es wohl eher nicht als Privileg, sondern eher als Aufschub gesehen haben.
Aus diesem Teil der deutschen Geschichte, werden Sie ausser den Geschichten, ueber diejenigen, die sich dagegen gewehrt haben, nichts Positives ableiten koennen.
(Immer dran denken, da war nach der Machtergreifung wenig Illegales oder Illegitimes, die Perversion und die Singularitatet ergibt sich aus der Legitimitaet: „Im Namen des deutschen Volkes!“ )
Und Wolffsohn’s These (dessen Seminar Bundeswehr und Tradition ich 1990 besuchen durfte und dessen Intellekt ich sehr schaetze) bezieht sich nicht auf Migranten, sondern auf eine materielle Ost vs Westdeutsche Polarisierung (die im uebrigen, geschichtlich bedingt, derzeit noch umgekehrt zur Verteilung der Migranten ist), damit koennte man eigentlich eher die These ziehen, dass Fremdenangst (die Angst vor dem Anderen) dort am hoechsten ist, wo diese (die Fremden im Sinne von den Anderen) am wenigstens auftauchen…
Rechtsblindheit durch Linksblindheit oder vice versa begruenden ooder rechtfertigen zu wollen, fuehrt am Ende nur zur Vollblindheit…. und im diesen Sinne ist Schottern eben auch kein Ausdruck buerglicher (Wut)demokratie, sondern eine Straftat!
„Rechtsblindheit durch Linksblindheit oder vice versa begruenden ooder rechtfertigen zu wollen, fuehrt am Ende nur zur Vollblindheit…. und im diesen Sinne ist Schottern eben auch kein Ausdruck buerglicher (Wut)demokratie, sondern eine Straftat!“
s. dazu Broder: „Natürlich gibt es Unterschiede zwischen rechtem und linkem Terror, so wie es einen Unterschied zwischen der SA und der SS gab, der freilich den Opfern dieser Gruppen nicht immer bewusst war, wenn sie blutend oder tot auf dem Pflaster lagen. “
http://www.welt.de/print/die_welt/politik/article13736328/Die-wollen-doch-nur-umverteilen.html
@Soenke Marahrens:
Dass der Status des Frontkämpfers nicht mehr als einen Aufschub bedeutete, ist klar. Allerdings ist dieser Status (meines Wissens nach) der einzige Grund, aus dem es bei der Judenverfolgung überhaupt zu einem Aufschub gekommen ist.
Nichts liegt mir darüber hinaus ferner als zu behaupten, Hitler wollte die Frontkämpfer schützen.
Die Gründe der von Wolffsohn angesprochenen „Ossifizierung“ der Bundeswehr sind seiner Meinung nach die mangelnden Perspektiven auf dem zivilen Arbeitsmarkt und der niedrige soziale Status der Bewerber, die die Bundeswehr als Aufstiegschance betrachten.
Mit dem Geburtenrückgang nach der Wende in Ostdeutschland trifft diese Situation auf immer weniger Jugendliche von dort zu.
Dafür trifft diese Situation auf immer mehr Jugendliche mit Migrationshintergrund zu, weswegen man überspitzt formulieren könnte: „Die Türken sind die neuen Ossis der Bundeswehr“ – auch wenn sie es vielleicht erst noch werden.
Nicht zuletzt kommt das formale bzw. teils schon formalistische Einstellungsverfahren der Bundeswehr den Migranten entgegen, die hier nicht (bzw. in deutlich geringerem Maße) dem latenten Rassismus der (Personal-)Chefs zum Opfer fallen.