Materiallage der Bundeswehr: Selbst schöngerechnet nicht schön (m. Nachtrag)

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Der inzwischen dritte Bericht zur materiellen Einsatzbereitschaft der Hauptwaffensysteme der Bundeswehr, der seit zwei Jahren dem Bundestag regelmäßig vorgelegt wird, ist wie seine Vorgänger 2014 und 2015  vor allem eines: Nicht schön. Viel zu oft muss Generalinspekteur Volker Wieker beim Blick auf die 56 großen Systeme, vom gepanzerten Dingo-Transporter bis zum Tornado-Kampfjet, unzureichende Verfügbarkeit, mangelnde Einsatzbereitschaft, technische Probleme oder fehlende Ersatzteile melden. Der Bericht wird am (morgigen) Mittwoch eines der wichtigen Themen in der Sitzung des Bundestags-Verteidigungsausschusses.

Zwar schreibt der Generalinspekteur:

Die folgenden Darstellungen und Bewertungen der 56 Hauptwaffensysteme der Bundeswehr belegen, dass die materielle Einsatzbereitschaft für die laufenden Einsätze gewährleistet ist. Auf dieser Basis können die durch Deutschland eingegangenen Verpflichtungen, auch im Rahmen der NATO Response Force und der enhanced Forward Presence, sowie anderer Stand-By Arrangements, unterstützt werden.

… beim Blick auf die einzelnen Fahrzeuge oder Hubschrauber wird allerdings klar, dass dafür erhebliche Klimmzüge erforderlich sind – die dann langfristig für Probleme an anderer Stelle sorgen.

Hinzu kommt, wie in den Vorjahren, die für den Außenstehenden etwas unorthodoxe Berechnungsgrundlage für die Einsatzbereitschaft eines Waffensystems. Mal dargestellt am Beispiel der Panzerhaubitze2000 (Foto oben), weil da die Zahlen so plakativ sind:

Bei der Panzerhaubitze 2000 (PzH 2000) handelt es sich um ein einsatzreifes Waffensystem.
Der Gesamtbestand1 der PzH 2000 beläuft sich derzeit auf 123 Systeme.
Dem Heer standen im betrachteten Zeitraum durchschnittlich 61 Systeme zur Verfügung, davon durchschnittlich einsatzbereit 41 Systeme; dies entspricht im Mittel einer ca. 67%igen materiellen Einsatzbereitschaft.

Die 67 Prozent materielle Einsatzbereitschaft sind also gerechnet auf die 61 Panzerhaubitzen im so genannten Verfügungsbestand – das allerdings ist weniger als die Hälfte dessen, was die Bundeswehr insgesamt an diesen Artilleriesystemen besitzt. Der Rest, also mehr als die Hälfte, ist zur Instandsetzung bei der Industrie und ähnliches. Diese Systematik muss man im Auge behalten, wenn die Zahlen für die Einsatzbereitschaft von Waffensystemen in diesem Bericht genannt werden – auch die grundsätzliche Aussage, das Heer könne bei seinem Großgerät im Schnitt eine Verfügbarkeit von 70 Prozent zu Grunde legen, muss man vor diesem Hintergrund sehen. (Zusammenfassend wird für die Landsysteme des Heeres festgehalten, dass der Verfügungsbestand und die materielle Einsatzbereitschaft, die regelmäßig bei ca. 70 % liegt, gut sind.)

Da der Bericht insgesamt – aus welchen Gründen auch immer – nicht eingestuft ist, ist ein bisschen ausführlicheres Zitieren möglich und sinnvoll. Ein paar Hauptwaffensysteme und die Aussagen dazu:

GTK Boxer
Der Gesamtbestand der Bundeswehr des Gepanzerten Transport-Kraftfahrzeug (GTK) BOXER beläuft sich auf 201 Waffensysteme.
Den Streitkräften standen im betrachteten Zeitraum durchschnittlich 142 Systeme zur Verfügung, davon durchschnittlich einsatzbereit 102 Systeme; dies entspricht im Mittel einer ca. 72%igen materiellen Einsatzbereitschaft.
Die Zunahme des Verfügungsbestandes um 22 Systeme konnte durch den Abschluss des ISAF-Rücklaufs und die Umrüstung des Konstruktionsstandes von A0 auf A1 realisiert werden. (…)
Der GTK BOXER ist ein nicht einsatzreifes Waffensystem. Bis zur Einsatzreife fehlt noch die Abnahme der elektronischen technischen Dokumentation einschließlich des integrierten Prüfsystems, welche auch für die weitere Qualifizierung des militärischen Instandsetzungsfachpersonals zentral ist.
Für die Möglichkeit den GTK BOXER im Einsatz grundsätzlich zu verwenden, läuft derzeit zum einen ein Training für Einsatzsoldaten am Ausbildungszentrum Technik Landsysteme und zum anderen wird die logistische Unterstützung vor Ort im jeweiligen Einzelfall mit einem kooperativen Modell durch das bewährte Netzwerk (s.o.) gewährleistet.
Das Herstellen der Einsatzreife, die Aufnahme des Regelausbildungsbetriebs bis zur Meisterebene am Ausbildungszentrum Technik Landsysteme und der Zulauf weiterer 131 GTK BOXER sind Eckpunkte der weiteren Nutzung des GTK BOXER im Heer.
Die in den Streitkräften verfügbaren Systeme GTK BOXER reichen für die aktuellen Ausbildungs- und Übungsvorhaben sowie die Einsatzverpflichtungen aus.

Schützenpanzer Marder
Der Schützenpanzer (SPz) MARDER ist ein einsatzreifes Waffensystem und derzeit das Hauptwaffensystem der Panzergrenadiertruppe.
Der Gesamtbestand der Bundeswehr beläuft sich auf 388 Systeme.
Den Streitkräften standen im betrachteten Zeitraum durchschnittlich 321 Systeme zur Verfügung, davon durchschnittlich einsatzbereit 222 Systeme; dies entspricht im Mittel einer ca. 69%igen materiellen Einsatzbereitschaft. (…)
Dieses „Arbeitspferd“ des Heeres garantiert bis zur Einsatzreife des SPz PUMA (ca. 2024) den Fähigkeitserhalt der Panzergrenadiertruppe. Notwendig dazu sind die im Rahmen der Nutzungsdauerverlängerung technischen Anpassungen und die Adaption MELLS1 auf SPz MARDER, um den Erhalt der Panzerabwehrfähigkeit sicherzustellen. (…)
Mit dem einsatzreifen Waffensystem SPz MARDER können bis in die 2020er Jahre die bestehenden Verpflichtungen wie bspw. enhanced Forward Presence (eFP) und Very High Readiness Joint Task Force (VJTF) und zukünftige Herausforderungen mit bis zu 4 einsatzbereiten Panzergrenadier-Verbänden sichergestellt werden. So gestaltet das Heer flexibel und nachhaltig die Übergangsphase bis zur Einsatzreife des Waffensystem SPz PUMA.
Ausbildung, Übung und Einsatz sind mit dem SPz MARDER jederzeit sichergestellt.

Kampfpanzer Leopard 2
Der Kampfpanzer (KPz) LEOPARD 2 ist ein einsatzreifes Waffensystem.
Der Gesamtbestand der Bundeswehr beläuft sich auf 244 Systeme.
Dem Heer standen im betrachteten Zeitraum durchschnittlich 167 Systeme zur Verfügung, davon durchschnittlich einsatzbereit 132 Systeme; dies entspricht im Mittel einer ca. 79%igen materiellen Einsatzbereitschaft.
Mit dem Projekt „Fähigkeitsaufwuchs gepanzerter Kampf“ wird durch den vereinbarten Konstruktionsstand KPz LEOPARD 2A7V vor allem in die Zukunft der Panzertruppe investiert (Bis 2022 erhält die Panzertruppe weitere 84 hochmoderne Systeme).

Schützenpanzer Puma (dazu auch mehr Details hier)
Der Schützenpanzer (SPz) PUMA ist ein nicht einsatzreifes Waffensystem.
Zur Einführung des SPz PUMA hat das Heer eine spezielle Einführungsorganisation aufgestellt.
Der Gesamtbestand der Bundeswehr beläuft sich derzeit auf 89 Systeme.
Dem Heer standen im betrachteten Zeitraum durchschnittlich 48 Systeme zur Verfügung, davon durchschnittlich einsatzbereit 23 Systeme; dies entspricht im Mittel einer ca. 48%igen materiellen Einsatzbereitschaft.
Die materielle Einsatzbereitschaft ist unzureichend. Die Qualität der ausgelieferten SPz PUMA hat sich zwar in den letzten Monaten verbessert, jedoch haben sich die Lieferraten der Industrie noch nicht verstetigt.

Transportpanzer Fuchs
Der Transportpanzer (TPz) FUCHS ist ein einsatzreifes Waffensystem.
Der Gesamtbestand der Bundeswehr beläuft sich auf 898 Systeme.
Den Streitkräften standen im betrachteten Zeitraum durchschnittlich 668 Systeme zur Verfügung, davon durchschnittlich einsatzbereit 532 Systeme; dies entspricht im Mittel einer ca. 80%igen materiellen Einsatzbereitschaft.
Damit ist der TPz FUCHS mit seinen konstanten Bestands- und Einsatzbereitschaftsverläufen trotz zahlreicher Umrüstungsmaßnahmen sowie Abstellungen in die Einsatzgebiete ein solides und belastbares System, welches logistisch vollumfänglich beherrscht wird.
Derzeit befinden sich 43 Systeme im Auslandseinsatz.
Es besteht ein eingeschwungener Zustand ohne erforderliche zusätzliche Maßnahmen, da Instandsetzungspersonal, Ersatzteile, technische Dokumentationen, Sonderwerkzeugsätze und Fristenplanungen abgestimmt und in ausreichender Anzahl vorhanden sind.

Fregatten
Die Bundeswehr hat derzeit 14 Fregatten im Gesamtbestand1. Darin enthalten sind vier Fregatten, die bereits außer Dienst gestellt und über deren Verwertung noch nicht entschieden wurde. Die Marine kann diese Schiffe nicht mehr nutzen.
Die Fregatten der Klasse 122/123/124 sind einsatzreif.
Alle Fregatten leisten einen Beitrag zur dreidimensionalen Seekriegsführung auf, über und unter Wasser. Alle Fregatten sind zur Aufnahme von bis zu zwei Bordhubschraubern befähigt.
Die Verfügbarkeit der Fregatten wird als gut bewertet. Im Betrachtungszeitraum standen sieben Einheiten zur Verfügung. Diese waren entweder im Einsatz, in der Einsatzvor- oder -nachbereitung, in Einsatzgleichen Verpflichtungen gebunden oder befanden sich in der Vorbereitung auf eine Werftliegezeit.

U-Boote
Der Gesamtbestand U-Boote der Bundeswehr beläuft sich mit der Indienststellung von U 36 im Oktober 2016 auf sechs Systeme, die sich auf zwei Lose aufteilen.
Das System ist einsatzreif. (…)
Der im Berichtszeitraum geringe durchschnittliche Verfügungsbestand und die geringe Anzahl einsatzbereiter Systeme (durchschnittlicher Verfügungsbestand zwei, davon einsatzbereit eins, ca. 50 %) zeitintensiven und komplexen Instandsetzungsphasen sowie den in 2016 laufenden Übernahme- bzw. Erprobungsphasen von U212A 2. Los. (…)
Die materielle Einsatzfähigkeit wird als ausreichend bewertet. Die Verpflichtung zur Bereitstellung eines U-Bootes für die NATO kann sichergestellt werden.

Das klingt schon ein bisschen ernüchternd. Allerdings sind es die fliegenden Systeme, die die größen Probleme bereiten:

Unterstützungshubschrauber Tiger – (man beachte die Formulierung maßgeschneiderte Einsatzreife)
Der Gesamtbestand der Bundeswehr des Unterstützungshubschrauber (UH) TIGER beläuft sich derzeit auf 42 Systeme.
Dem Heer standen im betrachteten Zeitraum durchschnittlich 27 TIGER zur Verfügung, davon einsatzbereit zwölf TIGER; dies entspricht im Mittel einer ca. 44%igen materiellen Einsatzbereitschaft. Im Vergleich zum Jahr 2015 konnte der Verfügungsbestand von 23 auf 27 TIGER gesteigert und die Einsatzbereitschaft nahezu verdoppelt werden. (…)
Der UH TIGER ist ein nicht einsatzreifes Waffensystem. (…)
Qualifizierte Besatzungen und technisches Personal, Ausbildung, Logistik, Instandsetzung, Infrastruktur und Betriebsverfahren sind die wesentlichen Komponenten zur Herstellung der Einsatzreife. Ein nicht einsatzreifes Waffensystem wie der UH TIGER kann in kleiner Anzahl für einen zeitlich und örtlich begrenzten Auftrag im Einsatz verwendet werden, wenn dazu alle verfügbaren Ressourcen auf den Einsatz konzentriert werden. 2012 bis 2013 konnte dies mit vier UH TIGER in Afghanistan, von denen durchschnittlich über ca. 90 % einsatzbereit waren, für eine Dauer von 18 Monaten eindrucksvoll bewiesen werden.
Für den bevorstehenden Einsatz in MALI ab März 2017 wird derzeit mit Hochdruck an der maßgeschneiderten Einsatzreife des UH TIGER unter Einbeziehung der gemachten Erfahrungen in Afghanistan im Sinne einer „best-practice“-Lösung gearbeitet. Deutschland übernimmt als erste Nation den dringend benötigten 12-monatigen Slot „Kampfhubschrauber“ im Rahmen der UN-Mission MINUSMA und verschafft den Vereinten Nationen damit ausreichend Zeit für die Folgeplanung.

Hubschrauber NH90
Der Transporthubschrauber NH90 ist ein nicht einsatzreifer, weiterhin im Bestandsaufwuchs befindlicher leichter Mehrzweckhubschrauber. Er wird derzeit in der Version Tactical Transport Helicopter (TTH) im Heer eingesetzt.
Der Gesamtbestand der Bundeswehr NH90 beläuft sich derzeit auf 48 Systeme.
Dem Heer standen im betrachteten Zeitraum durchschnittlich 29 Systeme zur Verfügung, davon durchschnittlich einsatzbereit neun Systeme; dies entspricht im Mittel einer ca. 31%igen materiellen Einsatzbereitschaft.
Die geringe materielle Einsatzbereitschaft wird nach wie vor durch die hohe Anzahl von Vorserienhubschraubern, durch fehlende Ersatzteile sowie insbesondere durch fehlende Kapazitäten zur Durchführung der zu aufwändigen Wartungs- und Inspektionsmaßnahmen beschränkt.

Hubschrauber Sea Lynx
Der Gesamtbestand der Bundeswehr beläuft sich derzeit auf 22 Systeme SEA LYNX Mk 88A.
Das System ist einsatzreif. (…)
Die materielle Einsatzbereitschaft des Waffensystems hat sich im Vergleich zum Vorjahreszeitraum leicht gesteigert und im Verlauf des Jahres 2016 auf einem Niveau von mindestens fünf einsatzbereiten Maschinen stabilisiert.
Der operative Bedarf von mindestens sechs für Einsatz und Ausbildung materiell einsatzbereiten Luftfahrzeugen konnte damit allerdings auch in 2016 noch nicht durchgehend gedeckt werden. Das hat sich allerdings 2016 operativ nicht signifikant ausgewirkt, da der Einsatzschwerpunkt auf der European Union Naval Forces Mediterranean (EUNAVFORMED) Operation SOPHIA lag, wo Einschiffungen nicht gefordert waren. Somit konnten nahezu alle geforderten operativen Einschiffungen im Berichtszeitraum realisiert werden.

Hubschrauber Sea King
Derzeit beträgt der Gesamtbestand der Bundeswehr 21 SEA KING Mk 41. Das Waffensystem SEA KING Mk 41 wird als SAR Mittel 1. Grades2 von Land aus eingesetzt (in Dienst seit 1975).
Das System ist einsatzreif.
Der durchschnittliche Verfügungsbestand betrug im Betrachtungszeitraum 14, wovon durchschnittlich vier einsatzbereit waren (ca. 29 %).
Die durchschnittlich im Betrachtungszeitraum erreichte materielle Einsatzbereitschaft von vier Luftfahrzeugen lag deutlich unterhalb des erforderlichen operativen Minimalbedarfes von sechs materiell einsatzbereiten Luftfahrzeugen, die für Einsatz und Ausbildung erforderlich sind. Bedingt durch das hohe Alter dieses Systems ist die materielle Einsatzbereitschaft nur mit großem Aufwand zu halten, insbesondere sind die Ersatzteile nur schwer zu beschaffen.
Sowohl die zwischen dem BMVI und dem BMVg vereinbarte Aufgabenwahrnehmung des zivilen SAR-Dienstes entsprechend der International Civil Aviation Organization (ICAO), als auch der militärische SAR Dienst See konnten durch die materiell einsatzbereiten Luftfahrzeuge gewährleistet werden.
Über den SAR Dienst hinausgehende Aufgaben, wie zum Beispiel operative Einschiffungen an Bord des Einsatzgruppenversorgers oder Unterstützungsaufgaben der Spezialkräfte (SOF Air), sind aufgrund der geringen Verfügbarkeit nur im speziellen Einzelfall und zeitlich nur sehr begrenzt möglich.
Priorität haben weiterhin alle Maßnahmen, mit denen es gelingt, Fähigkeitslücken und Kompetenzverlust zu vermeiden und den erforderlichen Weiterbetrieb SEA KING bis 2023 zu gewährleisten, um eine bruchfreie Übernahme der Fähigkeiten durch das Nachfolgesystem SEA LION ab 2019 beginnend sicherzustellen.

Eurofighter
Beim EUROFIGHTER ist der Gesamtbestand Bundeswehr im Betrachtungszeitraum um drei auf 123 Luftfahrzeuge angewachsen.
Das Materialerhaltungskonzept sieht eine starke Abstützung auf die Industrie vor.
Daher wirken sich Instandhaltungs- und Hochrüstmaßnahmen bei der Industrie direkt auf den Verfügungsbestand aus.
Als Folge davon stehen der Luftwaffe knapp zwei Drittel der Luftfahrzeuge zur Nutzung zur Verfügung.
Von diesen verfügbaren Luftfahrzeugen waren ca. 52 % einsatzbereit.
Fehlende Ersatzteile und lange Instandhaltungsmaßnahmen sind für diese noch unbefriedigende Quote unverändert verantwortlich.

Tornado
Beim TORNADO lag der Gesamtbestand Bundeswehr konstant bei 93 Luftfahrzeugen.
Abzüglich der Flugzeuge für die technische Ausbildung, für Erprobungszwecke beim Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) sowie für Instandsetzungs- und Hochrüstmaßnahmen, wie die noch bis 2019 laufende Avionik-Umrüstung ASST A3, bei der Industrie, standen der Luftwaffe im Betrachtungszeitraum im Mittel etwas mehr als zwei Drittel zur Verfügung.
Davon waren durchschnittlich etwa 44 % einsatzbereit.
Auch beim TORNADO wurde die materielle Einsatzbereitschaft maßgeblich durch die mangelnde Verfügbarkeit verschiedener Ersatzteile beeinflusst.

Hubschrauber CH-53
Die CH-53 Hubschrauberflotte befindet sich unverändert in der schrittweisen Reduzierung auf 66 Luftfahrzeugen.
Der aktuelle Gesamtbestand Bundeswehr liegt bei 72 Luftfahrzeugen.
Auf Grund der immer noch laufenden Umrüstung auf die Version GA, die Einrüstung der sensorgestützten Landehilfe in die Versionen GS und GE sowie größerer Instandhaltung befanden sich auch hier durchschnittlich ein Drittel der Luftfahrzeuge bei der Industrie bzw. in der Depotinstandsetzung.
Abzüglich der Maschinen für die technische Ausbildung und Abstellungen von Erprobungsträgern an das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) verfügte die Luftwaffe im Durchschnitt demnach nur über ca. 60% der Luftfahrzeuge.
Davon waren im Mittel wiederum etwa 43 % einsatzbereit.
Die materielle Einsatzbereitschaft wird vom Waffensystemalter und damit einhergehenden Versorgungseinschränkungen beeinflusst. Einzelne Ersatzteile sind sogar nicht mehr marktverfügbar.

Transall
Durch Auslieferungsverzögerungen beim Airbus A400M verbleibt die TRANSALL C-160 bis in das Jahr 2021 in der Nutzung.
Maßnahmen zum Weiterbetrieb (Nutzungsdauerverlängerung) wurden identifiziert und erfolgreich umgesetzt.
Das Waffensystem unterliegt einer unverändert hohen Einsatz-/Auftragsbelastung.
Der Gesamtbestand Bundeswehr liegt aktuell bei 41 Luftfahrzeugen.
Bereinigt um die Luftfahrzeuge, welche sich in der Instandsetzung bei der Industrie befanden sowie dauerhaft für die technische Ausbildung oder für Erprobungen durch das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) abgestellt waren, standen der Luftwaffe im Betrachtungszeitraum durchschnittlich drei Viertel der Luftfahrzeuge zur Verfügung.
Auch hier waren verspätete Auslieferungen durch die Industrie maßgeblich.
Von den Luftfahrzeugen im Verfügungsbestand der Luftwaffe waren im Mittel ca. 62% einsatzbereit.

A400M
Im Betrachtungszeitraum ist die A400M-Flotte auf einen Gesamtbestand Bundeswehr von fünf Luftfahrzeugen aufgewachsen.
Der durchschnittliche Verfügungsbestand lag bei ca. 45 %.
In der zweiten Jahreshälfte reduzierten Industrieliegezeiten zur Beseitigung von Defiziten den Verfügungsbestand.
Wesentlichen Einfluss auf die geringe und deutlich unter den Erwartungen liegende materielle Einsatzbereitschaft von durchschnittlich nur einem Luftfahrzeug verursachten insbesondere die fehlerhaften Propellergetriebe.
Dieser Sachverhalt führt zu einem hohen Inspektionsaufwand, Triebwerkwechseln und Versorgungsproblemen bei Triebwerken.
Hinzu kamen Ausfallzeiten durch aufwändige, durch Qualitätsmängel begründete nicht planbare Instandhaltungsmaßnahmen.
Die Annäherung an die erwartete materielle Einsatzbereitschaft hängt in hohem Maße vom Fortgang der Hochrüstmaßnahmen ab, die nach derzeitiger Prognose bis mindestens 2023 andauern werden.

Damit das alles nicht zu niederdrückend wirkt, eine positive Nachricht in dem Bericht – von einem Hubschrauber:

Der Leichte Unterstützungshubschrauber (LUH) SOF erreicht in der laufenden Einsatzprüfung einen beachtlichen materiellen Einsatzbereitschaftsstand von etwa 90 %. Hier wirken sich hohe Zuverlässigkeit, leichte Wartbarkeit und umfangreiche Industrieleistungen sehr positiv aus.

Nachtrag: Div. Fragen vor allem in den Kommentaren lassen es mir sinnvoll erscheinen, die Vorbemerkung des Generalinspekteurs zu diesem Bericht komplett zu zitieren; einige Fragen klären sich damit von selbst:

Seit zwei Jahren wird der Verteidigungsausschuss regelmäßig zur materiellen Einsatzbereitschaft des Großgerätes der Streitkräfte unterrichtet. Das letzte Mal am 15. Dezember 2015.
Nachdem Durchführung und Inhalt anfangs zu Recht kritisiert wurden, ist durch das Bundesministerium der Verteidigung darauf reagiert worden. Dieses sei an drei Beispielen dargelegt:
1. Seit Ende 2014 ist ein standardisiertes Berichtswesen etabliert, das ein umfassendes Lagebild zu 56 Waffensystemen nachzeichnet und so ermöglicht, bereits frühzeitig Tendenzen zu erkennen.
2. DieEinrichtung der Task Forces Starrflügler und Drehflügler hat sich bewährt und zeigt Wirkung.
3. Für den Materialerhalt konnten die finanziellen Ressourcen deutlich verstärkt werden. Nach dem nominalen Ansatz im Jahr 2014 von ca. 2,7 Mrd. EUR sind für nächstes Jahr mehr als 3,2 Mrd. EUR eingeplant. Eine Steigerung von beinahe 20 Prozent.
Damit gelang zunächst eine Verstetigung der Einsatzbereitschaft, in einigen Bereichen auch graduelle Verbesserungen. Beispielsweise konnte beim Marine- Hubschrauber SEA KING der negative Trend durch eine unkonventionelle Ersatzteilgewinnung gestoppt werden, indem ausgemusterte Hubschrauber gekauft wurden und nun zur Ersatzteilgewinnung genutzt werden. Die Einsatzbereitschaft ermöglicht nunmehr eine Auftragserfüllung auf Mindestniveau bis zur Ablösung durch den Nachfolger SEA LION.
Die Kampfflugzeuge weisen trotz des zusätzlichen Flugbetriebs der TORNADOs bei INHERENT RESOLVE auch im Inland eine verstetigte Einsatzbereitschaft nach. Die Maschinen in Incirlik können alle Aufträge der Internationalen Allianz erfüllen.
Eine spürbare Trendwende ist bei den geschützten Fahrzeugen, insbesondere GTK BOXER und DINGO erkennbar. Damit stehen der Truppe mehr einsatzbereite Fahrzeuge für Ausbildung, Übung und Einsatzvorbereitung zur Verfügung.
Unverändert zeigen die Systeme und Plattformen in den inzwischen 15 Auslandseinsätzen eine weit überdurchschnittliche Einsatzbereitschaft.
Das hat natürlich auch zukünftig Auswirkungen und Verdrängungseffekte auf die Verfügbarkeit des Materials in der Heimat, die es abzufedern gilt. Ein Beispiel dafür ist der Einsatz handelsüblicher Hubschrauber in der Grundlagenausbildung für Hubschrauberführer, damit die Flugstunden für die Einsatzausbildung auf den hochwertigeren Systemen wie UH TIGER und NH90 verwendet werden.
Im vorliegenden Bericht wird die Entwicklung der 56 Hauptwaffensysteme von Januar bis Oktober 2016 aufgezeigt und dabei wie folgt unterscheiden nach
• dem Gesamtbestand eines Systems, der auch jenes Gerät umfasst, das den Teilstreitkräften bzw. Organisationsbereichen nicht zur Verfügung steht, weil es zum Beispiel noch in einer Wehrtechnischen Dienststelle erprobt wird.
• dem Verfügungsbestand, der für Ausbildung, Übung und Einsatz zur Verfügung steht. Er bildet die Grundlage für die Erfassung der jeweiligen Einsatzsatzbereitschaft.
70% des Verfügungsbestandes sollten für die Truppe im täglichen Dienst nutzbar sein. Bei den einsatzreifen Landsystemen garantiert die Heeresinstandsetzungslogistik (HIL) GmbH dieses Maß an Einsatzbereitschaft.
Die im Bericht verwendeten Begriffe Einsatzreife und Versorgungsreife sind wie folgt definiert:
• Versorgungsreife fordert, dass für das entsprechende System eine ausreichende Ersatzteilbevorratung, einschließlich der notwendigen technischen Dokumentation besteht und die erforderlichen Ressourcen vorhanden sind.
• Einsatzreife wird erreicht, wenn die Verwendbarkeit des Systems technisch und rechtlich sichergestellt ist.
Eine noch unzureichende Einsatzreife kann durch Unterstützungsleistungen aus der Industrie oder Inkaufnahme von Einschränkungen im Grundbetrieb kompensiert werden.
Beispiele dafür sind die Hubschrauber UH TIGER und NH90, die bereits im Rahmen von ISAF in Afghanistan eingesetzt wurden oder auch der GTK BOXER. Wenn es zu einem Einsatz in Mali kommt, werden dieselben Mechanismen genutzt werden.
Die folgenden Darstellungen und Bewertungen der 56 Hauptwaffensysteme der Bundeswehr belegen, dass die materielle Einsatzbereitschaft für die laufenden Einsätze gewährleistet ist. Auf dieser Basis können die durch Deutschland eingegangenen Verpflichtungen, auch im Rahmen der NATO Response Force und der enhanced Forward Presence, sowie anderer Stand-By Arrangements, unterstützt werden.
In Zukunft gilt es jedoch den Blick noch mehr auf die gesamten Lebenskosten eines Systems zu richten, die sogenannten Life Cycle Costs.
Dieses bedeutet, dass notwendige Ersatzteile und Instandsetzungseinrichtungen schon bei der Einführung neuer Systeme in ausreichender Anzahl zur Verfügung stehen müssen und auch finanziell als Systemkosten berücksichtigt werden müssen – inklusive verbindlicher Verfügbarkeiten von Systemen.
Die Einführung eines neuen Systems wird einen längeren Zeitraum in Anspruch nehmen; der Preis steigt, aber es besteht eine hohe Kostentransparenz insbesondere gegenüber dem Parlament im Wege der 25-Mio-Vorlage.
Auch der Übergang von altem auf neues Großgerät muss flexibler gestaltet werden: Die Ausphasung von Waffensystemen darf nicht mehr zu Fähigkeitslücken führen und ist daher in Abhängigkeit von der tatsächlichen und umfassenden Verfügbarkeit neuer Systeme zu planen. Das betrifft alle Ressourcenbereiche, für die mit den Trendwenden die notwendigen Voraussetzungen geschaffen wurden.
Darüber hinaus wird das Meldewesen zur Einsatzbereitschaft digitalisiert und mit den Bereichen Personal und Ausbildung verknüpft werden, da nur eine Betrachtung in Systemverbünden wirklich aussagekräftig ist.

(Foto: Panzerhaubitze2000 bei der Informationslehrübung Landstreitkräfte 2016)