Personalprobleme der Bundeswehr: Lieber nicht drüber reden
Die Bundeswehr hat ein Personalproblem, das ist kein Geheimnis – oder doch? Die Bundestags-Wehrbeauftragte Eva Högl beklagte erst am vergangenen Wochenende öffentlich, dass in vielen Verbänden nur die Hälfte der Dienstposten besetzt sei. Doch das Verteidigungsministerium will über damit zusammenhängende Fragen nicht öffentlich Auskunft geben, noch nicht einmal darüber, wie die Arbeit der Personalwerber beurteilt wird.
Die Aussagen der Wehrbeauftragten im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur lassen an Deutlichkeit wenig zu wünschen übrig. Das Personalproblem sei das wichtige Thema für das das Jahr 2025, sagte Högl. Und sie bekräftigte die bekannte Einschätzung, dass der Truppe bis zur – derzeitigen – Zielgröße von 203.000 rund 20.000 Soldaten und Soldatinnen fehlen.
Im Gegensatz dazu will allerdings das Verteidigungsministerium zu dem Thema überhaupt nichts sagen. Die Frage, wie viele Soldaten aus welchen Gründen ihren Dienst abbrechen, die Frage, wie viele weibliche Bewerberinnen es gibt, die Frage, wie die Arbeit der Karriecenter evaluiert wird – ja selbst die Frage Wann beabsichtigt die Bundesregierung dem Parlament die Evaluation des Einsatzweiterverwendungsgesetzes vorzulegen? kann aus Sicht des Wehrressorts keinesfalls offen beantwortet werden. Denn der Gegner liest ja mit.
Die Argumentation ist in der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Unionsfraktion (Bundestagsdrucksache 20/14270) nachzulesen. 96 Detailfragen zum Personalproblem der Bundeswehr hat die Opposition gestellt, öffentlich beantwortet wird keine einzige: In der umfangreichen Gesamtschau aller Darstellungen auf sämtliche Fragen und damit einhergehender Informationen ist nicht auszuschließen, dass sich hieraus ein Lagebild ableiten lässt, welches geeignet ist, sich nachteilig auf die Interessen der Bundesrepublik Deutschland auszuwirken, begründet das Ministerium seine Ablehnung. Immerhin könnten die Abgeordneten die als Verschlusssache – Nur für den Dienstgebrauch eingestuften Antworten im Parlamentssekretariat erhalten.
Das ist bei einem Teil der gestellten Fragen schlicht lächerlich: Die Antwort auf die Frage Worin unterscheidet sich der neue Basiswehrdienst vom Freiwilligen Wehrdienst in rechtlicher, inhaltlicher, zeitlicher und organisatorischer Dimension? wird das Ministerium so oder so öffentlich geben müssen, wenn man diesen neuen Wehrdienst umsetzen will – es sei denn, die Einführung eines geheimen Zwangsdienstes wäre geplant, dessen rechtlicher Rahmen nicht bekannt werden soll. Eigentlich bislang kaum vorstellbar.
Auch die Frage Wie viele Soldatinnen und Soldaten werden aktuell auf Dienstposten verwendet, die nicht zwingend eine militärische Ausbildung voraussetzen? möchte das Ministerium unter Verweis auf mögliche Nachteile für die Bundesrepublik Deutschland bei Kenntnisnahme durch Unbefugte nicht beantworten. Ob die Einstufung wirklich auf Sicheitsbedenken beruht oder ob die Antworten schlicht einen Teil der Bevölkerung verunsichern könnten – wer weiß das schon.
Die Bundestags-Drucksache gehört übrigens auf Wiedervorlage. Denn es könnte ja sein, dass die Fraktion, die diese Anfrage gestellt hat und keine öffentliche Antwort bekam, nach der Bundestagswahl eine maßgebliche Rolle spielt. Und dann wird interessant, wie die damit umgeht.
(Archivbild Juli 2021: Rekrutinnen beim Gelöbnis vor dem Bendlerblock – wie viele Frauen sich für die Bundeswehr bewerben, will das Verteidigungsministerium aus Sicherheitsgründen nicht bekanntgeben – Sebastian Wilke/Bundeswehr)
„Im Gegensatz dazu will allerdings das Verteidigungsministerium zu dem Thema überhaupt nichts sagen.“
Es kann dazu schlicht nichts sagen, genau diese simplen Kennzahlen werden überhaupt nicht erhoben. Ein Ausfluss aus der Weigerungshaltung der Leitung, ein wirkungsorientiertes Zielsystem zu etablieren und zur strategischen Steuerung zu verwenden. Die Angst vor der Berechenbarkeit frisst die Seele auf.
„Auch die Frage Wie viele Soldatinnen und Soldaten werden aktuell auf Dienstposten verwendet, die nicht zwingend eine militärische Ausbildung voraussetzen? …“
Das ist eine knifflige Frage: bezieht sich dies auf den Grundbetrieb oder den Einsatz ? Im Grundbetrieb brauchen eigentlich nur (Kriegs-) Waffenträger oder Operateure den Soldatenstatus, im Einsatz sieht das dann aber anders aus, auch in Bezug auf „Befehl und Gehorsam“.
Im BMVg wird m.W.n. immerhin von MIL auf CIV umbesetzt, auch weil CIV deutlich längere Stehzeiten auf DP haben (wichtig für Spezialwissen und Netzwerke !).
Der Lackmustest kommt dann wenn zivile Contractors ihre Arbeit aufgrund der Gefährdungslage einschränken oder einstellen, und die Bw stützt sich ja stark auf die zivile Säule ab.
Ich könnte mir auch vorstellen, dass die Beantwortung einer Anfrage, die am 17.12. gestellt wird (Beantwortungsfrist innerhalb von 14 Tagen!!) und damit mitten in die Weihnachtszeit fällt, nicht auf sonderlich große Begeisterung im Apparat trifft.
Das ist wohl eine von einigen Oppositionsparteien (allerdings eher weniger von der CDU) oft genutzte „Beschäftigungsmaßnahme“, um den „Apparat“ über die Weihnachtstage bzw. Jahreswechsel zu beschäftigen. Dass da dann Menschen dran hängen, die statt in den Urlaub mit ihren Familien ins Büro gehen müssen, um letztendlich Dinge zusammenzuschreiben, die nicht zeitkritisch sind, ist dann eine andere Sache…
Also, vielleicht hat man sich auch angesichts des Zeitpunkts wenig Mühe machen wollen – oder steht die VS-NfD-Antwort dann auch ab 30.12. in den entsprechenden Systemen zur Verfügung?
[Da liegt ein Missverständnis vor – die Anfrage ist vom 21.11.2024, das Datum 17.12.2024 ist das der Antwort; insofern ist das nicht logisch.
https://dserver.bundestag.de/btd/20/138/2013873.pdf
T.W.]
@Fussgänger sagt:
30.12.2024 um 15:24 Uhr
„Ich könnte mir auch vorstellen, dass die Beantwortung einer Anfrage, die am 17.12. gestellt wird (Beantwortungsfrist innerhalb von 14 Tagen!!) und damit mitten in die Weihnachtszeit fällt, nicht auf sonderlich große Begeisterung im Apparat trifft.
Das ist wohl eine von einigen Oppositionsparteien (allerdings eher weniger von der CDU) oft genutzte „Beschäftigungsmaßnahme“, um den „Apparat“ über die Weihnachtstage bzw. Jahreswechsel zu beschäftigen. Dass da dann Menschen dran hängen, die statt in den Urlaub mit ihren Familien ins Büro gehen müssen, um letztendlich Dinge zusammenzuschreiben, die nicht zeitkritisch sind, ist dann eine andere Sache…“
Die „Begeisterung im Apparat“ sollte – angesichts der politischen, sicherheitstechnischen und militärischen Großwetterlage echt das geringste aller Probleme sein.
Und was die „Menschen […], die statt in den Urlaub mit ihren Familien ins Büro gehen müssen“ angeht: Schön, da ist Arbeit halt mal unbequem. Ich habe zwischen den Jahren auch gearbeitet. Und die von Ihnen genannten Menschen arbeiten in einem Bundesministerium das dazu noch für die äußere Sicherheit zuständig ist.
Ich glaube fest daran, dass es für uns alle besser wäre wenn wir nicht immer Ausreden suchen.
Es wurde eine komplett legitime Anfrage gestellt und diese wurde – de facto – nicht wirklich beantwortet. Vermutlich weil man es nicht kann.
Was umso tragischer ist
Tja. Was soll man dazu sagen? Offenbar ist keine Transparenz nach außen gewünscht. Schade eigentlich, denn damit verzichtet man augenscheinlich auch auf positiv-kritische Anmerkungen die zu Verbesserung im Bewerbungsprozess führen könnten. Die Bundeswehr lebt ja schließlich nicht alleine in der Arbeitswelt. Aber mit dem Thema Evaluation scheint sich die derzeitige Leitung breitflächig schwer zu tun, denn man hat sich bereits bei der mangelnden Kommunikation Post-Reorganisation kein Ruhmesblatt ausgestellt. Leider ist es sogar noch schlimmer als Pragmatiker es vermutet. Die Kennzahlen werden fachlich erhoben aber nicht effektiv zur strategischen Steuerung genutzt. Und ja, „Die Angst vor der Berechenbarkeit frisst die Seele auf“.
Ich kann’s nicht mehr hören oder lesen „Personalproblem, es fehlen Soldaten“
Jeder Dienstposten SaZ oder BS muss mit einer Haushaltskarte hinterlegt sein – davon wurden wir viele der Bundeswehr genehmigt? 160.000? Wo sollen denn 40-50.000 FWDL herkommen?
Dazu lässt man verdiente Kameraden, die gerne verlängern würden, gehen oder verweigert eine BS übernahme.
Erstmal die Rahmenbedingungen schaffen, vorher kann kein Aufwuchs stattfinden. Zudem die Arbeitszufriedenheit der aktiven Soldaten angehen – solange die meisten ihrem Umfeld abraten zur Bundeswehr zu kommen bringt die beste und teuerste Werbung nichts.
Naja, wenn man belastbare Zahlen haben möchte – eine kleine Anfrage im Kreml könnte helfen…
Dieser Quatsch mit VS-NfD ist unsäglich. Wenn es wirklich entscheidend wäre, dann wäre es geheim oder höher eingestuft.
Der Bestand ist jetzt schon nicht hinreichend ausgerüstet.
Was will man mit 20000+ mehr, denen auch die Fahrzeuge, schweren Waffen und die Munition über den 2. Tag hinaus fehlen?
Bestellung für 150% Soll- Ausrüstung des Personalbestands
Vollausrüstung und volle Depots
Bestellungen weiterlaufen lassen
Aufstocken des Personals
Bau von Kasernen
Vorher brauchen wir über Wehrdienst nicht zu reden
Vor der kommenden Bundestagswahl hat keine Partei ein Interesse an einer öffentlichen Diskussion über Themen wie eine allgemeine Wehrpflicht, die dann auch Frauen umfassen wird.
„… ist nicht auszuschließen, dass sich hieraus ein Lagebild ableiten lässt, welches geeignet ist, sich nachteilig auf die Interessen der Bundesrepublik Deutschland auszuwirken, begründet das Ministerium seine Ablehnung.“
Alleine diese Begründung lässt doch jeden potentiellen Aggressor „ableiten“, wie kritisch es um die Personallage der Bw tatsächlich bestellt ist. Da braucht es überhaupt keine Zahlen mehr.
Nach jahrelangem herumexperimentieren (Taskforce Personal) und stetigem Rückgang der Personalstärke gemessen am eigentlich geplanten Aufwuchs auf 203.000 hilft meines Erachtens
nur noch der gesamten Generalität/Admiralität ein Ultimatum bis zur nächsten Jahresmitte zu stellen:
Entweder sie finden endlich gemeinsam wirkungsvolle Maßnahmen um die Personallage in ihren unterstellten Bereichen signifikant zu verbessern oder pro 1.000 fehlende Soldaten/Soldatinnen wird jeweils ein Generals-/Admirals-Dienstposten ersatzlos gestrichen (und zwar beim Viersterner angefangen).
Ich habe zwar wenig Hoffnung, dass unser „Ankündigungs-VM“ hier mal klare Kante zeigt, aber so wie bisher kann er sein erklärtes Ziel „Kriegstüchtigkeit“ definitiv nicht erreichen.
Leider sind auch die Aussichten, dass sich die desolate Lage der Streitkräfte nach der BT-Wahl ändern könnte aus meiner Sicht kaum besser. Dennoch wünsche ich dem Hausherrn und allen Mitforisten einen guten Rutsch in ein spannendes, herausforderndes Neues Jahr.
Desillusionierter sagt:
30.12.2024 um 18:33 Uhr
„[…]Dazu lässt man verdiente Kameraden, die gerne verlängern würden, gehen oder verweigert eine BS übernahme.[…]“
Prinzipiell bin ich bei ihrem Eintrag komplett bei Ihnen. Mit Ausnahme dieses Satzes. Wir können nicht jeden zum BS machen, egal wie verdient. Sonst haben wir irgendwann beim Kp Antreten einen Altersschnitt von 50+.
Das kann nun auch nicht der Plan sein
„““Jeder Dienstposten SaZ oder BS muss mit einer Haushaltskarte hinterlegt sein – davon wurden wir viele der Bundeswehr genehmigt? 160.000? Wo sollen denn 40-50.000 FWDL herkommen?“““
„““Dazu lässt man verdiente Kameraden, die gerne verlängern würden, gehen oder verweigert eine BS übernahme.“““
„““Zudem die Arbeitszufriedenheit der aktiven Soldaten angehen – solange die meisten ihrem Umfeld abraten zur Bundeswehr zu kommen bringt die beste und teuerste Werbung nichts.“““
Das trifft das Problem exakt auf den Punkt!!! Auch der Bewerberprozes ist zwar schön gedacht, trifft aber kritisch an der falschen Stelle. Es gibt ja den Einen oder Anderen (aktiven Reservisten) voll ausgebildeten ehemaligen Soldaten der wieder Interesse hätte einzusteigen. Hat also alle davfür vorgesehenen Fähigkeiten, Lehrgänge und ATN/ID`s. Diese Kameraden werden aufgrunde des Gleichbehandlungsgesetzes wie ein 19-jähriger betrachtet der gerade von der Schule abgeht. Alles was er vorher gemacht hat zählt nichts. Dazu ist der Bundeswehr wichtiger was vor 30 Jahren auf dem Zeugnis stand als das was der Mann jetzt im zivilen macht. Und obendrein hat der Kamerad auch noch das Pech ü40 zu sein. Selbst wenn der Kommandeur sagt den brauche ich – führt kein Weg am Karriereverhinderungscenter vorbei.
Tja, wo sollen die Leute herkommen? :-)
Es ist doch schon bezeichnend, wenn die WBdBT sagt, dass das Personalproblem das wichtige Thema für das das Jahr 2025 sei. Mal kurz „geoogelt“ ergibt, dass die damalige BM v.d. Leyen bereits 2014 die Agenda Attraktivität ins Leben rief. Das Problem ist also deutlich älter als 10 Jahre. Es werden Task Forces gebildet, die super Vorschläge machen und daraufhin in Ämter mit B9 berufen werden, aber im Ergebnis passiert fast nichts. Da ist es doch vollkommen klar, dass das BMVg sich in Schweigen hüllt. Man müßte ja das eigene Versagen eingestehen (was wiederum nach Kosequenzen rufen würde) und das kurz vor einer Wahl. Abwegig.
Noch ein Gedanke zum Thema „Beschäftigungsmaßnahme“. Wenn dem so ist (wovon ich mal ausgehe), dann ist es für die Parlamentarier doch ein Leichtes, hier einen Riegel durch entsprechende Regelungen vorzuschieben. Man muß es halt wollen.
@Nico sagt: 31.12.2024 um 10:52 Uhr
„Das trifft das Problem exakt auf den Punkt!!! Auch der Bewerberprozes ist zwar schön gedacht, trifft aber kritisch an der falschen Stelle. Es gibt ja den Einen oder Anderen (aktiven Reservisten) voll ausgebildeten ehemaligen Soldaten der wieder Interesse hätte einzusteigen.“
Das trifft es überhaupt nicht auf den Punkt, vielmehr werfen Sie ganz unreflektiert mit Allgemeinplätzen um sich.
Zum einen kommen Wiedereinsteller doch nur für Mangelverwendungen in Frage. Mehrfach wurde hier im Blog schon festgestellt, das die Bw z.B. bei den Kampftruppen im Heer überhaupt kein Nachwuchsproblem hat, also auch keine Wiedereinsteller braucht.
Zum anderen sollte man auch hinterfragen, wo die Motivation der Kameraden und Kameradinnen liegt, doch wieder zur Bundeswehr zu wollen. Man wird ja schließlich in den allermeisten Fällen SaZ, das sollte man nicht vergessen. Offensichtlich muss man in der freien Wirtschaft dann doch mehr arbeiten und es ist nicht alles golden, was glänzt.
Ich persönlich sehe die Lösung des Personalproblems nicht in der Einstellung oder Wiedereinstellung von Soldat:innen Ü40, vielmehr verschärft man das Problem nur auf mittlere Sicht, aber das interessiert Politiker ja meistens nicht. Die relevante Zielgruppe sind die 18-25jährigen, die werden gebraucht.
Stimme dem vollkommen zu das es einige DP gibt für die es keine Militärs benötigt. Ein MunLgr z.B. würde auch ohne grüne Feuerwerker laufen, der restliche Personalbestand besteht eh zu 95%+ aus zivilen Beamten und Arbeitnehmer.
Und was schreckliche Kasernen angeht die die jungen Leute abschrecken. Die BwDLZ unterhalten einen riesigen Personalstamm an Handwerkern (Elektriker, Klempner, Dachdecker, Maurer, Zimmerer, Straßenbauer usw. ) die in der Regel quer aus der freien Wirtschaft kommen. Motiviert sind aber in der Regel nicht arbeiten dürfen, sollen, what ever.
Führt dann dazu das zivile Firmen beauftragt werden, entsprechend teuer, während die BW Handwerker rumsitzen. Am Ende wird quasi doppelt bezahlt.
Und solange solche Strukturen nicht aufgebrochen werden, wird sich nix an der Zufriedenheit ändern. Weder zivil noch militärisch.
Wie ich hier ja immer wieder „predige“:
Ohne ausreichenden, qualifizierten und langdienenden Nachwuchs an SaZ und BS nützt das ganze neue „Spielzeug“ nichts…
Guten Rutsch und weiter so an den Hausherrn!!! 😀
Pio-Fritz sagt:
31.12.2024 um 15:12 Uhr
„Mehrfach wurde hier im Blog schon festgestellt, das die Bw z.B. bei den Kampftruppen im Heer überhaupt kein Nachwuchsproblem hat, also auch keine Wiedereinsteller braucht.“
„Ich persönlich sehe die Lösung des Personalproblems nicht in der Einstellung oder Wiedereinstellung von Soldat:innen Ü40, vielmehr verschärft man das Problem nur auf mittlere Sicht, aber das interessiert Politiker ja meistens nicht. Die relevante Zielgruppe sind die 18-25jährigen, die werden gebraucht.“
Ihre Argumentationskette erschließt sich mir nicht so richtig. Die Kampftruppen haben kein Nachwuchsproblem.. okay, kaufe ich. Aber gerade die Kampftruppen haben den größten Bedarf an junge Frauen und Männern, da dort die körperliche Beanspruchung besonders hoch ist.
Wieso benötigen andere Verwendungen ebenfalls die ganz jungen Leute, obwohl die körperliche Belastung auf dem Niveau von IGF besteht?
Wie schon im Blog mehrfach darauf hingewiesen wurde, besteht der größte Bedarf gerade dort, wo die Bw in Konkurrenz zur Zivilwirtschaft steht, also z.B. IT, Medizin, Fluglotsen etc oder bei Verwendungen, die besondere Entbehrungen mit sich bringen (z.B. seegehende Einheiten).
Anstatt das sich die Bw hier noch mehr flexibler zeigt – vor allem differenzierter je Verwendung – wird weiterhin, wie bei Ihnen, der „Jugendwahn“ weitergetrieben. Ja, ist schön und besser planbar, junge Frauen und Männer einzustellen. Nur Sie sehen selbst: Es klappt nicht. Die Demographie ist dagegen. Aber fachlich qualifizierter Menschen gehobenen Alters „einzukaufen“, die auch Bock auf Soldat haben, wagt sich die Bw nur mit Kneifzange dran. Zwar finden Seiteneinstiege und Wiedereinstellungen statt, diese Instrumente kommen aber zu kurz. Gerade bei Seiteneinstiege habe ich erlebt, dass diese Frauen und Männer direkt ins kalte Wasser geworfen wurden (d.h. unmittelbarer Einsatz auf den DP nach de GA), anstatt diese vernünftig militärisch Auszubilden (mind. GA + Offz/Fw-Lehrgang + Sprache).
Aber wie sagte unser (noch) Bundeskanzler: Das Personalproblem sei „überschaubar“.
Frohes Neues!
@DrStOffz sagt: 01.01.2025 um 8:08 Uhr
„Aber fachlich qualifizierter Menschen gehobenen Alters „einzukaufen“, die auch Bock auf Soldat haben, wagt sich die Bw nur mit Kneifzange dran. Zwar finden Seiteneinstiege und Wiedereinstellungen statt, diese Instrumente kommen aber zu kurz.“
Ich habe mit dem „gehobenen Alter“ mein Problem.
Bei einem Wiedereinsteller mag es ja vielleicht noch so sein, das dieser kurzfristig auch für den Dienstposten zur Verfügung steht. Wenn denn seine Qualifikationen noch halbwegs aktuell und brauchbar sind.
Aber ein Seiteneinsteiger benötigt Ausbildung, zumindest militärische, für seine Laufbahn. Das dauert im Normalfall genauso lange wie für einen jungen Menschen. Eventuell kann man sich im Fachteil das eine oder andere sparen. Und dann bekommt dieser noch einen Dienstgrad entsprechend seiner zivilberuflichen Qualifikation und diese Haushaltskarte ist dann besetzt.
Beide „Instrumente“ können nicht die Meisterlösung sein, sondern höchstens als mittelfristige Lösung von Personalengpässen dienen, wo unbedingt ein/e Soldat/Soldatin notwendig ist.
Es wurde auch schon verschiedentlich gefordert, eingehend zu prüfen, ob bestimmte Dienstposten auch durch Zivilangestellte abgedeckt werden können. Das halte ich für wesentlich sinnvoller, weil man sich den militärischen Ausbildungsstrang komplett spart. Die Leute ständen wesentlich schneller zur Verfügung.
Langfristig muss der ganz normale Ausbildungsgang eines jungen Soldaten her, damit das Altersgesamtgefüge auch passt. Ohne eine Wehr- oder Dienstpflicht wird es nicht gehen, diese war immer die beste und effektivste Personalwerbemaßnahme in der Truppe.
Niemand braucht z.B. den 54-jährigen Chemielaboranten, der als Stabsunteroffizier oder Oberfeldwebel bei der ABC-Abwehrtruppe anfängt, und dann beginnt Lehrgänge zu besuchen.
Wir sollten über eine Art Fremdenlegion nachdenken, vielleicht nur für EU Bürger oder aus Natostaaten bzw anderweitig verbündeter.
Und Reservisten sollten allein für ihren Bereitschaftsdienst bezahlt werden. Ein Kostenpunkt von 500millionen Euro erscheint mir nicht wahnsinnig viel, Aber 400 Euro im Monat auf 100000 Mann ist ein Anreiz denke ich
Die Personaldiskussionen drehen sich doch alle im Kreise, so lange keine echte Flexibilisierung anhand der konkreten Anforderungen der Dienstposten kommt. Einfach immer mehr Leute zum BS – machen bringt ebenso wenig, wie das sinnlose Einkaufen lebensälterer Seiteneinsteiger ohne Mangelfähigkeit. Und mehr Freiheiten für die Kommandeure in den Verbänden, zwischen Aufgabe, nötiger Leistungsfähigkeit, Dienstposten und Person maßgeschneiderte Lösungen zu finden. Neulich erst wieder erlebt, dass in einer ortsfesten höheren Kommandobehörde ein junger S6 Feldwebel (mit Hobby Ausdauersport!) sitzt, während ein Bekannter von mir mit 42 Jahren eine Anfrage als Wiedereinsteller und IT-Feldwebel ins Heer hat…. Also: Wenn die Generalität es nicht zeitnah hinbekommt, ein ehrliches und funktionales Personalsystem zu schaffen, dann sollte man – wie oben geschrieben – mal einige Sterneträger rauswerfen…
Ich erlebe nun zum dritten Mal, wie das BAPersBW mit Bewerbern umgeht; nun bewirbt sich mein jüngster Sohn für den freiwilligen Wehrdienst als Einstieg in die Bundeswehr. Die zeitlichen Abläufe und die Kommunikation sind m. E. vollständig indiskutabel und demotivierend. Solange dieses Amt derart dysfunktional agiert, ist bei der Personalgewinnung nichts zu erwarten.
Fun fact – bei verbeamteten Reservisten, die beispielsweise in ihrem Jahresurlaub üben, weil es anders nicht möglich ist, werden die Bezüge der RDL mit den erhaltenen Dienstbezügen verrechnet und man kommt ab einem gewissen DG nur durch Reisekosten und Zulagen auf eine schwarze Null. Das fördert die Motivation ungemein… ;-)
@DrStOffz sagt: 01.01.2025 um 8:08 Uhr
„Aber fachlich qualifizierter Menschen gehobenen Alters „einzukaufen“, die auch Bock auf Soldat haben, wagt sich die Bw nur mit Kneifzange dran. Zwar finden Seiteneinstiege und Wiedereinstellungen statt, diese Instrumente kommen aber zu kurz.“
Grundsätzlich sollte schon eine vernünftige Alterspyramide erreicht werden. Da gebe ich @Pio-Fritz vollkommen Recht. Natürlich ist es durchaus vernünftig, sich bei der Besetzung von Mangel-DP bei Wiedereinstellern oder Seiteneinsteigern „umzusehen“. Wichtig ist hierbei aus meiner Sicht der Punkt „…Bock auf Soldat haben…“. Die Motivation sollte nicht aus sehr guter Bezahlung (ggf. mit Prämien versüßt) kombiniert mit heizungsnaher Verwendung am Fenster bestehen, sondern aus der Berufung Deutschland treu zu dienen.
Zum Anderen muss zwingend darauf geachtet werden, dass die Wiedereinsteller oder Seiteneinsteiger nicht aus „Attraktivitätsgründen“ gegenüber dem Bestandspersonal bevorteilt werden.
@Pio-Fritz:
Sie glauben gar nicht, wer und was und mit welchen Falschaussagen für die ABC-Abwehr geschangheit wird … diese Truppengattung ist auch die mit einem hohen Anteil an SU (BS).
@ Ulrik Neupert
Was soll man davon halten, daß eine im Netz angegebene Telefonnummer eines Karrc Bw zur ausdrücklich direkten Kontaktaufnahme weder besetzt noch weitergeleitet ist?
@Voodoo
Ich gebe zu, der Sachstand ist nicht (mehr?) aktuell – aber lange Zeit hatte sich die Bundeswehr geweigert, ihre Beamten für RDL freizustellen … hat sich das geändert?
@Voodoo sagt 02.01.2025 um 15:54 Uhr
„Fun fact – bei verbeamteten Reservisten….“
Ja, natürlich ist das so, die Bezüge laufen ja weiter. Eine Doppelalimentation ist nicht vorgesehen. Alle anderen Reservisten bekommen in der Zeit von ihrem Arbeitgeber, ähh – genau nix.
Die Frage bei verbeamteteten Reservisten ist doch, stehen die auch zur Verfügung, wenn es losgeht oder haben die dann andere wichtige Aufgaben? Nicht umsonst steht momentan die Reservistenbeorderung der Bw-Zivilbediensteten auf dem Prüfstand.
@Pio-Fritz und @Mamorklippe
Die Frage dürfte recht einfach zu beantworten sein: Landesbeamte (außer bei Polizei oder Feuerwehr) verfügbar, Bundesbeamte je nach Dienstherr ggf. nicht. Was der Apparat bezüglich seiner eigenen Beamten derzeit tut, kann ich nicht beantworten – mein Beispiel bezog sich konkret auf einen Landesbeamten.
Bezüglich einer möglichen doppelten Alimentation: Bitte lesen Sie mein obiges Beispiel (RDL im Erholungsurlaub). Es ist für Sie also völlig in Ordnung, dass jemand abseits seiner regulären Pflichten einen zusätzlichen (!) Dienst verrichtet (und das meistens fern der Heimat etc.) und dafür nichts weiter erhält, weil „beurlaubt mit Bezügen“? Und wir reden über Attraktivität, my ass… ;-) Im übrigen sind „andere Reservisten“ bei Besoldung nicht mit Beamten gleichzusetzen, da im USG für sie andere Regeln geschaffen wurden. So wird meines Wissens eine RDL-Prämie bei Ihnen nicht angerechnet, während bei Beamten alles gegengerechnet wird, „um den Dienstherren bzw. öffentlichen Arbeitgeber zu entlasten“ (Zitat).
Zum „Beamtenthema“: Wie bereits an anderer Stelle geschrieben, git es in einigen Bundesländern für Landesbeamte langsame Fortschritte in die richtige Richtung bei Freistellung und Akzeptanz. Was aber über ein allererstes „ja-nein-ah-doch-ja!“ nicht hinausgekommen ist, ist eine UK – Prüfung des Personals der Bundesländer. Da sind nämlich deutlich mehr Bereiche als Polizei und Feuerwehr im Ernstfall nötig, um eine „Gesamtverteidigung“ am Laufen zu halten – auch und gerade über einen längeren Zeitraum. Gleichzeitig muss klar festgestellt werden, dass aus demographischen und strukturellen Gründen eine Umverteilung der vorhandenen zivilen Arbeitslast durch Mehrarbeit oder auf bislang nicht aktivierte Personengruppen kaum möglich sein wird. 1870/71 und auch in beiden Weltkriegen hat man die einberufenen Männer – zumindest anfänglich – durch Mehrarbeit und Einsatz von (Haus-)Frauen ersetzen können und in der Landwirtschaft völkerrechtskonform durch Kriegsgefangene. Wenn Sie heute in Deutschland im V-Fall die erträumten 150.000 Reservisten einberufen würden, wären die in den meisten Fällen durch nichts und niemanden auf die Schnelle zu ersetzen, alleine durch die notwendigen Qualifikationen. Da gibt es keine Planungen bei den Arbeitgebern oder alleine eine gedankliche Vorbereitung. Ich bestaune und bewundere, wie Israel seit dem 7.10. die Einberufungen von hunderttausenden Männern und Frauen hinbekommt. Bei allen damit verbundenen Problemen.
Die These die Kampftruppen hätten kein Nachwuchsproblem höre ich zwar immer wieder aber ich kann mir nicht erklären worauf sich diese Aussagen stützen, ich sehe diese Menschen jedenfalls nicht.
Auf Offiziere trifft das definitiv zu (8 Leutnants auf Dipäk in einem Btl. tun dem gerede über den nutzen dieser Dienstgradgruppe nicht unbedingt gut), aber Mannschaften und Feldwebel sind auch in der Infantrie viel zu wenige, (in meiner TE sind zum Beispiel von 22 Mannschaftern derzeit nur 6 da).
Vielleicht findet sich hier ja jemand der mir diese Diskrepanz mal plausibel erklären könnte, ich wäre ihm dankbar.
Was die RDL unserer zivilangestellten angeht sehe ich massive Vorteile wenn die Leute ihren RD dort machen wo sie sonst auch sind. Ich weiß von einem Zivi in der WaKa der immer dann RD macht wenn der FW im Urlaub oder auf Lehrgang ist damit es Trotzdem einen Portopee in der WaKa gibt. Im VFall würde das auch gleich das oben erwähnte Problem von Befehl und Gehorsam lösen, weshalb ich dafür wäre das alle zivilangestellten ihre Einverständnis geben müssten im VFall automatisch als Reservisten auf dem selben Posten zu dienen. Obendrein wären sie dann befugt eine Waffe zu führen und wären auch bei Tod und Verwundung anders abgesichert (eigene Annahme, korrigiert mich wenn ich da falsch liege).
Da es oben erwähnt wurde: eine Fremdenlegion wäre wohl das Ende vom „Staatsbürger in Uniform“, und diese Büchse der Pandora wird glaube ich keiner so schnell öffnen.
@HG-Butte: In den „guten alten Zeiten“ war das Problem der zivilen Bw-Mitarbeiter mit V-Fall Relevanz auch über die sogenannten „Kalenderdienstposten“ geregelt. Meines (!) Wissens nach: Als es noch eine F und eine V – StAN gab, wurde für jeden Dienstposten festgelegt, welchen Status er haben musste. Braucht man einen Aktiven oder einen Reservisten? Einen Soldaten oder einen Beamten oder Angestellten? Welche Rollen V/F gibt es? Beispiele: Soldat in der Kampftruppe, also F= V. Soldat in der Grundsatzabteilung eines Amtes: F = im Amt und V = nichtaktives Bt. im Heer. Rechtsberater oder Psychologen in der Wehrverwaltung als F – Dienstposten, aber Einstellung z.B. nur mit Tauglichkeit und Bereitschaft zur ResOffz Ausbildung und dann einen V-Dienstposten in einem Divisionsstab. Als die Post noch die Bundespost war, sollen die zivilen Stellen der höheren Feldpostsoldaten auch in der „F-StAN“ der Post besonders gekennzeichnet gewesen sein. Während des Corona – Einsatzes gab es bei einem Truppenbesuch eines Staatssekretärs ein Gespräch, in dem es u.a darum ging, warum Jugendoffiziere und Nachwuchsgewinner in der Pandemie „grundsätzlich zu Hause hocken“, während direkt vor deren Haustür eine territoriale Lage abzuarbeiten war. Laut dem Staatssekretär sei das Problem der nicht mehr ausgeplanten Kalenderdienstposten erkannt worden und auf die Agenda genommen worden. Man war sich einig in der Runde, dass im Idealfall (!) stets F = Frieden V = Verteidigungsfall und A = Alarm (milKatAl) bei allen Dienstposten betrachtet werden müssten. So wären die rund hundert Jugendoffiziere bei A und V eine solide Stärkung der natTerrOrg… sei es in der Lageführung, InfoArbeit etc.. Oder aber sie gehen zurück in ihre alten Verbände, denn etliche JugOffz haben ja hochwertige Spezialausbildungen. Mal sehen, ob wieder Kalenderdienstposten kommen. Sicherlich nicht besonders populär, weil zusätzliche Belastungen… Damit wären wir bei dem allgemeinen Problem, dass die Bundeswehr nicht nur zu wenig Personal hat, sondern dies immer wieder auch ungeschickt verplant und führt…
@Nico
Meine Zeit in der Personalgewinnung liegt zwar schon etwas zurück, aber damals konnte der Kommandeur das „Urteil“ des KarrC überstimmen, wenn er jemanden unbedingt zum UmP machen wollte, allerdings nur für den eigenen Verband.
Leider habe ich selbst in zwei solchen Fällen festgestellt, dass der Kommandeur (mit dieser Möglichkeit konfrontiert), den sonst so überragenden Mannschafter in seinem eigenen Verband dann doch nicht haben wollte.
@Voodoo sagt: 03.01.2025 um 20:55 Uhr
„Bitte lesen Sie mein obiges Beispiel (RDL im Erholungsurlaub).“
Ja, habe ich. Das ist die Variante, die ich nur kopfschüttelnd zur Kenntnis nehme. Grundsätzlich ist zur RDL freizustellen, es sei denn der-/diejenige ist unabkömmlich, das ist dann zu begründen.
Da ich weder Beamter noch Arbeitnehmer bin, kenne ich dieses Problem nur von Erzählungen durch Kameraden. Einfach aktivieren lassen und den Aktivierungsbescheid zur RDL vorlegen. Dann kann der Vorgesetzte seine Ablehnung schriftlich begründen. Man macht sich zwar nicht beliebt mit der Methode, ich kenne aber Kameraden, bei denen das funktioniert hat. Die haben seitdem kein Problem mehr.
Wenn man sich nicht gerade machen will, dann kann man natürlich auch seinen Erholungsurlaub dafür nehmen….
„Karriecenter“? Heißen die wirklich so?
Zitat:“ In der umfangreichen Gesamtschau aller Darstellungen auf sämtliche Fragen und damit einhergehender Informationen ist nicht auszuschließen, dass sich hieraus ein Lagebild ableiten lässt, welches geeignet ist, sich nachteilig auf die Interessen der Bundesrepublik Deutschland auszuwirken,…“
ROFL. Nach allem was ich in diesem Forum schon über die „Arbeitsweise“ der Personaler der Bundeswehr habe lesen müssen, denke ich, die größte Sorge der Verantwortlich nicht „die Interessen der Bundesrepublik Deutschland“ sonder schlicht der Ruf der Bundeswehrverwaltung.
Anstatt aber sichtbare Anstrengungen zu unternehmen, diesen Ruf zu verbessern, versucht mal lieber die Situation totzuschweigen. Das erinnert irgentwie an den Bericht über den Bereitschaftsstand des Materials der Bundeswehr, der dem Amt auch so peinlich ist, dass man sich nicht mehr traut ihn zu veröffentlichen.
Die zentrale Frage ist nach wie vor, welchen Bedarf wir an Personal haben, was wir davon über Reservisten abdecken können und welche Haushaltskarten wir dafür vorhalten.
Wenn wir bei einem Bestand von 182.000 und Ziel von 203.000 nur 166.000 Dienstposten haushalterisch hinterlegt haben, stellt sich natürlich die Frage, wie ernst man das Ganze angeht. Ein Beamter wird befördert, sobald er die Voraussetzungen erfüllt; ein Soldat, selbst in der Spitzengruppe, teilweise erst mehrere Monate später…
Trennung: Wer Urlaub für eine Wehrübung opfert, sollte besser gestellt werden, als jemand, der dafür freigestellt wird. Klingt für mich selbstverständlich.
Und beim Thema, welche Beamte, Angestellte werden im V-Fall zu Soldaten sollten wir unsere Tochterunternehmen (HIL, BWI, Bw-Fuhrpark…) nicht vergessen. Dort ist die deutsche Staatsbürgerschaft nicht zwingend Voraussetzung! (Und somit eine automatische Übernahme in ein Dienstverhältnis nicht möglich).
Auch die Aussage, welche Posten müssen zwingend durch Soldaten ausgeführt werden, ist kritisch zu hinterfragen, da im Rahmen des (zivilen) Arbeitsschutzes ziviles Personal abgezogen werden MUSS! Die Frage muss also nicht sein, welche Aufgaben zwingend durch einen Soldaten ausgeführt werden muss, sondern, welche Aufgaben sind jederzeit unabhängig jedweder Gefährdung sicherzustellen (und somit wird es kaum eine Alternative zu einem Soldaten geben). Als Gedankenspiel: Was ist, wenn HIL, BWI,… aus arbeitsschutzrechtlichen Gründen Ihr Personal abziehen MÜSSEN und auf Grund der Nationalität keine Überführung in ein Soldatenverhältnis möglich ist…
„Wenn man sich nicht gerade machen will…“ Wow, soviel Arroganz in einem Statement, ich bitte Sie, werter @Pio-Fritz. Aber etwas mehr Kontext: Besagtes Beispiel bezog sich auf einen Lehrer, der als Landesbediensteter und Kollege versucht, die Lücke in seinem Feld nicht noch zu vergrößern (der Mangel an (Fach-)Lehrkräften dürfte allseits ein Begriff sein), gleichzeitig aber seine Berufung als Offizier und ehem. SaZ 12 nicht aufgeben und seine Beorderung in einem Btl mit Leben füllen will.
Selbiges Beispiel dürfte übrigens bald auch auf Beamte (und Angestellte) der Kommunen oder Länder zutreffen, da sich dort mit Ausscheiden der Babyboomer ebenfalls gigantische Lücken ergeben werden. Gerade machen… der war gut.
@Voodoo sagt: 04.01.2025 um 23:51 Uhr
Werter Voodoo, Ihr Beispiel ist denkbar ungeeignet, um irgendwelche angeblichen „Ungleichheiten“ oder „Schieflagen“ anzuprangern. Weder die Bundeswehr noch der Landes-Dienstherr ist ursächlich für die Misere Ihres Bekannten.
Vielmehr hat Ihr Bekannter selbst für sich die Entscheidung gefällt und persönliche Prioritäten gesetzt. Ein Ausfluss daraus ist eben, den Erholungsurlaub für Wehrübungen zu nehmen und sich nicht dafür freistellen zu lassen.
In meinen Augen falsch verstandene Kollegialität, zudem die Ferienzeiten ggf. durchaus beides hergeben würden, ohne das Unterricht ausfällt.
Zudem ist das arbeitsrechtlich auch nicht ohne. Erholungsurlaub dient der Erholung des Arbeitnehmers und ist nicht dazu da, um irgendwo anders zu arbeiten. Da gibt es meterweise Rechtsprechung zu, gilt auch für Nebenjobs etc..
Und in dem Moment hat es schon was mit „gerade machen“ zu tun. Seinem Land als Reservist zu dienen ist ja nicht das persönliche Vergnügen der Reservisten, sondern Dienst an der Allgemeinheit. Und da dürfen ruhig alle mittragen, Auch die Kollegen, die unter Umständen mal zwei – drei Wochenstunden zusätzlich für einen gewissen Zeitraum mehr unterrichten dürfen/müssen.
Statt dessen wird der Weg des geringsten Widerstands gewählt und es gibt keine unangenehmen Diskussionen. Und der nächste Reservist, der dort an die Schule kommt und das nicht so will, sondern vernünftig freigestellt werden möchte, der bekommt kein Bein an die Erde. Ihr Beispiel-Bekannter erweist auf seine Art und Weise dem Reservistenwesen einen Bärendienst.
@zkf
Nur eine kurze Erklärung warum die „unendlich vielen“ Handwerker im Technischen Gebäudemanagement nicht alle was neues bauen können. Die sind schlichtweg dafür da, den Liegenschaftsbetrieb sicherzustellen, was auch eine Kernaufgabe der BwDLZ ist. Also warten, inspizieren und ggf. instandsetzen. Da bleibt wenig Zeit für andere Maßnahmen, die auch in der Verantwortung der stattlichen Bauverwaltung liegen. Diese beauftragt dann den Großteil der Firmen, die ihnen fehlen.
Das Wartungspläne abzuarbeiten weniger motivierend ist, als was schickes selbst anzufertigen, steht außer Frage.
@PioFritz und @Vodoo: Zwei entscheidende Aspekte müssen Sie noch mitbedenken: A) Eine RDL ist nur sinnvoll und wird von Schulleitung bzw. Kommandeur genehmigt, wenn der Termin militärisch sinnvoll ist UND eine Freistellung möglich. Das heißt, schulisch und militärische Terminzwänge müssen passen. Und machen Sie mal eine vierwöchige RDL, als Chef, wenn die aktive Kompanie in Sommerurlaub ist. Oder nehmen Sie an der Brigadeübung teil, wenn gleichzeitig Abiturprüfungen oder Klassenfahrten 10 IHRER Klassenleitungsklasse sind… Da werden die Zeitfenster sehr eng. Das befohlene Abfeiern von Überstunden rund um Feiertage verschärft die Chance auf Ferien-RDL, wenn ganze Stäbe die kompletten Weihnachts- und Osterferien dicht sind. ….. B) Gerade im öffentlichen Dienst gibt es sehr viele Vorgesetzte, die Reserve als militaristisches Hobby ansehen und solche Leute als ungeeignet für eine zivile Karriere ansehen. ….. Und ja, dann wird es zweischneidig, wenn man mit minimalem Auffallen seinen Dienst verrichtet und dabei auf „seine Rechte“ verzichtet. Ich habe einige Offiziere in meinem Kommando gehabt, die bei Bewerbungen im Öffentlichen Dienst den Anteil Bundeswehr nur minimalistisch erwähnt haben, aber aktuelle Beorderungen und Aktivitäten verschwiegen haben. Hier wäre es die sicherheitspolitische Aufgabe der politischen Klasse, eine Kultur der Wertschätzung von Wehrdienst aller Art von oben durchzusetzen. Denn in der Praxis lassen sich eher selten Kompromisse finden, wie bei meinem zweiten Einsatz im Ahrtal: Dank des Digitalisierungsschubes durch Corona „durfte“ ich drei prüfungsrelevante Termine online anbieten, was nur ging, weil ich a) als StOffz die Zeitplanung mil bestimmen konnte b) vor Ort eine Einzelunterkunft als Rückzugsort c) die notwendige mobile IT hatte und d) es rechtlich inzwischen möglich war…. Wenn Sie all diese Faktoren sehen wird klar, warum längere RDL für „normale Truppenoffiziere“ im Schuldienst in Einheiten/Verbänden so schwierig sind…
@Windlicht sagt: 06.01.2025 um 11:47 Uhr
Ich weiß nicht, ob ich mich so verklausuliert ausdrücke. Für diese Dienste gibt es Gesetze , Erlasse und Verordnungen, die die Teilnahem an RDL, Feuerwehreinsätzen etc. regeln. Das ist ja nicht nur bei der Bw so, das betrifft nahezu alle Blaulicht-Organisationen (außer Polizei). Diese kann man in Anspruch nehmen, wenn man denn Dienst leisten möchte und die Interessenkollision (wie von Ihnen beschrieben) nicht zu groß ist, so das der Arbeitgeber/Dienstherr abwinkt. Ansonsten hat er einen ziehen zu lassen.
Es gibt eben auch genügend Gegenbeispiele, wo das hervorragend funktioniert, ohne das Karrierenachteile entstehen. Auch bei Lehrern, so hat ein befreundeter KVK-Leiter in der Corona-Pandemie 15 Monate in zwei Tranchen geübt (Gymnasiallehrer, auch Oberstufe), ein anderer ist in der Landesschulbehörde A16 geworden und übt auch aktiv, und zwar ganz offiziell, zwar nicht so lange wie der Erstgenannte, es funktioniert aber.
Man muss sich da nicht verstecken, ehemalige Soldaten gibt es überall auf allen Positionen. Wer meint, sich da verstecken zu müssen, der hat ein ganz klares Problem mit seinem Selbstverständnis. Ich als Selbständiger mach daraus überhaupt kein Geheimnis und mache überwiegend gute Erfahrung damit. Und die paar negativen Äußerungen, die es gibt, die müssen dann eben woanders hingehen.
Wir als Reservisten müssen den Respekt für unsere Tätigkeit aktiv einfordern, es kommt keiner und klopft uns auf die Schulter.
@Pio-Fritz
Richtig ist aber auch, daß eine neue Beorderungen als Ltr / stv. Ltr VKdo und SanStOffz in der TerrVbdgOrg nur möglich ist wenn die Person keine Aufgabe in einer Blaulichtorganisation / einer BOS hat – um eben Konflikte / Kollisionen bei Alarmierung / Aktivierung zu vermeiden.
@Verpflegungsbeamter: Aus eigener Erfahrung: ja, inspizieren können die. Das war’s dann auch schon. Auftrag wird nach einigen Monaten geschlossen. Mangel besteht weiter. Regelmäßige Erinnerungen bewegen nichts. Resultat: Verwahrlosung der Liegenschaft (stellenweise dunkel, manchmal kalt, Wasserschäden).
Wer zu einem Arbeitgeber will, der Top ist, entscheidet sich aus nachvollziehbaren Gründen eher nicht für die Bundeswehr. Die ambitionierten und befähigten Interessierten finden schneller anderswo spannende Herausforderungen. Die Bundeswehr ist im Vergleich zur Konkurrenz zweitklassig.
Erste Erfahrungen im Bewerbungsprozess selbst bei vorhandenem Interesse führen bei der Mehrzahl der Interessierten schnell zur Desillusionierung , da die Bürokratie der Bundeswehr sich in diesem Prozess beispielhaft dysfunktional präsentiert. Das System ist unfähig Bewerber in einem transparenten Prozess schnell aufzunehmen. Wenn die Bundeswehr Monate braucht, um einem Bewerber mitzuteilen, dass man ihn ablehnt, darf die Bundeswehr sich nicht wundern, wenn sie sich damit keinen Gefallen tut.
Wer die schrumpfende Zahl der Soldaten beobachtet, braucht wenig Fantasie, um zu verstehen, dass die Bundeswehr auch nach Jahren ohne Wehrpflicht keine Lösung hat ausreichendes und gutes Personal zu rekrutieren. Die Ursachen für das inkompetente Verhalten u.a. des BAPers und entsprechende Lösungsvorschläge sind den Entscheidern in der Bundeswehr bekannt. Wie leider häufig geschieht nichts.
@Thomas Melber sagt: 06.01.2025 um 22:48 Uhr
Ist ja richtig, nur, darum ging es gar nicht.
31.12.2024 um 10:52 Uhr
„““Jeder Dienstposten SaZ oder BS muss mit einer Haushaltskarte hinterlegt sein – davon wurden wir viele der Bundeswehr genehmigt?
Für meinen förderlichen Dienstposten gibt es nach 22 Monaten noch immer keine Haushaltskarte. Meinen Kindern und anfragen aus meinem Umfeld hab ich trotz Standortnähe abgeraten. Die die es verbockt haben wurden dafür noch befördert und tragen nun den dritten goldenen Stern.
„““Zudem die Arbeitszufriedenheit der aktiven Soldaten angehen – solange die meisten ihrem Umfeld abraten zur Bundeswehr zu kommen bringt die beste und teuerste Werbung nichts.“““
@Nemesis Starke Behauptung und ohne Nachweis und konkreten Sachverhalt einfach eine Meinung im Raum. Bei Warten und inspizieren passiert augenscheinlich nicht so wirklich viel und bestimmte Sachen können halt auch nur bis zu einer Baumaßnahme am Leben gehalten werden.
Beurer sagt (08.01.2025, 14:08 Uhr):
„…die Arbeitszufriedenheit der aktiven Soldaten angehen – solange die meisten ihrem Umfeld abraten zur Bundeswehr zu kommen bringt die beste und teuerste Werbung nichts“.
Immer wieder richtig, 100 % Zustimmung. Der beste „Nachwuchswerber ist der aktive Mitarbeiter“. Der macht das nämlich quasi als „Nebenjob“ im Verein, in der Familie in den soz. Netzwerken, usw. Dieses a.m.S. riesige Potenzial an „Nachwuchswerbern“ wird aktuell nur mangelhaft genutzt. br Hochmotiviertes, leistungswilliges und -fähiges Personal mit schicken Versprechungen (die sich dann unter Angabe von fadenscheinigen Begründungen = Ausreden nicht erfüllen) auf DP´s bringen führt nicht dazu, dass die Arbeitszufriedenheit steigt. Das ist eigentlich eine Binse, kommt aber tagtäglich vor.
Das „Personalproblem“ lässt sich leider nicht an nur einer Tatache festmachen.
1) Als erstes sollte man sich einfach eingestehen das die Demographie grundsätzlich zu weniger Bewerber führt.
2)Weniger Bewerber bedeutet zugleich höher Wettbewerb mit anderen Arbeitgeber.
3) Um den „Kampf“ der Bewerber zu gewinnen, muss die Bundeswehr zu einem ihre Attraktivität für Bestandskunden und Neukunden massiv erhöhen. Eine veraltete langsame und oftmals überforderte Personalführung führt zu unzufriedenen Bestandskunden die wiederum keine Eigenwerbung für ihre Bundeswehr vollziehen. Wenn jeder der 180000 BW Mitarbeiter zufrieden wären, bräuchte es die vielen Werbemaßnahmen nicht.
Für einen großen Anteil der jetzigen Generation ist ein Arbeitgeber der einen ständig in ganz Deutschland auf Reisen schickt, schlicht weg unattraktiv.
4) Die Gehaltstruktrur gehört schleunigst angepasst, ein ungelernte Arbeitskraft (Mschft) verdient im Vergleich zu denen die Verantwortung über Personal u Material tragen viel zu viel oder andersrum die anderen zu wenig.
5) Ein Kommandeur/Kommodore/Verbandsführer hat viel zu wenig flexible Dienstpostenmöglichkeiten, kann oftmals gute Mitarbeiter nicht am eigenen Standort fördern, dies geht oft nur mit einem Standortwechsel, somit lohnt sich oftmals Leistung nur bedingt.
Wir müssen im Gesamten
flexibler; schneller und vorallem moderner werden um mit anderen Arbeitgeber konkurrenzfähig zu werden. Erst dann wird sich das Personalproblem langsam lösen.
@Verpflegungsbeamter: Keine Sorge, Nachweise führen wir hier. Sind Running Gags in den regelmäßigen Arbeitsschutzbegehungen. Aber irgendwann sind diese Gags halt auch nicht mehr lustig. Beispielsweise, wenn die Unterlassungen im Sinne § 9 Abs. 2 ArbStV relevant werden. Bis dahin ist dann aber schon genug Personal vergrault (um wieder ontopic zu kommen).