Deutsche Waffenlieferungen für die Ukraine: Webseite gelöscht, letzter Stand 6. Mai
Die Bundesregierung hat, wie angekündigt, die Detail-Informationen über militärische Unterstützungsleistungen für die Ukraine zurückgezogen. Die entsprechende Webseite wurde gelöscht. Für den letzten veröffentlichten Stand vom 6. Mai 2025 gibt es aber eine Sicherungskopie.
Zwar hatte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Michael Stempfle, am vergangenen Montag vor der Bundespressekonferenz noch erklärt
Wir würden immer noch sagen, welche Waffen und Munition wir liefern. Aber das Ganze hat natürlich Grenzen. Auf der einen Seite gibt es das Informationsinteresse; auf der anderen Seite gilt es, die Aspekte der militärischen Sicherheit zu berücksichtigen.
Jetzt geht es um die Details, welche Waffengattungen, welche Stückzahl von Lenkflugkörpern. Am Ende ist es für die Öffentlichkeit vermutlich nicht so wichtig, ob es 300 oder 400 Lenkflugkörper sind. Der russische Aggressor, der einen Angriffskrieg gegen die Ukraine führt, kann daraus aber Rückschlüsse ziehen und Ableitungen treffen, die es für die Ukraine sozusagen noch gefährlicher machen. Da müssen wir einfach abwägen und haben die Entscheidung getroffen, dass wir weniger Details herausgeben, genauso wie Herr Kornelius es gerade gesagt hat.
Tatsächlich wurde aber die komplette Webseite, auf der bisher die detaillierten Angaben vorhanden waren, gelöscht – wer die Adresse https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/krieg-in-der-ukraine/lieferungen-ukraine-2054514 aufruft, bekommt zu sehen: 404-Meldung: Die von Ihnen gewählte URL kann leider nicht aufgerufen werden.
Für den Stand bis zum 6. Mai, der letzten Veröffentlichung vor Abschaltung der Seite, gibt es allerdings eine Archivkopie mit den bis dahin offengelegten Daten:
https://web.archive.org/web/20250508225306/https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/lieferungen-ukraine-2054514
… und die lokale Sicherungskopie: 20250506_BuRe_Mil_Unterstuetzung_Ukraine
(Foto: Screenshot der archivierten Seite)
So wichtig ist die Liste auch nicht. Lässt sich ja leicht zusammenfassen in, zu wenig, zu langsam, zu spät.
18(!) Kampfpanzer Leopard A2, … Leute!
Es war prinzipiell falsch, den Feind mit amtlichen Angaben zu versorgen. Damit hat es nun endlich ein Ende, denn strategische Ambiguität ist ein Wert an sich, auch wenn Journalisten das berufsbedingt anders sehen.
Bleibt zu bemerken, dass die damalige CDU/CSU-Opposition damals penetrant diese „Transparenz-Liste“ gefordert hat. Manchmal kommt Klugheit erst mit der eigenen Verantwortung.
Zusätzliche Infos zu dem Thema:
– https://deaidua.org/
– https://x.com/deaidua
Die Veröffentlichung und laufende Aktualisierung der Liste war primär der innenpolitischen Situation geschuldet. Die Lieferungen kamen ja erst nach massivem Druck auf die SPD seitens der beiden Koalitionspartner, seitens der Opposition und weiten Teilen der Öffentlichkeit zu Stande. Und um zu zeigen, dass sich denn doch etwas in die richtige Richtung bewegt, wurden die Lieferungen dann veröffentlicht.
Grundsätzlich ist die Geheimhaltung solcher Lieferungen sicher die richtige Strategie. Der ukrainische Botschafter in D hat den Strategiewechsel auch ausdrücklich begrüßt. Mit dem klugen Vergleich zum Schach, wo man dem Gegner ja auch nicht verrät, welche nächsten Züge man vorhat.
Er sagte ferner auch, dass die zukünftigen Lieferungen eng abgestimmt erfolgen, und die Ukraine genau weiß, was wann geliefert wird. Die ukr. Streitkräfte selbst also verlässlich planen können.
Wichtig ist, dass generell jetzt die Lieferungen erhöht werden. Wir haben bisher unterhalb unserer Möglichkeiten agiert.
Und die Ukraine das erhält, was strategisch am wichtigsten ist.
18+ zusätzliche Cheetah Flakpanzer (niederländische Version des Gepard; Rückkauf aus Jordanien seitens US und D) wurden vor über zwei Wochen nach Überholung in D in die Ukraine geliefert. Wichtige weitere Unterstützung angesichts des russischen Drohnen- und Raketenterrors gegen die ukr. Zivilbevölkerung.
Der Rückkauf aus den jordanischen Beständen mit dem Zweck der Lieferung in die Ukraine wurde bereits 2023 öffentlich angekündigt. Die ersten Lieferungen aus diesem Paket erfolgten letzten Sommer.
Und lt. KNDS hat man in der Ukraine ein hervorragendes Partnerunternehmen gefunden, dass Wartung vor Ort und sogar noch weitere Systempflege im Sinne von Verbesserungen vornehmen wird.
Strategische Ambiguität ist auch ein neuer Star am Bullshit Bingo-Himmel.
2022/2023 war ja die Intention hinter den regelmäßigen Updates und transparenter strategischer Kommunikation der „Show of Force“-Ansatz und die Transmission der Notwendigkeit militärischer Unterstützung in die Gesellschaft hinein. Erwartungsmanagement klappt mit Zahlen und Transparenz besser.
Das Problem ist nun wieder das „muddling through“ wie zur Einsatztransparenz u.a. in Afghanistan oder im Kosovo was Unterstützung etc betrifft. Kann man machen, aber in Zeiten offener Informationsgewinnung und OSINT (neben guter SIGINT) ist es halt auch ein Trugschluss, dass damit genug ist. Es war auch immer ein potenzielles Täuschungsinstrument ;-)
@FreeEurope: Was hätte der Herr BO sonst in seiner Rolle sagen sollen? Der größte Bedarf der Ukraine ist im konvensionellsten Bereich zu erkennen unter WaSys und Mun „dümmsten“ Typs. Die Publikationen haben durchaus geholfen die BReg auf Erfüllung von Zusagen und Versprechen zu überprüfen. Lediglich bei Systemen wie dem Taurus u.A., deren Wert sich darin entfaltet hoch präzise zur richtigen Zeit am richtigen Ort unerwartet zu wirken, ist eine öffentliche Debatte und „Livestreamen“ immer aus zuerst militärischer (Luftverteidigung wird vorbereitet, Hochwertziele verlegt) aber auch politischer Perspektive (Glaubwürdigkeit) eigene (so behauptete) Strategie konterkarrierend.
„Strategische Ambiguität ist auch ein neuer Star am Bullshit Bingo-Himmel“ gerade wenn UKR LuWa nicht längst befähigt ist, Taurus zu verbringen und der eigentliche politische Hebel die kurzfristige Bereitstellung ist.
@Paradox77: Sie meinen den Adressaten der Täuschung an den ich zuerst denken musste? /SCNR
Na endlich!
Wenn die Russen überrascht die Überreste eines Taurus-Triebwerks aus den Trümmern der Krim-Brücke ziehen, dann wurden sie Fach- und Sachgerecht informiert.
@WielanddS sagt:
16.05.2025 um 7:17 Uhr
„Wenn die Russen überrascht die Überreste eines Taurus-Triebwerks aus den Trümmern der Krim-Brücke ziehen, dann wurden sie Fach- und Sachgerecht informiert.“
Wer glaubt das die RU Agentennetze in Deutschland aus Zeiten des Kalten Krieges nicht mehr existieren,
garantiert auch innerhalb der Bundeswehr…
Will sagen, wenn die Taurus in Richtung UKR auf Reisen gehen sollten…
… kennt der Russe bestimmt Tag und Uhrzeit… und würde höchstens nur so tun als wäre er überrascht…
@AoR:
„@FreeEurope: Was hätte der Herr BO sonst in seiner Rolle sagen sollen?“
Och, da gibt es durchaus einige Möglichkeiten. Die der Botschafter in der Vergangenheit bei Bedarf auch durchaus genutzt hat: Von totalem Schweigen, über leichte, diplomatisch vorgebrachte Kritik bis zum Äußern von Wünschen. Nur mal als Beispiele. Ich folge dem Botschafter auf social media seit er den Posten übernommen hat. Weiß also recht genau, wie er kommuniziert. Er agiert sehr ausgewogen und diplomatisch, aber durchaus auch sehr präzise, wenn die Entwicklung zum Nachteil der Ukraine läuft.
Und sein Statement jetzt zu diesem Thema war schon sehr eindeutig, und sehr klar (positiv und bejahend). Von den Formulierungen her, von der Länge des Statements, bis hin zum Design des Statements (ja, es war extra optisch aufgewertet, und hob sich auch dadurch von bisherigen Statements ab).
In der Sprache der Diplomatie hat die Ukraine hier also sehr klar gemacht, dass sie diese Änderung befürwortet und mitträgt.
Auch wichtig: In einem anderen Statement sagte der Botschafter generell bezüglich der angekündigten / geplanten Lieferungen: „Wir sind zufrieden.“
Das ist zumindest ein kleiner Hinweis darauf, dass sich seit dem Regierungswechsel in diesem Punkt positive Veränderungen ergeben haben könnten (ich formuliere das ganz bewusst vorsichtig).
„Der größte Bedarf der Ukraine ist im konvensionellsten Bereich zu erkennen unter WaSys und Mun „dümmsten“ Typs. Die Publikationen haben durchaus geholfen die BReg auf Erfüllung von Zusagen und Versprechen zu überprüfen.“
Das sehe ich auch so. Unter Scholz war das ja auch leider nötig.
Die Reaktion des ukr. Botschafters deutet jetzt zumindest darauf hin, dass man in diesem Punkt der neuen Regierung mehr Vertrauen entgegenbringt, und man sich auf gemachte Zusagen verlassen kann. Und eine „öffentliche Kontrolle“ nicht mehr notwendig ist.
Was ja definitiv gut wäre: Denn aus militärischer Sicht ist es auf jeden Fall am besten, wenn die Lieferungen so geheim wie möglich erfolgen.
„Lediglich bei Systemen wie dem Taurus u.A., deren Wert sich darin entfaltet hoch präzise zur richtigen Zeit am richtigen Ort unerwartet zu wirken, ist eine öffentliche Debatte und „Livestreamen“ immer aus zuerst militärischer (Luftverteidigung wird vorbereitet, Hochwertziele verlegt) aber auch politischer Perspektive (Glaubwürdigkeit) eigene (so behauptete) Strategie konterkarrierend. “
Ich würde den Kreis der Waffensysteme hier deutlich weiter fassen. Nur mal ein Beispiel: Luftverteidigungssysteme. Wenn Ru. hier nicht genau weiß, welche Systeme in welcher Anzahl geliefert wurden, kann das zu rus. Fehlentscheidungen führen, die (sehr) verlustreich sein können. Ich verweise mal auf die Verluste von zwei rus. „AWACS“, die sich im rus. Luftraum sicher gefühlt hatten, weil sie sich außerhalb der Reichweite ukr. Flugabwehr wähnten (später sickerte durch, dass der Abschuss durch ukr. Patriot erfolgte, deren Besatzung hier in D diese Ambush-Taktik durch schnellstmögliche Verlegung erlernt hatten).
Ich fand die Liste sachgerecht, da ja keine Liefertermine a la
KW 11: 2 Gepard und 711 120 mm Granaten
KW 12: 2 Marder, 345 122 mm Granaten
zu finden waren, sondern nur die Summe der gelieferten Dinge sowie die angekündigten Lieferungen.
Ich fan des wichtig zu kommunizieren, daß man auch Winterkleidung und Sanitätsausrüstung/Medikamente geliefert hat, da die Bandbreite der Lieferungen in der Presse seltenst erwähnt wird sondern nur die „Stars“ (Marder, Leo, Gepard) berichtet werden
@Felix2 sagt:
16.05.2025 um 10:23 Uhr
@WielanddS sagt:
16.05.2025 um 7:17 Uhr
„[…]Wer glaubt das die RU Agentennetze in Deutschland aus Zeiten des Kalten Krieges nicht mehr existieren,
garantiert auch innerhalb der Bundeswehr…
Will sagen, wenn die Taurus in Richtung UKR auf Reisen gehen sollten…
… kennt der Russe bestimmt Tag und Uhrzeit… und würde höchstens nur so tun als wäre er überrascht…[….]“
Genau – und weil der Russe so allwissend ist hat er bisher auch jede Waffenlieferung abgefangen…oh
Wer glaubt, dass die russische Aufklärung so gut ist, der sollte sich ernsthaft fragen wieso dann überhaupt Waffen wie Storm Shadow, Sculp, ATACAMS es überhaupt bis zum Einsatzgebiet schaffen? Wieso lassen die Russen zu das leistungsfähige Flugabwehr es in die Ukraine schafft? Warum werden die Transporte nicht sabotiert? Warum werden nicht die Nachschublinien innerhalb der UKR von den Russen gezielt angegriffen.
Antwort: vielleicht überschätzen wir die russischen Fähigkeiten – mal wieder.