Abzug, Abzug, Trallalala
Nee, das ist zu ernst, sich darüber lustig zu machen. Gleichwohl: die Frage, ob die Deutschen sich in den nächsten Wochen darauf festlegen, im Jahr 2011 mit dem Abzug ihrer Truppen aus Afghanistan zu beginnen, dürfte bis weit in den Januar ein größeres Thema der innenpolitischen Debatte werden. In einem von der afghanischen Realität entkoppelten Paralleluniversum.
SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sagt in einem heute veröffentlichten Interview: Schon im Afghanistan-Mandat vom Januar 2010 ist der beginnende Rückzug deutscher Soldaten beschrieben. Das muss 2011 durch konkretes Tun untermauert werden. Taten zählen! Für die Zustimmung der SPD muss der Beginn des Rückzugs im Mandat enthalten sein.
Als politisches Ziel ok. Dummerweise richtet sich das, was am Hindukusch passiert, nur sehr mittelbar nach (deutschen) politischen Vorgaben. (Mal ganz davon abgesehen, dass ich den mit dem Wort Rückzug verbundenen Eindruck für fatal halte. Vermute allerdings, Steinmeier meint Abzug – siehe übrigens auch Wikipedia dazu.) Letztendlich geht es ja darum, den eigenen Wählern signalisieren zu können: schaut mal, wir fangen ja schon an, Schluss zu machen mit diesem Afghanistan-Blödsinn, den ihr gar nicht mögt.
Da vermute ich übrigens in den nächsten Monaten einen Popularitätswettlauf, der nicht auf die SPD beschränkt bleibt: alle Parteien haben in ihren Reihen Gegner des Krieges am Hindukusch, und in allen Parteien herrscht die Ansicht vor, die Deutschen seien da ganz doll engagiert und permanent in Kämpfe verwickelt. Drittgrößter Truppensteller und so. Ab und zu würde es helfen, da mal die Relationen zu sehen – zum Beispiel was die Kämpfe im Süden Afghanistans angeht. Oder die Zahl der incidents, der gewaltsamen Zwischenfälle in den Regionalkommandos Süd und Südwest im Vergleich zum Norden.
Die lustige Begriffsvermischung macht auch vor der Truppe nicht richtig halt, wenn ich die Äußerungen des Kommandeurs der Saarlandbrigade heute sehe. Unter der Voraussetzung, dass Sie da korrekt widergegeben wurden, Herr General: wo haben die Deutschen (!) Kampftruppen in Regionen, in denen der Wiederaufbau schon weiter vorangeschritten ist? Würde bei Gelegenheit außerdem mal mit dem ComISAF reden, über das Stichwort re-invest the transition dividend…
Nachtrag: Dazu passt das Interview, das Petraeus der Associated Press gegeben hat. Hier mal zitiert der Part zum Norden Afghanistans und den Deutschen, der nicht nach baldigem Abzug von Kampftruppen klingt:
„Over the last two years there has been an increase in Taliban activity up in the north,“ Petraeus acknowledged, but said there were plans by the Interior Ministry, the Afghan army and NATO „to reverse the momentum that the Taliban achieved in the north.“
Asked how this would be done, the general pointed to recent operations in the northern province of Kunduz, where combined operations involving the Afghan army, police, border police and coalition forces were pushing further into territory where the Taliban operate.
The U.S. had also sent an infantry brigade, an aviation brigade and additional special forces to the north over the past six to 10 months, Petraeus said, adding that Germany — which commands NATO troops in the north — had also conducted „impressive counterinsurgency operations, actually the first in their post-World War II history.“
The general also praised German special forces, saying they were „doing superb work in partnering with Afghan provincial response governance.“
@StFwdR,
Zustimmung! Interessant finde ich auch folgende Aussage, natürlich nicht von Ihnen:
„- Die Bundeswehr ist nicht in Afghanistan gescheitert. Man hat ihr dort eine nicht erfüllbare Aufgabe gegeben.“
Wenn das stimmt, dann könnten die Militärhistoriker die Geschichte verlorener Schlachten noch mal aufrollen und neu bewerten. „Nicht erfüllbare Aufgaben“ soll es da häufiger gegeben haben. Das wird manchen „gescheiterten“ Feldherrn zu später Genugtuung verhelfen. Und der Politik erst, die nun noch freier in ihrem Unvermögen sein kann, Kriege zu führen.
Hört, hört, ein Grüner der grad unten war:
„Ich bin weiterhin nicht für einen Sofortabzug der Bundeswehr, da es nach meiner Ansicht das Land stark destabilisieren würde und momentan das zivile Engagement noch die Präsenz der ISAF braucht.“
http://www.sven-kindler.de/tag/bundestag/
Das Mandat wird er aber wegen fehlendem Vertrauen in die Bundesregierung ablehnen.
Und als weltfremdes Sahnehäubchen:
„Ich werde aber trotzdem weiterhin dafür streiten, dass die Afghaninnen und Afghanen in Frieden leben können und elementare demokratische, rechtsstaatliche und menschenrechtliche Standards im Rahmen einer politischen Lösung gewahrt werden.“
Und wie?
„Demokratische, rechtsstaatliche und menschenrechtliche Standards.“
Und da war sie wieder, die westliche Arroganz, den uns genügenden Standard allen anderen Völkern dieser Erde „angedeihen“ zu lassen, den dieser ist ja unbestritten der Allerbeste und somit der einzig wahre…
Wann begreift hier eigentlich mal einer, das man einer Gesellschaft, die gesellschaftlich und Wertetechnisch noch in unserem 13. / 14. Jhd. lebt, nicht mit Gleichberechtigung und dem o.a. Gut kommen braucht??
Voodoo, das gilt nur für die ländlichen Bezirke.
Wenn Du dir Bilder aus ASTAN aus den 60`ern ansiehst, die könnten auch bei uns gemacht worden sein. ;-)
Wie immer ist es nicht ganz so einfach…. :-(
„Wann begreift hier eigentlich mal einer, das man einer Gesellschaft, die gesellschaftlich und Wertetechnisch noch in unserem 13. / 14. Jhd. lebt, nicht mit Gleichberechtigung und dem o.a. Gut kommen braucht??“
Vom Ergebnis her richtig, aber völlig falsche Herangehensweise. Wie kommen Sie dazu, die afghanische Gesellschaft mit der deutschen Gesellschaft zu vergleichen? Glauben Sie, dass in 7 Jahrhunderten die Afghanen gesellschaftlich und wertetechnisch den gleichen Stand haben wie die Deutschen jetzt?
Ein lesenswerter Kommentar von General a.D. Dieter
http://www.hansheinrichdieter.de/html/zahlenundzeitpunkte.html
Was Sie beide hier beklagen ist schlicht das fehlen der Fähigkeit für seine Überzeugungen auch zu kämpfen.
Nein.
Was fehlt ist:
– Ein Formulieren der maßgeblichen Überzeugungen
– Daraus strategische Ziele abzuleiten
– Die Mittel zu entwickeln um diese Ziele zu erreichen
– Diese Mittel zum Erreichen dieser Ziele einzusetzen
Diese Auflistung liest sich jetzt vielleicht super-trivial, aber in Deutschland ist man von einer solchen Ausarbeitung noch weit entfernt. (Und ja, man wird wohl nicht drumherum kommen, auch Gewaltanwendung als Mittel zum Zweck einzuplanen und einzusetzen.)
Aber ohne diesen politischen Unterbau ist Gewaltanwendung nichts. Man kann nicht einfach x-beliebige Militäreinheiten als Politikersatz hernehmen. Genau das geschieht aber in Afghanistan mit der Bundeswehr.
Und das Ergebnis, sowohl in der Stimmungslage in Deutschland, als auch in der Situation vor Ort, ist erwartungsgemäß mies.
Einfach nur für irgendwelche schwammigen Ideale zu kämpfen ist schlicht nicht gut genug. (Nebenbei: Welche denn? Bündnistreue? Menschenrechte? Krieg gegen den Terror? Platz im Sicherheitsrat? Weltfrieden?)
Oder andersrum: Wenn einem die Überzeugungen wirklich wichtig wären, dann würde man sich wohl auch anstrengen sie zu erreichen? Gerade das ist aber gerade beim deutschen Afghanistan-Engagement nicht zu erkennen, leider. Das ist sowas von halbherzig, dass es weh tut. Wenn einem die Überzeugungen aber eh nicht wichtig sind, dann ist es auch nicht legitim Soldaten dafür den Kopf hinhalten zu lassen.
Das ist , so zumindest mein Eindruck, was die meisten Einsatzskeptiker umtreibt, und nicht irgendein Weltkriegsscham-Pazifismus.
Und das Dumme ist: Sie haben eigentlich recht. Die Lücken und Widersprüche in der Durchführung des Einsatzes sind enorm. (100 deutsche Polizeiausbilder auf über 6 Millionen Afghanen? 300 deutsche Militärausbilder für die gleiche Zahl? Dreimal soviel Budget für Bundeswehr wie für Aufbau? Die Einsatzführung auf 4 Ministerien aufgeteilt? Keine deutsche Unterstützung beim Schaffen von Gerechtigkeit? Und das sind nur die gaaanz dicken Lücken…)
Die deutsche Einsatzführung (Bundestag, Ministerien, Bundeswehr) hat jetzt zwei Optionen:
– Entweder, sie macht ihre Hausaufgaben: begründet den Einsatz, formuliert Ziele, beseitigt die Widersprüche, schafft die notwendigen Strukturen und liefert Ergebnisse
– Oder sie läßt ihre Überzeugungen im Stich, schreibt den Schaden ab und vertraut darauf, dass sich für so ein paar Millionen Menschen am Ende der Welt eh niemand interessiert.
Na, nach was sieht’s derzeit wohl aus?
Dabei, und das ist ja der nächste Beschiss, sind die Erwartungen nicht gerade hoch – weder drüben, noch hier. Grundlegende Sicherheit und eine Zukunftsperspektive. Ich halte das nicht für unerreichbar (selbst mit 2 Mrd. € im Jahr, auch wenn mit mehr mehr möglich wäre), das Problem scheint mir eher in der fehlenden Bereitschaft zu liegen, das eigene Vorgehen zu überdenken und anzupassen. Und das schließt letztlich auch die Bundeswehr ein, die für ihr Budget die letzten Jahre glaub nicht allzuviel bewirkt hat.
Und ja, die Fähigkeiten für eine schlüssige Politik und die dafür notwendigen Werkzeuge fehlen nicht nur Deutschland. Deutschland hat lediglich das Problem, mit der Bundeswehr über besonders ineffiziente und für Kleine Kriege strukturell besonders untaugliche Streitkräfte zu verfügen.
Na ja , fast könnte ich zustimmen ;-)
Aber
Was fehlt ist:
– Ein Formulieren der maßgeblichen Überzeugungen
– Daraus strategische Ziele abzuleiten
– Die Mittel zu entwickeln um diese Ziele zu erreichen
Genau das ist beginnend mit der Entscheidung der damaligen rot-grünen Bundesregierung und dem ersten Mandat durch den Bundestag doch geschehen. Basierend auf der entsprechenden UN-Resolution hat sich die Regierung entschieden zu handeln.
Leider hat sie schon damales vergessen dem Volk zu sagen was es im Endeffekt bedeutet.
Auch weil wie Struck es treffend ausdrückte man „blauäugig“ da rein gegangen ist.
Und dann kommt das Problem :
– Diese Mittel zum Erreichen dieser Ziele einzusetzen
Die Mittel sind militärischer Natur und ziviler Natur, da beides benötigt wird und von einander abhängig ist, wäre eine vernünftige Koordination notwendig gewesen.
Fand aber nicht statt. Statt dessen wurde in den ersten Jahren Zeit und Geld verbraten, ohne effektiv was für den Auftrag zu leisten.
Mein Vorwurf an die jeweils leitenden Akteuer diesern Zeit ist das sie es nicht verstanden haben die relative Ruhe im Norden und die positive Grundstimmung in der Bevölkerung in dieser Zeit zu nutzen und neben symbolträchtigen Vorzeigeprojekten auch Basisarbeit für die Bevölkerung zu leisten.
Es würde den INS ungleich schwerer fallen Locals anzuwerben, wenn für diese der persönliche Nutzen durch ISAF in Form von Infrastruktur, Sicherheit und Ruhe höher wäre als die paar Dollars der INS. Und deren gewaltsame Aufforderungen zum kämpfen an die Locals wäre dann für die INS kontraproduktiv. ;-)
Als es dann, beginnend nach dem Busattentat / Marktplatzattentat, auch im Norden ungemütlich wurde, ist dann das ganze vollends aus den Fugen geraten.
Kein Politiker hatte in der Vergangenheit den Arsch in der Hose dem Volk zu sagen, ja, wir haben Soldaten entsendet, diese müssen ggfls. auch kämpfen und töten, werden dabei auch verwundet oder gar getötet. DAS WÜRDE JA WÄHLERSTIMMEN KOSTEN!
Nein, das Gegenteil wurde getan und damit die Verarsche des eigenen Volkes weitergeführt. Zumindest bis zum Amtsantritt von KTzG. Es ist letztendlich sein Verdienst, das der Einsatz heute fast korrekt benannt ist.
Man kann nicht einfach x-beliebige Militäreinheiten als Politikersatz hernehmen.
Kann man, wenn man seine Ziele benennt und dafür eine politische Mehrheit bekommt.
Allerdings ist das Problem das die politische Mehrheit auch gesichert werden muß.
Trivial aber wahr : Krieg ist die Fortsetzung der Politik nur mit andern Mitteln.
Oder andersrum: Wenn einem die Überzeugungen wirklich wichtig wären, dann würde man sich wohl auch anstrengen sie zu erreichen? Gerade das ist aber gerade beim deutschen Afghanistan-Engagement nicht zu erkennen, leider. Das ist sowas von halbherzig, dass es weh tut. Wenn einem die Überzeugungen aber eh nicht wichtig sind, dann ist es auch nicht legitim Soldaten dafür den Kopf hinhalten zu lassen.
Das ist , so zumindest mein Eindruck, was die meisten Einsatzskeptiker umtreibt, und nicht irgendein Weltkriegsscham-Pazifismus.
Da geb ich ihne zumindest teilweise Recht, der deutsche Michel ist gemeinhin klüger als ihm die Politiker zugestehen wollen.
Aber fragen Sie mal einen Durchschnittsdeutschen warum ISAF in ASTAN ist, was deren Auftrag, welche Grundlagen dafür gegeben sind. Grausam!
Fragen Sie ihn was für IHN persönlich wichtig ist, wie er sein persönliches Umfeld und Möglichkeiten die ihm dieses Land bietet einschätzt und beurteilt. Was er davon hält wenn diese seine persönlichen Optionen und Möglichkeiten durch äussere Bedrohungen eingeschränkt werden.
Sie werden feststellen, das der Durschnittsdeutsche sehr wohl zur Agressivität neigt wenn ihm klar wird das er persönlich betroffen sein könnte.
Ich bin mit Ihnen einer Meinung, das wenn die Ziele realistisch gesetzt werden, diese auch innerhalb eines überschaubaren Zeitrahmens errreichbar sind. Auch hier hat ein Umdenken stattgefunden, aber leider geht es nunmehr ungebremst in eine Richtung die nach dem Motto verläuft : „Ich erkläre den Sieg und geh nach Hause, nach mir die Sintflut“ oder Sowjetlösung Rel. 2.0.
Das kann es aber, angesichts der auch nur möglichen Folgen nicht nur für die NATO sondern insbesonders für die UN, nicht sein.
Und ja, die Fähigkeiten für eine schlüssige Politik und die dafür notwendigen Werkzeuge fehlen nicht nur Deutschland. Deutschland hat lediglich das Problem, mit der Bundeswehr über besonders ineffiziente und für Kleine Kriege strukturell besonders untaugliche Streitkräfte zu verfügen.
Mit Verlaub, das sehe ich etwas anders, aber bei den politischen Fesseln denen der Einsatz unterliegt hat die Bundeswehr ja gar keine Möglichkeit entsprechend zu handeln und wenn sie es tut, geht das Geschrei der „Gutmenschen“ ( Scheißbegriff, aber mir fällt keine nettere Umschreibung ein) wieder los.
„Festnehmen statt töten, keine geziehlten Tötungen erlaubt …….“
Das ist operative Desinformation, die funktioniert nur dann, wenn die Adressaten die Mandate nicht kennen. Leider ist der kleine Haufen von sicherheitspolitisch Interressierten aber überschaubar.
Aber hier nehmen sie den Boten in Haft, nicht den Begründer der Botschaft.
Und wenn sie mal ein erstauntes Gesicht sehen wollen, dann erzählen Sie mal einem Durchschnittsdeutschen wie viele Soldaten da sind und wie viele davon effektiv das Lager verlassen.
Die Ziele eines Einsatzes zu begründen ist das eine -> sie zu erreichen und zu erhalten das andere. Die Ziele müssen mit der dortigen Regierung abgesprochen sein, will man nicht auch noch von dieser als Besatzer angesehen werden. Und dann kommt noch das Verhältnis zum Umgang mit der Zeit hinzu. Das Zeitverständnis der dortigen Bevölkerung entspricht evtl. nicht dem unserer Highspeedgesellschaft. Die Umsetzung von so schwerwiegenden Umwälzungen in Justiz, Bildung und staatlicher Gewalt, benötigt Geduld und einen gesteuerten Druck auf die Regierung. Einen nach unserem Empfinden gerechten Staat, wird es in einem Land wie AFG, mit Stämmen, Warlords, Drogenanbau, einer unserem Gerechtigkeitsgefühl widersprechenden Religion und Waffen in jedem Haus, nicht geben.
Das weitere Vorgehen dieser Multinationalen-Aktion sollte auch als solche behandelt werden. Die vorzeitige Beendigung des Einsatzes einzelner Nationen, sehe ich als Armutszeugnis für die Zusammenarbeit in den Stäben und Regierungen. HIer gilt es zumindest eine ISAF-gültige Übereinkunft zu erarbeiten.
Aber letztendlich gebe ich all jenen Recht, die unseren Einsatz begründet und dessen Ende definiert sehen möchten.
Hab ich grad in einem anderen Forum gefunden :
Als Ergänzung zu meinem letzten Post.
Stichwort „Weltkriegsscham-Pazifismus“: Kaum gibt es einen vernünftigen Vorschlag zur Erhöhung der Sicherheit im Passierflugverkehr, gibt es von Seiten der BRD-Nomenklatura die übliche Empörungshuberei nach dem Motto „gerade wir als Deutsche können nicht/dürfen nicht etc.“: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,736850,00.html
Dieses Land ist psychologisch weiterhin nicht verteidigungsfähig. Es wird einige Anstrengung erfordern, die Fehlentwicklungen der Nachrkriegszeit zu korrigieren.
Mit Verlaub, das sehe ich etwas anders, aber bei den politischen Fesseln denen der Einsatz unterliegt hat die Bundeswehr ja gar keine Möglichkeit entsprechend zu handeln
Um an der Stelle mal nachzuhaken: Welche politischen Fesseln?
Das Mandat werden sie wohl kaum meinen, da werden ja nichtmal die Kontingentsobergrenzen ausgereizt. Blieben noch Vorgaben durch Verteidigungsministeriums – die wurden meines Wissens in den wesentlichen Belangen (etwa Aussetzung der Fußpatrouillen, Waffeneinsatz nur als Reaktion auf Angriff) gelockert. Es scheint zwar immer noch viel Mist zu geben (Konvoi-Mindestgrößen, Verpflichtung zur Verwendung gepanzerter Fahrzeuge), aber mit dergleichen haben auch unsere Verbündete zu kämpfen.
Wie weit die Bundeswehr mittlerweile gehen kann hat man ja beim Bombardieren der Tanklaster gesehen.
Von daher würde ich mich schon über ein Update, wo denn die politischen Fussangeln liegen sollen, freuen.
Dass es beim Einsatz der Bundeswehr Probleme gibt kriegt man wohl mit. Sei es die geringe Zahl an Ausbildern (rund 300), die großteils aus den Feldlagern heraus arbeiten und angeblich nicht mitkämpfen. Ansonsten findet kein Ausbildung von ANA oder Polizei statt, lediglich auf Bataillonsebene gibt es Kooperation (eigentlich eine Selbstverständlichkeit). Ja selbst in der Einsatzvorbereitung kommen die afghanischen Sicherheitskräfte kaum vor. Dazu kommt dann das angesprochene schlechte Teeth-to-Tail-Verhältnis von vielleicht 1:2 (die Amerikaner schaffen angeblich 1:1). Es Fehlen von Geldmitteln über die die Soldaten verfügen können. Es fehlen Landeskenner, die länger als 4-6 Monate im Land sind und für die Bundeswehr eine Kontinuität in den persönlichen Beziehungen vor Ort herstellen. Nicht zuletzt gibt es einen Maulkorb, der die Soldaten aus Karriereangst vorm Berichten aus dem Einsatz abhält.
Ganz im Ernst: Wie will man mit einer solchen Aufstellung Aufstandsbekämpfung betreiben, wo ist da das Hinarbeiten auf eine Übergabe der Verantwortung erkennbar?
Nur bin ich mittlerweile sehr skeptisch, das pauschal „der Politik“ anzulasten. Bei mir macht sich immer mehr der Eindruck breit, dass die Bundeswehr tatsächlich so unflexibel ist, und letztlich nur konventionell-kinetisch kann. (Dass man es auch mal anders probiert hat ist mir schon klar, nur war das schon damals strukturell nur schwach gestützt und ohne die Schutzkomponente eine Luftnummer, und mittlerweile scheint man diese Vorgehensweise als „Schönwetterstrategie“ abgetan und entsorgt zu haben.)
Ich würde mich ja freuen wenn ich mich irre, und der Schwarze Peter im Haus des Herrn zu Guttenberg zu finden wäre. Nur wäre das halt zur Abwechslung mal nachzuweisen…
Es liegt tatsächlich nicht am geschriebenen Mandat, sondern an den nationalen RoE, auch wenn diese gelockert sind.
„Bombardieren der Tanklaster“, nette Polemik, hilft in der Sache aber nicht weiter.
Ich will mich nicht mehr darüber auslassen ob Oberst Klein richtig geahndelt hat oder nicht.
Das ist nicht mehr das Thema, sondern ob überhaupt ein verantwortlicher Offizier in vergleichbarer Situation einen ähnlichen Befehl geben würde oder nicht.
Es gibt immer noch die „politisch gewünschten Maßnahmen“ und Vorgaben.
Wie lange hat es gedauert, bis sich die Erkenntnis durchsetzte das „geschützte Fahrzeuge“ eben keine „Kampffahrzeuge“ sind? Bis die Bundeswehr über eine adäquate Feuerkomponente verfügte die über Mörser hinausging? Bis die Marder endlich mal eingesetzt wurden, nachdem sie sich in MeS plattgestanden haben?
Warum haben die örtlichen Führer nicht direkten Zugriff auf die Unterstützung der PzH2000 sondern das muß erst über MeS oder höher genehmigt werden?
Was ist seit Kundus an CAS gelaufen? Wie oft hat es Waffeneinsatz gegeben?
Es gibt genügend Einschränkungen der politischen Führung ( das ist nicht KTzG alleine) die Auswirkungen auf das Verhalten und die Möglichkeiten der Truppen vor Ort haben.
Da werden Operationen gemeinsam mit der ANA geplant und fünf Minuten vorher kommen die Brüder dann eben nicht. Anstatt die Operation alleine durchzuführen, was möglich gewesen wäre, wird diese dann abgesagt.
Es gibt bereits heute im Einsatzland in den PRT`s auf der zivilen Seite den Druck die „Übergabe in Verantwortung“ vorzubereiten und sicherzustellen. Das geht natürlich nur wenn realtive Ruhe ist, die kann man auch durch Untätigkeit erzeugen.
Das Tooth to Tail-Verhältnis ist mit 1:4 mehr als bedenklich.
4.500 Soldaten vor Ort, 2 ASB a 600 Mann davon 300 Kämpfer !!
Noch ein bisschen OMLT ( 200 Mann ) und die Schutzkompanien der PRT`s, das war der
„arbeitende“ Teil des Kontingents.
Hab ich als „alte Kampfsau“ kein Verständnis für, is aber heute wohl so.
Geldmittel braucht der Soldat nicht, dafür gibt es in der Doppelspitze des PRT die AA-Abteilung.
Tja, die Kontinuität im Einsatzland könnte nur über längere Stehzeiten des Personals erfolgen, das ist ein Preis den unsere Politik ebenfalls nicht bereit ist zu zahlen.
Und Gefechtsfeldpornograhie müssen wir ja wahrlich nicht haben. Ich wäre schon dankbar wenn die gelernten Lektionen ihren Sinn erfüllen und in die zukünftige Konzeption einfließen können.
In Karl Theodors Haus ist noch der Mief von Jahrzehnten und Posten und Pöstchen wollen ja behalten werden, da ist einiges zu tun. Aber es ist ja nicht das einzige politische Haus aus dem der Einsatz „geführt“ wird.
Ich bn der Ansicht, das die Strukturen die für den Einsatz gewählt wurden teilweise Optimal sind, jedoch die Ausführung durch die politischen Vorgaben miserabel sind.
.
@ T. Wiegold
Zum Einwurf, dass die Parteien keine homogenen Meinungen darstellen.
Ja, das stimmt natürlich. Es gibt in allen Parteien Strömungen, die zum Teil gar nicht zueinander passen. Nur darf man auch nicht vergessen, dass es in demokratischen Parteien auch einen (eigentlich nicht so ganz) demokratischen Konsens gibt, um nach außen hin überhaupt eine Programmatik vertreten zu können.
Wenn also die SPD-Spitze eine Äußerung zum Abzugsdatum formuliert, ist das glaube ich weniger die Laune von Steinmeier oder Gabriel, sondern vermutlich schon ein gewisser Konsens. Selbstverständlich stimmt es aber, dass es zu jedem Thema ganz verschiedene parteiinterne Ansichten gibt, die zum Teil weit vernünftiger sind, als jene, die einem dann präsentiert werden, nech.
Nouripour schätzt die ganze Sache natürlich objektiv viel besser ein, als vermutlich die meisten seiner Parteikollegen. Dennoch würden sich die Grünen nicht mit Hand und Fuß gegen einen Abzug wehren, gell.
Nur mal so als Überlegung :)
@ Orontes
Treffliches Beispiel. Über die Ursachen der Problematik kann man streiten. Zwischen dem zweiten Weltkrieg und heute gab es auch eine lange Zeit, in der Deutschland ein sehr wehrhaftes Land war. Ich denke, der Schuh liegt eher bei der fortschreitend heterogenisierten Gesellschaft begraben und damit einhergehenden Meinungsdiktaten, wie über gewisse Themen zu denken ist, was Konsens sein darf, wenn man ein guter Neudeutscher sein will. :)
Neben einer ganzen Latte an Reizthemen gehört „deutsche Wehrfähigkeit“ auch dazu.
Ich persönlich finde die israelische Methode im Luftsicherheitsbereich klasse. Man muss von Leuten lernen, die sich viele Gedanken über Gefahrenabwehr gemacht und viel Know-How aufgebaut haben.
Und das gilt auch für Afghanistan. Man ist ja völlig jungfreulich und naiv in ein Abenteuer gestolpert, von welchem man offenbar keine Vorstellung hatte… Anstatt von den Erfahrungen anderer von Anfang an zu profitieren.
Nur eine Binsenweisheit, wie auch eine Verdeutlichung, wie die Dinge perfekt zueinander passen.
@Reservestaba:
„Geldmittel braucht der Soldat nicht, dafür gibt es in der Doppelspitze des PRT die AA-Abteilung.“
Da bin ich ausnahmsweise mal anderer Meinung. Bei kleineren Zwischenfällen wie z.B. überfahrenen Nutztieren, beschädigter privater Infrastruktur oder Nutzflächen beispielsweise durch SPz ist es sinnvoll sofort eine Ausgleichszahlung vornehmen zu können. Der durchschnittliche Afghane kann halt nicht mal eben zum Amt um die Ecke gehen und seine Angelegenheiten regeln.
Dafür gibt´s doch die Einsatzwehrverwaltung, die genehmigt alles.
@Dominik
Ist ein Argument, das Problem m. E. das für 10 € Geldmittel das den Soldaten zur Verfügung steht 100 € Verwaltungskosten entstehen ;-)
Ein Tag Verzögerung sollte kein Problem sein, oder ?
Das deutsche Verhaeltnis von „Unterstuetzern“ zu „Einsatzkraeften“ ist tatsaechlich zu hoch, sowohl im Einsatz als auch im Inland (man denke an die unzaehligen FueUstgBtl der SKB).
Bei dem sehr niedrigen Verhaeltnis der amerikanischen Streitkraefte sollte man aber nicht vergessen, dass viele Aufgaben, die bei der Bundeswehr (noch) Soldaten oder Zivilangestellten wahrnehmen, dort mittlerweile durch Private Military Firms erfuellt werden. Angefangen von Ausbildung der ANSF (DynCorp hat da grade erst eine Auftrag im Wert von einer Milliarde Dollar erhalten) ueber den Betrieb der Feldlager inklusive Feldlagerschutz und deren Versorgung hin zur Einsatzvorbereitung. Allerdings ist die Bundeswehr bei der Logistik auch nahezu komplett von Dienstleistern abhaengig, angefangen vom Lufftransport mit Antonovs bis hinzu Treibstofflieferungen auf dem Landweg. Stichwort „Luftschlag bei Kunduz“: Ein Militaerkonvoi waere nicht von einem Haufen bewaffneter Landstreicher entfuehrt worden…
@StFwdR:
Stimmt schon. Aber wie viele Afghanen können im Winter nicht mal eben das Dorf verlassen, z.B. weil man mit einem Eselskarren einfach nicht durch den Schnee kommt. Wenn derjenige dann Pech hat kann er bis zum Frühling warten. Und wenn zwei von zwei Rindern, die die Familie besitzt, bei einem Gefecht erschossen werden hat man ruckzuck eine ganze Familie ohne Einkommen. D.h. im schlimmsten Fall ein paar junge Männer, die als Insurgents für Geld sorgen. Da habe ich doch im Zweifelsfall lieber 1000$ in der Tasche und vielleicht nochmal 5000$ Verwaltungskosten als eine Hellfire im Wert von rund 150000$ in den Vorgarten zu setzen. ;-)
Ok, ich muß ja nicht den Verwaltungsjogi besänftigen ;-)
Ein Tag Verzögerung sollte kein Problem sein, oder ?
Ein Tag Verzögerung würde ausreichen, um bei Verhandlungen keine verbindlichen Zusagen machen zu können.
In der Praxis scheint das schlicht nicht so gut zu funktionieren – etwa im Kundus-Dossier der Zeit wird der Punkt ja auch angerissen:
Meyer isst mit mächtigen Paschtunen zu Abend, diskutiert mit Imamen, notiert sich die Wünsche von Bürgermeistern: Medikamente, Brunnen, Strom. Aber die Wirklichkeit verträgt sich nicht mit seinen Ideen. Er hat ein eigenes Budget von 40.000 Dollar zur Verfügung, 40.000 Dollar für vier Monate, das reicht für kaum mehr als leere Versprechungen. Meyer kann die Wünsche der Afghanen bloß an die großen Organisationen melden, die Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit und das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit, die in langwierigen Verfahren über die Anträge entscheiden.
Außerdem – so habe ich den Eindruck, könnte das aber nicht belegen – scheint den PRTs ein Partner zu fehlen, der in den umkämpften Gebieten Aufbauprojekte im Auftrag von PRT/Bundeswehr durchführen könnte. Wenn man sich den Afghanistanbericht der Bundesregierung anschaut (S. 15, Grafik und Fussnote), dann scheint die Entwicklungszusammenarbeit in solchen Gebieten schlicht nicht arbeiten zu dürfen.
Kann natürlich sein, dass die Zusammenarbeit zwischen AA, BW und einheimischen Firmen reibungslos und unkompliziert funktioniert. Etwa indem das AA auf Anweisung der BW auf bewährte afghanische Firmen zurückgreift, welche die Zusagen der BW im Indianerland schnell umsetzen. Nur konnte ich dazu mal wieder nichts finden, im Gegensatz etwa zu obigem Artikel.
Naja, der Feldlagerschutz wird ja auch nur sehr bedingt von Bundeswehr übernommen.
Wenn ich das richtig im Kopf habe, dann sind dafür in Mazar-i-Sharif die Kroaten zuständig, und in Feysabad die Mongolen. Dazu kommen dann noch die angeheuerten afghanischen „Sicherheitskräfte“, die den äußeren Ring der Lagersicherheit bilden (siehe etwa „Afghanistan: Die Streitkräfte der USA und der NATO vertrauen den Warlords ihre Sicherheit an“).
Und zum Outsourcing des Nachschubtransports gibt es ja auch eine Monitor-Reportage (wobei der Verteidigungsausschuss von dieser Praxis angeblich nix wußte).
Insgesamt sehe ich aber nicht, was schlecht daran sein soll, Aufgaben an Unternehmer zu vergeben, wenn diese die Aufgaben wirksamer lösen können. (Kritisch wird es unter anderem dann, wenn Aufgaben outgesourct werden um Verwundetenzahlen zu schönen. Und das ist halt etwa beim Bundeswehr-Nachschub der Fall.)
Nur so ein rechnerisches Gedankenspiel: Für die mittlerweile glaub 1,5 Mrd. €, die der Bundeswehr-Einsatz jährlich zusätzlich kostet, könnte man gut 4000 Sicherheitsdienstleistern 1000€ am Tag zahlen.
@J.R
An ihren Taten werden Sie gemessen, gerade in einer solch altertümlichen Gesellschaft wie im ländlichen Afghanistan. Verbindliche Zusagen können natürlich gemacht werden.
Das sind Ausflüchte mehr nicht. Es ist auch nicht entscheiden wie hoch das Handgeld des Kommandeur`s eines PRT ist, schließlich ist es die Aufgabe des Militärs den Aufbau zu SICHERN nicht ihn zu finanzieren oder durchzuführen.
Und es gibt in der aufgeführten Grafik 2 rote NO-Go Areas und 9 orangene mit hohem Risiko, das ist die Aufgabe des Militärs das abzustellen.
Hinsichtlich der Zusammenarbeit ist mehr als Optimierungpotential gegeben, keine Frage.
Aber der gute Oberst Meyer hat m. E. bei der Auswertung seines Auftrages wohl schlicht die falschen Schwerpunkte gesetzt.
„[…] schließlich ist es die Aufgabe des Militärs den Aufbau zu SICHERN nicht ihn zu finanzieren oder durchzuführen.“
Schön wär’s. Die Wirklichkeit sieht anders aus. ‚Leben in der Lage‘ sag ich da nur… Denn mal ganz ehrlich, wenn’s schief geht stehen NUR wir schlecht da, egal was der Rest für Sch****e gebaut hat… -.-
HGdR
Ich glaube kaum, das die Bundeswehrführung Parlament und erst recht nicht die Bevölkerung getäuscht hat – zumindest nicht die militärische.
Da auf bundeswehr.de gerade ein Interview mit dem Kommandeur des RC Nord, Generalmajor Fritz, veröffentlich ist, will ich da doch nochmal nachhaken.
Generalmajor Fritz sagt: „Unsere Soldatinnen und Soldaten kämpfen buchstäblich Schulter an Schulter mit den Afghanen. „
In der NDR-Reihe „Streitkräfte und Strategien“ hört man hingegen: „Nach Schätzung von General Zorn werden sich nur etwa fünf Prozent des ASB direkt mit den afghanischen Soldaten austauschen, also wohl kaum mehr als 30 Offiziere an der Spitze des Bataillons und der sechs Kompanien. „
Das macht halt schon stutzig.
Auch das Schlusswort kommt einem irgendwie bekannt vor: „Wir können auf eine gute Bilanz zurückblicken. Wir können auch verhalten optimistisch sein, aber wir sind noch nicht am Ende unseres Weges.“
Nur mal zum Vergleich:
General Leidenberger, Mitte 2010: „Insgesamt haben wir die Lage hier in einigen Bereichen deutlich verbessern können.[…]so aufgestellt sind, dass wir in diesem Jahr wirklich zu einer Trendwende zum Besseren beitragen können“(BMVg)
Brigadegeneral Vollmer, Mitte 2009: „Aber insgesamt ist der Norden sehr stabil.“(bild.de)
Brigadegeneral Dammjacob, Mitte 2008: „Wenn ich die Situation, insbesondere in Kunduz betrachte, das ist eine solche Region, wo es einen sehr großen Paschtunenanteil in der Bevölkerung gibt, dann kann man sagen, dass wir über eine Verstärkung über die letzten Monate deutlich dazu beigetragen haben, dass sich die Sicherheitslage beruhigt hat.“(bundeswehr.de)
Brigadegeneral Dammjacob, Anfang 2008: „Ich komme mit dem aus, was ich habe. Und ich fordere nicht mehr Soldaten.“ (Tagesspiegel)
Mit Verlaub, wo wird da der Bevölkerung vermittelt, dass die Bundeswehr womöglich vor einer Aufgabe steht, die sie überfordert?
Um mal im Gegenzug Marc Lindemann zu zitieren (Nachrichtenoffizier in Kundus, Winter 2008/2009): „Ein großer Teil der Operationen unserer Vorgänger fand bereits nur noch im sogenannten Ein-Stunden-Radius des Feldlagers statt. […] Seit Monaten, wenn nicht gar seit Jahren, können deutsche Soldaten des PRT fast keine Patrouillen in entfernteren Regionen des AOR durchführen, weil sie die Lage nichtmal mehr vor der eigenen Haustür im Griff haben.“ („Unter Beschuss“, S. 46f)
Ich konnte für 2008 und 2009 keine andere soldatische Quelle finden, die die Situation damals als so drastisch beschrieben hätte – und „Unter Beschuss“ selbst erschien ja auch erst 2010.
@J.R., Sie fragen: „Mit Verlaub, wo wird da der Bevölkerung vermittelt, dass die Bundeswehr womöglich vor einer Aufgabe steht, die sie überfordert?“
Die Politik hat den Bundeswehrgenerälen längst den Schneid abgekauft. Wenn ein ehemaliger Verteidigungsminister damit prahlen kann, er habe aus dem „Bauch heraus „ innerhalb von zwei Stunden einen General entlassen, dann verdeutlicht dies, dass er auch keine Gegenwehr befürchtet, die politisch gefährlich werden könnte. Betrachten Sie die Entlassung des GM von Scotti durch den „Oberlehrer“ aus Hamburg-Harburg oder die Entlassung der Generale Dieter und Ruwe durch einen überforderten Winzer.
Der Unterschied zwischen amerikanischen und deutschen Generälen ist in der Frage der Truppenverstärkung für Afghanistan besonders deutlich geworden. Während die Amerikaner sich gegenüber der Politik im Wesentlichen durchgesetzt haben, sind von den über 2000 Soldaten, die auf deutscher Seite zusätzlich gefordert wurden, 500 übrig geblieben. Und kein deutscher General ist aufgestanden und hätte mit Hinweis auf die Erfahrungsberichte der bisherigen Front-Kommandeure eine angemessene Truppenverstärkung gefordert.
Die deutsche Generalität ist längst dazu übergegangen, den Politikern nach dem „Munde“ zu reden. Hier hat sich Duckmäusertum entwickelt. Bei Dammjacob kam dann noch dazu, dass er als Luftwaffenoffizier mit Heeresoperationen überfordert war. Aber Schneiderhan war ja der Auffassung, dass ein deutscher Offizier bei einer Stabilisierungsoperation frei nach Gert Fröbe „alles kann“. Fazit: Sie werden doch nicht erwarten, dass eine rückgratlose deutsche Generalität der Öffentlichkeit „reinen Wein „ einschenkt.
Westerwelle hat eine Zahl genannt- und die dpa hat sie promt missverstanden: „Westerwelle verspricht, dass die ersten deutschen Soldaten Weihnachten 2011 zu Hause sind“ meldete die dpa am 16.12.10. Das aber ist doppelter Blödsinn. Erstens hat Westerwelle garnichts im Bundestag versprochen. Zweitens müssen die derzeit ca. 4700 Soldaten in Afg nicht noch mindestens 1 Jahr bleiben, es findet ja ein regelmäßiger Austausch statt.
Richtig ist, das Westerwelle es angesichts der jetzigen Lage für möglich hält, Ende 2011 mit der Verringerung der Truppe zu beginnen.Das ist kein Wiederspruch zur Einschätzung von , der jüngst vor einer Fixierung auf ein konkretes Datum warnte.Denn auch Westerwelle will ja nur so > früh beginnen, wie es die Lage erlaubt>. Und sind wir mal ehrlich, die Sicherheitslage in Afg ist labil, der Aufbau staatlicher Strukturen ist längst nicht gefestigt.Korruption grassiert usw.Außerdem, solange Pakistan ein unzuverlässiger Verbündeter mit undurchschaubaren Eigeninteressen bleibt, kann Afg nicht stabilisiert werden. Das ist der wunde Punkt.
Pz.Jg.