Bundesregierung will angeblich Panzermunition an Israel liefern – aus Bundeswehrbeständen
Die Bundesregierung will nach einem Bericht des Spiegels 10.000 Schuss Panzermunition an Israel liefern, die aus Bundeswehrbeständen kommen sollen. Eine offizielle Bestätigung gibt es bislang nicht.
Aus der Vorabmeldung des Magazins*:
Die Bundesregierung prüft, Israel mit der Lieferung von Panzermunition beim Kampf gegen die Terror-Miliz Hamas zu unterstützen. Nach Spiegel-Informationen haben sich die beteiligten Ressorts bereits grundsätzlich darauf geeinigt, eine entsprechende Bitte der israelischen Regierung zu erfüllen.
Das Ersuchen, rund 10.000 Schuss 120-Milimeter Präzisionsmunition für die israelische Armee zu liefern, war bereits im November in Berlin eingegangen. Seitdem beraten Kanzleramt, Wehrressort, Außenamt und das Wirtschaftsministerium über die Anfrage und kamen schließlich überein, der Bitte nachzukommen zu wollen.
Nach der grundsätzlichen Einigung wird nun hinter den Kulissen an der Umsetzung gearbeitet. Da die Industrie die gewünschte Präzisionsmunition nicht sofort liefern kann, wird die Option erwogen, dass die Bundeswehr zunächst Munition aus den Beständen abgibt. So könnte man der Bitte Israels zeitnah nachkommen.
Einige Details sind nach SPIEGEL-Informationen aber noch unklar. Israel will die Lieferungen der Munition bezahlen, derzeit laufen aber noch Gespräche über die Vertragsdetails.
Nachtrag: Es dürfte sich um die Munition 120 mm KE DM63 handeln (mit aller Vorsicht, konkrete Angaben/Bestätigungen gibt es vorerst nicht), die der Hersteller Rheinmetall so charakterisiert:
Ihr wesentliches Merkmal ist die neuartige temperaturunabhängige Treibladung TIPS (Temperature Independent Propulsion System), die ihre innenballistischen Eigenschaften über einen breiten Ladungstemperaturbereich konstant aufrecht hält. Bei dieser neuen Munitionsgeneration wurde die Treffgenauigkeit deutlich verbessert und der Verschleiß im Rohr durch Erosion erheblich verringert.
Der Begriff Präzisionsmunition, den es ja eigentlich für Panzermunition nicht gibt, is damit vermutlich nicht als technische Bezeichnung gemeint.
*Da es sich um eine zur Veröffentlichung bestimmte Vorabmeldung handelt, ist die Wiedergabe in diesem Umfang – anders als bei einem Zitat aus dem Bericht – möglich.
Ich glaube das ist die einzige Munitionssorte von der die Bundeswehr genug auf Lager hat… daher durchaus OK
Wird auch nachbestellt oder werden nur die Depots geleert?
Ein Schelm, wer Böses denkt.
Sorry, ich bin professioneller Schwarzseher … kein Scherz.
schon wieder aus Bundeswehrbeständen…
Naja, wir haben sicher genug gelagert um für Ausbildung, Manöver und Ernstfall gewappnet zu sein….
(und bevor der Einwand kommt, NAchbeschaffung darf dann vermutlich wieder per Selbstkannibalisierung aus dem EP 14 bezahlt werden und läuft 2028 zu, bis dahin schaut Panzertruppe dann sprichwörtlich „in die Röhre“)
wacaffe:
Israel will doch bezahlen, insofern sollte das eine Art Zeitringtausch sein.
Schön, dass einige sich selbst die Lieblingsbezeichnung „Berufpessimist“ geben.
Das einzige was mich hier ernsthaft stört, ausser dem ohnehin schon genannten Problem der zeitnahen Nachbeschaffung und seiner Finanzierung, ist die Tatsache das die Anfrage im November gestellt wurde und man immer noch nicht entschieden hat.
Ehrlich gesagt hinterlässt mich das sprachlos, wenn der Konflikt im mittleren Osten eskaliert wäre und der Bedarf der israelischen Streitkräfte über alle Massen gestiegen wäre, hätte man dann eher den Arsch hochbekommen und geliefert?
Das einzig gute was ich hier erkennen kann, dass es wohl einen Willen gibt ernsthaft zu liefern.
„Es dürfte sich um die Munition 120 mm KE DM63 handeln …“
KE Mun (APFSDS) soll mit hoher Querschnittsdichte die Panzerung in erster Linie bei Kampfpanzern, aber auch Panzerhaubitzen, u.U. bei großer Kampfentfernung jenseits 2000 aufgrund höherer Treffaussicht, auch von Schützenpanzer durchdringen.
Beim KPz Leopard 2 ab Version A4 wird KE auch zur Hubschrauberbekämpfung eingesetzt, sofern es sich um Schwebeflug, Anflug der Vorbeiflug handelt.
Die genannten Ziele wurden durch die Hamas im Gazakrieg aber nicht aufgeboten, da sie natürlich nicht zum Ausrüstungsumfang der Terrorgruppe gehören,
Gegen Ziele der Hamas, verbunkert oder in Gebäuden, sind HEAT- und Quetschkopfgeschosse (HESH) wegen der verbundenen hohen Sprengwirkung Mittel der Wahl sofern Panzerkanonen Verwendung finden. KE Penetratoren sind dazu sogar ausdrücklich ungeeignet: sie „marschieren“ in einen 20 m breiten Häuserblock vorn rein und hinten wieder raus, hinterlassen dabei lediglich ein kleines Eintritts- und größeres Austrittsloch, Explosion oder Zerstörung finden nicht statt.
Wozu also braucht Israel 10K APFSDS? Gegen die Hamas kaum, ebensowenig gegen Hesbollah; Panzerfeind in Nachbarstreitkräften ist nur in Syrien, Jordanien und Ägypten gegeben.
[Die Angaben zur Munition sind nicht bestätigt; insbesondere nicht die genaue Bezeichnung – insofern ist eine detaillierte Auseinandersetzung damit noch etwas verfrüht. T.W.]
Den Israelis würde ich mein letzte Granate geben.
Wieso soll eine Lieferung an Israel „gut“ sein? Die Munition sollte eher für die LV/BV vorgehalten werden. Wenn man meint, etwas entbehren zu können ist die Unterstützung der Ukraine sicherlich eher vorrangig.
Unglaublich, wie träge die Bundesrepublik im Vergleich zu den USA 1973 in der Operation Nickelgrass ist. Die Lieferung von Panzermunition stünde sogar in der Tradition einer seit den 1960er Jahren bestehenden guten und engen Zusammenarbeit in den Bereichen Panzerung und Munition. Während des Kalten Krieges waren Auswertung von Beutematerial und Forschung an neuen Konzepten rund um Kampfpanzer auf Gegenseitigkeit etabliert. Schon im Januar 1968 konnten deutsche Ingenieure an erbeuteten T54 und T55 im Negev Beschußversuche mit deutschen Hohlladungen und Lenkflugkörpern machen. Gleichzeitig stelle ich mir aber die Frage, warum eine derart sensible Lieferung nicht ohne Öffentlichkeit abgewickelt werden kann… Wird diese Lieferung nicht Reaktionen auf der Berliner Sonnenallee auslösen?
@Dominik sagt:16.01.2024 um 20:07 Uhr
„Schön, dass einige sich selbst die Lieblingsbezeichnung „Berufpessimist“ geben.“
Sagen wir mal …. in problematischen Szenarien denken und mögliche Lösungen / Lösungsansätze finden, damit man nicht gänzlich unvorbereitet dasteht. Und ja, mir ist es lieber, ich irre mich, als das ich Recht habe.
Also die großen Panzerverbände der Hamas sehe ich jetzt nicht, die man dort bekämpfen müßte. Und haben die Israelis nicht ihre eigenen KE-Penetratoren falls man sich doch mit den Syrern anlegen muß?
Nach Abschluß meiner Grundausbildung bei einem Sanregiment im südlichen Niedersachsen ( lange her) , wurden die Kameraden und ich in den KOM „verfrachtet“ und nach Bergen Belsen gefahren. Dort standen wir, wenn auch auf kurze Distanz, Anfang der 80 er den Angehörigen der Opfer der Nazis, welche Blumen auf Steinplatten niederlegten, in der Uniform gegenüber. Hat irgendjemand ernsthafte Fragen, wenn Israel überlebenswichtige Munition von Deutschland wünscht ?
@Dominik
Mit der Bezahlung ist nur das Problem, dass der Bundeshaushalt grundsätzlich Gesamtdeckung (siehe z.B. §8 BHO) vorsieht, d.h. alle Einnahmen dienen (üblicherweise) allen Ausgaben zur Deckung. Die Einnahmen aus dem Munitionsverkauf sind also nicht zweckgebunden für die Nachbeschaffung, sondern gehen in den großen Topf verfügbares Geld, aus dem halt jeder seine Ansprüche anmeldet. Von daher ist ein bisschen Pessimismus angebracht.
was die Panzer Munition für die Ukrainer angeht, da gibt es genug. Dank der vorausschauenden Produktion der Industrie. Weiterhin kam es dort bisher auch noch nicht zu größeren Einsätzen von Kampfpanzern, sodass sich der Verbrauch in Grenzen hält.
Wovor fürchtet sich die Regierung mehr-vor dem Protest der Arabischen Regierungen oder den arabischen Clans in Berlin?
„Pirat77 sagt:
16.01.2024 um 22:26 Uhr
Den Israelis würde ich mein letzte Granate geben.“
+1*….Ich auch, wenn ich doch nur Zugriff darauf hätte.
@Trevor Faith
Das hört sich doch ganz anders an und ist viel konstruktiver als ein Pessimist.
@Träumer
naja wenn Israel Munition bei der Rüstungsindustrie bestellt, welches dann von der BW „vor“geliefert würde, würde ich erwarten, dass die „israelische“ Munition dann an die BW geliefert wird.
Ganz ehrlich, die Ukraine zeigt schon auch deutlich, dass direkte Panzerduelle echt selten sind. Die anderen Munitionssorten wären wichtiger (Stand aktuell, ich glaube fast eher nicht, dass es um die genannte Munitionssorte geht)
Wenn Israel im November Panzergranaten anfordert, dann sollte auch im November entschieden und geliefert werden. Vor allem aber bei der Industrie sofort nachbestellt werden, um die sofortige Abgabe der BW schnell zu ersetzen.
jetzt hat man schon 2 Monate verschenkt und das Ende vom Lied wird sein, daß die BW abgeben muss, aber die Nachbestellung bei der Industrie vergessen wird oder aus den 100 Milliarden der Zeitenwende die BW die Nachbestellung selbst bezahlen muss.
@SanDino
„Hat irgendjemand ernsthafte Fragen, wenn Israel überlebenswichtige Munition von Deutschland wünscht ?“
Ja. Wofür und gegen wen wird die Munition genau benötigt und haben die, die das Befürworten, die Anklageschrift gegen Israel am Internationalen Gerichtshof zumindest mal überflogen?
Und wer meint, nicht nötig, alles erstunken und erlogen, nun Israel ist neben Nordkorea das einzige Land, das ganz offiziell Kollektivbestrafung anwendet (schon länger):
https://de.wikipedia.org/wiki/Sippenhaftung
Außerdem ist Israel als Ganzes derzeit nicht in einer Existenzgefährdenden Situation. Sie wurden brutal (in Völkermörderischer Absicht) angegriffen und sie haben das Recht zurückzuschlagen und gegen Hamas vorzugehen. Aber sie haben nicht das Recht auf einen Völkermordversuch, mit einem Völkermordversuch zu antworten. Ob Israel das tatsächlich tut ist zwar umstritten – aber auf eine Weise, dass ich in diesen Konflikt in seiner derzeitigen Form – keine Waffen liefern würde.
[Die Debatte über das Verfahren vor dem IGH und die damit verbundenen – und sehr kontroversen – Einschätzungen sind zwar bedeutsam, sprengen aber bei weitem den thematischen Rahmen dieses Blogs. Ich wäre sehr dankbar, wenn diese Debatte an den passenden Orten geführt würde und nicht hier. T.W.]
Welche Lagerbestände? Bei der Bundeswehr? Wovon reden die da überhaupt?
Zur Frage des Einsatzes von KE – Munition gegen „unübliche“ Ziele. Mir ist bekannt, dass in urbanem Umfeld schon KE gegen vergleichsweise weiche Ziele eingesetzt wurde, um die Kollateralschäden an Infrastruktur zu reduzieren. Beispiel: Wenn man mit KE aus einem Kampfpanzer das befestigte MG-Nest im fünften Stock eines Hochhauses hochpräzise ausschalten kann, dann seien die Schäden am Gebäude deutlich geringer als beim Einsatz von CAS mit Abwurfmunition, LFK oder Artillerie mit HE… Somit könnte der Wunsch nach der deutschen Lieferung in einem politischen Zusammenhang mit der amerikanischen Forderung nach einem Wechsel der Einsatzverfahren sein, damit die Anzahl der zivilen Opfer geringer würde… Soweit meine Interpretation der Sache.
Wer hier Verzögerungen bei der Nachbestellung durch Deutschland thematisiert: Wie bereits angedeutet sollte Israel die Bestellung in die Wege leiten und diese auch genehmigt bekommen. Dazu ist Israel finanzkräftig genug. Deutschland sollte nur die Munition „ausleihen“ bis die Nachproduktion eintrifft.
Sollte es sich tatsächlich um die „Pfeilmunition“ DM63 handeln, wäre eine Verwendung in den aktuellen Einsatzgebiet der IDF aus technischer Sicht tatsächlich schwer herzuleiten.
Dass diese Munition für „harte Ziele“ gedacht ist, ist das Eine; dass aber ausschließlich auf harte Ziele damit geschossen wird auch nicht unbedingt richtig. Auch auf „weiche Ziele“ hat diese Munition ihre Wirkung wenn sie z.B. eine Stellung durchschlägt fliegt immer noch genug primäres Material rum was tödlich sein wird. Ob man das wirklich überlebt, wenn so ein Ding durch den Raum marschiert in dem ich gerade mit meiner AK sitze??? Unterdrückungsfeuer um den Feind in Bewegung zu setzen?…
Ggf. ist auch gerade nichts anderes verfügbar? Oder man füllt die Depots für eine Eskalation mit weiteren Gegnern? Israel ist von Feinden umzingelt, viele Staaten haben dessen Zerstörung auf der Agenda. Da reicht es ggf. auch schon einfach die Munition zu haben, und macht das eben publik…
Fazit: Wir wissen eigentlich gar nichts.
@Pirat @SanDino .. da ich zumeist nur lese hier dennoch eine Wortmeldung und Dankeschön für Ihre Haltung. Frage an den Hausherrn: Wird die BT Entscheidung zum Thema „Taurus“ Marschflugkörper für die UKR noch thematisiert?
[Nun ja, „Entscheidung“ ist es ja nicht, die liegt bei der Bundesregierung. Also eher nein. T.W.]
Auch wenn es viele Fragezeichen und Konjunktive in dieser Sachlage gibt, erlaube ich mir darauf hinzuweisen, dass KE-Munition im Frieden im Bundesgebiet nicht eingesetzt werden darf (auch und erst recht nicht in der Schiessausbildung), da der Sicherheitsbereich durch die enorme mögliche Flugweite einfach nicht vorhanden ist.
Und ein Einsatz im Verteidigungsfall ist kurz- oder mittelfristig eher unwahrscheinlich. Daher wird der Bestand (hoffentlich) einfach gegen eine neuere Produktion ausgetauscht.
Dafür hätte ich als Munitionstechniker großes Verständnis!
israel soll haben was es benötigt! aber: die regierung scheint um konflikte zu betteln damit sie die letzten bundeswehrreserven an den mann bringen kann. spielt auch keine rolle wer das ganze bezahlt. entscheidend sind die langen lieferzeiten unserer rüstungsindustrie. die 10.000 schuss lassen doch locker wieder 4-5 jahre auf sich warten. wenn ich mir die ganzen militärstrategen (incl. pistorius) anhöre, wirds echt knapp.