Sammler – USA/Russland/Ukraine: Nach dem Videogespräch Biden/Putin (Neufassung)
Nun hat es stattgefunden, das Videogespräch zwischen US-Präsident Joe Biden und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, bei dem die Ukraine und eine mögliche russische militärische Bedrohung einen großen Teil eingenommen haben dürften. Die inhaltlichen Informationen nach dem Gespräch am (heutigen) Dienstagnachmittag sind noch spärlich; der Sammler dazu:
President Joseph R. Biden, Jr. held a secure video call today with President Vladimir Putin of Russia to discuss a range of issues on the U.S.-Russia agenda. President Biden voiced the deep concerns of the United States and our European Allies about Russia’s escalation of forces surrounding Ukraine and made clear that the U.S. and our Allies would respond with strong economic and other measures in the event of military escalation. President Biden reiterated his support for Ukraine’s sovereignty and territorial integrity and called for de-escalation and a return to diplomacy. The two presidents tasked their teams to follow up, and the U.S. will do so in close coordination with allies and partners. The presidents also discussed the U.S.-Russia dialogue on Strategic Stability, a separate dialogue on ransomware, as well as joint work on regional issues such as Iran.
Der Kreml veröffentlichte zunächst nur einen knappen Hinweis auf das Gespräch, dann aber eine ausführliche Zusammenfassung:
Treffen mit US-Präsident Joseph Biden
Wladimir Putin hatte eine lange Videokonferenz mit US-Präsident Joseph Biden.
Sie sprachen insbesondere über die Umsetzung der Ergebnisse des russisch-amerikanischen Gipfels, der im Juni 2021 in Genf stattfand. Sie wiesen darauf hin, wie wichtig die konsequente Umsetzung der auf dem Gipfel getroffenen Vereinbarungen und die Beibehaltung des „Genfer Geistes“ bei der Behandlung der bilateralen Beziehungen und anderer neuer Themen zwischen Russland und den USA sind.
Die Präsidenten erinnerten an das Bündnis zwischen den beiden Ländern während des Zweiten Weltkriegs. Sie betonten, dass die damals erbrachten Opfer nicht in Vergessenheit geraten dürfen und dass das Bündnis selbst als Beispiel für den Aufbau von Kontakten und die Zusammenarbeit in der heutigen Realität dienen sollte.
Die Ukraine-Krise und die mangelnden Fortschritte bei der Umsetzung der Minsker Vereinbarungen von 2015, die die einzige Grundlage für eine friedliche Beilegung darstellen, dominierten die Diskussion. Der russische Präsident veranschaulichte anhand konkreter Beispiele die destruktive Politik Kiews, die auf die vollständige Demontage der Minsker Vereinbarungen und der im Normandie-Format getroffenen Vereinbarungen abzielt, und äußerte seine ernste Besorgnis über die provokativen Aktionen Kiews im Donbass.
Joseph Biden betonte seinerseits den angeblich „bedrohlichen“ Charakter der russischen Truppenbewegungen in der Nähe der ukrainischen Grenzen und skizzierte Sanktionsmaßnahmen, die die USA und ihre Verbündeten im Falle einer weiteren Eskalation der Situation anzuwenden bereit wären.
Wladimir Putin betonte in seiner Antwort, dass die Verantwortung nicht auf Russland abgewälzt werden dürfe, da die NATO gefährliche Versuche unternehme, ukrainisches Territorium zu erschließen und die militärischen Kapazitäten in der Nähe unserer Grenzen auszubauen. Russland ist daher ernsthaft daran interessiert, verlässliche, rechtsverbindliche Garantien zu erhalten, die eine Osterweiterung der NATO und die Stationierung offensiver Waffensysteme in den Nachbarländern Russlands ausschließen.
Die Staats- und Regierungschefs kamen überein, ihre Vertreter anzuweisen, substanzielle Konsultationen zu diesen sensiblen Themen aufzunehmen.
Bei einem Meinungsaustausch über die Informationssicherheit wurde von beiden Seiten die Bedeutung des laufenden aktiven Dialogs zu diesem Thema betont. Es wurde die Bereitschaft geäußert, die praktische Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Cyberkriminalität im strafrechtlichen und technischen Bereich fortzusetzen.
Sie erörterten die Situation im Zusammenhang mit dem Gemeinsamen Umfassenden Aktionsplan zum iranischen Atomprogramm. Der russische Präsident wies darauf hin, wie wichtig die vollständige Umsetzung innerhalb des ursprünglich vereinbarten Rahmens ist. Die Staats- und Regierungschefs äußerten die Hoffnung, dass die Ende November in Wien wieder aufgenommenen Gespräche zu diesem Thema konstruktiv verlaufen und für alle Beteiligten annehmbare Lösungen ermöglichen werden.
Es wurden bilaterale Fragen erörtert. Es wurde festgestellt, dass die Zusammenarbeit immer noch nicht zufriedenstellend ist. Dies zeigt sich insbesondere an den Schwierigkeiten, die die „verkürzten“ Missionen beider Länder bei ihrer Arbeit haben. Wladimir Putin betonte, dies sei das Ergebnis der Politik der US-Regierung, die vor fünf Jahren mit weitreichenden Restriktionen, Verboten und Massenausweisungen russischer Diplomaten begonnen habe, worauf wir gezwungen seien, in gleicher Weise zu reagieren. Die russische Seite hat vorgeschlagen, alle aufgelaufenen Beschränkungen für die Arbeit der diplomatischen Vertretungen aufzuheben, was auch zur Normalisierung anderer Aspekte der bilateralen Beziehungen beitragen könnte.
Die Präsidenten äußerten die Ansicht, dass Russland und die USA angesichts ihrer besonderen Verantwortung für die Aufrechterhaltung der internationalen Sicherheit und Stabilität den Dialog und die notwendigen Kontakte fortsetzen werden.
Insgesamt war das Gespräch offen und sachlich.
(Übersetzt mit www.DeepL.com)
Nach dem Gespräch gab es offensichtlich ein Briefing von Bidens nationalem Sicherheitsberater Jake Sullivan, über das US-Journalisten via Twitter berichten:
In the call, @POTUS told Putin US would respond with „strong economic measures“ and provide additional defensive materiel to Kyiv if #Russia further invades #Ukraine, @JakeSullivan46 tells reporters. pic.twitter.com/5JVzJcHdqa
— Steve Herman (@W7VOA) December 7, 2021
Potentially additional deployments of US forces to @NATO allies if #Russia further invades #Ukraine, confirms @JakeSullivan46.
— Steve Herman (@W7VOA) December 7, 2021
Happening now: @POTUS told #Russia’s Vladimir Putin „that if Russia further invades #Ukraine, the United States & our European allies would respond w/strong economic measures“ per @WHNSC’s @JakeSullivan46 briefing reporters
— Jeff Seldin (@jseldin) December 7, 2021
More: „We would provide additional defensive materiel to the #Ukrainians above & beyond which are already proving“ per @JakeSullivan46 „And we would fortify our @NATO allies on the Eastern flank w/additional capabilities“
— Jeff Seldin (@jseldin) December 7, 2021
Nachtrag: zu der angekündigten Videokonferenz Bidens mit europäischen Verbündeten gab es zunächst nur eine knappe Mitteilung des Weißen Hauses:
President Biden briefed leaders on his call with President Putin, in which he discussed the serious consequences of Russian military action in Ukraine and the need to de-escalate and return to diplomacy. The leaders underscored their support for Ukraine’s sovereignty and territorial integrity, as well as the need for Russia to reduce tensions and engage in diplomacy. They agreed their teams will stay in close touch, including in consultation with NATO allies and EU partners, on a coordinated and comprehensive approach.
Eine Mitteilung der Bundesregierung gab es zunächst nicht.
(Vom Kreml veröffentlichtes Foto der Videkonferenz Putins mit Biden)
Putn will „verlässliche Garantien“ für Russland. Aus dem Munde dieses Mannes wirkt der Begriff „verlässliche Garantien“ absurd.
Die Ukraine hatte vermeintlich rechtssichere Abkommen mit Russland bezüglich seiner Grenzen. Nicht nur das Budapester Abkommen, in welchem u.a. der Ukraine Souveränität und die Achtung bestehenden Grenzen versprochen wurde, auch bilaterale Grenzverträge Russland-Ukraine wurden von Putin missachtet.
@terischultz
„If Putin wants to see gas flow through that [Nordstream2] pipeline he may not want to invade Ukraine,“ US NatSec advisor Jake Sullivan says after the Biden-Putin call.
Sullivan says the US has had „intensive discussions“ on this with the outgoing & incoming German governments.
@TadeuszGiczan
Biden didn’t promise Putin that Ukraine wouldn’t join NATO; US is ready to provide military assistance to PL, LT, LV, EE and RO in the event of an escalation in Ukraine; Putin was told no one has the right to dictate to NATO who shouldn’t be admitted to the alliance – WH briefing.
Scholz hatte heute nach Unterzeichnung des KoaVertr in der PK die Bedeutung der DEU Einbindung in die NATO sowie des Verhältnisses zu den USA als wesentlich für seine Koalition benannt.
Er wird morgen Mittag Kanzler sein, es kann sein erster High Noon werden. Keine 100 Tage Aufwärmphase, dafür sind sofort 100% Energie erforderlich.
Es steht für die junge Bundesregierung eine richtungsweisende Entscheidung in Bezug auf Bündnissolidarität einerseits aber eben auch eigenständige DEU Außenpolitik an.
Ohne Polemik, Frau Baerbock sollte rasch erkennen, in ja, brutaler Realpolitk wird kaum Raum für feministisch/ökologische Außenpolitik gefunden.
[Ohne Polemik: Baerbock kann man kaum die von Ihnen angedeutete Realitsschwäche vorwerfen, und ich bitte einfach mal darum, die politischen Beißreflexe nicht mit Sachthemen zu verknüpfen. T.W.]
@ KPK
Ihre Aussagen zur künftigen Außenministerin sind wirklich etwas hinterwäldlerisch…
1. Wodurch entstehen denn künftig die meisten internationalen Spannungen? Durch Umweltprobleme.
2. Schauen Sie sich einmal an, was sie studiert hat. Es könnte tatsächlich passieren, dass wir eine Außenministerin bekommen, die sich mit mit internationalen Themen auskennt…Das wäre doch mal etwas Neues…
3. Frau Baerbock vertritt im Übrigen ganz klar die Position einer Stärkung Europas und nicht Deutschlands im Alleingang, was Ihnen vermutlich nicht gefallen dürfte, wenn ich Ihre Posts der letzten Zeit richtig im Hinterkopf habe.. ;-)
@ Hohenstaufen
Ich kann die Forderung Russlands, dass die NATO sich nicht weiter nach Osten ausbreiten darf, absolut nachvollziehen.
@KPK
Frau Baerbock ist aussenpolitisch alles andere als eine pazifistische Frohnatur. Wenn es überhaupt einen deutschen Politiker gibt der sowas wie Feindschaft pflegt dann Frau Baerbock und zwar gegenüber Autokraten, Kleptokraten und Menschenrechtsverletzern. Und daraus hat sie bisher nie einen Hehl gemacht.
Inwiefern sie das im Kabinett Scholz allerdings ausspielen wird, das wage ich nicht zu beurteilen. Der SPD sagt man rußlandfreundliche Stimmung nach aber diese Aussagen basieren alle auf Ereignissen die sich vor der Krim-Annektion abgespielt haben.
Mit anderen Worten: Wir leben in interessanten Zeiten.
@ Der Realist, 08.12.2021 um 0:30 Uhr
Sorry, aber da gehen Sie schon dem russischen Narrativ auf den Leim. Nicht die NATO breitet sich aus, sondern souveräne Staaten treten dem Bündnis bei.
@Der Realist:
Ich kan Russlands Wunsch hinsichtlich der einer nicht weitergehenden Ausdehnung der NATO gen Osten auch verstehen.
Allerdings kann ich auch all die Staaten verstehen die, aufgrund der recht aggressiven russischen Außenpolitik und der Missachtung staatlicher Souveränitäten durch Russland das Bedrüfnis haben sich einem Verteidigungsbündins anzuschließen.
Es ist eine Form der Henne-Ei-Thematik. Erst wenn beide Seiten erkennen das ihre jeweiligen „Schutzhandlungen“ die Handlungen des jeweilig anderen anfeuern wird Entspannung einkehren.
@all
Den Versuch, das hier zur Debatte über den OT umzufunktionieren „was macht die neue Außenministerin Baerbock alles falsch, schon bevor sie auch nur das Amt angetreten hat“ stoppe ich jetzt mal recht rigoros.
@ GolfEch83
Da gebe ich Ihnen Recht.
Und darum hilft aktuell nur Diplomatie.
Nochmal ganz genau.
Beide Seiten berichten aus dem Gespräch übereinstimmend: Biden habe Putin Konsequenzen angekündigt wenn … X“.
Soweit ich die deutschen Medien verfolge, wird für X übereinstimmend eine „Invasion in die Ukraine“ unterstellt. Die Vorstellung ist: 100.000 russische Soldaten fluten mit Panzern die Ukraine.
Das Journalisten Briefing der US-Seite sagt aber etwas anderes. Demnach sind die Reaktionen, inclusive. Sanktionen, angedroht worden für „if Russia further invades #Ukraine“ – Betonung auf FURTHER.
Was heisst das?
Ich vermute, damit ist NICHT gemeint, dass Russland nun offiziell Truppen verlegt in die Rebellengebiete (im völkerrechtlichen Sinne wäre das ein „Einmarsch in die Ukraine“).
Insofern liegt hier ein Missverständnis vor: Die Medien in Deutschland kommunizieren nicht präzise, für welche Art von militärischer Eskalation die Sanktionen angedroht sind. Bzw. anders herum: Biden hat Putin in dem Telefonat, nach Auskunft seines Sicherheitsberaters, einen Spielraum gelassen, in dem er in ukrainisches Gebiert seine Truppen einmarschieren lassen darf, ohne Gefahr zu laufen, dass die angedrohten Sanktionen fällig werden.
Kann man das so verstehen, die Situation?
Fußgänger schreibt: Sorry, aber da gehen Sie schon dem russischen Narrativ auf den Leim. Nicht die NATO breitet sich aus, sondern souveräne Staaten treten dem Bündnis bei.
Als 1962 die UdSSR auf Wunsch des souveränen Kuba Mittelstreckenraketen auf der Insel stationieren wollte, kam es zur Kubakrise. Die Welt geriet an den Rand eines Atomkriegs.
Wikipedia schreibt: „Meldungen von umfassenden neuen Waffenlieferungen nach Kuba verbreiteten sich in Washington, D.C.; die Militärs wurden ungeduldig. Eine Seeblockade hielten die US-Generäle für zu schwach: Man müsse sofort mit Luftangriffen und anschließender Invasion handeln. Air-Force-General Curtis E. LeMay drängte auf einen Angriff: „Der rote Hund gräbt im Hinterhof der USA und muss dafür bestraft werden.“ … Im Verlauf der Gespräche im ExComm zog John F. Kennedy eine Seeblockade vor.“
Seit 60 Jahren gibt es eine Wirtschaftsblockade der USA gegen Kuba, die von der UN-Vollversammlung immer wieder gegen wenige Stimmen verurteilt wird. Ist es nicht völlig realitätsfremd, von Russland etwas zu erwarten, wozu die USA nie und nimmer bereit wären, es zu dulden? Raketen im „Hinterhof“?
Und wieso hat Genscher seinerzeit zugesagt, die NATO werde sich nicht nach Osten ausdehnen?
Wir erleben aktuell ein Stück Realpolitik, in dem Verträge eben nur so lange etwas wert sind, wie ihre Einhaltung von beiderseitigem Vorteil sind und in letzter Konsequenz nationale Egoismen und das Recht des Stärkeren gelten. Vor allem dann, wenn eine Seite die eigenen Sicherheitsinteressen massiv bedroht sind.
Fakt ist, das sowohl die USA als auch Russland keinerlei Rücksicht nehmen auf internationale Abkommen und Verträge, wenn sie ihre Interessen durchsetzen wollen oder ihre Interessen gefährdet sind. Beispiele für entsprechendes Verhalten der USA gibt es reichlich (von Vietnam bis Syrien). Wenn die russische Regierung sich genauso verhält ist das natürlich genauso schlecht.
Fakt ist, dass einer russischen Regierung mal versprochen wurde, dass die NATO sich niemals weiter nach Osten ausdehnen würde. Natürlich hätte die russische Föderation sich das besser schriftlich geben lassen. Aber die russische Föderation war halt, nach dem Zerfall des Warschauer Pakts, geschwächt. Das Versprechen wurde in der Folge durch die Aufnahme ehemaliger Ostblockstaaten mehrfach gebrochen.
Das Verhalten der USA und der NATO wird von russischer Seite als bedrohlich wahr genommen. Ob das stimmt oder nicht spielt keine Rolle. Menschen reagieren eben nicht logisch.
Putins Forderung nach rechtsverbindlichen Zusagen und Verträgen ist angesichts der langen Liste gebrochener Versprechen und der einseitigen Kündigung von rechtsverbindlichen Verträgen durch die USA absolut nachvollziehbar.
Mir würden solche Zusagen auch nicht reichen. Angesichts der Leichtigkeit, mit der die USA und eine Reihe von NATO Mitgliedern internationales Recht gebrochen haben und immer noch brechen (Überfall auf den Irak, Einmischungen in die inneren Angelegenheiten von Libyen und Syrien, Besetzung syrischen Territorieums) würde ich Versprecungen und Verträgen mit den USA und NATO Staaten gar nicht mehr trauen.
Ich würde Fakten schaffen. Die Armee in die Ukraine schicken und am Dnjepr für eine inner-ukrainische Grenze sorgen. Wenn es gut läuft könnten die Truppen noch Odessa mit einsacken und einen Korridor bis Transnistrien schaffen. Die W(R)estukraine verliert dann den Zugang zum Schwarzen Meer. Ich würde keines dieser Gebiete annektieren, sondern sondern dafür sorgen, das dort lauter ‚unabhängige‘ Staaten nach dem Vorbild von Abchasien entstehen. Zwergstaaten, in denen lupenreine Demokraten nach dem Vorbild Lukaschenkas dafür sogen, dass diese Gebiete nie, niemals nie der NATO oder der EU beitreten werden. Ob diese Staaten jemals internationale Anerkennung erhalten wäre mir auch völlig egal. Das nennt man die normative Kraft des Faktischen.
Die UN, die EU und die NATO werden laut zeternd zuschauen aber letztendlich nichts tun. Die EU und NATO können dann den Rest gern haben.
Der EU wird dabei die Rolle zukommen, diesen reinen Agrarstaat mit einem Korruptionsniveau höher als Griechenland auf alle Ewigkeiten zu subventionieren. Darauf wird man sich auch riesig freuen, weil die EU ja auch jetzt schon ihre Agrarüberschüsse subventioniert ins Ausland verschleudert. Allerdings wäre die Subventionierung eines wirtschafliich eigentlich nicht lebensfähigen Konstrukts für die EU keine grundsätzlich neue Erfahrung. Dazu muss man nur mal einen Blick auf den Kossovo werfen.
@Oekonom
[blockquote] Demnach sind die Reaktionen, inclusive. Sanktionen, angedroht worden für „if Russia further invades #Ukraine“ – Betonung auf FURTHER. […] Biden hat Putin in dem Telefonat, nach Auskunft seines Sicherheitsberaters, einen Spielraum gelassen, in dem er in ukrainisches Gebiert seine Truppen einmarschieren lassen darf, ohne Gefahr zu laufen, dass die angedrohten Sanktionen fällig werden. Kann man das so verstehen, die Situation? [/blockquote]
Nein, kann man nicht, darf man nicht und wird man auch in Moskau nicht so verstehen, Vielmehr impliziert „further“ eine Vergangenheit, in der „Russia already has invaded Ukraine“ (Krim und Ostukraine). Biden will nicht den Anschein erwecken, dass bisher noch keine Invasion stattgefunden hat. Damit tut er alles andere, als einen Spielraum für eine „weitere“ Invasion zu schaffen.
@ Panikovski
merci – ja so liegt es eigentlich nahe, es professionell zu verstehen.
Zum Thema NATO Osterweiterung und Zusagen an Russland:
Kann jemand mit Details untermauern, WELCHE Zusagen WANN und von WEM getroffen wurde?
Fakten zu dem Thema hat die Tagesschau letzte Woche zusammengestellt: https://www.tagesschau.de/faktenfinder/nato-erweiterung-mittel-ost-europa-101.html
Hier ein Auszug daraus (@T.W. falls zu lang, bitte entfernen):
‚Gorbatschow selbst zitierte mehrfach die Worte, wonach sich die NATO keinen Zentimeter nach Osten bewegen würde, so auch in einem Interview mit der „Bild“ im Jahr 2009. Fünf Jahre später sagte er im ZDF jedoch, es sei 1990 um das Territorium der DDR gegangen. Eine NATO-Expansion sei damals nicht diskutiert worden: „Der Warschauer Pakt existierte doch noch. Die Frage stellte sich damals gar nicht.“ Es sei ein Mythos, dass er vom Westen betrogen worden sei.‘
@Paulinesse:
Ich verstehe Ihren Hinweis auf die Kubakrise und „was die USA in ihrem Hinterhof niemals dulden würde“ nicht.
Es sind doch längst atomwaffenfähige Iskander in der Exklave Kaliningrad stationiert. Und siehe da, die sind im Moment überhaupt nicht das Thema. Es geht im Moment um einen massiven russischen Aufmarsch an der Grenze zur Ukraine mit unklaren Absichten, und darum, dass gewaltsame Grenzverschiebungen in Europa eigentlich Geschichte sein sollten.
Also?
@Schlammstampfer, 08.12.2021 um 16:14 Uhr:
„Putins Forderung nach rechtsverbindlichen Zusagen und Verträgen ist angesichts der langen Liste gebrochener Versprechen und der einseitigen Kündigung von rechtsverbindlichen Verträgen durch die USA absolut nachvollziehbar.“
Das widerspricht sich – welchen Sinn sollte eine rechtsverbindliche Zusage haben, wenn angeblich alle bisherigen rechtsverbindlichen Zusagen gebrochen wurden?
Die hier unter einigen Kommentatoren vorherrschende, weitgehend kritiklose Akzeptanz der Haltung Russlands überrascht mich immer wieder, reduziert sie doch Anrainerstaaten wie die Ukraine, Georgien, usw. und deren Bevölkerung auf die Rolle von unbedeutenden Statisten, die sich gefälligst dem Willen des benachbarten großen Zampano unterzuordnen haben, ansonsten werden sie halt kujoniert.
Wenn das im deutschen sicherheitspolitischen Feuilleton mehrheitsfähig sein sollte, haben wir als Nation nichts aus dem 2. Weltkrieg und dem nachfolgenden kalten Krieg gelernt.
Und bevor jetzt wieder die alte Leier mit der von den USA in der westlichen Hemisphäre im Wesentlichen nicht minder strikt gehandhabten Monroe-Doktrin kommt, ja, dort war/ist das genauso Sch…; aber Whataboutism macht das derzeitige Verhalten Russlands nicht ein Deut besser!
Hoffentlich nicht OT, aber für die Bewertung des Gesamkontextes habe ich mir noch einmal den von Putin im Sommer veröffentlichten Aufsatz vergegenwärtigt, in dem er ja implizit zu dem Schluss kommt, dass Russland und die Ukraine ein Volk / ein Land seien. Zusätzlich hat Putin später in einem Interview ergänzt, dass aus der Ukraine gegenwärtig von außen ein „Anti-Russland“ geformt würde.
Folgt daraus nicht, dass die von Putin geforderten Sicherheitsgarantien nur ein erster Schritt zu einer Wiedereingliederung der Ukraine in die RF sind – die wie auch immer geartete Westintegration wird gestoppt inklusive der militärischen Zusammenarbeit, um die Ukraine oder zumindest den Teil östlich des Dnepr zu einem späteren Zeitpunkt okkupieren zu können, da weiterhin schwach? Im Grunde erinnert mich der besagte Aufsatz an das Taiwan-Narrativ der chinesischen KP. Die in wenigen Jahren möglicherweise anstehende Okkupation Taiwans könnte doch genau der Moment des Handelns für Russland sein – und bis dahin muss ein für Russland günstiger Zustand der Ukraine erhalten und der militärische „Zugriff“ geübt werden?
@Fussgaenger sagt:
09.12.2021 um 9:39 Uhr
Sie haben es erfasst: das Wesen von guter Propaganda ist die Betonung von vordergründig nachvollziehbaren und begründeten Aussagen, die aber in Wahrheit widersprüchlich und inkohärent sind. Bei der Desinformationskampagne aus dem Kreml ist das nicht anders, deswegen bitte einfach weiter gehen und nicht füttern ;-)
@sand
„Kann jemand mit Details untermauern, WELCHE Zusagen WANN und von WEM getroffen wurde?“
Hier gibt es die derzeitige Interpretation des BAKS, die darauf abstellt, dass es keine Garantien gab (obviously):
Link: https://www.baks.bund.de/de/arbeitspapiere/2018/nato-osterweiterung-gab-es-westliche-garantien, …die kräftig mit der Abhandlung der Gegenposition zu „nie zugesagt“ beschäftigt ist (vgl. bspw. Fussnote 9).
Hier ein Link der ClintonDigitalLibrary mit Gesprächsnotizen aus dem Mrz 97 zischen Clinton/Jelzin, die die damalige Einstellung wiedergibt:
„Präsident Jelzin: (…) Unsere Position hat sich nicht geändert. Wir halten daran fest, dass die NATO Osterweiterung ein Regelverstoss wäre. (…)
Noch ein wichtiger Punkt: Die Erweiterung sollte ebenfalls nicht für die ehemalig sowjetischen Länder in Frage kommen. Ich kann eine Vereinbarung ohne solch eine Haltung nicht unterschreiben. Das gilt vor allem für die Ukraine. (…) “
Link: https://clinton.presidentiallibraries.us/items/show/57569
(PDF-Seite 106)
@ Ökonom
„Further“ wegen der Krim.
@leie
Danke für die Links.
Die Gesprächsnotizen zwischen Clinton und Jelzin sind interessant, ich habe mir den Abschnitt auch mal durchgelesen. Allerdings würde ich die auf Seite 106 dokumentierte Aussage im englischen von Jelzin etwas anders übersetzen:
„Our position has not changed. It remains a mistake for NATO to move eastward.“
Das Wort „mistake“ sehe ich nicht als „Regelverstoß“, sondern als „Irrtum“ oder „Fehler“.
Auch widerspricht Clinton der Position von Jelzin im Verlauf des Gesprächs auf Seite 108.
Interessant finde ich auch auf Seite 108 unten die Aussage von Clinton:
„I said a few days ago that I’d leave open the possibility of Russia in NATO“.
Das spiegelt ganz gut den Geist der damaligen Zeit, dass man für Russland die Möglichkeit offen hielt, der NATO beizutreten.
@sand
Du hast recht. „Regelverstoss“ ist zu scharf formuliert, räume ich ein.
Hintergrund ist ja eigentlich, dass wir uns fragen, warum jetzt so eindringlich auf einer schriftliche Fixierung der Nichterweiterung gen Osten bestanden wird, insbesondere, da es jetzt um die Ukraine geht – was ja bereits 1997 von Jelzin als Schwerpunkt hevorgehoben wurde.
Wenn man also durch die ClintonDigiLib da durchblättert, ist die aktuelle Forderung Putins aus historischer Sicht absolut nicht überraschend.
Meldung von gestern, 20211211: „Die Vereinigten Staaten haben angesichts der Eskalation der Spannungen zwischen Kiew und Moskau von ihrer Entscheidung, der Ukraine ein 200-Millionen-Dollar-Paket zusätzlicher Militärhilfe bereitzustellen, einen Rückzieher gemacht.“ – Möglicherweise das Ergebnis eines Telefonats ?
https://kayhan.ir/en/news/97613/us-reportedly-backtracks-on-$200mn-military-aid-to-ukraine
https://www.nbcnews.com/politics/national-security/appeals-ukraine-biden-admin-holds-back-additional-military-aid-kyiv-di-rcna8421
https://www.bignewsnetwork.com/news/271919153/us-holds-off-on-200mn-military-aid-package-to-ukraine-report