Das Joint Support Ship für die Deutsche Marine – über die Niederländer?

Joint Logistic Support Ship Karel Doorman of the Royal Netherlands Navy

Seit Jahren hofft die Deutsche Marine auf eine schwimmende Logistik-Plattform, die auch als Hubschrauberträger genutzt werden kann: Das Joint Support Ship (JSS) ist zwar in den langfristigen Planungen der Bundeswehr vorgesehen, bislang aber nicht in finanzieller Reichweite der Truppe. Das könnte sich jetzt schlagartig ändern: Die enge Kooperation der deutschen Streitkräfte mit den Niederlanden, bereits sichtbar in der Unterstellung der 11 Luchtmobiele Brigade unter die deutsche Division Schnelle Kräfte, der Beteiligung der Niederländer an der deutschen Panzertruppe und der geplante gemeinsame UN-Einsatz in Mali sollen mit einer gemeinsamen Nutzung des niederländischen Versorgungs- und Unterstützungsschiffes Karel Doorman (Foto oben) gekrönt werden.

Eine entsprechende Vereinbarung wollten die Verteidigungsministerinnen beider Länder, Ursula von der Leyen und Jeanine Hennis-Plasschaert, in Kürze treffen, berichtet die niederländische Zeitung De Telegraaf am (heutigen) Montagabend.

Nederland gaat de militaire samenwerking met Duitsland verder opvoeren. Onderdelen van beider marines worden verregaand geïntegreerd. Nederland brengt daarbij zijn grootste marineschip in, het logistieke ondersteuningsschip Karel Doorman. (…)
Het schip wordt de spil in nieuwe verregaande versmelting tussen Duitse en Nederlandse legeronderdelen. Bij de komende vergadering van EU-defensieministers in Amsterdam beklinken ministers Hennis en haar Duitse collega Von der Leyen de afspraken.

(Meine Übersetzung mit Hilfe von Google: Die Niederlande wollen die militärische Zusammenarbeit mit Deutschland ausweiten. Teile der Marinen beider Länder werden weitgehend integriert. Die Niederlande bringen dafür ihr größtes Kriegsschiff ein, das logistische Unterstützungsschiff Karel Doorman. (…) Das Schiff wird der Mittelpunkt bei der neuen Verschmelzung der deutschen und der niederländischen Streitkräfte. Beim kommenden Treffen der EU-Verteidigungsminister in Amsterdam wollen die Ministerinnen Hennis und ihre deutsche Kollegin von der Leyen die Vereinbarung treffen.)

Das informelle Treffen der EU-Verteidigungsminister in der niederländischen Hauptstadt ist für den 4. und 5. Februar vorgesehen.

Die gemeinsame Nutzung des größten niederländischen Kriegsschiffes dürfte auch in Zusammenhang stehen mit der engeren Zusammenarbeit des deutschen Seebataillons mit dem niederländischen Korps Mariniers.

Die Notwendigkeit eines solchen Joint Support Ships hatte die Deutsche Marine immer wieder betont, zum Beispiel der damalige Marineinspekteur Axel Schimpf Ende 2012:

Mit diesem Schiffstyp soll die Fähigkeitslücke „Gesicherte militärische Seeverlegefähigkeit“ geschlossen werden. Darüber hinaus ist das JSS der entscheidende Schlüssel zur Nutzung der See als Basis für streitkräftegemeinsame Einsätze. Dies schließt Vorausstationierung und Demonstration politischen Willens, Führen von Einsätzen an Land, Evakuierungsoperationen, Humanitäre Hilfe sowie Unterstützung in Katastrophenfällen mit ein und stellt somit einen elementaren Beitrag zu streikräftegemeinsamen Einsätzen dar. Der Bedarf für ein solches Schiff ist weithin anerkannt, denn es stellt einen Fähigkeitsgewinn für die gesamte Bundeswehr dar. Doch noch ist es ein Zukunftsprojekt, das mit Augenmaß und langem Atem zu verfolgen ist.

Die Niederlande wiederum profitieren von der deutschen Beteiligung an einem Schiff, dass ihnen finanzielle Probleme bereitet: Noch vor Fertigstellung hatte sich abgezeichnet, dass die Karel Doorman aus Kostengründen nicht in Dienst gestellt werden sollte.

Die Fähigkeiten, die das Schiff mitbringt, entsprechen ziemlich genau den deutschen Vorstellungen: Versorgung anderer Einheiten in See, strategischer Seetransport von Personal und Material einschließlich des Ein- und Ausschiffens auch ohne geeignete Hafenanlagen sowie eine See-Basis für Landoperationen listet die niederländische Marine als Besonderheiten der Karel Doorman auf – im gesamten Fähigkeitsspektrum, auch unter Bedrohung.

Dazu gibt es eine grafische Übersicht der Königlichen Marine:

schematische-voorstelling-van-de-verschillende-aspecten-van-het-schipA

Über die Details der geplanten Kooperation gibt’s hoffentlich bald mehr Einzelheiten.

Nachtrag: Durch den Hinweis eines Lesers aus den Niederlanden bin ich auf deutliche und grundsätzliche Kritik an der geplanten Vereinbarung gestoßen. Grundaussage: Die Deutschen profitieren davon mehr als die Niederlande; für die Bundeswehr gibt es zusätzliche amphibische Fähigkeiten, während die niederländischen Streitkräfte eine eingeschränkte Nutzung ihres einzigen Versorgungsschiffes hinnehmen müssen. Die interessante Erläuterung in einem niederländischen Marineforum: Zorgen over Nederlands-Duitse marinesamenwerking die wesentliche Kritik findet sich im unteren Drittel des Eintrags und ist auch ohne Google-Übersetzung recht verständlich…

(Foto oben: Archivbild November 2014: The Royal Netherlands Navy Joint Logistic Support Ship (JSS) Karel Doorman arriving in Freetown, Sierra Leone with a consignment of vehicles to help in the fight against Ebola in the region – Carl Osmond/UK MoD/Crown Copyright/MOD News License via Wikimedia Commons; Grafik: defensie.nl)