Wehrbeauftragte stellt Personalprobleme in den Mittelpunkt: „Bundeswehr schrumpft und wird älter“ (mit Audio)

In ihrem – voraussichtlich letzten – Jahresbericht hat die Wehrbeauftragte des Bundestages, Eva Högl, vor allem die Personalprobleme der Truppe in den Mittelpunkt gestellt. Die Bundeswehr schrumpft und wird älter, warnte Högl bei der Vorstellung ihrer jährlichen Mängelliste. Aber auch beim Material gelte: Weiterhin ist für die Bundeswehr viel Geld nötig.

Bei der Vorstellung ihres Tätigkeitsberichts für das vergangene Jahr verwies die Wehrbeauftragte am (heutigen) Dienstag in Berlin darauf, dass die Bundeswehr in den vergangenen Jahren mit dem Sondervermögen von 100 Milliarden Euro zwar Großgerät habe beschaffen können, dasd Material aber noch nicht bei der Truppe angekommen sei – bedingt durch die lange Produktionszeit komplexer Waffensysteme: Die Bundeswehr hat nach wie vor von allem zu wenig, aber es gibt Fortschritte. 

Wenn absehbar künftig weiter zusätzliches Geld für die Streitkräfte zur Verfügung stehe, werde es auf den Kauf neuer Technik und Technologien wie Drohnen oder Künstliche Intelligenz ankommen. Aber auch auf eine weitere Beschleunigung des Vergabe- und Beschaffungsverfahrens, sagte die Wehrbeauftragte.

Die größten Probleme sah Högl jedoch aktuell in einer Personalsituation, in der die Bundeswehr Ende vergangenen Jahres im Vergleich zum Vorjahr sogar schrumpfte und zudem der Altersdurchschnitt von 32,4 Jahren noch 2019 auf jetzt 34 Jahre gestiegen sei. Zudem gebe es die paradoxe Situation, dass 20 Prozent der Dienstposten unbesetzt seien – und es zugleich an Planstellen für Beförderungen fehle. Das steigert nicht die Attraktivität der Bundeswehr, warnte die Wehrbeauftragte.

Ein Zeichen für mangelnde Attraktivität sei auch, das zwar die Steigerung der Bewerberzahlen erfreulich sei – aber ein gutes Viertel der Freiwilligen vorzeitig den Dienst abbreche und nach wenigen Monaten aussteige. Dabei spiele längst nicht nur die Schwierigkeit eine Rolle, die jungen Männer und Frauen ihrem Wunsch entsprechend heimatnah zu stationieren: Das größte Problem ist Langeweile, warnte Högl. Wenn es zu wenig Gerät in den Einheiten und zu wenig Ausbilder gebe, fänden die Freiwilligen eben nicht das vor, was sie von ihrem Dienst bei der Truppe erwarten würden.

Deshalb wandte sich die Wehrbeauftragte auch ausdrücklich gegen eine Wiedereinführung der 2011 ausgesetzten Wehrpflicht alten Stils. Das ist weder modern noch hilft es der Bundeswehr in irgendeiner Art und Weise, ihr Personalproblem zu lösen, warnte Högl. Eine Wehrpflicht, die weder die beschränkten Möglichkeiten der Bundeswehr für Ausbildung und Unterbringung berücksichtige und zum Beispiel Frauen außen vor lasse, könne nicht zu nötigen Personalaufwuchs führen: Das ist illusorisch.

In ihrem Jahresbericht räumte die Wehrbeauftragte auch mit einem von Bundeswehr und Verteidigungsministerum eifrig genutzten Mythos auf: Die Behauptung, dass es nur eine Frage der Zeit sei, bis Frauen auch in den oberen Führungsrängen auftauchen würden, lässt sich nach Einschätzung von Högl nicht halten. Auch wenn erstmals eine Soldatin als Drei-Sterne-Generalin Abteilungsleiterin im Ministerium geworden sei, ist die Realität in den obersten Spitzenrängen nach wie vor ernüchternd. Das wird sich alsbald auch nicht ändern, denn in darunter liegenden Führungsetagen nimmt die Zahl an Soldatinnen seit Jahren nicht sichtbar zu.

Die fünfjährige Amtszeit der früheren SPD-Bundestagsabgeordneten Högl als Wehrbeauftragte endet im Mai. Eigentlich hätte eine Neu- oder Wiederwahl in diese Funktion noch vom bisherigen Bundestag vorgenommen werden sollen. Doch durch die vorgezogene Bundestagswahl und die veränderten Mehrheitsverhältnissen im Parlament läuft es absehbar nicht auf eine Verlängerung von Högls Tätigkeit hinaus (auch wenn das natürlich nicht völlig ausgeschlossen ist).

Die komplette Pressekonferenz von Eva Högl zum Nachhören:

Hoegl_Wehrbericht_11mar2025     

 

… und, nachgetragen: der Bericht findet sich hier.

(Foto: Die Wehrbeauftragte Eva Högl, r., übergibt ihren Jahresbericht an Bundestagspräsidenten Bärbel Bas – Thomas Koehler/photothek.de)