Merkposten: Wichtige Untersee-Datenkabel in Nordeuropa beschädigt
In Nordeuropa wurden am (heutigen) Montag mehrere Untersee-Datenkabel als beschädigt gemeldet, darunter ein Hochleistungskabel zwischen Finnland und Deutschland. Ob es sich um gezielte Sabotage handelt, ist noch offen. Allerdings wurden laut Betreibern die Glasfasern komplett durchtrennt.
Die erste Meldung hatte die Verbindung von Helsinki nach Rostock betroffen. Von der finnischen Betreiberfirma Cinia:
A fault has been detected in the Cinia Oy C-Lion1 submarine cable between Finland and Germany early after 4 a.m. on Monday 18th November, 2024. Due to the fault, the services provided over the C-Lion1 are down.
‚The details of the fault are yet not known and are currently being investigated. Corrective measures have been initiated and the repair vessel is getting ready to go on the site. The exact repair time is not yet known, but typically the repair time for submarine cables is between 5 and 15 days.
Finland’s international telecommunication connections are routed via multiple routes and the impact of a single cable failure depends on the resilience of the service providers‘ connections.
C-Lion1 is a submarine telecommunications cable between Finland and Germany with a length of 1173 km. The submarine cable was launched in 2016 and connects Central European telecommunications networks to Finland and other Nordic countries.
Parallel dazu wurde ebenfalls am Montag ein Ausfall des Untersee-Datenkabels zwischen Litauen und Schweden bekannt. Die Betreiberfirma Telia äußerte sich im litauischen Rundfunk:
“The cable was cut on Sunday morning, at around 10:00. The systems immediately reported that we had lost the connection. Further investigation and clarification took place, and it turned out that it was damaged,” Šemeškevičius told the LRT TV Important Hour programme.
Auch wenn es noch keine Klarheit über die Ursache und mögliche Verursacher gibt – Vermutungen gibt es schon. Und so äußerten sich am Montagabend auch die Außenministerinnen Finnlands und Deutschlands, Elina Valtonen und Annalena Baerbock, in einer gemeinsamen Erklärung:
We are deeply concerned about the severed undersea cable connecting Finland and Germany in the Baltic Sea. The fact that such an incident immediately raises suspicions of intentional damage speaks volumes about the volatility of our times. A thorough investigation is underway. Our European security is not only under threat from Russia‘s war of aggression against Ukraine, but also from hybrid warfare by malicious actors. Safeguarding our shared critical infrastructure is vital to our security and the resilience of our societies.
(Weiter nach Entwicklung vermutlich am Dienstag)
Wie für die völkerrechtswidrigen russischen Angriffe auf die Lebensgrundlagen der Ukrainer und die hybride russischen Angriffe auf Westeuropa, stellt sich mir die ernsthafte Frage, wann der Westen endlich selbst rote Linien formuliert.
Diese müssen natürlich glaubhaft und realistisch sein. Hätten wir schon längst tun sollen, dann wäre den Ukrainern viel erspart geblieben. Beispielsweise hätte die US-Regierung klar sagen können: Beim nächsten Angriff auf die ukrainische Energieversorgung liefern wir 50 Bradleys. Beim übernächsten weitere 100 usw. Ginge auch mit Taurus. Somit würde für Putin der Preis für seine Verbrechen kalkulierbar. Nennt man Abschreckung.
@T.W.: Hatte ich noch nicht gesehen. Danke für den Hinweis. Ändert allerdings nicht wirklich etwas am Aussagegehalt meines Kommentars. Selbst wenn er Russe gewesen wäre, wäre das auch kein abschließendes Kriterium für eine belastbare Schuldzuweisung.
@Segestes
naja im Falle der Brandsätze in Flugzeugen laufen ja die Ermittlungen, gegen etnisch rusdische Balten. Dort gibt es ja wirklich viele ethnische Russen.
Da werden Sie sich sehr lange gedulden müssen.
Im Falle der 2 beschädigten Kabel und der Gaspipeline letztes Jahr fand ich am interessantesten im Zuge des jetzigen Vorfalls erfahren zu haben, dass China den Vorfall selbst einräumt. Nur eine Absicht streitet man natürlich ab, nur wer bitte fährt hunderte km mit abgelassenen Anker „ausversehen“ rum.
hm das mit den Regeln fürs offene Meer ist aber echt ne krux, dann dürfen „zivile“ Schiffe – über irgendwelche Tarnkonstrukte – wohl munter weiter kritische Infrastruktur zerstören und einfach weiterfahren.
@T. Wiegold
Ich bitte um Entschuldigung…es muss natürlich heissen: „Gerüchte über ein Boarding könnten NICHT bestätigt werden.“
@Flying-Tiger
Vornweg, die Leitung zwischen Finnland und Estland ist eine Gasleitung eben Balticconnector.
Auch Sie bewegen sich im Bereich der Vermutungen. Gibt es z.B. irgendeinen qualifizierten Hinweis, dass die Datenkabel jetzt durch einen Anker beschädigt wurden? Könnte es nicht auch ein Tauchroboter gewesen sein, oder…?? Noch ist wohl nicht einmal ganz klar, ob es überhaupt eine äußere Ursache gab.
Und wie immer bei ungeklärten Fällen sollte die Frage qui bono gestellt werden. Da gibt es mehrere mögliche Antworten, aber einen Nutzen für China kann ich nicht erkennen.
@aussenstehender 21.11.2024 um 11:46 Uhr
„@J10:
das neue HQ in Rostock ist für das Lagebild Ostsee zuständig. Eingeweiht wurde es vor 4 Wochen.“
Zufälle gibt’s?
Visualisierungen wie diese sind hilfreich zum Verstehen (Grafik unten):
https://www.blauwasser.de/ankern_kettenlaenge
Wichtigste Größen sind die Meerestiefe und die erforderliche Anker- bzw. Schlepplänge. Bei dem Anker muss es sich nicht zwingend um den eigenen Schiffsanker handeln, ein Anker an einem Stück Kette und starkes Schleppseil zur Verlängerung ist ausreichend und kann danach ggf. gekappt werden.
Aus diesen Größen lassen sich gefährdete Seeräume abstecken, die besser und enger als bisher überwacht werden müssen. Ich vertraue darauf, dass kompetente Seebehörden ihre Hausaufgaben machen, und ausreichend befähigt sind/werden.
@Sergetes 21.11.2024 um 16:33 Uhr
China könnte ein Interesse daran haben, damit politische Signale zu setzen, z.B. als Antwort auf Passagen durch chinesisch beanspruchte Gewässer. Vergleichbare Angriffe im Cyberraum sehen wir ja schon seit Längerem.
Juristisch gesehen ist die Abwehr von Sabotageakten an Unterwasser-Pipelines und -kabeln mitunter eine heikle Angelegenheit. „Da klafft eine große rechtliche Lücke“, sagt Thea Coventry, Seerechts-Expertin am Asser-Institut für internationales Recht in Den Haag.
Beschädige beispielsweise ein unter ausländischer Flagge fahrendes Schiff ein Unterseekabel, habe der Küstenstaat zwar das Recht, Maßnahmen zu ergreifen, aber nur in den eigenen Hoheitsgewässern. Zudem müssen „Beweise für eine bösartige Absicht vorliegen“, so Coventry.
Kreuzt der Saboteur in internationalen Gewässern und handelt es sich um ein Marineschiff oder ein staatliches Forschungsschiff, dürfen patrouillierende Schiffe eines anderen Staates nicht einschreiten.
Quelle: https://www.deutschlandfunk.de/nordstream-tiefseekabel-pipelines-sabotage-100.html
[Juristisch gesehen ist das schlichte rüberkopieren von Texten aus Veröffentlichungen, noch dazu ohne jede eigene Aussage, im Sinne des Zitatrechts eine heikle Angelegenheit. T.W.]
@Alles was Recht ist 23.11.2024 um 16:09 Uhr:
Es tauchen ja hier auf ag in vielen Fäden häufig Kommentare auf, die sich in der rechtlichen Würdigung eines Sachverhalts ergehen. Bei Haushaltsfragen und von mir aus in Sachen Beförderungen oder beidem ist das wohl angemessen, aber bei Bedrohung eigener kritischer Infrastruktur am Meeresboden sehe ich das als maximal rührend an. Sich mit völkerrechtlichen Aspekten den Arbeitsvorrat zuzuschütten, während der Gegner mit Ansage Pirouetten um uns dreht, weil er weiß: Es fehlt politischer Wille und dann vielfach auch die Fähigkeit, präventiv oder punitiv (Um sich hier mal im Legal-Sprech zu versuchen) Maßnahmen zu ergreifen. Das Thema hybrider Krieg in der Ostsee findet national neben der bundespolitischen Nabelschau „Wer kürt sich selbst zum Kanzler, und wenn ja, wie viele?“ nicht eben massiv Beachtung, ein alter Trick, um Post-modern geprägten EntscheiderInnen zu suggerieren: Keine Schlagzeilen, keine Relevanz. Aber der deutsche Michel setzt eh lieber den Generalbundesanwalt als die Seestreitkräfte in Marsch: „Staatsanwaltliche Untersuchung“ klingt in unseren Ohren immer wie: Täter quasi erkannt, gefasst, verurteilt und bestraft = Alles rechtlich einwandfrei abgearbeitet und abgelegt, wir können uns wieder hinlegen. Obwohl auch das schönste Gesetz, und die triftigsten Urteile vom Richterstuhl immer Machtmittel brauchen, um diese durchzusetzen. Ebenso wie Lösungen im eigenen Interesse für sicherheitspolitische Herausforderungen wie: „Wer beherrscht die Ostsee?“. Sollte bei einem Blick auf die Karte klar sein, ist es aber nicht.
„Mal Butter bei die Fische“:
Saemtliche Mitforisten die sich hier aufregen ueber vermeintliche Duldsamkeit bei Straftaten auf Hoher See und im Kuestenmeer sollten bedenken, dass
– bei Straftaten hieb- und stichfeste Beweise notwendig sind, um die Taeter zu ueberfuehren und ggf zu verhaften. und danach zu verurteilen und Schadensersatz einzusammeln. Das ist die juristische, straf- und zivilrechtliche Seite.
Dazu ist es notwendig den/die Taeter in flagranti zu stellen und seine boeswillige Intention zu beweisen.
Beispiel (einfach, simpel): Ein in HongKong registriertes Fischereifahrzeug fischt in Hoheitsgewaessern Neuseelands (oder Fiji, oder Hawaii (USA).
Ergebnis: Arrest des Schiffes, Besatzung und Kapitaen wandern ins U-Gefaengnis, Schiff wird von der Reederei abandonniert, Kpt & Besatzung werden auf diplomatischen Wege freigekauft und repatriiert…. Das Fahrzeug wird von den Behoerden irgendwann versteigert.
Nicht so simpel: Ein Fahrzeug versucht wegen Maschineneausfall oder mangels Ladungsaufkommen oder aus sonstigen Gruenden zu ankern. Auf der Hohen See und in vielen anderen Seegebieten herrscht (bisher) kein Ankerverbot. Aufgabe an den Juristen oder Vollzugsbeamten: Weisen Sie dem ankernden Schiff vorsaetzliche oder grob fahrlaessige Sachbeschaedigung nach!
ect…..
Fachliches Schmankerl: In der Vergangenheit wurden Pipelines und Seekabel „eingespuelt“ (in den Seegrund vergraben) damit sie nicht von Ankern oder Fischern erfasst werden konnten. Wenn das heute versaeumt wird kann ein wohlwollendes Gericht entscheiden, dass der Eigentuemer des Kabels nicht die Sorgfalt eines ordentlichen Kabellegers hat walten lassen. Ergo????
Moralische oder politische Entruestung schadet dem Denkvermoegen.
Bemerkenswert: auf Marinetraffic kann man sehen, dass die YI PENG 3 immer noch vor Anker liegt.
Und sie wird aktuell von 2 bewaffneten europäischen Schiffen bewacht, die seit mehreren Tagen neben dem chinesischen Schiff liegen:
der dänischen DNK NAVY PATROL P525 und dem deutschen Küstenwachschiff BAD DUBEN.
Das wirkt den Eindruck, dass es sich tatsächlich um einen sehr kritischen Fall handelt.
Gibt es irgendwelche aktuellen Infos, was da läuft?