EUFOR Libya mit deutscher Beteiligung geplant
Den Beschluss des Europäischen Rates hat hier zu Lande so recht keiner wahrgenommen – vermutlich, weil das Angebot der Europäischen Union im Windschatten des NATO-Engagements über Libyen stattfand. Aber es gibt die erklärte Bereitschaft der EU, die europäische Streitmacht EUFOR Libya zur Unterstützung humanitärer Hilfe einzusetzen, wenn von den Vereinten Nationen die entsprechende Anfrage kommt. Und Deutschland ist nach Informationen von Augen geradeaus! bereit, sich an dieser Truppe zu beteiligen.
(Obwohl: es gibt wohl inzwischen auch Diskussionen, ob eine solche militärisch gesicherte humanitäre Aktion nicht doch unter NATO- statt unter EU-Dach stattfinden sollte. Noch ist also alles im Fluss.)
Aus dem Ratsbeschluss:
Artikel 1
Auftrag
(1) Zur Untermauerung der Mandate der Resolutionen 1970 (2011) und 1973 (2011) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen führt die Union, wenn sie vom Amt der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) darum ersucht wird, im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik eine Militäroperation, im Folgenden „EUFOR Libya“ genannt, zur Unterstützung der humanitären Hilfe in der Region durch. Bei der Operation werden die Leitlinien für den Einsatz von Militär- und Zivilschutzmitteln zur Unterstützung humanitärer Maßnahmen der Vereinten Nationen in komplexen Notsituationen und der Leitfaden für den Einsatz von ausländischen Militärmitteln zur Unterstützung humanitärer Einsätze im Rahmen der derzeitigen Krise in Nordafrika vollständig eingehalten.(2) EUFOR Libya unterstützt, wenn das OCHA darum ersucht, dieses politische Ziel, indem sie unter uneingeschränkter Beachtung der in Absatz 1 genannten Leitlinien und des dort genannten Leitfadens
— einen Beitrag zum sicheren Transport und zur Evakuierung von Vertriebenen leistet,
— die humanitären Hilfsorganisationen durch spezifische Fähigkeiten bei ihrer Arbeit unterstützt.Artikel 2
Ernennung des Befehlshabers der Operation der EU
Konteradmiral Claudio GAUDIOSI wird zum Befehlshaber der Operation der Europäischen Union EUFOR Libya ernannt.Artikel 3
Bestimmung des operativen Hauptquartiers der EU
Das operative Hauptquartier der EUFOR Libya befindet sich in Rom.Artikel 4
Planung und Einleitung der Operation
Der Beschluss zur Einleitung der Militäroperation der Europäischen Union wird vom Rat im Lichte einer aktuellen Risiko- und Bedrohungsanalyse gefasst, nachdem der Operationsplan und die Einsatzregeln gebilligt wurden.
Von deutscher Seite wird wohl geplant, Teile der EU-Battlegroup unter niederländischer Führung dafür abzustellen, für einen robusten Hilfeeinsatz. Heisst im Klartext: Kein Kampfeinsatz, aber schon eine bewaffnete Mission – und damit ist dafür auch ein Bundestagsmandat erforderlich.
Ich suche noch nach dem genauen deutschen Kräftedispositiv in dieser Battlegroup, es handelt sich wohl unter anderem um Führungsunterstützung, Sanität, Feldjäger, Aufklärer und Pioniere – jedenfalls aus Heer, Streitkräftebasis und Sanitätsdienst; dagegen nicht aus Luftwaffe und Marine.
Finnland ist wohl ebenso bereit, seinen Anteil an der Nordic Battlegroup der EU dafür bereit zu stellen.
(Wie sehr es im Moment im Fluss ist, zeigen die diversen anderen Meldungen – wenn es um Marineeinheiten gehen sollte, geht es nicht, s.o. um die EU-Battlegroups…)
“Es geht um einen EU-Ratsbeschluss vom 1. April, mit dem eine gemeinsame europäische Aktion zur Unterstützung und Absicherung humanitärer Hilfeleistung vorgesehen wurde, wenn eine entsprechende Anfrage der UN kommt.”
Das Grundgesetz (“Alle Gewalt geht vom Volke aus”, “Der Bundeskanzler bestimmt die Richtlinien der Politik”) ist in diesen ganz in fremde Hände gelegten Entscheidungsprozess kaum noch wiederzuerkennen.
Was den nicht vorhandenen Bezug eines solchen Einsatzes zu deutschen Interessen angeht, so wurde hier ja schon ausführlich diskutiert.
Regierungsmitglieder jedoch, die deutsche Soldaten ohne Legitimation durch nationale Interessen einsetzen, handeln möglicherweise zum Wohle fremder Völker, haben Ihren Eid ursprünglich aber folgendermaßen geschworen:
“Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden…werde.”
Unsere politische Führung hat jedoch gemäß einem maßgeblichen Grundgesetzkommentar bei einem eventuellen Eidbruch zumindest keine rechtlichen Konsequenzen zu befürchten:
„sämtliche Amtseide, die im deutschen öffentlichen Recht vorgesehen sind…in keiner denkbaren Beziehung strafbewehrt, etwa in dem Sinne, dass eine flagrante Verletzung der im Eid übernommenen Verpflichtungen strafrechtlich als Meineid o. Ä. gewertet würde.“
Was einen möglichen Bruch des Grundgesetzes angeht, so gibt es keinen Richter, wo kein Kläger ist.
Ich glaube, dieser EU-Beschluss ist kaum ohne deutsche Zustimmung im Rat zu Stande gekommen…
@T. Wiegold
Es mir geht um die inhaltliche Legitimation, weniger um die rechtliche.
Die Entscheidung über einen Einsatz der Bundeswehr mit völlig unklarer Perspektive wird hier erneut an irgendwelche Gremien delegiert. Man sagt ja ausdrücklich nicht, dass man dieser oder jener Position ist und daher in diesen Gremien daher eine bestimmte Position vertritt. Man erklärt statt dessen, dass man eigentlich keine eigene Position zu einem Einsatz der eigenen Streitkräfte in einem möglichen Kriegsszenario hat und einen Einsatz ganz vom Willen anderer abhängig macht. Das halte ich für unverantwortlich.
Dazu kommt, dass die deutsche Regierung durch Ihren Eid (wenn auch nicht gesetzesbewehrt) auf die Wahrung nationaler deutscher Interessen verpflichtet ist. Man scheint es aber noch nicht einmal für nötig zu halten, zur Frage deutscher Interessen überhaupt Stellung zu nehmen. Wie dieses Verhalten noch eidkonform sein soll, erschließt sich mir nicht. Solches Verhalten hat Deutschland zudem in zahlreiche sinnlose (UNIFIL, EUFOR RD Congo) oder kontraproduktive (ISAF, KFOR) Einsätze hineingezogen, bei denen schon im Vorfeld vollständig auf jegliches strategische Argument verzichtet wurde.
Ich würde von einer Regierung vor einem Einsatz eine strategische Begründung erwarten, in wiefern dieser Einsatz außen- und sicherheitspolitischen Interessen Deutschlands dienen soll. Bislang habe ich dazu keinen einzigen Satz unserer Regierung gehört.
@Orontes
„irgendein Gremium“ -> Das hören die zuständigen Fachminister der EU-Mitgliedsstaaten sicher nicht so gern.
Jedenfalls setzt sich der Schlingerkurs der Bundesregierung und insbesondere unseres Außenministers fort.
Ein militärisches Eingreifen zunächst aus nationalpazifistischen und innenpolitischen Gründen strikt ablehnen. Hätten die Bündnispartner genauso gehandelt, wäre der Drops seit 3 Wochen gelutscht gewesen. Gadafi hätte die Cyrenaica wiedererobert mit den entsprechenden Konsequenzen für die dortige Zivilbevölkerung.
Nun, nach der faktischen Zweiteilung des Landes, erklärt man sich doch bereit, die – wenn auch bescheidenen – Früchte des Einsatzes der Alliierten zu sichern uns zu schützen. Das alles natürlich unter rein humanitären Gesichtspunkten.
Vielleicht in diesem Zusammenhang noch einmal sehenswert: Der einsame Mahner im amerikanischen Senat 2003, der eine strategische Diskussion vor der Entscheidung zum Krieg vergeblich einforderte.
http://www.youtube.com/watch?v=Ts4FZAsjEhU&feature=related
Auch unsere Regierung hat scheinbar keine Strategie und reagiert nur noch passiv auf Meinungsumfragen.
Nach dem Debakel vor zwei Wochen ist es sehr wohl in deutschem Interesse etwas zu unternehmen um den Schaden einzugrenzen. Auch hat sich die Situation grundlegend geaendert: Herr Westerwelle hat ja nichts mehr zu melden, darf nur noch Aussenminister spielen damit er nicht soooo traurig ist.
@Chris
„“irgendein Gremium” -> Das hören die zuständigen Fachminister der EU-Mitgliedsstaaten sicher nicht so gern.“
Der Bundesregierung scheint tatsächlich egal zu sein, wohinter sie sich verstecken kann. Mal ist es das Völkerrecht, mal die VN, mal sind es EU oder NATO, und manchmal ist die Politik angeblich „alternativlos“. Nie aber hört man von unserer politischen Führung eine saubere strategische Begründung des eigenen Vorgehens. So wie Radioprogramme mittlerweile dadurch „optimiert“ werden, dass sie dem Hörer ein möglichst konturloses Hintergrundrauschen liefern, wird unsere Politik offenbar nur noch von dem Interesse geleitet, möglichst nichts zu entscheiden. Es könnte ja „umstritten“ oder „heikel“ sein. Ich habe persönlich mehrfach erlebt, wie z.B. Entscheidungen in Afghanistan durch die Furcht vor „schlechter“ Presse vor Wahlen diktiert wurden.
Wenn man sich das Statement unseres Außenministers dazu anhört, dann frage ich mich: Warum schickt man die Bundeswehr? Für das, was Herr Westerwelle da beschreibt, würde das Rote Kreuz vollkommen reichen.
Oder belügt Herr Westerwelle etwa das Volk? Will er dem Bürger nicht sagen, dass auch deutsche Soldaten möglicherweise bald in Libyen schießen und kämpfen, wenn das sein muss, um unsere Interessen zu vertreten?
Verlogenes Regierungspack ist noch freundlich ausgedrückt, wenn man die ethisch und moralische Integrität unserer Bundesregierung umschreiben will (dies ist selbstverständlich eine rein subjektive Meinungäußerung von mir).
Von den stets gut informierten Autoren des Friday Lunch Clubs: NATO: ‚800 Boots on the ground‘ in Libya …on a Humanitarian mission!
Der Einsatz wird noch schwachsinniger als UNIFIL und EUFOR RD Congo zusammen.
@Na.Me.Erfoderlich – Nach dem Debakel vor zwei Wochen ist es sehr wohl in deutschem Interesse etwas zu unternehmen um den Schaden einzugrenzen.
Es wird dauernt von „Schaden“ gefaselt.
Wo bitte soll der sein? In den Träumen einiger „Atlantiker“ die um ihre Honigtöpfe bei irgendeinem von Amerikanern bezahlten Verein fürchten? Wessen Interessen verteten die eigentlich? Deutsche Interessen ja wohl offensichtlich nicht.
@b
Der Schaden wurde weniger durch das „was“ sondern durch das „wie“ angerichtet.
Die Ablehnung erfolgte ja nicht wie 2003 wegen völkerrechtlicher und genereller Bedenken, sondern wegen Argumenten die man unschön mit „wir stehen hinter euch, damit ihr die Kugeln abbekommt“ umschreiben könnte.
@Orontes | 07. April 2011 – 18:34
Zitat: „Ich würde von einer Regierung vor einem Einsatz eine strategische Begründung erwarten, …“
Ich auch. Nur, ich glaube darauf werden wir vergeblich warten. Die Entscheidungen dazu werden offenbar nicht von deutschen Politikern gefällt. Und nur die Entscheider können ihre Entscheidung auch begründen.
Ich sage nur: UNGLAUBLICH!
Da wird uns noch vor wenigen Tagen erklärt, weshalb sich deutschland aus einem Libyen-Konflikt heraushält, die NATO erklärt, dass keine Bodentruppen nach Libyen entsandt werden – und nun ?
Alles mündet absehbar in der Stationierung deutscher Soldaten in Libyen. Wahrscheinlich auch noch mit den „kostengünstigen“ Serviceleistungen Sanität und Logistik.
Ihr Politiker – sagt mal wo lebt ihr eigentlich ? Hat von euch jemand verstanden, dass:
Politik (von griech. Polis, Stadt) ist eine kombinierte, geplante und auf längerfristige Wirkung angelegte Kombination von Verhaltensweisen (bzw. Verhaltensregeln) zwischen zwei oder mehr Partnern, die sich in einer gemeinsamen (Um-)Welt befinden. Politik ist Ausdruck einer formgebenden Instanz im Rahmen von sozialer Organisation.
Politik sind kurz gesagt alle Maßnahmen, die sich auf die Führung und Gestaltung einer Gemeinschaft, eines Staates beziehen.
Aber, aber meine Herren. Wozu die Aufregung? Die Bundeswehr soll in Libyen doch nur tun, was sie auch in Afghanistan schon getan hat: Brunnen bohren und Schulen bauen und ansonsten: WAVE AND SMILE :-)
Die sollten den blauen Helmbezug gleich einpacken. Vielleicht gibt es ein entsprechendes Mandat der UN, bis die vor Ort sind.
@ Sun Tzu:
„…Oder belügt Herr Westerwelle etwa das Volk? Will er dem Bürger nicht sagen, dass auch deutsche Soldaten möglicherweise bald in Libyen schießen und kämpfen, wenn das sein muss, um unsere Interessen zu vertreten? …“
Wenn der deutsche Michel ansatzweise logisch denken würde wäre klar, daß ein bewaffneter Einsatz u.U. auch einen Waffeneinsatz zur Folge haben kann. Dann würde in den Printmedien (z.B. WELT) bei Schußwechseln nicht etwas von „erste Opfer des Einsatzes“ gefaselt, wenn Angreifer erschossen werden (und auch positive Resonanz auf solche Berichterstattungen erfahren!). Wenigstens wird auf militärischer Seite mittlerweile keinem mehr automatisch versucht einen Strick zu drehen wenn der Soldat seine Waffen eingesetzt hat.
Natürlich ist da wieder Weichspülrhetorik im Spiel, aber das ist doch normal. Wobei mir die Interessen, aufgrund denen geschossen würde, noch nicht klar sind (außer Selbstverteidigung bzw. Nothilfe).
Abgesehen davon bin ich mal gespannt, wie die hohen Herren denn Gedenken dies personell und materiell zu leisten. Wenn ich höre daß mit SaZ12 für Msch u.Ä. geworben wird ist die Marschrichtung klar, nämlich Torschlusspanik. Und einfach mal Fahrzeuge aus einem Einsatzgebiet abziehen und woanders einsetzen geht momentan auch nicht wie vor ca. einem Jahr (Dingos von KFOR zu ISAF).
Kann jemand sagen, welche deutschen Kräfte genau dieser sagenumwobenen, noch nie im Einsatz befindlich gewesenenen EU battle group angehören?
@LTC007
Die für die Battlegroups gemeldeten Kräfte wechseln ja halbjährlich (wie bei der ebenfalls sagenumwobenen NATO Response Force). Und noch bin ich am Suchen, wie der aktuell angezeigte deutsche Anteil im Detail aussieht, runtergebrochen auf konkrete Einheiten…
Nur kurz im Internet gefunden:
NL (Leadnation): Aufklärer, Masse des InfBtl(LL)
Öst: 1 InfKp auf TPz
Fin: SOF
De: Pioniere (laut Bildern PzPiBtl 701), San, Log, OpFüh (KdoOpFühEingrK Ulm) sowie als HQ Potsdam
Ohne jede Gewähr.
@Tim292
OHQ soll ja laut Ratsbeschluss (s.o.) Rom werden. Die anderen Teile scheinen möglich, suche da allerdings noch nach detaillierteren Angaben.
@all
Eine Befürwortung eines solchen Einsatzes hätte ich hier so nicht erwartet.
@T. Wiegold
„Eine Befürwortung eines solchen Einsatzes hätte ich hier so nicht erwartet.“
Die „taz“ ist keinesfalls pazifistisch. Früher gab es z.B. Kampagnen wie „Waffen für El Salvador“. Kommunistische Guerillas genossen stets die uneingeschränkte Solidarität der Redaktion. Pazifistisch argumentierte man immer nur, wenn man befürchtete, dass Militär zur Wahrung deutscher Interessen eingesetzt werden könnte, z.B. zur Abwehr eines Angriffs des Ostblocks. Dass die „taz“ für einen Libyen-Einsatz ist bedeutet, dass die Redaktion davon überzeugt ist, dass dieser keinen Bezug zu deutschen Interessen hat, sonst wäre man dagegen.
Aber da die Grünen und ihr Umfeld ja politisch mittlerweile als Maß aller Dinge gelten, wird es die CDU und FDP sicherlich freuen, ihren Kurs auch in diesem Fall aus jenem Lager bestätigt zu bekommen.
Wobei es bestimmt bald Kritik am „humanitären“ Einsatz geben wird, z.B. weil dieser die Rechte der hundertausenden MigrantInnen in Libyen nicht ausreichend schützt, denen man bislang die Weiterreise nach Europa böswillig erschwert hat. Der „humanitäre“ Gedanke wäre doch erst dann ernsthaft verwirklicht, wenn die Bundeswehr eine Luftbrücke zu deren Verbringung nach Deutschland einrichten würde.
@orontes et al
Es ist schon erstaunlich mit welcher Leichtfertigkeit Sie den Vorwurf des Landesverrats (…Handlen zum Wohl fremder Völker…) erheben. Einwände gegen Ihre verengte Sichtweise tun Sie mit dem Hinweis ab, es gehe um Inhalte nicht um rechtliche(!) Formalien.
Früher hätte man gesagt: ……denken drücken sprechen
@JeffCostello
„Es ist schon erstaunlich mit welcher Leichtfertigkeit Sie den Vorwurf des Landesverrats (…Handlen zum Wohl fremder Völker…) erheben. “
Dann widerlegen Sie meinen Vorwurf doch einfach. Den Vorwurf des „Landesverrats“ habe ich übrigens nicht erhoben, er würde auch nicht passen, siehe http://dejure.org/gesetze/StGB/94.html.
Vielleicht können Sie mir erklären, welchen deutschen Interessen durch einen Libyen-Einsatz gedient wäre.
Noch ein Nachtrag: Die Grünen standen Gaddafi recht positiv gegenüber, als dieser noch Linksterroristen bei Anschlägen u.a. gegen deutsche Interessen unterstützte.
Die „taz“ berichtete damals über einen Besuch einer Delegation Grüner und und anderer Sympathisanten bei Gaddafi (Zitat beim Spiegel von 1982):
„“Ehrfürchtig betreten wir einer nach dem anderen das Zelt“…Der „Beduinensohn mit den tollen braunen Augen“, so die „taz“, strahlt „eine zeremonielle Würde aus, bedächtig und hoheitsvoll sind seine Gebärden“.“
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-14340873.html
Das Menschenrechtsthema wurde erst entdeckt, als Gaddafi begann, mit dem Westen zu kooperieren.
@ Orontes:
Linke haben halt Werte die sie verraten können. ;)
(Welche Aussagekraft eine dreißig Jahre alte Episode hat sei mal dahingestellt…)
Oh weh. Jetzt bestimmte politische Richtungen, die einem nicht gefallen, vor dem Hingergrund der Geschichte zu bashen, bringt uns hier nicht wirklich weiter.
„Schuld daran ist nur die SPD….“
Naja, aber es ist schon erstaunlich daß man zuerst alles strikt ablehnt weil zu riskant und dann gleich Bodentruppen hinschicken will, wenn auch nur Unterstützer in „humanitärer“ Mission.
Aber im Prinzip scheint ja heute außer einem nuklearen Erstschlag jede Art von militäreinsatz humanitär zu sein.
Ich hätte die mittlerweile zum Parteienkonsens gewordene ursprünglich Grüne Position, Außen- und Sicherheitspolitik primär als moralisches Thema zu betrachten (wobei hier eine ganz bestimmte, nationale Interessen negierende altruistische Moral gemeint ist), für diskussionswürdig gehalten. Diese Wahrnehmung von Politik liegt m.E. nämlich dem Zustand zugrunde, der aktuell zu beobachten ist. Man will an einem Einsatz teilnehmen, ohne dass die folgenden Fragen angesprochen und beantwortet wurden:
– Welche außen- und sicherheitspolitischen Interessen verfolgt Deutschland in Libyen
– Wie stehen die Kräfte in der innerlibyschen Konfrontation deutschen Interessen gegenüber
– Wie lassen sich deutsche Interessen in dieser Situation optimal wahren
– Welche Auswirkungen haben Luftangriffe auf libysische Regierungskräfte auf deutsche Interessen
– Welche Vorgehensweise verfolgt man, falls Gaddafi nicht wie erwartet rasch gestürzt wird oder zurücktritt
– Wie wahrscheinlich ist es, dass sich die Aufstandsbewegung mit und ohne Luftangriffen durchsetzen kann
– Was soll der Auftrag von EUFOR Libyen sein bzw. wo sind seine Grenzen und Schwerpunkte
– Wie stehen die Konfliktparteien diesem Auftrag gegenüber
– Welche militärischen Ziele sollen erreicht werden
– Wie sind diese Ziele mit strategischen Zielen verknüpft
– Wie wird der Gegner sich verhalten? Wie wird er gegen EUFOR vorgehen, wie kann EUFOR darauf reagieren?
– Welche möglichen Szenare gibt es für den Verlauf der Mission, und wie kann darauf reagiert werden
– etc etc.
Ich sehe momentan keine Diskussion zu einer dieser zentralen Fragen. Es geht nur „Humanität“, „Menschenrechte“ und ähnliche leeren Floskeln, von denen sich leider immer noch große Teile der Öffentlichkeit (und auch der Führung?) offenbar den Verstand rauben lassen.
Die aktuelle Situation (Gaddafi bleibt trotz Aufstandsbewegung und Luftangriffen an der Macht) wurde in der Diskussion hier ja schon unmittelbar zu Beginn der Intervention angesprochen. Man muss kein strategisches Genie sein, um nach einem Kräftevergleich (auf Grundlage lückenhafter Information) zu der Schlussfolgerung zu kommen, dass sich die Aufständischen auch mit Luftangriffen kaum militärisch durchsetzen können. Es wurde aber bewusst keine strategische Diskussion geführt, weshalb die ursprüngliche Intervention schon jetzt gescheitert ist. Warum diesem Fehler jetzt einen weiteren, möglicherweise gravierenderen hinzufügen?
@ Orontes
Naja, die beiden Kategorien wären hier „Ethik“ (aka „universelle Moral“) und „Eigennutz“ (aka „nationale Interessen“).
Gleichgültig für wie man die persönlich gewichtet oder für wie vereinbar man die hält: Die von Ihnen angerissenen Fragen stellen sich bei beiden. Wenn man es denn ernst meint.
Und da ist man doch auch schon bei der Krux der ganzen Sache:
Der deutschen Regierung scheint Libyen und die Libyer an sich ziemlich egal. Die einzigen Interessen die von der Regierung verfolgt werden sind Akzeptanz in der deutschen Bevölkerung und Akzeptanz bei den Bündnispartnern.
Die Interessen sind nicht gestalterischer, sondern opportunistischer Natur. Ansehensverluste vermeiden, Weg des kleinsten Widerstands etc.
Das spiegelt sich dann auch in den Maßnahmen wieder: „Dabei sein ist alles. Aber bitte nicht so, dass es anstrengt.“
Mit Ethik hat das nicht viel zu tun.
@Orontes.
Man darf das nach außen kommunizierte nicht mit den tatsächlichen Überlegungen verwechseln.
Nach außen wurde JEDER Krieg seit Caesar mit moralischen Erwägungen begründet. Von jeder Seite.
Das haben die Grünen nicht erfunden.
@JCR
„Man darf das nach außen kommunizierte nicht mit den tatsächlichen Überlegungen verwechseln.“
Schon klar, aber welche sicherheitspolitisch sinnvollen „tatsächlichen Überlegungen“ sprechen für einen Libyen-Einsatz? Die „tatsächlichen Überlegungen“ scheinen rein opportunistischer Art zu sein.
Stimmt
aber das kann man dem gesamten Einsatz vorwerfen.
Ich meine bis auf die Tatsache, daß ein stinksaurer Ghadafi nach einem Sieg nicht schön wäre für die EU hat Sarkozy das Ganze ja anscheinend vor allem aus moralischen Gründen, von seinen eigenen Neocons animiert (Levy usw, die nouvelle philosophie) angezettelt.
Clausewitzianisch ist die ganze Operation von vorne herein definitv nicht :P
@ JCR
Es kann aber sich auch so verhalten, dass Clausewitz „diese Art von Krieg“ nicht vorrangig im Auge hatte, als er sich mit der Natur und dem Wesen des Krieges, zum damaligen Zeitpunkt, befasste. Von daher ist Ihre Einschätzung, bezogen auf den berühmten Herrn, richtig