Rheinmetall baut neue Munitionsfabrik: „Deutsche Souveränität“ in drei Jahren (Nachtrag: Scholz-Rede)
Fürs Protokoll: Die neue Munitionsfabrik, deren Bau der Rüstungskonzern Rheinmetall an seinem Standort in Unterlüß begonnen hat, ist nicht nur wegen der geplanten Produktionsmengen bedeutsam. Fast noch wichtiger: Das Unternehmen strebt innerhalb von drei Jahren eine komplette deutsche Eigenproduktion von Artilleriemunition an – ohne Zulieferungen aus dem Ausland, also auch aus anderen europäischen Staaten.
Der Bau begann am (heutigen) Montag mit dem symbolischen ersten Spatenstich, den Bundeskanzler Olaf Scholz, die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen und Verteidigungsminister Boris Pistorius zusammen mit dem Rheinmetall-Chef Armin Papperger vollzogen. Aus der Mitteilung des Konzerns:
Das „Werk Niedersachsen“ wird künftig Artilleriemunition, Sprengstoff und Komponenten für Raketenartillerie herstellen. Rund 200.000 Artilleriegranaten sollen hier künftig pro Jahr entstehen, sowie bis zu 1.900 Tonnen RDX-Sprengstoff und optional weitere Komponenten zur Herstellung von Munitionsladungen. Außerdem soll vor Ort die Produktion von Raketenantrieben und ggf. Gefechtsköpfen erfolgen, wie sie z.B. für das geplante deutsche Raketenartillerie-Projekt benötigt werden. (…)
Rheinmetall schafft mit dem neuen Werk die Möglichkeit, den Bedarf der Bundeswehr unabhängig aus nationaler Fertigung zu decken und – insbesondere im Krisenfall – eigenständige Abgaben an Partnerstaaten zu gewährleisten. Bisherige Abhängigkeiten von Exportfreigaben anderer Länder werden somit aufgehoben, so dass Deutschlands Souveränität in diesem sicherheitsrelevanten Bereich hergestellt wird. Dabei wird Rheinmetall die komplette Wertschöpfungskette für Artilleriemunition in Unterlüß entstehen lassen, um den „Full Shot“ aus einer Hand bieten zu können: Das Geschoss, den Zünder, die Sprengladung sowie die Treibladung, die das Geschoss beim Abschuss aus dem Rohr treibt.
Dazu wird das Werk Niedersachsen weitgehend autark arbeiten und alle Arbeitsschritte vor Ort abbilden, die zur Fertigung von Artilleriegeschossen erforderlich sind. Bei dem Aufbau der Fertigung folgt Rheinmetall einem modularen und skalierbaren Konzept zur Versorgungsicherheit, das perspektivisch einen weiteren Aufwuchs ermöglicht.
Prioritäre Zielsetzung beim Aufbau des Werks ist ein möglichst früher Produktionsstart. Nach einer Bauzeit von rund 12 Monaten – ausgehend vom Vertragsschluss mit dem Auftraggeber – wird eine Kapazität von 50.000 Geschossen p.a. erreicht, mit einem anfänglichen Anteil nationaler Wertschöpfung in Höhe von 50 Prozent. Dieser Anteil wird sich sukzessive erhöhen, auf 80 Prozent im zweiten und 100 Prozent nationaler Wertschöpfung im dritten Produktionsjahr. Damit entstehen Versorgungssicherheit für Deutschland und vollständige inländische Wertschöpfung.
Dabei wird eine jährliche Kapazität von 100.000 Geschossen ab dem zweiten Jahr der Produktion erreicht, später steigt die Kapazität auf 200.000 p.a. an.
Kernsatz dabei: Bisherige Abhängigkeiten von Exportfreigaben anderer Länder werden somit aufgehoben, so dass Deutschlands Souveränität in diesem sicherheitsrelevanten Bereich hergestellt wird. Am Beispiel von Munition für den Flugabwehrkanonenpanzer Gepard, aber auch bei in Spanien in einem Rheinmetall-Tochterunternehmen produzierter Munition war in den vergangenen Jahren deutlich geworden, dass selbst innerhalb Europas nationale Entscheidungen die Weitergabe von Munition einschränken können.
Nachtrag: Die Ansprache von Bundeskanzler Scholz in der vom Bundespresseamt veröffentlichten Fassung:
Heute ist ein ganz besonderer Tag, ein besonderer Tag für Unterlüß und die Südheide, für die Region und für Niedersachsen, ein besonderer Tag aber auch für die Sicherheit unseres Landes und ganz Europas. Deshalb möchte ich mit einem großen Dank beginnen. Danke an alle, die Anteil daran hatten, dieses Projekt so schnell voranzubringen! Danke vor allem auch an Rheinmetall und an Sie, Herr Papperger! Mit Ihrer Investition in Höhe von 300 Millionen Euro in das neue Niedersachsenwerk legen Sie die Grundlage dafür, die Bundeswehr und unsere Partner in Europa eigenständig und vor allem dauerhaft mit Artilleriemunition zu versorgen.
Die Dimensionen dieses Projekts und auch die des schon bestehenden Werks sind wirklich beeindruckend. Das hat uns der Rundgang gerade noch einmal gezeigt. 200 000 Artilleriegeschosse pro Jahr, dazu Sprengstoff und Komponenten für Raketenartillerie sollen hier künftig entstehen. Das klingt beeindruckend, und es ist beeindruckend.
Andererseits wissen wir, dass an der Front in der Ost- und Südukraine derzeit mehrere Tausend Artilleriegeschosse abgefeuert werden, wohlgemerkt, pro Tag. Das zeigt, wie wichtig eine eigenständige und dauerhafte Produktion solcher Munition ist. Zur Wahrheit gehört, dass es eine solche Produktion vor der Zeitenwende nicht gab, nicht in Deutschland und auch nicht in vielen anderen europäischen Partnerstaaten. Die Depots der Bundeswehr waren ziemlich leer.
Viel zu lange ist Rüstungspolitik in Deutschland so betrieben worden, als ginge es dabei um einen Autokauf. Wenn ich mir in zwei oder drei Jahren einen VW Golf kaufen möchte das sage ich hier in Niedersachsen einmal , dann weiß ich heute, dass es ihn geben wird. Ich muss dann vielleicht drei oder sechs Monate darauf warten; aber danach steht das Auto auf dem Hof. Aber so funktioniert Rüstungsproduktion eben nicht. Panzer, Haubitzen, Hubschrauber und Flugabwehrsysteme stehen nicht irgendwo im Regal. Wenn über Jahre hinweg nichts bestellt wird, dann wird auch nichts produziert. Das ist ziemlich klar.
Umso bemerkenswerter ist es, wie schnell Rheinmetall die Produktion hochgefahren hat, und umso wichtiger ist es, dass auf das jahrelange Wegsehen nun ein Hinsehen und Hingehen folgen. Auch deshalb sind Boris Pistorius und ich uns einig und heute hier. Wir wollen damit unsere Anerkennung dafür zum Ausdruck bringen, wie schnell Rheinmetall und auch andere Unternehmen der Verteidigungsindustrie in die Bresche gesprungen sind. So wie hier in Unterlüß sind in ganz Deutschland viele Tausend Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gerade dabei, neue Produktionsstraßen zu errichten, Schichten auszuweiten und den Betrieb hochzufahren.
Mit dem Sondervermögen für die Bundeswehr in Höhe von 100 Milliarden Euro, mit unserer inzwischen eingelösten Zusage, jetzt und in Zukunft zwei Prozent unserer Wirtschaftsleistung für die Verteidigung unseres Landes und unser Bündnispartner einzusetzen, haben wir die Grundlage dafür gelegt. Auf diese Zusage können sich die Bundeswehr und die Industrie verlassen. Denn für mich ist völlig klar: Nur so kann nachhaltig geplant und beschafft werden. Nur so erreichen wir unser Ziel, die Bundeswehr wieder zu einer der leistungsfähigsten konventionellen Streitkräfte in Europa zu machen.
Das ist dringend erforderlich. Denn so hart diese Realität auch ist, leben wir nicht in Friedenszeiten. Russlands Angriffskrieg und Putins imperiale Ambitionen, die er ganz offen formuliert, sind eine große Gefahr für die europäische Friedensordnung. In dieser Lage gilt: Wer Frieden will, der muss mögliche Aggressoren erfolgreich abschrecken.
Der wohl wichtigste Beitrag, den wir derzeit für Frieden und Sicherheit in Europa leisten können, ist unsere Unterstützung der Ukraine. Sie haben das schon erwähnt, lieber Herr Papperger, und auch du, Mette, hast das getan. Ja, wir sind militärisch der zweitgrößte Unterstützer der Ukraine nach den USA. Genau genommen sind unsere Zusagen für das laufende Jahr, fast acht Milliarden Euro und weitere sechs Milliarden Euro für die kommenden Jahre, derzeit sogar die größte bestehende Zusage überhaupt.
Das ist aber kein Grund zur Prahlerei, die sowieso eine schlechte Eigenschaft wäre, sondern eher ein Grund zur Sorge. Ich habe bei meinem Gespräch in Washington Ende vergangener Woche deutlich gemacht, dass die Ukraine auch in Zukunft die Unterstützung der Vereinigten Staaten braucht. Präsident Biden tut alles dafür. Er kämpft dabei gegen große innenpolitische Widerstände, und ich hoffe sehr, dass er sie überwinden kann.
Auch mit Mitgliedern des amerikanischen Kongresses habe ich gesprochen und ihnen gesagt:
Es geht hier nicht um irgendeinen Krieg weit entfernt in Europa. In der Ukraine entscheidet sich, ob unsere Friedensordnung, ob unsere regelbasierte Welt eine Zukunft hat. Russland muss scheitern mit dem Versuch, sich mit Gewalt seinen Nachbarstaat einzuverleiben. Nicht nur die Vereinigten Staaten, auch alle europäischen Länder müssen noch mehr zur Unterstützung der Ukraine tun. Die bisherigen Zusagen reichen schlicht nicht aus. Deutschlands Kräfte allein reichen nicht.
Ich bin deshalb sehr froh darüber, dass sich im Senat so unmittelbar nach meinem Besuch eine Bewegung in Richtung einer Unterstützung eines Finanzpakets gezeigt hat. Ich hoffe, das kann dort abschließend so beraten werden, und ich hoffe natürlich auch, dass das Repräsentantenhaus zustimmen wird. Wir wissen, wie wichtig der amerikanische Beitrag ist.
Umso dankbarer bin ich für die Zusammenarbeit mit Ländern wie Dänemark. Was ihr leistet, liebe Mette, das ist wirklich beeindruckend. Und auch was wir gemeinsam leisten, kann eine Blaupause sein für die engere europäische Verteidigungszusammenarbeit. Dänemark und Deutschland beschaffen gemeinsam Kampfpanzer, Haubitzen und dringend benötigte Artilleriemunition für die Ukraine. Dänische und deutsche Unternehmen kooperieren bei der Lieferung von Aufklärungsdrohnen. Dänemark ist der von Deutschland initiierten European Sky Shield Initiative beigetreten, mit der wir die europäische Luftverteidigung im Rahmen der NATO stärken wollen. Diesen Weg gehen wir weiter, und wir wünschen, dass sich uns noch mehr Länder anschließen.
Die nötigen finanziellen Mittel sind dabei das eine. Eine starke Verteidigung braucht aber eben auch eine solide industrielle Grundlage und die entsteht, wenn wir Europäer unsere Bestellungen bündeln, wenn wir unsere Mittel zusammenführen und der Industrie somit Perspektiven für die nächsten 10, 20 oder 30 Jahre geben. Wir müssen weg von der Manufaktur hin zur Großserienfertigung von Rüstungsgütern.
Genau dafür steht dieser Tag heute. Dafür steht die Ausweitung dieses Werks hier in Unterlüß. Ich wünsche mir, dass hier von Unterlüß ein Signal ausgeht an unser ganzes Land, das Signal nämlich, dass es bei solch sicherheitsrelevanten Ansiedlungen, Erweiterungen und Projekten schnell gehen kann und muss. Auch hier gilt das Deutschlandtempo, wenn es zum Beispiel um Genehmigungen für neue Werke wie dieses geht. Hier in Unterlüß setze ich deshalb auf die Unterstützung von allen, die daran beteiligt sein werden im Land, im Landkreis, in den Kommunen, in der Bundeswehr und natürlich auch bei Rheinmetall.
Vorhaben wie dieses haben Vorbildcharakter. Sie tragen auch zu einem Umdenken in unserem Land bei davon bin ich fest überzeugt , weil sie das Bewusstsein dafür schärfen, wie wichtig es ist, eine so flexible, moderne und tüchtige Verteidigungsindustrie zu haben. Dass durch dieses Vorhaben außerdem über 300 fast 500, haben wir gehört attraktive und gut bezahlte Arbeitsplätze hier in der Südheide entstehen, ist mehr als nur ein erfreulicher Nebenaspekt.
Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Sie können stolz sein auf das, was Sie hier leisten. Sie arbeiten im wahrsten Sinne des Wortes zum Wohl unseres Landes. Danke dafür.
Meine Damen und Herren, auf dem Weg hierher habe ich erfahren, was die „Deutsche Wochenschrift“ – es tut nichts zur Sache, aber das war eine Parteizeitung der CDU im Jahr 1959 – über Unterlüß geschrieben hat, nämlich, dass es ein Dorf ohne Acker und Vieh sei.
Das liegt natürlich an der Vergangenheit. Erst war Unterlüß Eisenbahnersiedlung, dann Industriestandort. Was Sie hier in Unterlüß aufgebaut haben, was hier gerade neu entsteht, das ist schon etwas ganz Besonderes für die Region und für unser ganzes Land. Und deshalb ist es mir wichtig, bei diesem Spatenstich heute mit dabei zu sein.
(Foto: v.l. Rheinmetall-CEO Armin Papperger, die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen, Bundeskanzler Olaf Scholz und Verteidigungsminister Boris Pistorius beim ersten Spatenstich – Foto Rheinmetall)
Top!
Und auch in anderen Bereichen wäre das auch wichtig!
Die autarke Produktion „aus einer Hand“ ist in der Tat bedeutsam.
Derzeit ist die bestehende Fertigung in Unterlüß noch auf Zulieferungen aus Rh Werken in Spanien und Ungarn angewiesen, die im Zweifelsfall aber der Jurisdiktion dieser beiden Staaten folgen müssen.
Nicht beschleunigbare Größenordnung sei dabei die Trocknungsphase des Pulvers von etwa 6 Monaten (Papperger), die also ab 2025 ebenfalls in Unterlüß garantiert wird.
Nicht ganz nebenbei werden 250 Langzeitarbeitsplätze in der strukturschwachen Südheide geschaffen.
Begehen wir damit nicht den selben Fehler wie einst nach dem Ende des Kalten Krieges, als wir im Rahmen der Abrüstung feststellen mussten, dass Überkapazitäten bestehen, und zukünftige Order nur noch einen Bruchteil des einstigen Volumens besaßen?
Natürlich ist der Ukraine- Krieg ein einschneidendes Ereignis, das Defizite deutlich sichtbar macht, wie etwa der Munitionsmangel, der bestehen soll, weil die Ukraine einen ungeheuren Bedarf hat, der sich durch sämtliche Lagerstätten der westlichen Länder frisst.
Gut finde ich ich auch, dass man zukünftige Abhängigkeiten ausschließen will, durch eine komplette eigene Produktionskette, obwohl der Vorbehalt der Schweiz, nicht an kriegführende Nationen liefern zu wollen, aus meiner Sicht nicht so abstrus erscheint.
Rheinmetall hat natürlich die Gunst der Stunde erkannt, versucht möglichst viel vom Kuchen abzugreifen, denn zu solchen Konditionen wird er seine Ware sicherlich nie wieder auf den Markt tragen können.
Hier kann sich die Geschichte wiederholen, wenn nach dem Abflauen der Orderflut, der Alltag einkehrt, mit deutlich reduziertem Bedarf. Und vielleicht kommt dieser Zeitpunkt eher als wir denken.
Ich hoffe, dass wir nicht wieder eines Tages in muffige Bunker blicken müssen, in denen fragile Ware, lange nach dem Ablauf der eigentlichen Nutzungsdauer, auf seine Entsorgung wartet, eingekauft zu Fantasiepreisen, die einem den Atem verschlagen.
Man kann natürlich argumentieren, dass es besser ist, zu viel Munition und/oder Gerät zu besitzen, aber ob dies heute noch angesichts der vielen dringenden Probleme sinnvoll ist, wage ich zu bezweifeln, allerdings steht dies auf einem ganz anderen Blatt Papier.
Das ist wirklich ein dicker Meilenstein. Hoffen wir, dass jetzt nicht an zu vielen Stellen wieder Verzögerungen auftreten.
Wenn man die Genaralkritik hört, dass wir nichts mehr selber können und unsere Demokratie nicht in der Lage ist, dies zu ändern… Doch wir können es ändern! Geht doch.
200.000 sind für einen Standort genug. Sollte ein Standort ausfallen, warum auch immer, dann darf nicht Alles ausfallen. Die IT wird dies hoffentlich auch bedenken… Niemals darf es gelingen, das diese Fabrik über mehrere Tage durch einen Cyberangriff lahmgelegt wird, auch die zuliefernden Stellen nicht. Da sind viele Hausaufgaben im Hintergrund zu erledigen, die man selber gar nicht komplett erfassen kann.
Ein guter Anfang. Jetzt so weiter machen.
Ein Ritterschlag für die Rüstungsindustrie! Der Kanzler und der Verteidigungsminister weihen eine neue Rüstungsfabrik ein. Ich glaube nicht, dass es dies seit der Dt. Einheit schon mal gegeben hat. Noch vor ein paar Jahren unter Wirtschaftsminister Gabriel hielt die Rüstungsindustrie als böses Schmuddelkind mit dem die Politik nichts zu tun haben wollte. Rüstungsexporte waren das Böse an sich, dabei wurde übersehen, nur wer viele Waffen exportiert, kann schnell zur Kriegswirtschaft übergehen. Jetzt hängt das Schicksal von Deutschland, Europa und der Ukraine an der Granaten Produktion und einem Präsidentschaftskandidaten mit dem Verstand eines fünf jährigen! Der Spatenstich kommt 1 1/2 Jahre zu spät.
Torsten Angerer sagt:
12.02.2024 um 16:11 Uhr
„Begehen wir damit nicht den selben Fehler wie einst nach dem Ende des Kalten Krieges, als wir im Rahmen der Abrüstung feststellen mussten, dass Überkapazitäten bestehen, und zukünftige Order nur noch einen Bruchteil des einstigen Volumens besaßen?“
Der Fehler nach Ende des Kalten Krieges lag ganz eindeutig in der viel zu weit gehenden Abrüstung. Wie wir heute sehen, war die „Friedensdividende“ gar keine – Dividenden werden im allgemeinen aus Überschüssen erwirtschaftet, und nicht aus der Substanz gezahlt (diejenigen Unternehmen, die solches tun, leben meist nicht sehr lange).
Nach dem absehbaren Ende der Epoche des Linkspopulismus in DEU wird wieder klar, dass unabdingbare Kernaufgabe des Staates der Schutz desselben ist. Und ohne Munition wird das eher schwierig.
Nachrichten lesen hülfe da weiter.
@KPK
„Die autarke Produktion „aus einer Hand“ ist in der Tat bedeutsam.“
Ich möchte kein Wasser in den Wein schütten, aber man muß schon fragen, in wie weit die ganze Wertschöpfungskette – einschließlich der Rohmaterialien (für den Chemieanteil) in Deutschland abgebildet werden kann.
@ Thorsten Angerer
Zitat:
„Man kann natürlich argumentieren, dass es besser ist, zu viel Munition und/oder Gerät zu besitzen, aber ob dies heute noch angesichts der vielen dringenden Probleme sinnvoll ist, wage ich zu bezweifeln, allerdings steht dies auf einem ganz anderen Blatt Papier.“
Soll dies aufgrund der Faschingszeit als Witz gemeint sein ?
Die heutigen „dringenden Probleme“ der Gesellschaft sind gar keine Probleme mehr, wenn es zu einem Krieg von Russland gegen einen Nato-Staat kommt. Sie können natürlich nach erfolgter 30 jähriger Friedensdividende immer noch sagen, wir brauchen keine Verteidigung, wir haben noch immer zu viel Militär usw. Dann kann man an der Stelle die Diskussion beenden.
Dann können Sie aber auch die ca. 7000 Mrd Euro Sparvermögen der Deutschne direkt an Putin und Russland aushändigen. Denn dies Putins eigentliches Ziel und das grundsätzliche Problem der Europäer. Die Europäer sind zu reich und dies weckt die Begehrlichkeiten von den anderen 3 großen Blöcken, China, Russland und den USA.
Wenn Sie aber wollen, dass der Wohlstand der Europäer erhalten bleibt, dann wäre es jetzt eine gute Idee möglichst viel Geld in die Verteidigungsvorbereitung zu stecken, nachdem der Verteidigungshaushalt 30 Jahre als „Steinbruch“ der Begehrlichkeiten für alle anderen Zwecke missbraucht worden ist.
„Dieser Anteil wird sich sukzessive erhöhen, auf 80 Prozent im zweiten und 100 Prozent nationaler Wertschöpfung im dritten Produktionsjahr. Damit entstehen Versorgungssicherheit für Deutschland und vollständige inländische Wertschöpfung.“
Wirklich? Basis jedes Sprengstoffes sind Stickstoffverbindungen. Bisher wurde die Ausgangschemikalie Ammoniak aus Erdgas und Luft hergestellt. Luft haben wir noch in Deutschland, aber Erdgas?
@ Torsten Angerer
Keine Bange, es wird Jahre dauern den aktuellen Sofortbedarf zu decken, ganz zu schweigen davon Lager zu füllen. Insofern schön das es hier endlich vorangeht.
Jetzt wünsche ich mir noch vergleichbare Meldungen von Ammotech-RWS (ehem. RUAG) und MEN-CBC um die Produktion von Handwaffenmunition anzukurbeln.
Ein wichtiger Schritt, gibt es noch Pläne für eine weitere Fabrik in Deutschland?
es wäre noch interessant wie hoch die restlichen Kapazitäten sind…
Ich schätze mal mit dieser Fabrik schafft Deutschland alleine irgendwas zwischen 700.000 bis 1 Mio Schuss für 155mm …
und ist damit mit Abstand Spitzenreiter in Europa…selbst die usa skalieren nur auf 2 Mio hoch…
was wäre sonst noch wichtig?
Mittelkaliber Fabrik 30-35mm wurde auch bereits neu aufgebaut …
120mm wäre wichtig
ansonsten:
Flugabwehr Iris-t (wird auch gesteigert, evtl 2. Linie)
PAC2 (wird auch in DE aufgebaut)
was fehlt noch:
RakArt (GMLRS o.ä.)
Taurus
Brimstone/JDAM
Laut verschiedener Pressemeldungen hat die Ukraine einen Bedarf von ca. 5000 Artilleriegranaten pro Tag. Die 200.000 aus Unterlüß pro Jahr würden bei einem ähnlichen Konflikt also gerade mal 40 Tage lang genügen. Hat jemand einen Überblick über die Deutschland zur Verfügung stehenden gesamten Produktionskapazität?
Wie viele Kinschal würden benötigt, um die Produktion zu unterbrechen?
„Die autarke Produktion „aus einer Hand“ ist in der Tat bedeutsam.“
Die Munitionsproduktion während der beiden Weltkriege war nur durch das Haber Bosch Verfahren möglich. Nun, wenn man nach Ammoniakproduktion in Deutschland googelt, kommt man auf die Stickstoffwerke Pisteritz und relativ aktuelle Schlagzeilen wie: „Die Ammoniakproduktion in Deutschland hat keine Zukunft“ oder „BASF legt Ammoniak-Produktion still und baut 2600 Stellen ab“. Nitrozellulose wird, mittelbar, aus diesem Ammoniak hergestellt. Die erwähnten Sprengstoffe auch.
Esut.de schrieb dazu
„
Neben dem neu errichteten Werk der Rheinmetall Hungary Munitions Zrt produziert Rheinmetall bereits heute schon Munition in Deutschland, Spanien, Schweiz, Österreich, Italien, Südafrika, Australien und in den USA. Beim Capital Markets Day im November 2023 hatte Rheinmetall-CEO Armin Papperger die Kapazität des Unternehmens für 155mm Munition auf 350.000 Schuss (full shots) beziffert und einen Zuwachs auf 700.000 Schuss bis 2025 angekündigt.
„
alleine für Rheinmetall… diese sind wohl zweitgrößter Hersteller weltweit
@Vollpfosten
Nein, ist eingestuft.
@Obibiber
Anzahl der Schichten, Personalstärke und Planung sind eingestuft.
Natürlich hätte ich mir gewünscht, dass dieser Spatenstich deutlich früher erfolgt.
Dennoch, das war ein historisches Ereignis, wie man unzweifelhaft auch am „großen Bahnhof“ u.a. mit der dänischen Ministerpräsidentin Mette Frederiksen erkennt.
https://www.youtube.com/watch?v=Z5WLW5oRHqw
Die Reden von Armin Pappberger, Mette Frederiksen und Bundeskanzler Scholz haben mir auch gut gefallen, insbesondere die europäische Perspektive in der NATO.
Der Bundeskanzler hat explizit sein Versprechen erneuert, dass Deutschland das 2%-Ziel der NATO auch nach dem Auslaufen des Sondervermögens einhalten wird. Daran werden auch künftige Bundesregierungen gemessen werden und das ist auch eine gute Perspektive für die Bundeswehr!
Zum Munitionsbedarf der Ukraine möchte ich nur darauf hinweisen, dass die Produktionskapazitäten des Westens weltweit derzeitig massiv ausgebaut werden.
Die USA wollen die Produktion von 155-mm-Artilleriegeschossen in nur wenigen Monaten von heute 24.000 Schuss im Monat auf 60.000 Schuss im Monat in diesem Jahr steigern. 80.000 Schuss monatlich sollen im Jahr 2025 produziert werden und mehr als 100.000 Schuss monatlich sollen es bereits Anfang 2026 sein.
https://meta-defense.fr/de/2023/10/13/munitionsproduktion_in_den_vereinigten_staaten/ Rheinmetall hat eine Ausweitung der 155 mm-Produktion ja unter anderem bei Expal Systems S.A.U. in Spanien, beim südafrikanischen Tochterunternehmen Rheinmetall Denel Munition und bei Rheinmetall Hungary Munitions angekündigt. Die Grundsteinlegung für das neue Werk in Várpalota in Ungarn hat ja bereits im Dezember 2022 stattgefunden. Und ich gehe fest davon aus, dass noch etlich weitere Akteure am Markt ihre Kapazitäten derzeitig massiv ausweiten.
Erstaunlich. Während man hier auf deutsche Souveränität setzt, kauft man andererseits F-35 und das in Zeiten einer wahrscheinlichen Wiederwqhl Trumps. Nicht zu reden von politisch gewollten Gemeinschaftsprojekten in d3m man die einheimische Industrie in Abhängigkeiten anderer Länder zwingt. Das verstehe wer wolle.
Ganz ernst gefragt würde mich interessieren wieviel von der aktuell produzierten Munition in die Ukraine geht und wieviel in die Läger der Bundeswehr. Man hört immer wieder von einem Verhältnis von 90:10 zugunsten der Ukraine. Bei der Bundeswehr kommt wohl so gut wie nichts an (bis auf die 10% die an die Brigade Litauen gehen), die Truppe blutet immer weiter aus.
Die Politik redet davon die Bundeswehr „verteidigungsfähig“ oder „kriegsfähig“ zu machen. Die Realität ist jedoch: die Truppe ist komplett blank und es wird jeden Tag schlimmer !
Die Politik macht weiter auf entspannt und der FM Lindner hält an der Schuldenbremse fest (ein Sicherheitsrisiko?), so nach dem Motto es wird schon nichts passieren. Einen besseren und wichtigeren Grund die Schuldenbremse jetzt aufzuheben wird es nie wieder geben!! Wann endlich kommt das zweite Sondervermögen?
Wann endlich hält BK Scholz eine Rede an die Bevölkerung und macht den Menschen in diesem Land den Ernst der Lage klar? Es gibt keinen Wohlstand ohne Sicherheit!!!!
Mir graut es vor den US – Wahlen im November….
Am Ende des Tages soll bitte keiner sagen, das alles konnte doch keiner ahnen…
Deutschland hat eine hochstehende Maschinenbau-Industrie, Elektroindustrie, optische Industrie und chemische Industrie. Also optimale Voraussetzungen für die Waffenproduktion. Deutschland muss halt wollen und ja, das kostet auch.
Nebenbei: Die Rente mit 63, völlig aus der Zeit gefallen, kostet 30 Milliarden Euro im Jahr.
@ Torsten Angerer ;12.02.2024 um 16:11 Uhr
>>“Rheinmetall hat natürlich die Gunst der Stunde erkannt, versucht möglichst viel vom Kuchen abzugreifen, denn zu solchen Konditionen wird er seine Ware sicherlich nie wieder auf den Markt tragen können.“<>Hier kann sich die Geschichte wiederholen, wenn nach dem Abflauen der Orderflut, der Alltag einkehrt, mit deutlich reduziertem Bedarf. Und vielleicht kommt dieser Zeitpunkt eher als wir denken.<>Ich hoffe, dass wir nicht wieder eines Tages in muffige Bunker blicken müssen, in denen fragile Ware, lange nach dem Ablauf der eigentlichen Nutzungsdauer, auf seine Entsorgung wartet, eingekauft zu Fantasiepreisen, die einem den Atem verschlagen.<>Man kann natürlich argumentieren, dass es besser ist, zu viel Munition und/oder Gerät zu besitzen, aber ob dies heute noch angesichts der vielen dringenden Probleme sinnvoll ist, wage ich zu bezweifeln, allerdings steht dies auf einem ganz anderen Blatt Papier.<<
Danke für diesen Hinweis! Vielleicht wollen sie uns erklären welche diese "viele dringende Probleme" sind. Wenn ich das weis, könnte ich ggfs. das Blatt suchen auf dem es steht!
Sorry, aber solche Sinnfreien Wortfetzen höre ich täglich. Wir sind scheinbar nun an einem Punkt angekommen wo keiner mehr sein Land verteidigen will und dies auch anderen Ländern absprechen will! Ein peinlicher Vorgang…Beschämend!
Zum Vergleich: Mitte 1940 produzierte das Deutsche Reich 3,6 Millionen 15 cm Granaten ( grob vergleichbar mit den heutigen 155mm Standard- Granaten) im Jahr und über 12 Millionen 10,5 cm Granaten im Jahr. Bis zum Jahr 1944 wurde die Produktionskapazität noch deutlich gesteigert.
@ Georg; 12.02.2024 um 17:13 Uhr
Danke für die Darstellung und die damit verbundene geistige Klarheit! +1
@ atms ;12.02.2024 um 19:28 Uhr
Sie und ihre „Wunderwaffe“…sie sollten sich dazu mal belesen. So „Wunder“ ist der „Geschossflugkörper“ gar nicht….von Präzision aufgrund von V0 und Temperatur (Steuerung) mal abgesehen! Zudem gehen dem Sowjet gerade die Waschmaschinen aus… Denn Präzision sieht anders aus!
@Hohenstaufen sagt: 12.02.2024 um 20:45 Uhr
„Nebenbei: Die Rente mit 63, völlig aus der Zeit gefallen, kostet 30 Milliarden Euro im Jahr.“
Das ist doch der falsche Weg, die eine staatliche Aufgabe (Verteidigung) mit irgendeiner anderen staatlichen Aufgabe (Altersversorgung) aufzurechnen. Das führt zu den genau falschen Debatten, die letztlich gar kein Ergebnis bewirken, weil sich alle auf ihre Position zurückziehen.
So kann man eine notwendige Diskussion über steigende Verteidigungshaushalte natürlich auch abwürgen.
[Nach diesem – aus meiner Sicht berechtigten – Einwurf beenden wir jetzt bitte eine drohende weitere Debatte über die Rente mit 63 (und ja, ich würde davon profitieren, aber diskutiere das ja auch nicht hier. T.W.]
@Obibiber
25 Mio Vorlage für 274 LFK Brimstone Eurofighter kommt im 1. Halbjahr.
Geben Sie auf Youtube ein: Einkaufsliste der Bundeswehr für das 1. Halbjahr 2024, da sehen Sie den Großteil aller 25 Mio Vorlagen 1. Halbjahr 2024.
Ich hoffe der Hinweis ist erlaubt.
Grundsätzlich gute Nachrichten und längst überfällig. Wobei natürlich Rheinmetall damit quasi zum Monopolisten wird, oder wo kann die Bundeswehr in Zukunft noch Mittel- und Großkalibermunition einkaufen? Bei der 35mm-Munition von Nammo (Norwegen) für die Ukraine gab es doch anscheinend Probleme, obwohl ja eigentlich Nato-Standard.
Trennung:
Könnte man die Immobilien-Experten von Rheinmetall mal an die Bundeswehr-Verwaltung ausleihen? Dann würden die ganzen Bauprojekte auch noch in diesem Jahrzehnt fertig.
@atms
Davon träumen Sie also in der Nacht…
@Dilbert
Soviel Schwarz-Weis-Denken. Den Dänen gefällt doch auch, dass in Deutschland wieder mehr Munition produziert wird.
[blockquote] Ganz ernst gefragt würde mich interessieren wieviel von der aktuell produzierten Munition in die Ukraine geht und wieviel in die Läger der Bundeswehr. Man hört immer wieder von einem Verhältnis von 90:10 zugunsten der Ukraine. Bei der Bundeswehr kommt wohl so gut wie nichts an (bis auf die 10% die an die Brigade Litauen gehen), die Truppe blutet immer weiter aus. [/blockquote]
Auf den ersten Blick erscheint das ärgerlich und geradezu gefährlich, aber wenn man mal ehrlich und realistisch ist, dann kann man sagen, dass „der Russe“ in nächster Zeit NATO-Kernland wohl nicht angreifen kann und wird, weil er seine ganzen Kräfte in der Ukraine konzentriert, ja konzentrieren muss. Das könnte sich aber schnell ändern, wenn er zeitnah die Ukraine überrennt und seine Kräfte schonen kann.
Aus diesem Grund muss man erkennen: Jede Granate, die in unseren Lagern verschimmelt, jeder Taurus, der bei uns rumliegt, ja sogar jeder Leo, der nur im Übungsbetrieb verschlissen wird, anstatt in der Ukraine zu deren Verteidigung genutzt zu werden, ist momentan wertlos für [b] unsere [/b] Sicherheit. Wir haben ein ureigenes Sicherheitsinteresse daran, dass die Ukraine diesen Krieg gewinnt (wobei „gewinnen“ heißt, dass der Aggressor vom eigenen Territorium zurückweicht; wir reden nicht vom Einmarsch in Moskau!).
Wenn man also einen Schritt weiter denkt, muss klar werden, dass es momentan sinnvoll ist, wenn die Rüstungsgüter 90:10 aufgeteilt werden und die BW vielleicht sogar noch mehr Substanz abgibt, denn nur so wird momentan NATO-Territorium aktiv vor einem russischen Angriff geschützt. Wenn Putin die Ukraine in der Tasche hat, seine Kräfte regeneriert und uns tatsächlich bedrohen kann und wir nur noch warten können, bis er kommt, haben wir [b] strategisch [/b] was falsch gemacht. Und das nur, weil wir vermeintlich Granaten für den V-Fall horten wollten, obwohl es soweit eigentlich gar nicht kommen musste.
Der Ernstfall ist jetzt, im Donbass und auf der Krim. Da werden die Granaten gebraucht. Wehren die Ukrainer die Russen weiterhin erfolgreich ab, sind wir erstmal sicher. Unterliegen die Ukrainer, wird es problematisch für uns – primär aber für Georgien, Moldau, das Baltikum, in dieser Reihenfolge. Was ein russischer Sieg dann weltpolitisch in Bewegung setzt – China/Taiwan, Aserbaidschan/Armenien, Nordkorea/Südkorea, Iran/Israel, Türkei/Kurdistan,… – darf auch gerne in die Rechnung mit aufgenommen werden, ob wir gerade unsere Lager füllen oder die Granaten mehrheitlich den Ukrainern zur Verfügung stellen sollten.
@Hohenstaufen
Produktion und Verschuß 15cm Granaten 1939-44.
Quelle: F. Hahn, Waffen und Geheimwaffen des deutschen Heeres.
1939: 540900 296560 (Polenfeldzug)
1940: 2.950000 706144 (56839 vor Westfeldzug und 649305 während)
1941: 2.656300 2.567512 (Ostfeldzug)
1942: 5.007800 4.481985
1943: 8.226100 6.470400
1944: 8.343800 6.774500
Produktion für 10,5cm Munition war um den Faktor 3 bis 5 höher als die für 15cm.
Russland und die Ukraine verwenden ja beide auch noch Geschütze vom Kaliber 122.
Lt. der Europäischen Verteidigungsagentur (EDA) haben die EU-Mitgliedsstaaten im Jahr 2022 mit einer Steigerung um sechs Prozent gegenüber dem Vorjahr die Rekordsumme von 240 Milliarden Euro für Verteidigungsausgaben aufgewandt. Russland kam im gleichen Zeitraum auf 87 Milliarden Euro. Wie groß müssen aktuell die Ineffizienzen in der europäischen Verteidigungs- und Rüstungspolitik sein, dass Westeuropa bei einer zumindest numerisch gegebenen logistischen Überlegenheit von fast 3:1 glaubt, den Russen militärisch hoffnungslos unterlegen zu sein? Hinzu kommt noch, dass ein Angreifer regelmäßig eine Überlegenheit von 3:1 braucht, damit er hoffen kann, dass sein Angriff erfolgreich sein wird.
Gute Nachricht! Bezüglich möglicher Sogen in Sachen Überproduktion / Verfallsdatum / Entsorgung kann ich nur sagen: Besser haben als brauchen. Der kalte Krieg wurde letztlich auch eher durch „haben“ als „brauchen“ gewonnen – eine andere Möglichkeit gibt es ja auch gar nicht :-)
@MrDiversity
Für die planerische Umsetzung der Bauprojekte ist oft die Landesbauverwaltung in Auftragsverwaltung zuständig. Aus eigener Anschauung weiß ich, daß die Kollegen dort wirklich – und das meine ich positiv – sehr bemüht sind, allerdings gab es während der Hochkonjunktur am Baumarkt oftmals nur sehr verhalten Rückmeldungen zu den Ausschreibungen.
Und: ja, auch die Bw ist gehalten sich an zivilen Baustandards und z.T. am Planungsrecht zu orientieren.
Wenn man sich den Weg vom Ammoniak zur Nitrozellulose anguckt, findet man eine Firma Nitrochemie, eine Tochter von Rheinmetall. Nitrochemie produziert in Deutschland und in der Schweiz. Hier könnte der nächste Engpass liegen, wenn man an die Gepardmunition zurückdenkt.
Gedankenspiel:
5 von den Fabriken bauen, am besten in Bergwerken, 3-4 davon (mit Chemielager dazu etc ebenfalls in Bergwerken) soweit mit modernen Methoden möglich komplett „luftdicht einmotten“ +. Minimum Wartungs Personal + hoch Sicherheit BW/Polizei Sicherheit Personal.
1000 Freiwilligen Dienst leistendende jährlich wechselnd 1Jahr an den Produktions Maschinen ausbilden und alle 2 Jahre „refreshen“ (bei Bezahlung und Freistellung vom Job natürlich)
Mit 1-2 Fabriken den „Friedensbedarf“ decken.
.
Im. V fall (Monate vorher durch Aufmarsch der Rotarmisten und Geheimdienste bekannt) :
3-4 Fabriken entmotten,
Tausende FDL Angelernte sofort an die Produktion setzen: 2 Millionen Granaten fertig bevor der Russe die Grenzen überschreitet.
Entweder es gibt keine russische Bedrohung… Oder unsere Eliten sind nicht fähig, klar zu denken, was alle Kriege von WK2 bis Ukraine über wahren Munitions Bedarf lehren.
[Es gibt schon einen Unterschied zwischen der Vorbereitung auf eine wirksame Abschreckung und „wir sind im totalen Krieg“. T.W.]
Die Jubelarien in den Kommentaren, dass endlich wieder gerüstet wird sind anstrengend zu lesen.
Waffenindustrie geht es am besten, wenn man an beide Seiten verkauft.
Was kommt danach?
Krieg kann nicht die Lösung sein.
Sicherlich eine gute Entwicklung. Sicherlich auch eine Überfällige, aber es heißt ja nicht zu unrecht: „Besser spät, als nie.“
Das Umdenken scheint (sehr) langsam doch einzusetzen. Hoffen wir, dass wir dann, wenn es so richtig los geht, auch tatsächlich bereit sein werden. Die von der Bundeswehr erwarteten 5-8 Jahre bis zur akuten Gefahr würde ich nämlich mit Schielen auf Ostasien eher als optimistisch einstufen.
Zitat: „Dabei wird eine jährliche Kapazität von 100.000 Geschossen ab dem zweiten Jahr der Produktion erreicht, später steigt die Kapazität auf 200.000 p.a. an.“
Soll das nun den „Friedensbedarf“ der Bundeswehr decken oder soll das für den „Kriegsbedarf“ sein? Wo liegt gleich noch der Verbrauch der Russen pro Tag? Sollte es tatsächlich mal zu einem bewaffneten Konflikt mit der russischen Föderation kommen, dann werden Munitionsfabriken zu den ersten Zielen gehören. Ich gebe der Anlage viellecht einen Tag bevor die erste Kinchal da einschlägt.
Ich freue mich ja auch, dass man begriffen hat, dass eine zu große Abhängigkeit von internationalen Lieferketten bei Dingen wie Munition nicht gut tut. Diese Erkenntnis hatten wir aber auch schon aus den Erfahrungen mit medizinischem Bedarf während der Pandemie gewonnen. Nur ist da leider immer noch nicht viel passiert.
Sollte der Krieg in der Ukraine nicht vorbei sein, bevor die Fabrik fertig ist, dann wird ja wohl jede Granate an die Ukraine geliefert. Aber dann wird man sich bei der Bundeswehr angesichts vieler geschlossener ehemaliger Munitionsdepots Gedanken machen müssen, wo man denn einen Munitionsvorrat für den V-fall lagern will. Denn, sollte es zu einem Krieg kommen, dann wird jegliche Produktion von Munition und Kriegsgerät im Kriegsgebiet Europa binnen kurzer Zeit auf das jetzige Niveau der Ukraine reduziert sein.
@Segestes
Methan für die Sprengstoffproduktion ist nicht das Problem. Zum einen kaufen wir das aktuell in Form von Pipelinegas von anderen europäischen Anbietern und in Form von Flüssiggas aus den USA (wie lange noch ist aber aktuell fraglich) und von den arabischen Staaten. Zum anderen produzieren wir es aber auch, in Biogasanlagen, selber.
Methan dient allerdings auch in der Düngemittelproduktion als Grundstoff und da ist der Bedarf viel größer.
Ich frage mich eher, wo wir auf lange Sicht den Treibstoff für die Panzer der Bundeswehr herbekommen wollen. Die zunehmende Elektromobilitiät wird die Treibstoffproduktion in den Rafinnerien zunehmend unrentabel machen. Wenn dann das Militär als einziger Abnehmer von Verbrennungsmotoren und Treibstoffen übrigbleibt, werden die Preise für beides durch die Decke gehen.
In Munster, bei Unterlüss, also die autarke Munitionsfabrik. Im Gegensatz zu den übrigen Kommentaren hier, bin ich nicht begeistert. Wir haben dort bereits das giftigste Loch der Welt. (Siehe nachfolgenden Link).
[Links zu deutschen Verlagswebseiten finden hier bekanntermaßen i.d.R. nicht statt, deshalb Link entfernt.
Aber wer will, sucht nach dem Bericht
Das giftigste Loch der Welt liegt in Niedersachsen
in dem es übrigens um die Entsorgung, nicht die Produktion geht: „Zu Kriegszeiten hat die Wehrmacht die Waffen dort entsorgt, danach die Briten und bis 1952 dann die niedersächsische Polizei.“ T.W.]
@atms
Versehentlich habe ich Ihren Kommentar gelöscht, der im Spamfilter hing und zusammen mit dem ganzen Spam entsorgt wurde… Ich bitte um Nachsicht; ggf. können Sie den noch mal einstellen?
@TW
[Es gibt schon einen Unterschied zwischen der Vorbereitung auf eine wirksame Abschreckung und „wir sind im totalen Krieg“. T.W.]
Im Frieden sind wir aber wohl auch nicht mehr wenn man den Verlautbarungen der Politik und des Militärs glaubt – wir befinden und bereits seit einiger zeit im hybriden Konflikt (Krieg – ?). Der Krieg ist also nicht mehr kalt, zwar noch nicht heiß (bei uns), aber zumindest warm.
Und „hybrid“ ist doch eigentlich „total“ über alle Dimensionen und betrifft alle gesellschaftlichen Bereiche. Ich erinnere an das chinesische Konzept vom Total War.
@Thema
Bitte die Produktion von Handwaffenmunition nicht vergessen !
Bei aller Freude über die Produktionserweiterung einfach mal den Taschenrechner nehmen und kalkulieren, damit die Dimensionen bei Mengenverbrauchgütern deutlich werden:
200.000 Schuss geteilt durch 65 Schuss Versorgungsrate (VR) pro Rohr. geteilt durch 365 Tage ergibt 8,4.
In Worten: der Ausstoß der Fabrik deckt den Jahresmunitionsbedarf von 8,4 Rohren (eine Batterie) im Krieg.
Und bevor jetzt jemand die VR pro Gefechtstag anzweifelt: 65 Schuss pro Rohr bedeuten an einem 24 h Kampftag:
22 Feueraufträge mit 3 Gruppen (d.h. 10 sec Feuerschlag PzH 2000).
Jeder Ausbau hilft, aber Unabhängigkeit bzw. Autarkie d.h. Selbstversorgung sieht anders aus.
Eine sachliche Antwort auf meine Frage nach dem Schutz des Werkes würde mich tatsächlich interessieren. Ich sehe folgende Möglichkeiten:
1. Russland würde das NATO-Land Deutschland nicht angreifen, da es unter dem atomaren Schutzschild der USA steht.
2. Das Werk ist tief unterirdisch angelegt mit hochgradig redundanten Versorgungswegen und daher mit konventionellen Waffen nicht zu zerstören.
3. Es gibt eine Flugabwehr, die das Werk hinreichend gegen konventionelle Waffen wie die Kinschal schützt.
4. Die Russen haben keine Waffen, die das Werk treffen könnten.
5. Man rechnet nicht mit einer direkten bewaffneten Auseinandersetzung mit Russland. Das Werk dient lediglich der Auffüllung der eigenen Bestände und zur militärischen Unterstützung von nicht-NATO-Ländern wie die Ukraine.
In der Ukraine könnte man so ein Werk heute jedenfalls nicht errichten und in Betrieb nehmen, oder sieht das jemand anders?
@Nils Z.
Es kann doch nicht ernsthaft Ihr Ansatz sein, die Bundeswehr weiter zu entweiden und alles Material und Munition an die Ukraine abzugeben!? Die Ukraine wird ganz sicher nicht in die Lage kommen Verhandlungen mit Russland aus einer Position der Stärke heraus führen zu können geschweige denn irgendwelche Forderungen zu stellen. Das weiß auch jeder in der Politik und bei den Militärs, es sagt nur keiner laut.
Die Ukraine hat nur eine Chance den Krieg zu gewinnen, nämlich wenn die NATO und Europa in den Krieg gegen Russland eintritt. Das ist natürlich das Ziel der ukrainischen Politik, aber das kann ja wohl keiner ernsthaft wollen, oder?
Die Russen brauchen einfach nur abzuwarten, mit der Zeit werden den Ukrainern die Soldaten ausgehen. Das ist bitter, aber die Realität. Selbst für den unwahrscheinlichen Fall, dass Trump nicht Präsident wird, soviel Material und Munition kann der Westen gar nicht liefern. Somit muss jeder Stratege davon ausgehen, dass Russland die Überhand gewinnen wird und irgendwann z. B. im Baltikum anklopft zusammen mit Belarus.
Würde man Ihrer Strategie folgen, wäre der Westen und Deutschland unter einem Präsidenten Trump null verteidigungsfähig. Eine sehr gefährliche Strategie….
Zu den von Ihnen genannten Krisenherden dieser Welt, eine kurze Anmerkung zu dem wohl größten anstehenden Konflikt China / Taiwan. Ein Xi Jinping wird die Entscheidung sich Taiwan einzuverleiben, ganz sicher nicht von einem Sieg oder einer Niederlage Russlands abhängig machen, Da lohnt sich ein Blick in die chinesische Geschichte und auch in die Biographie eines Xi Jinping.
Delta November sagt:
Und wie viel Hardware bekommen Sie dafür? Die reinen Euro-Beträge sind erstmal völlig nichtssagend – die Kaufkraft ist viel aussagekräftiger, wenn Russland für dieses Geld z. B. das fünffache an Panzern und Munition kaufen kann.
Thomas sagt:
Das muss einem Agressor wie Russland nur egal sein und schön benötigen Sie das Militär zur Verteidigung. Ich sehe lieber mehr Geld in der Rüstung, als unfreiwillig Teil der Russischen Föderation zu werden.
Es ist gut, dass wir Kapazitäten in Unterlüß aufbauen.
Es ist gut, dass die Einweihung mit Kanzler und Verteidigungsminister stattfindet und somit aus der Schmuddelecke kommen.
Aber wie hoch ist die Steigerung effektiv? Die Produktion in Schweiz kann ja nur noch für die Eigennutzung gedacht sein – wir wissen ja jetzt, welch unsicherer Kantonist die Schweiz ist.
Man kann also nicht mehr wirklich „Militärbedarf“ in der Schweiz einkaufen, weil die Versorgung im „Nutzungsfall“ nicht sichergestellt ist.
Aber um die Kapazitäten weiter aufzubauen und mehr Produktion nach Deutschland zu holen, muss auch die allgemeine Verkaufbarkeit der Waren sichergestellt werden. Also auch die Bundesregierung muss bei ihrer Exportkontrolle die Kriterien überarbeiten, um dauerhaft berechenbar zu sein.
Der aktuelle Ukraine-Krieg ist hoffentlich (!) nur eine Ausnahmesituation, bei der der Export auch von den Grünen und sogar dem eher (naiv) pazifitischen linken Flügel der SPD mitgetragen werden. Aber irgendwann wird die Bundeswehr, die NATO, … als Vollabnehmer nicht mehr ausreichen wird.
Wir stehen in der direkten Konkurrenz zu Frankreich und GB, bei denen sich die Franzosen als extrem nationalistisch gerieren. Man nenne mir (neben dem HK) EIN Waffensystem, das nicht französischen Ursprungs ist.
Auch muss sich die Beschaffungskonzeption ein wenig ändern:
Siehe FCAS, wo die französische Seite einen Dassault-Fighter haben möchte, den Deutschland & Co. mitfinanzieren, der aber 100% flugzeugträgerfähig ist und dessen Anforderungen in Saint Cloud bestimmt werden.
Das führt zu einer ungleichen Abhängigkeit von Airbus, die aufgrund geringer Nachfrage viele Fähigkeiten verloren haben, da die dauerhafte Weiterentwicklung des EF seit Jahrzehnten nicht mehr bedarfsadäquat ist.
Kurz: Airbus ist m.E. aktuell nicht in der Lage einen Kampfflieger der Generation 4+ alleine zu stemmen. Hier muss eine größere Unterstützung seitens der deutschen Politik geben.
Aber das wird noch was dauern, bis gewisse Erkenntnisse auch in der Politik mehrheitsfähig sind – auch dauerhaft.
@Herr Becker:
Wer ist denn alles Teil dieser Ära des Linkpopulismus? Ihnen ist schon klar, welche Partei hauptsächlich seit 1990 den Kanzler/in stellte?
Und man sollte eventuell auch nicht vergessen, dass der 2+4 Vertrag umfangreiche Abrüstung für Deutschland verpflichtend machte. Gut man hat es eventuell noch freiwillig übertrieben, aber ich finde das schon wichtig, könnte man auch gegenüber einem US-Präsidenten mal erwähnen.
[Ich würde diesen OT an dieser Stelle gerne beenden. T.W.]
@Herr Melber
„@KPK
„Die autarke Produktion „aus einer Hand“ ist in der Tat bedeutsam.“
Ich möchte kein Wasser in den Wein schütten, aber man muß schon fragen, in wie weit die ganze Wertschöpfungskette – einschließlich der Rohmaterialien (für den Chemieanteil) in Deutschland abgebildet werden kann.“
Wie weit wollen Sie zurück gehen in der Wertschöpfungskette? Formaldehyd, Ammoniak und Salpetersäure reicht eigentlich, eventuell noch etwas Essigsäure. Wie Sie das herstellen wissen Sie wohl oder? Klar verbraucht Deutschland mehr Energie, als wir selbst im Land haben, im Zweifel müsste man priorisieren. Könnte Deutschland das? bei der rechteren Jammerseite bin ich mir da lange nicht mehr sicher…..
Offensichtlich ist der Spatenstich erst erfolgt, nachdem die Regierung im Juli 2023 1,3 Mrd in die Hand genommen hat und dafür u.a. 1 Mio 155 mm Granaten bestellt hat. Aus Sicht von Rheinmetall ist es nachvollziehbar erst danach die Kapazitäten zu erweitern. Das Ganze hätte man regierungsseitig aber 1 bis 2 Jahre vorher haben können.
Was aber leider immer noch nicht erfolgt ist, ist ein Auftrag für 1 bis 3 Mio Stück 120 mm Mörser Minen. Warum nicht?!
Mörser sind eine unverzichtbare Steilfeuer Fähigkeit. und noch wichtiger also Artilleriegranaten, da Mörser von der Infanterie direkt und ohne Umweg über die Artillerie eingesetzt werden können. Zudem gibt einen unglaublichen Mangel an Mörser Munition in der Ukraine.
Es muss nun endlich eine Mörser-Munitions-Großbestellung erfolgen, und so Planungssicherheit für die Industrie geschaffen werden, damit die erforderlichen Produktionskapazitäten geschaffen werden!