Kritik von Rühe? Da geht noch mehr.

In den Sonntagsmedien macht derzeit die Kritik die Runde, die der frühere Verteidigungsminister Volker Rühe im Spiegel an seinem Nach-Nach-Nach-Nach-Nachfolger Thomas de Maizière übt. Aber da geht noch mehr – am (morgigen) Montag wird in Berlin das hier schon besprochene Buch Bewährungsproben einer Nation vorgestellt, für das Rühe das Vorwort geschrieben hat. Ein kurzer Auszug:

In allen Bundeswehreinsätzen unter meiner politischen Führung ging es auch um die Wahrung und Nutzung unserer strategischen Handlungsfähigkeit. Damals wie heute ist dafür entscheidend, dass Deutschland seine Sicherheitspolitik und mögliche Beteiligungen an militärischen Einsätzen prinzipiell in die Politik der atlantischen und europäischen Nationen einbettet. Deshalb war es schlichtweg falsch, dass sich Deutschland im März 2011 im Weltsicherheitsrat bei der Verabschiedung der VN-Resolution 1973 – wohlgemerkt bei Zustimmung der USA, Frankreichs, Großbritanniens und Portugals – enthalten hat. Es war ein Bruch mit den bewährten und wichtigsten Traditionslinien deutscher Außen- und Sicherheitspolitik. Richtig wäre gewesen, wenn Deutschland dieser Resolution, die das unmittelbare Ziel hatte, ein Massaker des Gaddafi-Regimes an den Aufständischen zu verhindern, zugestimmt hätte und sich anschließend als Teil der Nato-Awacs Missionen und mit der Marine an den Überwachungsmaßnahmen der Nato beteiligt hätte.

Die Bundesregierung wiederholte und verstärkte mit ihrem Handeln ihren Sündenfall vom Jahresanfang. Damals hatte sie den vorübergehenden Abzug deutscher Soldaten aus den integrierten Awacs-Verbänden der Nato beschlossen, die für die Koordinierung des Luftraums über Afghanistan eingesetzt werden. Die Awacs-Maschinen, in deren Nato-Verband Deutschland 30 Prozent des Personals und den Kommandeur stellt, konnten in der Folge nur mühsam und mit erheblichen Lasten für unsere Partner betrieben werden. Mit dieser Verweigerung der Bündnissolidarität wird es unserem Land künftig sehr schwer fallen, andere Staaten für gemeinsame Projekte im Rahmen europäischer Lösungen zu begeistern. Welcher Staat wird seine Bürger überzeugen können, sich politisch und mit gemeinsamen militärischen Fähigkeiten von uns abhängig zu machen, wenn Deutschland sich der Nutzung von gemeinsam finanzierten und betriebenen Systemen bereits in jenen Einsätzen verweigert, die es selbst mitentschieden hat? Die Bundesregierung wird hart daran arbeiten müssen, das zerstörte Vertrauen neu zu gewinnen.

Übrigens: Rühe ist in der gleichen Partei wie der derzeitige Verteidigungsminister und die Bundeskanzlerin.