Deutschland steigerte 2020 Verteidigungsausgaben – NATO-Quote bei 1,57 Prozent
Deutschland hat in diesem Jahr Verteidigungsausgaben in Höhe von 51,541 Milliarden Euro an die NATO gemeldet und damit die so genannte NATO-Quote von 1,57 Prozent erreicht. Das geht aus den Zahlen zu den Verteidigungsausgaben der Mitgliedsländer hervor, die das Bündnis am (heutigen) Mittwoch veröffentlichte. Weiterhin erreicht nur ein geringer Teil der Länder in der Allianz das vereinbarte Ziel, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigungsausgaben aufzuwenden.
Die vom Brüsseler Hauptquartier in der aktuellen Übersicht zu Grunde gelegten deutschen Ausgaben liegen mehr als eine Milliarde Euro über dem, was die Bundesregierung im November vergangenen Jahres als Aufwendungen für 2020 an die NATO gemeldet hatte. Damals war auch eine Quote von 1,42 Prozent angenommen worden.
Die jetzt errechnete und deutlich höher liegende Quote von 1,57 Prozent dürfte allerdings nicht nur mit den höheren Ausgaben, sondern auch mit den Veränderungen des Bruttoinlandsprodukts als Folge der Coronavirus-Pandemie zu tun haben. Die NATO-Übersicht listet aktuell zehn Länder auf, die das Ziel von zwei Prozent erreichen, an der Spitze wie auch sonst die USA:
Deutschland hatte in den vergangenen Jahren mehrfach zugesichert, bis 2024 eine Quote von 1,5 Prozent zu erreichen, die auf mehreren Gipfeln des Bündnisses vereinbarten zwei Prozent allerdings als Ziel bezeichnet, ohne sich auf dessen Erreichen festzulegen. Formal sind mit den – noch nicht endgültigen – Zahlen der NATO für 2020 aufgrund der wirtschaftlichen Lage diese 1,5 Prozent bereits erreicht.
Bei einem weiteren in der Allianz vereinbarten Ziel bleibt Deutschland – und in diesem Punkt nicht alle Ressorts, sondern vor allem das Verteidigungsministerium – unter der Messlatte: Die deutschen Ausgaben für Beschaffungen bleiben 2020 nach den NATO-Zahlen unter 20 Prozent der Verteidigungsausgaben; dafür werden 16,8 Prozent aufgewendet:
Die Zahlen basieren auf dem Kenntnisstand vom 5. Oktober dieses Jahres – und sie müssen, so warnt das Bündnis, nicht unbedingt deckungsgleich sein mit den Zahlen, die national veröffentlicht werden:
In view of differences between both these sources and national GDP forecasts, and also the definition of NATO defence expenditure and national definitions, the figures shown in this report may diverge considerably from those which are quoted by media, published by national authorities or given in national budgets.
Da gibt es ja noch andere spannende Bildchen zu betrachten, wie
„Graph 4 : Equipment expenditure as a share of defence expenditure (%)“
Wir liegen, trotz einer Steigerung von rund 3 Prozentpunkten, mit 16,8% immer noch unter der Empfehlung der Nato, 20% des Geldes für das Material auszugeben. Frankreich liegt wieder deutlich darüber, mit 26,4%.
In Graph 7 sieht man, wir sind in vielem mit Frankreich vergleichbar aber „Operations & maintenance and other expenditures“ ist bei uns sehr viel mehr vom Budget und das fehlt dann beim Material. Ein Hoch auf Auslandseinsätze, überaltertes Material, Unternehmensberater, Mietzahlungen an den Bund, das Verschieben von Pensionslasten in den VTG Haushalt und Privatisierungen.
@SvD
Interessante Beobachtung.
Habe ich vlt schon des öfteren im Internet (Die Kriegs Zone) Beiträge von Ihnen gelesen?
@SvD
Bei FRA wird wohl das U-Boot-Bauprogramm ein wesentlicher Ausgabentreiber sein.
Die Ministerin wiederholt erneut das Versprechen 10% der Fähigkeiten der NATO zu stellen:
https://mobile.twitter.com/BMVg_Bundeswehr/status/1319267185680842752
Das passt nur leider weiterhin nicht zur NATO-Planung (Fähigkeiten im Rahmen des NDPP) und schon gar nicht zur Haushaltsplanung.
Aber darum müssen sich ja dann nach der Wahl wohl andere kümmern.
@LW_Klaus
Wenn die Kriegszone „The Warzone“ sein soll, dann ja, da kommentiere ich unter gleichem Namen.
Mache aber nur noch selten, das Kommentarsystem ist eine Qual.
@Thomas Melber
In den französischen Materialausgaben, sind bei Neuanschaffung, logischerweise auch die neuen Nuklearsprengköpfe, die Entwicklung der neuen Marschflugkörper und Raketen, sowie die Uboote mit drin. Das treibt einen schnell über 20% für Investition in neues Material. Aber auch in altes (Kampfwertsteigerung).
Kosten für diese Systeme fallen aber auch im Bereich „Operations & maintenance and other expenditures“ an. Nämlich für den Betrieb der bereits vorhandenen Systeme.
Der Betrag ist bei uns dennoch sehr viel höher und wir haben keine 10 Atomuboote, keinen Flugzeugträger und keine Nuklearsprengköpfe.
Der Link behandelt die Lage mit Blick auf NLD, in Teilen auch BEL, in niederländischer Sprache.
https://www.topics.nl/vooral-dichter-bij-rusland-investeren-europeanen-in-hun-krijgsmacht-a15171953vk/94fe020e0404ba6bf4103cbb6b8a3235f6decacdf2eb898cbd401718547f53cb/?context=playlist/a-arnout-brouwers-aa1912/&referrerUserId=8e2978d-0dc2-5461-be04-40021281a60b
Die eingebetteten Schaubilder zu Zahlen des BiP/VgAusgaben bezogen auf die Geographie sind jedoch anschaulich und verdeutlichen die Lage um uns herum.
Die Verfasser stellen fest, dass Frankreich und Norwegen in diesem Jahr das 2% Ziel erreichen werden.
@SvD:
An der Diskussion rundum die Vergleichbarkeit der jeweiligen Finanzmittel verändert sich ja grundsätzlich nichts.
Diese Messgrösse bleibt immer nur ein grober Anhalt.
Interessanter sind output (capabilities) und outcome (commitments) , statt input (cash) .
Aber das wurde hier ja schon öfter diskutiert:
https://augengeradeaus.net/2019/02/deutsche-meldung-an-die-nato-schaut-nicht-nur-aufs-geld/comment-page-1/#comment-308550
Aber egal welche Messgrösse man nimmt – abgesehen von zahlenmäßig großer Beteiligung an NATO-Missionen (insbes. RS) – stehen wir nicht wirklich gut da. Da helfen auch die oftmaligen Verweise auf Atomwaffen und die Pariser Feuerwehr nicht weiter.
Helfen aber immer wieder von den eigenen Problemen abzulenken.
Und man kann natürlich auch sonst immer neue Dinge einreichnen, wie nun Sanktionskosten:
https://www.spiegel.de/wirtschaft/nato-deutschlands-beitrag-ist-hoeher-als-angenommen-a-580cd911-2401-4fe2-a8db-47685678cba6
Nur hat alldas nichts mit militärischer Leistungsfähigkeit zu tun.
Aber darum geht es ja wohl schon lange nicht mehr.
Oh ja, „commitments“, da sind wir groß drin. Logistik, Sanitätsdienst und etliche Waffensysteme die nicht funktionieren oder noch nicht einmal beschafft wurden.
Mal davon ab sind diese Zusagen, im Vergleich zur Kaufkraft, die wir aufwenden, ein Witz. Es sind nur Bruchteile unserer Streitkräfte, von denen der Rest dann komplett hinten runter fällt.
Unsere Betriebskosten sind viel zu hoch. Das Problem liegt im Ministerium selbst.
Ein Großteil der Wartung wurde privatisiert, was erheblich mehr Geld kostet. In den 70ern und 80ern hat man viel staatliche Instandhaltung aufgebaut – um die Kosten zu drücken. Es gibt auch Bundeswehrfilme, aus dieser Zeit, die das mit Stolz verkünden.
Dann sind die von uns gekauften Systeme quasi alle maßlos überteuert (Goldrand), dazu noch hochgradig unzuverlässig, gehen also andauern kaputt und verursachen hohe Lohn- und Ersatzteilkosten. Die Marktchancen sind dann entsprechend niedrig, die Betriebskosten damit viel höher als bei weit verbreiteten Systemen. Dann zahlt man Unternehmensberatern Unsummen, zahlt Miete für die eigenen Liegenschaften, für die Flickerei an schrottreifen Systeme usw.
Das kostet Milliarden, JEDES JAHR.
Das sind unsere commitments an das goldene Kalb, an Mammon, an die deutsche Hybris.
Wir sind in einer Phase wie zu Anfang der 70er. Die Strukturen, für eine funktionierende Armee, müssen erst einmal wieder aufgebaut werden.
Sanktionen einzurechnen ist schön und gut, das kann man so machen. Es ändert aber nichts am Grundproblem.
Ich habe gerade @SvD 20.31 Uhr geliked/gefaved!