Rheinmetall baut neue Munitionsfabrik: „Deutsche Souveränität“ in drei Jahren (Nachtrag: Scholz-Rede)
Fürs Protokoll: Die neue Munitionsfabrik, deren Bau der Rüstungskonzern Rheinmetall an seinem Standort in Unterlüß begonnen hat, ist nicht nur wegen der geplanten Produktionsmengen bedeutsam. Fast noch wichtiger: Das Unternehmen strebt innerhalb von drei Jahren eine komplette deutsche Eigenproduktion von Artilleriemunition an – ohne Zulieferungen aus dem Ausland, also auch aus anderen europäischen Staaten.
Der Bau begann am (heutigen) Montag mit dem symbolischen ersten Spatenstich, den Bundeskanzler Olaf Scholz, die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen und Verteidigungsminister Boris Pistorius zusammen mit dem Rheinmetall-Chef Armin Papperger vollzogen. Aus der Mitteilung des Konzerns:
Das „Werk Niedersachsen“ wird künftig Artilleriemunition, Sprengstoff und Komponenten für Raketenartillerie herstellen. Rund 200.000 Artilleriegranaten sollen hier künftig pro Jahr entstehen, sowie bis zu 1.900 Tonnen RDX-Sprengstoff und optional weitere Komponenten zur Herstellung von Munitionsladungen. Außerdem soll vor Ort die Produktion von Raketenantrieben und ggf. Gefechtsköpfen erfolgen, wie sie z.B. für das geplante deutsche Raketenartillerie-Projekt benötigt werden. (…)
Rheinmetall schafft mit dem neuen Werk die Möglichkeit, den Bedarf der Bundeswehr unabhängig aus nationaler Fertigung zu decken und – insbesondere im Krisenfall – eigenständige Abgaben an Partnerstaaten zu gewährleisten. Bisherige Abhängigkeiten von Exportfreigaben anderer Länder werden somit aufgehoben, so dass Deutschlands Souveränität in diesem sicherheitsrelevanten Bereich hergestellt wird. Dabei wird Rheinmetall die komplette Wertschöpfungskette für Artilleriemunition in Unterlüß entstehen lassen, um den „Full Shot“ aus einer Hand bieten zu können: Das Geschoss, den Zünder, die Sprengladung sowie die Treibladung, die das Geschoss beim Abschuss aus dem Rohr treibt.
Dazu wird das Werk Niedersachsen weitgehend autark arbeiten und alle Arbeitsschritte vor Ort abbilden, die zur Fertigung von Artilleriegeschossen erforderlich sind. Bei dem Aufbau der Fertigung folgt Rheinmetall einem modularen und skalierbaren Konzept zur Versorgungsicherheit, das perspektivisch einen weiteren Aufwuchs ermöglicht.
Prioritäre Zielsetzung beim Aufbau des Werks ist ein möglichst früher Produktionsstart. Nach einer Bauzeit von rund 12 Monaten – ausgehend vom Vertragsschluss mit dem Auftraggeber – wird eine Kapazität von 50.000 Geschossen p.a. erreicht, mit einem anfänglichen Anteil nationaler Wertschöpfung in Höhe von 50 Prozent. Dieser Anteil wird sich sukzessive erhöhen, auf 80 Prozent im zweiten und 100 Prozent nationaler Wertschöpfung im dritten Produktionsjahr. Damit entstehen Versorgungssicherheit für Deutschland und vollständige inländische Wertschöpfung.
Dabei wird eine jährliche Kapazität von 100.000 Geschossen ab dem zweiten Jahr der Produktion erreicht, später steigt die Kapazität auf 200.000 p.a. an.
Kernsatz dabei: Bisherige Abhängigkeiten von Exportfreigaben anderer Länder werden somit aufgehoben, so dass Deutschlands Souveränität in diesem sicherheitsrelevanten Bereich hergestellt wird. Am Beispiel von Munition für den Flugabwehrkanonenpanzer Gepard, aber auch bei in Spanien in einem Rheinmetall-Tochterunternehmen produzierter Munition war in den vergangenen Jahren deutlich geworden, dass selbst innerhalb Europas nationale Entscheidungen die Weitergabe von Munition einschränken können.
Nachtrag: Die Ansprache von Bundeskanzler Scholz in der vom Bundespresseamt veröffentlichten Fassung:
Heute ist ein ganz besonderer Tag, ein besonderer Tag für Unterlüß und die Südheide, für die Region und für Niedersachsen, ein besonderer Tag aber auch für die Sicherheit unseres Landes und ganz Europas. Deshalb möchte ich mit einem großen Dank beginnen. Danke an alle, die Anteil daran hatten, dieses Projekt so schnell voranzubringen! Danke vor allem auch an Rheinmetall und an Sie, Herr Papperger! Mit Ihrer Investition in Höhe von 300 Millionen Euro in das neue Niedersachsenwerk legen Sie die Grundlage dafür, die Bundeswehr und unsere Partner in Europa eigenständig und vor allem dauerhaft mit Artilleriemunition zu versorgen.
Die Dimensionen dieses Projekts und auch die des schon bestehenden Werks sind wirklich beeindruckend. Das hat uns der Rundgang gerade noch einmal gezeigt. 200 000 Artilleriegeschosse pro Jahr, dazu Sprengstoff und Komponenten für Raketenartillerie sollen hier künftig entstehen. Das klingt beeindruckend, und es ist beeindruckend.
Andererseits wissen wir, dass an der Front in der Ost- und Südukraine derzeit mehrere Tausend Artilleriegeschosse abgefeuert werden, wohlgemerkt, pro Tag. Das zeigt, wie wichtig eine eigenständige und dauerhafte Produktion solcher Munition ist. Zur Wahrheit gehört, dass es eine solche Produktion vor der Zeitenwende nicht gab, nicht in Deutschland und auch nicht in vielen anderen europäischen Partnerstaaten. Die Depots der Bundeswehr waren ziemlich leer.
Viel zu lange ist Rüstungspolitik in Deutschland so betrieben worden, als ginge es dabei um einen Autokauf. Wenn ich mir in zwei oder drei Jahren einen VW Golf kaufen möchte das sage ich hier in Niedersachsen einmal , dann weiß ich heute, dass es ihn geben wird. Ich muss dann vielleicht drei oder sechs Monate darauf warten; aber danach steht das Auto auf dem Hof. Aber so funktioniert Rüstungsproduktion eben nicht. Panzer, Haubitzen, Hubschrauber und Flugabwehrsysteme stehen nicht irgendwo im Regal. Wenn über Jahre hinweg nichts bestellt wird, dann wird auch nichts produziert. Das ist ziemlich klar.
Umso bemerkenswerter ist es, wie schnell Rheinmetall die Produktion hochgefahren hat, und umso wichtiger ist es, dass auf das jahrelange Wegsehen nun ein Hinsehen und Hingehen folgen. Auch deshalb sind Boris Pistorius und ich uns einig und heute hier. Wir wollen damit unsere Anerkennung dafür zum Ausdruck bringen, wie schnell Rheinmetall und auch andere Unternehmen der Verteidigungsindustrie in die Bresche gesprungen sind. So wie hier in Unterlüß sind in ganz Deutschland viele Tausend Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gerade dabei, neue Produktionsstraßen zu errichten, Schichten auszuweiten und den Betrieb hochzufahren.
Mit dem Sondervermögen für die Bundeswehr in Höhe von 100 Milliarden Euro, mit unserer inzwischen eingelösten Zusage, jetzt und in Zukunft zwei Prozent unserer Wirtschaftsleistung für die Verteidigung unseres Landes und unser Bündnispartner einzusetzen, haben wir die Grundlage dafür gelegt. Auf diese Zusage können sich die Bundeswehr und die Industrie verlassen. Denn für mich ist völlig klar: Nur so kann nachhaltig geplant und beschafft werden. Nur so erreichen wir unser Ziel, die Bundeswehr wieder zu einer der leistungsfähigsten konventionellen Streitkräfte in Europa zu machen.
Das ist dringend erforderlich. Denn so hart diese Realität auch ist, leben wir nicht in Friedenszeiten. Russlands Angriffskrieg und Putins imperiale Ambitionen, die er ganz offen formuliert, sind eine große Gefahr für die europäische Friedensordnung. In dieser Lage gilt: Wer Frieden will, der muss mögliche Aggressoren erfolgreich abschrecken.
Der wohl wichtigste Beitrag, den wir derzeit für Frieden und Sicherheit in Europa leisten können, ist unsere Unterstützung der Ukraine. Sie haben das schon erwähnt, lieber Herr Papperger, und auch du, Mette, hast das getan. Ja, wir sind militärisch der zweitgrößte Unterstützer der Ukraine nach den USA. Genau genommen sind unsere Zusagen für das laufende Jahr, fast acht Milliarden Euro und weitere sechs Milliarden Euro für die kommenden Jahre, derzeit sogar die größte bestehende Zusage überhaupt.
Das ist aber kein Grund zur Prahlerei, die sowieso eine schlechte Eigenschaft wäre, sondern eher ein Grund zur Sorge. Ich habe bei meinem Gespräch in Washington Ende vergangener Woche deutlich gemacht, dass die Ukraine auch in Zukunft die Unterstützung der Vereinigten Staaten braucht. Präsident Biden tut alles dafür. Er kämpft dabei gegen große innenpolitische Widerstände, und ich hoffe sehr, dass er sie überwinden kann.
Auch mit Mitgliedern des amerikanischen Kongresses habe ich gesprochen und ihnen gesagt:
Es geht hier nicht um irgendeinen Krieg weit entfernt in Europa. In der Ukraine entscheidet sich, ob unsere Friedensordnung, ob unsere regelbasierte Welt eine Zukunft hat. Russland muss scheitern mit dem Versuch, sich mit Gewalt seinen Nachbarstaat einzuverleiben. Nicht nur die Vereinigten Staaten, auch alle europäischen Länder müssen noch mehr zur Unterstützung der Ukraine tun. Die bisherigen Zusagen reichen schlicht nicht aus. Deutschlands Kräfte allein reichen nicht.
Ich bin deshalb sehr froh darüber, dass sich im Senat so unmittelbar nach meinem Besuch eine Bewegung in Richtung einer Unterstützung eines Finanzpakets gezeigt hat. Ich hoffe, das kann dort abschließend so beraten werden, und ich hoffe natürlich auch, dass das Repräsentantenhaus zustimmen wird. Wir wissen, wie wichtig der amerikanische Beitrag ist.
Umso dankbarer bin ich für die Zusammenarbeit mit Ländern wie Dänemark. Was ihr leistet, liebe Mette, das ist wirklich beeindruckend. Und auch was wir gemeinsam leisten, kann eine Blaupause sein für die engere europäische Verteidigungszusammenarbeit. Dänemark und Deutschland beschaffen gemeinsam Kampfpanzer, Haubitzen und dringend benötigte Artilleriemunition für die Ukraine. Dänische und deutsche Unternehmen kooperieren bei der Lieferung von Aufklärungsdrohnen. Dänemark ist der von Deutschland initiierten European Sky Shield Initiative beigetreten, mit der wir die europäische Luftverteidigung im Rahmen der NATO stärken wollen. Diesen Weg gehen wir weiter, und wir wünschen, dass sich uns noch mehr Länder anschließen.
Die nötigen finanziellen Mittel sind dabei das eine. Eine starke Verteidigung braucht aber eben auch eine solide industrielle Grundlage und die entsteht, wenn wir Europäer unsere Bestellungen bündeln, wenn wir unsere Mittel zusammenführen und der Industrie somit Perspektiven für die nächsten 10, 20 oder 30 Jahre geben. Wir müssen weg von der Manufaktur hin zur Großserienfertigung von Rüstungsgütern.
Genau dafür steht dieser Tag heute. Dafür steht die Ausweitung dieses Werks hier in Unterlüß. Ich wünsche mir, dass hier von Unterlüß ein Signal ausgeht an unser ganzes Land, das Signal nämlich, dass es bei solch sicherheitsrelevanten Ansiedlungen, Erweiterungen und Projekten schnell gehen kann und muss. Auch hier gilt das Deutschlandtempo, wenn es zum Beispiel um Genehmigungen für neue Werke wie dieses geht. Hier in Unterlüß setze ich deshalb auf die Unterstützung von allen, die daran beteiligt sein werden im Land, im Landkreis, in den Kommunen, in der Bundeswehr und natürlich auch bei Rheinmetall.
Vorhaben wie dieses haben Vorbildcharakter. Sie tragen auch zu einem Umdenken in unserem Land bei davon bin ich fest überzeugt , weil sie das Bewusstsein dafür schärfen, wie wichtig es ist, eine so flexible, moderne und tüchtige Verteidigungsindustrie zu haben. Dass durch dieses Vorhaben außerdem über 300 fast 500, haben wir gehört attraktive und gut bezahlte Arbeitsplätze hier in der Südheide entstehen, ist mehr als nur ein erfreulicher Nebenaspekt.
Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Sie können stolz sein auf das, was Sie hier leisten. Sie arbeiten im wahrsten Sinne des Wortes zum Wohl unseres Landes. Danke dafür.
Meine Damen und Herren, auf dem Weg hierher habe ich erfahren, was die „Deutsche Wochenschrift“ – es tut nichts zur Sache, aber das war eine Parteizeitung der CDU im Jahr 1959 – über Unterlüß geschrieben hat, nämlich, dass es ein Dorf ohne Acker und Vieh sei.
Das liegt natürlich an der Vergangenheit. Erst war Unterlüß Eisenbahnersiedlung, dann Industriestandort. Was Sie hier in Unterlüß aufgebaut haben, was hier gerade neu entsteht, das ist schon etwas ganz Besonderes für die Region und für unser ganzes Land. Und deshalb ist es mir wichtig, bei diesem Spatenstich heute mit dabei zu sein.
(Foto: v.l. Rheinmetall-CEO Armin Papperger, die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen, Bundeskanzler Olaf Scholz und Verteidigungsminister Boris Pistorius beim ersten Spatenstich – Foto Rheinmetall)
Falls es noch nicht überall bekannt ist : Es gibt keine „ Vereinigten Staaten von Europa“ und es wird sie nie geben! Die Gründe dafür liegen klar, eindeutig und nachvollziehbar auf der Hand. Folglich wird es auch nie eine oder die europäische Armee geben ! Wann wird dieses hinreichend zu Tode gerittene Pferd endlich dem Abdecker überlassen?
Viel wichtiger sind doch die Aussagen des Bundeskanzlers in Bezug auf Friedenszeiten und Abschreckung.
Weder das Eine noch das Andere ist dauerhaft zum Nulltarif zu haben, Folglich keine Frage von sich „wirtschaftlich leisten können“ ; sondern sich wohl eher „ sicherheitshalber leisten müssen“! Diese Erkenntnis ist in Polen und im Baltikum erkennbar gewachsen, und im restlichen Europa????? Zur Erinnerung: lediglich 18 von 31 Staaten werden das 2% Ziel der NATO erfüllen in diesem Jahr; zum 1.Mal seit 30 Jahren tatsächlich auch mal von Deutschland. Sich mit einem schlanken Fuß in die Büsche schlagen ist weder eine Option noch eine gute Idee. Hoffentlich reift diese Erkenntnis „Trump sei Dank“ auch im restlichen Europa. Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: auch die US-Demokraten sind zwar in dieser Frage im Ton etwas moderater, in der Sache aber nicht wesentlich anders. Mache sich da bloß keiner irgendwelche Illusionen.
@ Heiki Kania
Da werden aber nur die konventionellen Stärken aufgezählt. Dass Russland hier nicht die Oberhand hat, wissen wir alle.
@ Nicolo15
Niemand kann in die Zukunft sehen. Aber für eine europäische Armee braucht man kein vereinigtes Europa. Das geht auch ohne.
Und die 2 Prozent NATO-Ziel sind Augenwischerei. Wenn man die Ausgaben unverändert hoch lässt und es meinem Land besser geht, unterschreite ich die 2 Prozent vom BIP unter Umständen. Je schlechter es meinem Land geht, desto höher ist der Anteil der Verteidigungsausgaben am BIP.
Und dass höhere Verteidigungsausgaben und das Sondervermögen Preistreiber bei der Industrie waren, ist auch festgestellt worden.
Es geht doch am Ende um die Fähigkeiten, die man der NATO zugesichert hat. Und daran hapert es teilweise.
Force B: …wenn ich in Geografie nicht ganz geschlafen habe, müsste Russland der flächenmäßig größte Staat auf dem Globus sein. Und, da es sich von der NATO bekanntlich „umzingelt“ fühlt, kann und wird es kaum seine SK auf „einen Punkt“ konzentriert haben. Im übrigen: was Sie als Nachteil für die NATO-Ressourcen implizieren, ist tatsächlich DER strategische Vorteil für uns. Wie PUTIN auch wissen dürfte und jetzt mit STEADFAST DEFENDER 2024 / QUADRIGA vorgeführt bekommt… Auflockerung war schon bei jeder KpGefÜb eine der substanziellen Inhalte.
@Heiko Kania:
Ich implizere nicht, ich simplifiziere, wie ich schrieb, so wie die nackten Zahlen der Statistik. Ohne weiteres Hintergrundwissen besitzen die keinerlei Nährwert.
Und klar, Erdkunde hatte ich auch mal, und später den Umgang mit Karte, (Bezard-) Kompass und Planzeiger gelernt. Aber das hilft uns jetzt auch nicht weiter.
Mal abgesehen davon das es uns an Material mangelt, was nun wie hier Thema ist, und gerade erst im Ansatz angegangen wird, es fehlen Boots on the Ground. Längst nicht nur bei der Bundeswehr. In Großbritannien und Australien etwa herrscht gerade Heulen und Zähneklappern weil jahrelanges Sparen am Verteidigungshaushalt nicht nur knappes Material bedeutet, die Zahlen geeigneter Bewerber bei beiden Streitkräften hat ein historisches Minimum erreicht. Und die USA müssen auch seit Jahren auf Greencard-Soldaten setzen.
Lange Rede kurzer Sinn, die Statistik spiegelt nur einen winzigen Bruchteil der Wirklichkeit wieder und ist daher hier unbrauchbar!
@Realist: Wenn Sie wirklich ein Realist wären, müssten Sie wissen dass Ihre Auffassung unter realistischen Annahmen grundfalsch ist.
Für den eigenen Bedarf muss jeder die Dinge herstellen können, die er benötigt, wenn nicht das Waffensystem ohnehin aus dem Ausland stammt. Selbst dann ist das Vorhalten von Fertigungstiefe oder Depothaltung für wichtige Ersatzteile zwingend. Denn sonst ist jedes fremdbeschaffte Fahrzeug, welches Beschädigungen im Einsatz erleidet, erstmal aus dem Kampf bis vielleicht irgendwann mal Ersatzteile aus dem Herkunftsland eintreffen.
Just-in-time-Logistik und Diversifizierung ist was für die Privatwirtschaft. Ein Staat, der seine eigene Verteidigungsfähigkeit (und die Fähigkeit, Bündnispartnern effektiv beizustehen) ernstnimmt, muss gewisse Vorkehrungen hierfür treffen. Und dazu gehört auch, sich nicht in Abhängigkeiten zu begeben, was essenziellen Nachschub angeht.
Wie oft haben wir denn schon gehört, dass Putin und Russland angeblich garantiert keinen Konflikt riskieren könnten, weil sie zu sehr auf die Lieferbeziehungen zum Westen angewiesen wären? Pustekuchen, wie man nun sieht. Die Zögerlichkeit der Eidgenossen bei der Lieferung von Munition, die man eigentlich auch in den Geschäftsbeziehungen zur EU gut integriert gesehen hatte, trägt nicht dazu bei, hier besonders zuversichtlich zu sein. Geert Wilders in den Niederlanden könnte bei einer Machtübernahme die in die Bundeswehr recht integrierte Koninklijke Landmacht wieder rauslösen und damit drei ganze Brigaden Fehl erzeugen. Auch die Zusammenarbeit mit Frankreich ist abhängig von der dortigen Innenpolitik. Wird dort Marine Le Pen an die Macht gespült, bin ich mir auch nicht sicher, inwiefern sich das französische Verteidigungsengagement noch langfristig in Kooperationsbereitschaft mit Deutschland und dem Rest der EU hält. Ungarn wurde ja schon genannt. Die Türkei hat bereits einen Hasardeur am Ruder, der ganz eigene Großmachtsfantasien in Richtung Kaukasus und Syrien/Irak hegt… Trump hat man ja bereits zu Genüge erlebt. Sowohl im Wahlkampf, wie auch als Präsident.
Nein. Wenn Sie wirklich Realist wären, würden Sie feststellen, dass Deutschland seine Verteidigungsfähigkeit auf Dauer nur sicherstellen kann, wenn sowohl ausreichende Produktionskapazitäten als auch Haushaltsmittel im eigenen Land bereitstehen. Alle europäische Kooperation ist „nice to have“. Eigene Fähigkeiten sind aber „must have“.
Blauäugigkeit mit Realismus zu verwechseln hilft nicht.
@Realist
Sicher sind die 2% vom BiP Augenwischerei, aber in einem anderen Sinne wie Sie meinen,
https://augengeradeaus.net/2021/02/verteidigungshaushalt-zahlenspiele/comment-page-1/
Hier wird schön beschrieben wie durch kreative Buchführung die Prozente berechnet werden z.B. Mietzahlungen an die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben? Wenn jetzt wieder mehr Lagerflächen für Munition geschaffen werden müssen, wird der Anteil nicht geringer.
@Force B
Die Green Card Soldaten spielen in den USA nicht wirklich eine Rolle. Das sind weniger als 1%.
Wir sollten damit rechnen, dass Sicherheit deutlich mehr kosten wird, wie jetzt. „Fachkräfte“ erhalten ja heute schon mehr wie ihnen nach Dienstgradgruppe zusteht. Wenn man z.B. den Tariflohn eines Apothekers mit dem vergleicht, was er bei der Bundeswehr verdient, sind da deutliche Unterschiede. Erstaunlich, dass nicht alle Apotheker zu der Fahne wollen.
@Force B: Ihre Meinung hat natürlich eine Gleichwertigkeit zu jeder anderen. Tatsächlich sind Ihre „absolut gesetzten Fakten“ („…die Statistik spiegelt nur einen winzigen Bruchteil der Wirklichkeit wieder und ist daher hier unbrauchbar!“ – und wenn Sie diese ganz aufklappen – s. Zeile 32 – finden Sie im übrigen „nukleare“ Vergleiche, anders als Sie es im 1. Ansatz fälschlich darstellen!) eben lediglich Meinung. Der Kräftevergleich fängt auf dem BtlGefStd an und findet natürlich auch im strategischen Bereich statt, was denn sonst?!
@Metallkopf
ich schlage vor, Sie lesen einmal den Beitrag hier über die Aussage von Frau Bärbock zum Thema NATO und Europa.
Sie haben das Grundproblem, was die europäischen Staaten aktuell haben, leider überhaupt nicht verstanden.
@Malefiz:
Ist doch egal wieviele Prozent, die Aussagen dazu waren klar: „Ohne die haben wir nicht genügend Bewerber“, so zumindest als das eingeführt wurde. Ist ja nun auch schon mehr als 10 Jahre her.
Und wenn wir nun schon bei Zahlenspielen sind, welchen Prozentsatz meinen Sie? Den Anteil an militärischem Personal der USA insgesamt oder unter den Frontschweinen?
@Heiko Kania: „Nukleare Vergleiche“
Verwechseln Sie mich etwa? Dazu habe ich mich hier noch nirgendwo geäußert.
@Force B
Interessante Frage. Ich muss mich zunächst Korrigieren es könnten auch 1,7 % sein. 2005 waren es gesamt 35000, 2018 24000. Neuere Zahlen finde ich nicht, der allergrößte Teil in der Marine. Bei Marines 2005 etwa 3,5% im Heer 1,7% .
Quelle: https://www.cna.org/reports/2005/D0011092.A2.pdf
Wenn wir auch Sprachkenntnisse verlangen und eine legale Einreise, wird das unser Personalproblem nur zum Teil lösen. Mit dem Nebeneffekt, dass dann unsere östlichen Wehrbrüder das Problem haben, was wir wohl nicht wollen.
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Passt hier vielleicht am besten rein:
Rheinmetall plant nach einer dpa-Meldung den Bau eines neuen Werks zur Herstellung von Artilleriemunition in der Ukraine. Dafür habe das deutsche Rüstungsunternehmen und ein ukrainisches Partnerunternehmen am Rande der 60. Münchner Sicherheitskonferenz eine Absichtserklärung unterzeichnet, wie das Unternehmen am Samstag mitteilte.
«Wir wollen der Ukraine ein leistungsfähiger Partner dabei sein, die einst starke wehrtechnische Industrie in der Ukraine wiederaufzubauen und die Autonomie ukrainischer Kapazitäten sicherzustellen», begründete Rheinmetalls Vorstandsvorsitzender, Armin Papperger, die Entscheidung. Von ukrainischer Seite war laut Mitteilung der Minister für strategische Industrien, Olexander Kamyschin, bei der Unterzeichnung zugegen. In der Fabrik der beiden Partner soll das Gemeinschaftsunternehmen eine sechsstellige Zahl von Geschossen pro Jahr herstellen.
Schon im Oktober vergangenen Jahres gründete der deutsche Rüstungskonzern ein erstes Gemeinschaftsunternehmen mit einem ukrainischen Partner, um in der Ukraine Panzer zu warten und instand zu setzen. Dort sollen laut Rheinmetall später auch gepanzerte Fahrzeuge produziert werden.
dpa-infocom, dpa:240217-99-27640/4