Somalias Piraten: Schlägt der Westen jetzt härter zu?

Natürlich ist auch das Piraterie-Geschehen am Horn von Afrika munter weiter gegangen, während ich in Urlaub war. In der vergangenen Woche wurden der italienische Tanker Savina Caylyn,der griechische Supertanker Irene SL und der maltesische Frachter Sinin gekapert. Auffällig dabei ist nicht nur, dass die Irene SL eine der wertvollsten Eroberungen der Seeräuber ist – auffällig ist vor allem, dass es drei Schiffe unter europäischen Flaggen (und keineswegs unter Billigflaggen) waren, die den Piraten vor die Panzerfaust kamen.

Ich weiß nicht, ob man einen Zusammenhang sehen sollte – aber ebenfalls in der vergangenen Woche gab es etwas Neues: zwei europäische Kriegsschiffe, die dänische Esbern Snare unter NATO-Kommando und die britische Cornwall, Flaggschiff der Combined Task Force 151 (CTF 151) griffen zwei gekaperte Schiffe an, die offensichtlich als Piraten-Mutterschiffe genutzt werden. In beiden Fällen waren die ursprünglichen Besatzungen wohl noch als Geiseln an Bord.

A team from USS McFaul inspect a dhow.

Eine Dhau als Mutterschiff: so wie die Faize Osamani unter indischer Flagge, die im April 2010 von US-Soldaten überprüft wurde, sehen auch zahllose andere Schiffe im Indischen Ozean aus, die somalischen Piraten als schwimmende Basis dienen. (U.S. Navy Photo via flickr)

Zum ersten Fall die offizielle NATO-Erklärung vom 13. Februar:

Early yesterday morning, the Danish warship HDMS Esbern Snare, part of NATO’s counter piracy mission, OPERATION OCEAN SHIELD, freed a hijacked fishing vessel in the Somali basin. HDMS Esbern Snare came across a suspicious vessel with two skiffs on deck. She launched her helicopter in order to investigate and to stop the vessel. After firing warning shots the vessel did stop and the crew surrendered. HDMS Esbern Snare then sent a boarding party to investigate.
After boarding the vessel it became clear that those on the vessel were 16 suspected pirates and 2 Yemeni hostages. The original fishing crew of 9 people had been held for a year but most of them had been released.
During the search weapons, including AK-47’s and rocket propelled grenade launchers and ammunition were found. The Yemeni hostages are currently on board HDMS Esbern Snare.

Was nicht in dieser Meldung steht: Die Nicht-Regierungsorganisation Ecoterra verweist auf dänsische Angaben, nach denen der Fischtrawler nicht lediglich befreit, sondern danach auch versenkt wurde:

Only few media actually asked the Danish navy, who then felt compelled to issue their statement. There it then transpired thsat the so-called mother ship was actually not freed but destroyed by the Esbern Snare – „as keeping it in tow would interfere with the warship’s naval operations“, the Danish Navy said.
The Yemenis therefore still are on the warship and the Danish side considers to return them to their homeland.
The Danish navy then said the 16 suspected pirates were landed on Somalia’s coast Sunday night as there was insufficient evidence to prosecute them. „The Danish task force on prosecution has considered all possibilities for prosecution and concluded that there are no grounds for that,“ the statement noted.
LOCAL OBSERVERS REPORT
Reports from very credible sources in Somalia, however, stated that this vessel actually was transporting weapons inside the Somali territorial waters to the Mogadishu area from a weapons cage, which had arrived from Yemen near the coastal town of Las Korey at the Gulf of Aden coast earlier. The local accord states that the naval chopper engaged the Somalis on the vessel in a fire-exchange until two commando boats arrived from the warship and the Somalis gave up.

Zum zweiten Fall: Die Londoner Times berichtet (der Originalbericht ist hinter einer Paywall, aber kostenfrei auf der australischen Zeitungs-Webseite The Australian nachzulesen), Royal Marines und andere Soldaten der britischen Fregatte Cornwall hätten im Golf von Aden ein jemenitisches Fischerboot gestürmt, das als Mutterschiff genutzt wurde. Die Dhau sei der Besatzung zurückgegeben worden, die sich nach drei Monaten in der Hand der Piraten mit dem Schiff auf den Heimweg in den Jemen gemacht habe. Die Piraten seien in Somalia an Land gesetzt worden.

Bemerkenswert ist, dass hier zwei Kriegsschiffe europäischer Länder von der bislang geübten Praxis abgewichen sind, gekaperte Schiffe aus Rücksicht auf die Geiseln an Bord (also die ursprüngliche Besatzung)nicht anzugreifen. Dieses Vorgehen war in jüngster Vergangenenheit vor allem von asiatischen Ländern bekannt geworden. Natürlich bleibt offen, wie sich die Seestreitkräfte unter EU- oder NATO-Kommando verhalten, wenn es nicht um ein Fischerboot aus dem Jemen geht, sondern um einen Supertanker mit europäischer Crew.

Denn vielleicht hat zu den Aktionen von Dänen und Briten auch die Erkenntnis beigetragen, dass die Piraten die gefangenen Seeleute bisweilen dazu zwingen, selbst als Piraten zu agieren. Das berichtete jedenfalls die Besatzung des als Mutterschiff genutzten und vor kurzem frei gelassenen koreanischen Fischtrawlers Golden Wave.(Bittere Ironie am Rande: Die Golden Wave war wohl just einer jener Raubfischer, deren Aktionen in somalischen Hoheitsgewässern immer wieder als Rechtfertigung für die Piraterie herhalten müssen.)

Wenn das stimmt und nicht nur ein Einzelfall ist, hat die Pirateriesituation am Horn von Afrika wieder eine neue, unerwartete dramatische Wendung genommen.

Nachtrag: Die Inder räumen unterdessen weiter vor ihrer Küste auf.