Autor des Kundus-Untersuchungsberichts kommt zum Bundestagsausschuss
Der Untersuchungsausschuss des Bundestages, der sich mit dem Luftschlag bei Kundus am 4. September 2009 und den Folgen befasst, wird in der Öffentlichkeit kaum noch wahrgenommen. Das könnte sich Anfang des kommenden Jahres noch mal ändern: Vor dem Untersuchungsgremium (das ja aus dem Bundestags-Verteidigungsausschuss besteht, der nach dem Grundgesetz als Untersuchungsausschuss agieren kann) werden am 10. Februar Bundeskanzlerin Angela Merkel und der damalige Außenminister und heutige SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier als Zeugen aussagen.
Vorher wird nach Informationen von Augen geradeaus! allerdings noch ein interessanter Zeuge gehört, der näher an den ganzen Ereignissen dran war als die Politiker in Deutschland: Generalmajor Charles S. Sullivan. Den Kanadier hatte der damalige ISAF-Kommandeur Stanley McChrystal am 8. September 2009 mit der Untersuchung des Vorfalls beauftragt. Und Sullivans Bericht, von dem immer als ComISAF-Bericht die Rede ist, wurde in Deutschland recht unterschiedlich interpretiert – Luftschlag militärisch angemessen, nicht angemessen?
Der Kanadier wird wohl in der ersten Sitzungswoche im kommenden Jahr als Zeuge angehört, das wäre dann der 20. Januar. Seine Aussagen dürften interessanter sein als die der Spitzenpolitiker, deren Auftritt vor dem Ausschuss zwar mehr Interesse erzeugen, aber wenig Neues bringen dürfte.
Ich bin mal gespannt, ob mit der Aussage des kanadischen Generals die deutschen Medien aus dem Dornröschenschlaf erwachen. Dieser Untersuchungsausschuss verdient wieder mehr Aufmerksamkeit durch die Medien.
(Leicht OT)
Inzwischen ist eine ausführliche Begründung zur Einstellung des Ermittlungsverfahren wegen des Luftangriffs vom 4. September 2009 veröffentlicht worden, soweit ich weiß wurde es hier im Blog noch nicht erwähnt (PDFs unten): http://www.generalbundesanwalt.de/de/showpress.php?themenid=12&newsid=360
Der Einstellungsvermerk ist meiner Meinung nach sehr lesenswert, da er eine umfangreiche Zusammenfassung und Bewertung der Ereignisse um den Luftangriff bietet. Es ist schon bitter zu sehen, wie weit gängige Mediendarstellungen (142 tote Zivilisten!) von einer objektiven und realistischen Einschätzung entfernt sind. Aus einem legitimen und insgesamt erfolgreichen Angriff wurde durch McChrystal-Show, Medienhetzkampagne und Guttenberg-Umfaller „eine Tragödie und ein tiefer Einschnitt in der Geschichte der Bundeswehr“.
Dieser Punkt erhält bei der Berichterstattung viel zu wenig Aufmerksamkeit: „Insbesondere ist nicht zu erwarten, dass sich die Verletzten dazu bekennen, den Taliban anzugehören, oder Angehörige von Getöteten dies in Bezug auf ihre Familienmitglieder angeben. Hinzu kommt, dass auch pekuniäre Interessen und Propagandastrategien der Aufständischen eine Rolle spielen könnten.“
Ich fand die Schilderung des Geschehens sehr aufschlussreich, unabhängig von der Ent- oder Belastung der beteiligten Soldaten. Solch detaillierte Analysen würde ich sehr gerne öfters über Kampfhandlungen (die es ansatzweise gibt) bzw. den Erfolg von Operationen lesen.
@Roman
Das würde ich mir auch wünschen, auf den offiziellen Bundeswehrseiten findet man fast gar nichts. Die Vereinszeitschriften der Freundeskreise bestimmter Truppengattungen beinhalten oft sehr interessante Gefechtsbeschreibungen, beispielsweise ist in der aktuellen Ausgabe des Panzergrenadiers ein Bericht mit Details zum Karfreitagsgefecht enthalten. Diese sind halt nur teilweise online verfügbar (z.B. „Der Infanterist“ (nicht online), „Der Panzergrenadier“ (ausgew. Artikel), „Das schwarze Barett“ (ausgew. Artikel) und „Zu-Gleich“ (komplett)).
Mein Eindruck ist, dass detailliertere Informationen zwar grundsätzlich verfügbar sind, man sich aber aktiv darum kümmern muss. Im Hinblick auf das verbreitete Unwissen bezüglich militärischer Themen in Medien und Öffentlichkeit ist das vielleicht gar nicht unerwünscht, Besserung wird es so aber auch nicht geben.