„Die zivilen Einrichtungen gehen wenig koordiniert vor“ (update: Transkript des Interviews)
In der NATO haben wenige so lange und so intensiv den ISAF-Einsatz am Hindukusch begleitet wie Egon Ramms. Der deutsche Heeresgeneral ist Kommandeur des NATO Joint Forces Command in Brunssum und damit der Chef von ISAF-Kommandeur David Petraeus – was in Deutschland wie in Afghanistan und auch bei den U.S.-Truppen meist nicht so recht bekannt ist. Fünf ISAF-Kommandeure, sagt Ramms, der Ende September in den Ruhestand geht, habe er in seiner Dienstzeit in Brunssum erlebt.
Der General hat sich vergangene Woche zum 21. Mal ein Bild von der Situation in Afghanistan gemacht, auf seinem letzten Situational Awareness Trip. Am Ende der einwöchigen Reise wollte ich von ihm wissen, wie er die Situation im Land einschätzt. Nicht so pessimistisch – aber mit deutlicher Kritik vor allem an den Organisationen, die für den zivilen Aufbau des Landes verantwortlich sind:
(Mängel in der Tonqualität, vor allem die Hintergrundgeräusche, bitte ich zu entschuldigen – dieses Medium ist noch recht neu für mich.)
General Egon Ramms (r.) im Gespräch mit italienischen Soldaten in Herat
Jetzt gibt es auch ein Transkript des Interviews (herzlichen Dank an Bernhard Lücke, der sich die Mühe gemacht hat!):
TW: Herr General Ramms, das war Ihre letzte Reise als Befehlshaber des Kommandos in Brunssum nach nach Afghanistan. Sie haben sich zum letzten Mal einen Eindruck verschafft, wie dieser NATO-, wie dieser ISAF-Einsatz läuft. Haben Sie schon ein erstes Fazit?
Ramms: Das erste Fazit lautet – vielleicht mal beginnend bei der Tatsache, daß es der einundzwanzigste Trip nach Afghanistan war – dass sich seit dem Januar des Jahres 2007 in Afghanistan ungeheuer viel getan hat. Das gilt für zivile Entwicklung, das gilt für Fortschritte im Land, das gilt auch, wenn ich die militärische Seite betrachte, für das, was wir zur Zeit an Operationen in Afghanistan durchführen. Ich möchte daran erinnern, dass wir im Januar 2007 etwa 27.000 / 29.000 Soldaten von ISAF im Lande gehabt haben, und wir verfügen heute etwa über 140.000.
TW: Trotzdem die Frage, haben Sie den Eindruck dass es so vorwärtsgeht, wie es vorwärtsgehen müsste?
Ramms: Also ich bin nach wie vor nicht skeptisch, sondern ich habe einen verhaltenen Optimismus. Aber ich glaube, dass man in Afghanistan, wenn alle die dort verantwortlich sind, an einem Strang ziehen würden, deutlich schneller mehr erreichen könnte. Die Aussage gilt für die militärische Seite selbstverständlich auch, wobei aus meiner Sicht eigentlich die militärische Seite, die ISAF-Seite und die Nato-Seite, im Augenblick am meisten an den Fortschritten im Lande arbeiten. Das gilt sowohl für den ComISAF und die ihm unterstellten Soldaten, als auch für den Senior Civil Representative der Nato, der dort eine sehr gute und neue Rolle spielt. Probleme haben wir mit der Zusammenarbeit mit allen zivilen Einrichtungen und Institutionen, die wenig koordiniert vorgehen, das schließt auch das Verhalten von UNAMA leider immer noch mit ein. Und wir haben auch Probleme mit der afghanischen Regierung, die deutlich langsamer vorankommt mit dem Zeigen ihrer Möglichkeiten und mit dem Erreichen der Bevölkerung, als wir uns das möglicherweise erhofft haben. Das gilt für einzelne Operationen, siehe Helmand, siehe Kandahar, es gilt aber auch für das ganze Land.
TW: Jetzt starren alle magisch auf das magische Datum Sommer 2011. Transition, Übergabe an die Afghanen. Nach dieser Woche Rundreise in Afghanistan – haben Sie den Eindruck, dass dieses Datum so wirklich den Beginn eines Abzuges, einer Übergabe markieren kann?
Ramms: Nach dem, was ich diese Woche gesehen habe, würde ich fast sagen: auf keinen Fall. Nach meiner Auffassung sind, gerade was die Transition angeht, viele Dinge gesagt worden, die nicht zutreffend sind und nicht richtig sind. Es ist auch von Seiten des amerikanischen Präsidenten über den Anfang dieser Übergabe geredet worden. Und wie alle in der NATO, im gesamten militärischen Kommandobereich der NATO sagen, handelt es sich hierbei um einen Prozess, der seine Zeit in Anspruch nehmen wird. Ich möchte in diesem Zusammenhang daran erinnern, dass wir in der Phase 3 nach wie vor der Operationsführung in Afghanistan sind, das ist immer noch Stabilisierung. Wenn Transition beginnt, wird sie einige Jahre dauern, und erst nach dem Ende der Phase Transition – vielleicht etwas eher – beginnt der eigentliche Abzug der Truppenteile.
TW: Was sagen Sie den Politikern in Europa und auch gerade in Deutschland, die eigentlich schon den ersten Beginn des Abzuges für das kommende Jahr schon eingeplant haben?
Ramms: Ich glaube, dass diese Einplanung für das kommende Jahr ein Schritt zu weit nach vorne oder ein zu schneller Schritt ist, weil sich das nicht realisieren lassen wird. Ich muss darauf aufmerksam machen, dass wir in einigen Provinzen, in einigen Regionalbereichen mit der nötigen Truppenstärke vertreten sind, um entsprechend operieren zu können und die Taliban zu vertreiben. Aber im weit überwiegenden Teil, fast zwei Drittel des Landes, leben wir mit einer sogenannten Economy of Force, das heißt wir versuchen den dortigen jetzigen Zustand zu halten, wir können ihn aber bisher für uns nicht verbessern.
TW: Sie sind NATO-General, Sie sind aber auch deutscher General und Sie haben auch den deutschen Kommandobereich besucht. Was ist Ihr Eindruck, gilt da die Economy of Force im Norden oder geht es im Norden voran?
Ramms: Also aufgrund der Tatsache, dass die durch Deutschland angekündigten Kräfte – ob zu viel oder zu wenig – bisher ja nicht vollständig im Lande sind, sondern mit Teilen erst im Oktober oder November kommen werden, gilt im Verantwortungsbereich der Deutschen – und der reicht von Ghowrmach im Westen bis nach Badakhshan im Osten – dass wir dort zur Zeit ausschließlich unter dem Gesichtspunkt Economy of Force arbeiten. Zwar führen die Amerikaner gemeinsam mit den Deutschen dort Operationen durch, aber diese dienen eigentlich auch nur dazu, die Lage zur Zeit stabil zu halten und nicht ein weiteres Fortschreiten oder Voranschreiten der Taliban zu ermöglichen.
TW: Also keine Verbesserung im Norden, so verstehe ich das.
Ramms: Zur Zeit noch keine Verbesserung im Norden. Wenn alle Kräfte da sind, werden die Handlungsmöglichkeiten besser werden. Und wir werden dann sehen, wie die Operationsführung für die Sicherheit, für die Stabilität und damit ja auch für Wiederaufbau und gute Regierungsfähigkeit Fortschritte leisten wird. Und man muss sich dann im Bedarfsfall darüber unterhalten, ob das was dort oben geplant ist, dann hinterher auch tatsächlich realisiert werden kann.
TW: Herzlichen Dank.
Das Militär kritisiert die zivilen Organisationen und die zivilen Organisationen kritisieren das Militär. Wie zivile Organisationen und Helfer, darunter ehemalige Militärärzte (die zuvor militärisch selbst in Afghanistan im Einsatz waren) in den Medien berichteten, wäre ihre Arbeit wesentlich erfolgreicher, wenn das Militär abwesend wäre. Wem soll man glauben? Ich glaube im Zweifel denen, die beide Seiten kennen und auf beiden Seiten gearbeitet haben.
Autsch. Die Kräfte verdoppelt und immer noch am Limit. Der Mann hat was zu sagen aber wer hört iihn in Deutschland zu?
pi
Schön!
Kann man die Datei auch irgendwo runterladen?
Ich nehme so etwas gerne mit auf den Heimweg und höre es dann mit dem MP3-Player.
@Stefan:
Es gibt genau einen ehemaligen deutschen Militärarzt, der behauptet, ohne Militärpräsenz besser arbeiten zu können. Dieser Arzt trägt allerdings auch nicht zu Stabilisierung des Landes bei, sondern hilft in einer Gegend mit starker Präsenz der Aufständischen und hat sich dementsprechend mit den Aufständischen arrangiert, um nicht zum Ziel von Anschlägen zu werden.
Ansonsten kritisieren zivile Organisationen vor allem deshalb das Militär, weil sie (berechtigte) Angst haben, dass ihnen die Spender weglaufen. Manche sind auch ideologisch davon überzeugt, dass Militär Teufelszeug ist. Wie ernstzunehmen solche Kritik auf der inhaltlichen Ebene ist kann man daran ablesen, ob die Kritik übenden Organisationen so konsequent sind und primär in Regionen ohne Präsenz westlicher und afghanischer Sicherheitskräfte arbeiten. Bei geschätzten 95% der Organisationen ist das jedoch nicht der Fall, und der Rest (ich nenne keine Namen) greift zuweilen gerne auf militärische Unterstützung zurück, redet aber nicht darüber.
@Flusskiesel
Ich meine ja, über ipadio ginge das… (ich sagte ja, dieses Medium ist für mich noch neu und dieses Ding ein erster Versuch).
Bleibe da aber dran, deshalb, ein bisschen OT, auch die Frage: Wie groß ist das Interesse an Podcasts hier?
Podcasts, vor allem die O-Töne sind für mich sehr interessant. Gerne mehr davon.
Ja, O-Töne sind super. Bei mir ist es so, dass ich (obwohl ich gerne lese) lieber einen langen Text höre als einen langen Text lese. Außerdem bekommt man mit der Betonung und der Art wie es gesagt wird einen noch besseren Eindruck.
Zum Thema: Klare Worte, die ich so leider zu oft vermisse. Auch was die Fähigkeiten der afghanischen Regierung und der Sicherheitskräfte angeht. Zu oft liest man ja „das wird schon“, aber ich befürchte es wird eben nicht gut laufen.
@Batucada
An Ihrer Argumentation ist sicher etwas dran. Aber es ist nicht nur dieser ehemalige Oberst. Auch eine ehemalige Militärärztin, sie schrieb hierzu wohl sogar ein Buch, und ein Herr Neudeck und weitere zivile Helfer äußerten sich ähnlich im Fernsehen.
@ Stefan
Die ehemalige Militärärztin, die sie meinen ist eine Oberstabsärztin, die aus der Bw ausgeschieden ist und nach Neuseeland ausgewandert ist. Sie hat das erste Bombenattentat auf deutsche Soldaten in AFG im Juni 2003 ziemlich nah miterlebt und aus alledem ihre Schlussfolgerungen gezogen. Sie ist aber keine Expertin für zivile Wiederaufbauhilfe.
Rupert Neudeck von der Cap Anamur hat natürlich das Interesse für seine Hilfsorganisation möglichst viel Geld zu bekommen. In der Abwägung des deutschen finanziellen Engagement für zivilen Wiederaufbau und militärische Stabilisierung hat man immer die Konkurrenzsituation für welchen Zweck gibt man sein Geld aus. Das Problem dabei ist nur, ziviler Wiederaufbau ohne vorherige Stabilisierung der staatlichen Strukturen, bedeutet Aufbauhilfe für die Aufständischen.
Will man das ?
Dieser Krieg wird auch mit der Vernichtung der westlichen Aufbauleistung geführt. Neu aufgebaute Schulen werden niedergebrannt, neue Brücken gesprengt, Telefongesellschaften werden gezwungen ihr Mobilfunknetz abzuschalten, anderweitig wird die Infrastruktur zerstört. Natürlich kann man sagen, wären die westlichen Soldaten nicht da, würde dies nicht passieren. Aber das Ziel ist eben eine dem Westen wohlgesonne Regierung zu schaffen, deren Militär und Sicherheitsorgane aufzubauen und gleichzeitig die Infrastruktur aufzubauen.
Nebenbei bemerkt, der zivile Wiederaufbau ist oftmals weitaus weniger effektiv organisiert, als wenn dies Soldaten mittels des Instrumentes CIMIC koordinieren, wie dies in Bosnien-Herzegowina erfolgt ist.
@Georg
„Das Problem dabei ist nur, ziviler Wiederaufbau ohne vorherige Stabilisierung der staatlichen Strukturen, bedeutet Aufbauhilfe für die Aufständischen.“
Hier wird der Interessenkonflikt zwischen Helferszene und Militär am deutlichsten erkennbar: Während das Militär im Idealfall einer Strategie zur Verwirklichung bestimmter politischer Ziele folgt, geht es der Helferszene vor allem um Generierung von Spendengeldern. Langfristige Abhängigkeit von Bevölkerungen widerspricht da nicht unbedingt den institutionellen Interessen der Helfer. Gleiches kann man ja auch am Beispiel der deutschen Sozialindustrie beobachten wo mit jedem ausgegebenen Euro die Bedürftigkeit der Zielgruppen zu- statt abzunehmen scheint.
@Georg und Batucada
Volle Zustimmung! Darum sollten alle zivilen Hilfen unter Kriegsbedingungen vom Militär koordiniert werden. Warum dies nicht geschieht, obwohl schon lange gefordert, ist eine Frage, die uns unsere Politiker und das Militär beantworten müssten. Leider gibt der General darauf auch keine ausreichende Antwort. Vernetzung (vor 30 Jahren sagte man Zusammenwirken dazu) ist das große „neue“ Schlagwort, welches wir überall lesen können.
Argumentieren können wir viel, aber solange sich Organisationen unter dem Deckmantel der Unparteilichkeit vom Militär abgrenzen wollen, ist jeder Versuch einer Koordinierung aussichtslos, aber es geht auch mit Kooperation. Selbst Ruppert Neudeck nutzt gerne militärische Transportmittel und -wege, gleich wie er poltert. Es ist die Angst vieler Organisationen zu überwinden, vom Militär „vereinnahmt“ zu werden. Diese Fähigkeit hat das deutsche CIMIC Personal eindeutig, aber die NATO kennt nur Koordinierung. Vor den Leistungen der PRTs einschließlich den zivilen Vertretern kann man nur den Hut ziehen.
Und nicht vergessen: Alle beteiligten deutschen Ministerien kämpfen gegeneinander im Wettbewerb um den besten Ruf und die besten Ergebnisse. Der oft versprochene gemeinsame Ansatz ist nicht existent, das kann nicht oft genug gesagt werden.
Also bei aller Liebe, aber das kann man so nicht in Gänze stehen lassen, was den Vorwurf an die Hilfsorganisationen angeht. Es geht der „Helferszene“ nicht in erster Linie um die Generierung von Spendengeldern, sondern um die Hilfsleistung zur Selbsthilfe. Es mag sicherlich Organisationen geben, die das anders sehen. Aber zum Beispiel die Deutsche Welthungerhilfe arbeitet sehr zuverlässig und umsichtig in Afghanistan.
Sie nehmen sogar die zusätzlichen Gelder des Herrn Niebel und scheren somit aus der VENRO-Blockbildung aus, die das Geld unter den Bedingungen des BMZ nicht haben will.
@jugendoffizier
Die Welthungerhilfe stellt, wie Sie mit Ihrem Hinweis auf die Mehrheitsposition u.a. innerhalb von VENRO indirekt unterstreichen, eine Ausnahme dar. Ich habe bestimmte Organisationen und ihre Mitarbeiter erlebt und vergleiche diese gerne mit Konzernen, die dem Kunden (westliche Spendern) emotionale Bestätigung verkaufen. Dafür muss man die Produkte auf die emotionalen Bedürfnisse der Kunden zuschneiden, und wer für arme Kinder in Afghanistan spendet, möchte eben nicht das Gefühl haben, damit auch nur indirekt böse Dinge wie Aufstandsbekämpfung zu unterstützen.
Die Mitarbeiter der entsprechenden Organisationen sind bei Afghanen übrigens meist wenig beliebt. Sie sitzen zu tausenden in Kabul und finanzieren dort eine umfangreiche Infrastruktur halblegaler Kneipen und feiern in ihren Häusern Partys, über deren Ablauf die Afghanen wilde Spekulationen anstellen. Viele haben irgendeinen sozialwissenschaftlichen Studiengang studiert und hätten kaum eine Chance auf dem normalen Arbeitsmarkt, weshalb die wirtschaftlichen Existenzängste bei ihnen meiner Erfahrung nach wesentlich stärker ausgeprägt sind als der Altruismus.
Was ich beschreibe stellt natürlich nur einen Ausschnitt des Ganzen dar, aber man sollte durchaus mal darauf hinweisen, dass hier nicht nur edle Lichtgestalten unterwegs sind, die an den Untaten der tumben Militärs verzweifeln.
Zur zivil-militärischen Zusammenarbeit:
Man möge es mir verzeihen, aber die letzten Posts wirken auf mich wie die sehr rosarot gefärbte Sichtweisen aus dem Bundeswehr-Umfeld. Ich würde vermuten, dass Einsatz-Soldaten, selbst wenn sie nie das Feldlager verlassen haben, da ein deutlich realistischeres Bild haben.
Allein die Forderung, dass das Militär die zivile Hilfen koordinieren soll find ich zum schiessen. Jenes Militär, für das ein 10km-Trip aus dem Feldlager schon ein Ereignis ist? Jenes Militär, das alle seine Kapazitäten zum der Schutz der eigenen Feldlager aufwendet? Jenes Militär, das sich auf Land und Leute einstimmt indem es alle 4 Monate das Personal austauscht? Jenes Militär, das sich für Kriminalitätsbekämpfung zu fein ist?
Für jene Hilfsorganisationen die schon lange vor der Bundeswehr in Afghanistan waren um jenseits jeglicher Regierungspolitik den Afghanen zu helfen können durch eine Parteinahme für die Bundeswehr schlicht nur verlieren. Was ihnen das Operieren ermöglich sind Neutralität, Ortskenntnis und Glaubwürdigkeit. Alles Dinge, die der Bundeswehr abgehen.
Tatsächlich, das muss man leider auch sagen, ist der Umfang solcher etablierter Projekte aber auch eher gering. Gerade solche langjährigen Projekte sind halt meist auf Spenden angewiesen, und das setzt halt schon einen engen Rahmen. Ironischerweise sind das dann auch die in der Regel die Projekte mit der größten Wirtschaftlichkeit und den nachhaltigsten Ergebnissen: ob jetzt die Noor-Augenkliniken, die Krankenhäuser von CURE und FIMIC, die FabLabs, die von der Kinderhilfe Afghanistan betriebenen Schulen und diverse mehr.
Mit Verlaub, da finde ich die Polemik in den letzten Posts schlicht schäbig.
Tatsächlich sind diese Projekte, die gerade mal einige wenige Millionen im Jahr umsetzen, nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Tatsächlich unterstreicht doch die bissige Neidreaktion auf solche Kleinprojekte doch nur, wie erbärmlich die Anstrengungen der deutschen Ministerien sind. (Ist natürlich auch wieder so eine Pauschalaussage – über die GTZ hört man ja von Leuten vor Ort sogar gutes.)
Dass Entwicklung und Sicherheit sich bedingen ist eine Binsenweisheit. Die Entwicklung entsprechender Konzepte steckt aber noch in den Kinderschuhen und hat seit Beginn des offiziellen deutschen Afghanistan-Engagements sogar Rückschritte gemacht.
Angesichts der ausgebliebenen Leistung von Entwicklungs-, Außen- und Inneministerium ist natürlich leicht den schwarzen Peter an die abzuschieben. Aber es ändert halt nichts daran, dass die Bundeswehr kein Konzept zum Schaffen von Sicherheit hat, und auch kaum die Strukturen und Schnittstellen hat um sich effektiv mit Entwicklungsprojekten oder den afghanischen Sicherheitskräften zu vernetzen.
@ Stefan:
Wenn sie an Meinungen von Leuten vor interessiert sind, die auf beiden Seiten gearbeitet haben, dann sei hier auch mal auf afghanistanberichte.wordpress.com verwiesen. Die Übersetzung ist recht durchwachsen, die Artikel von 2008 und 2009, aber die Schreiber sind immerhin langjährige Afghanistan-Kenner. Und ehemalige Soldaten – für manche scheint der Stallgeruch ja wichtig zu sein. ;)
@J.S.
Dass jegliche Kritik an NROs mit Hinweisen auf deren gute Absichten etc. abgetan wird, bin ich gewohnt. Glauben Sie wirklich, dass dieser Bereich nur von Altruisten bevölkert wird, die kein anderes Interesse haben als das Wohlergehen der afghanischen Zivilbevölkerung? Würden Sie mir glauben, wenn ich selbiges über Streitkräfte behaupten würde?
Ihre Kritik an der Bundeswehr teile ich aber.
@Batacuda
Das behauptet ja auch keiner. Aber gerade die Organisationen die immer wieder aus dem Bundeswehr-Umfeld unter Beschuss geraten sind halt in der Regel die, die schon seit Jahren in Afghanistan sind, keine Regierungsmillionen im Rücken haben und auch noch oft ehrenamtlich durchgeführt werden. Sich da gerade die Kinderhilfe Afghanistan rauszupicken spricht doch Bände.
Zu fordern, dass diese Organisationen (meist eh nur über begrenzte Aufwuchsfähigkeiten verfügend) dann für die fehlenden und verfehlten Anstrengungen der Bundesrepublik Deutschland einspringen sollen ist gelinde gesagt … ärgerlich.
Oder fordert hier irgendwer dass die Bundeswehr-Veteranen auf eigene Kosten und Verantwortung nochmal nach Afghanistan gehen, weil offensichtlich die bisherigen Konzepte nicht ausreichen?
(Und – tada – es gibt sogar Bundeswehr-Soldaten, die sich auch nach ihrem Einsatz noch für das Land engagieren. Das hat auch meinen aufrichtigen Respekt.
Nur das zu Fordern fände hier wohl niemand angemessen. Aber von den Zivilisten zu verlangen, dass sie für Regierung und Bundeswehr ihre Aufgaben vernachlässigen und sprichwörtlich den Kopf hinhalten ist auf einmal in Ordnung?)
@J.R.
Wenn die Organisationen staatliche Unterstützung in Anspruch nehmen (u.a. Steuervorteile), kann man von ihnen m.E. auch verlangen, dass sie ihr Handeln mit dem des Staates koordinieren. Genau das lehnen z.B. die in VENRO zusammengeschlossenen Organisationen aber grundsätzlich ab.
Davon abgesehen unterstütze ich fast alle Ihre Kritikpunkte bzgl. des Einsatzes der Bundeswehr. Leider ist die Einsatzkritik der meisten NROs aber nicht so sachlich und fundiert, wie mal jemand am Beispiel VENROs erklärt hat: http://weblog-sicherheitspolitik.info/2009/11/26/afghanistan-deutsche-nros-fordern-strategiewechsel/
@Batucada
Also ich weiß nicht, wen Sie getroffen haben in AFG, aber die Hilfsorganisationen, die ich in AFG getroffen habe, die leisten hervorragende Arbeit.
Kinderberg und die Deutsche Welthungerhilfe sind nur einige wenige darunter.
Und natürlich gibt es auch die schwarzen Schafe, denn Entwicklungshilfe ist auch big business. Aber das was ich in meinem Post kritisiert habe, ist die Verallgemeinerung bezüglich der NGO’s.
Die ist genauso unangebracht, wie die ideologisch gefärbten Aussagen diverser VENRO-Mitglieder. Das alles hilft uns doch nicht weiter. Wir alle haben ein Ziel: Afghanistan voran zu bringen, so dass wir bald nach hause können. Diese Grabenkämpfe der Alt-68er gehen mir tierisch auf den Sack und überlasse ich gerne meinen Großeltern!!!
Die Audioqualität ist recht solide, Ploppschutz vieleicht etwas zu gering dimensioniert (also dieser Schaumstoff/Fellbezug). Ich bin kein Profi aber Amateur genug daß ich weis wo ich nachfragen kann: Musikhaus Thomann http://www.thomann.de/ bietet exzellenten Telefonsupport für technische Fragen rund um Mikrofone, Filter und Vorverstärker. Problem beschreiben, Budget nennen, fertig.
@ Batacuda
Statt einem quellenlosen Kommentar des doch sehr „konventionell-militärischen“ Weblogs SiPol wäre vielleicht ein Verweis auf die entsprechende Stellungnahme von VENTRO (PDF) die bessere Wahl gewesen?
Was mich an dem Niebelschen Ansatz so stört ist aber eigentlich folgendes:
– Es wird seitens des BMZ nicht geplant, koordiniert, überwacht und abgenommen. Sondern es wird einfach Geld ausgeschrieben, nach sehr oberflächlichen Gesichtspunkten („Da wo die Bundeswehr Operationen durchführt“) und unter sehr unklaren Rahmenbedingungen sondern (Verpflichtung zur Zusammenarbeit mit der Bundeswehr heißt jetzt was genau?). Die Vorschläge werden dann in Bonn abgenickt und das war’s.
– Es werden gerade 10-20 Mio. dafür zur Verfügung gestellt (aus einem eh winzigen Entwicklungshilfe-Aufwand in Afghanistan von seit kurzem 400 Mio.). Für das Geld rüstet die Bundeswehr 1-2 Hubschrauber nach. Es handelt sich um einen Sturm im Wasserglas. Man könnte es auch einen PR-Gag nennen, mit dem ein gewisser Minister versucht seine Verbundenheit mit der BW zu betonen und sich den Anstrich eines „Reformers“ zu verpassen. (Ist ja gerade in, sein Kollege reformiert ja auch gerade die Bundeswehr. Aufgaben, Anforderungen und Verbündete spielen dabei zwar auch keine Rolle, aber irgendwas wird sich schon wieder mal ändern.)
Der Niebelsche Ansatz ist halt sowohl von „Entwicklungshilfe-Kommandos“ wie Team Canada, als auch von einem breiten, bevölkerungs-gesteuerten Ansatz wie dem National Solidarity Program weit entfernt.
Es besteht schlicht darin Geld und Verantwortung aus der Hand zu geben, und es ist nicht zu sehen wie so Verschwendung und Misswirtschaft verhindert werden kann. (Als Negativbeispiel sei hier auf Afghanistan war: How USAID loses hearts and minds verwiesen.)
(Und als kleinen Bonus noch ein Christian Science Monitor-Artikel zur Bundeswehr-Reform. ;) )