NATO sucht nach Lösung für Abgeordnetenbesuch in Konya (Neu: Ausschussvorsitzender)

In den Streit über das Recht deutscher Abgeordneter, Bundeswehrsoldaten in der Türkei zu besuchen, bemüht sich nun NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg um eine Lösung. Stoltenberg habe angeboten, eine solche Reise zu deutschen Soldaten im Einsatz mit AWACS-Flugzeugen auf der türkischen Basis Konya als NATO-Reise zu organisieren, sagte der stellvertretende NATO-Sprecher Piers Cazalet am (heutigen) Montag:

NATO Secretary General Jens Stoltenberg has been in contact with his German and Turkish counterparts on the issue of access to Konya airfield. In an effort to find a solution, the Secretary General has now offered to arrange a visit for Parliamentarians to Konya airfield within a NATO framework.

Konya airfield is vital for NATO operations in support of Turkey and the Counter-ISIS Coalition. We hope that we can find a mutually acceptable solution as soon as possible.

Die türkische Regierung hatte vor zehn Tagen einen bereits fest geplanten Besuch einer Delegation des Bundestags-Verteidigungsausschusses in Konya vorerst abgesagt und das mit den derzeit problematischen Beziehungen beider Länder begründet. Bereits zuvor hatte ein gleich lautendes Besuchsverbot für die türkische Basis Incirlik dazu geführt, dass die Bundeswehr mit der Verlegung ihrer Soldaten nach Jordanien begonnen hatte.

Für Konya waren dagegen zunächst keine Probleme erwartet worden, weil die dort eingesetzten deutschen Soldaten Teil des AWACS-Kontingents der NATO und damit im Auftrag des Bündnisses dort eingesetzt sind. Nach dem Besuchsverbot auch für die AWACS-Basis waren auch Stimmen laut geworden, die einen Ausstieg der Bundeswehr aus dieser Mission der Luftüberwachungsflugzeuge im Kampf gegen ISIS in Irak und Syrien gefordert hatten. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte dagegen vor schnellen Entscheidungen in dieser Frage gewarnt, zugleich aber auf das deutsche Besuchsrecht gepocht.

Der SPD-Abgeordnete Wolfgang Hellmich, Vorsitzender des Verteidigungsausschusses, reagierte vorsichtig positiv:

Es ist gut, dass sich die NATO in der Sache bemüht. Zumal es die Rolle der Parlamentarier und Parlamentarierinnen in der NATO stärkt. Und wenn es der Durchsetzung des uneingeschränkten Besuchsrechts der Abgeordneten des Verteidigungsausschusses dient – umso besser!

sagte Hellmich auf Anfrage von Augen geradeaus!. (Nachtrag: Hellmich äußerte sich ausdrücklich als SPD-Abgeordneter, nicht in seiner Eigentschaft als Ausschussvorsitzender.)

Der CSU-Verteidigungspolitiker Florian Hahn zeigte sich ebenfalls erfreut:

Ich begrüße den Lösungsvorschlag der NATO, dass wir unsere Bundeswehrsoldaten nun im Rahmen einer von der NATO organisierten Reise besuchen können. Es ist wichtig, dass wir so schnell wie möglich eine für beide Seiten annehmbare Lösung finden. Die Türkei muss akzeptieren, dass wir Parlamentarier nicht von einem Besuchsrecht unserer Soldaten abweichen werden. (…)  Ohne deutsche Beteiligung sind die in Konya stationierten Awacs-Flugzeuge nur bedingt funktionsfähig, das weiß auch Erdogan. Die deutsche Beteiligung aufs Spiel zu setzen, bedeutet die Einsatzfähigkeit der NATO aufs Spiel zu setzen.

Interessant dazu aus einem Bericht des Wall Street Journal:

NATO is no stranger to quarrels between members, mainly border disputes, but has long managed to limit them. The latest disagreements are different, current and former NATO officials say. Turkey and its NATO allies are now sniping over fundamental policy issues including human rights, designations of terrorist organizations and decisions on how to fight Islamic State.
The situation is alarming, NATO officials and diplomats said.

Nachtrag 25. Juli: Die Linkspartei lehnt einen Parlamentarierbesuch in diesem Rahmen ab, wie ihr verteidigungspolitischer Sprecher Alexander Neu im ARD-Morgenmagazin sagte:

Die Linkspartei lehnt den Kompromissvorschlag der Nato ab, den von der Türkei abgelehnten Besuch deutscher Parlamentarier auf dem türkischen Nato-Stützpunkt Konya in einen von der Nato organisierten Besuch einzubetten. Der verteidigungspolitische Sprecher der Linkspartei Alexander Neu dazu: „Nein, das ist nicht akzeptabel, weil der Rahmen ja ganz anders ist. Es muss möglich sein für deutsche Abgeordnete, vor allem aus dem Verteidigungsausschuss und dem Auswärtigen Ausschuss, die Bundeswehr im Auslandseinsatz besuchen zu können.“

(Foto: AWACS in Konya im Juni 2017 – SHAPE)