Dokumentation: Deutscher MINUSMA-Einsatz formal beendet
Nachgetragen fürs Archiv: Mit einem Rückkehrerappell auf dem Flugplatz Wunstorf ist am (gestrigen) Samstag die deutsche Beteiligung an der UN-Mission in Mali auch formal beendet worden. Die deutschen Soldaten und Soldatinnen des letzten MINUSMA-Kontingents wurden von Verteidigungsminister Boris Pistorius von ihrem Auftrag entbunden; damit endete für die Bundeswehr nach drei Jahrzehnten auch vorerst die Ära der großen Auslandseinsätze. Zur Dokumentation:
• Die deutsche Beteiligung an der UN-Mission in dem westafrikanischen Land dauerte formal zwar gut ein Jahrzehnt. Von einem zehn Jahre dauernden Einsatz zu sprechen, ist allerdings eine, nun, etwas holzschnittartige Eigendarstellung. Zwar hatte die Bundeswehr bereits 2013 mit dem ersten Bundestagsmandat (BT-Drucksache 17/13754) diese Mission begonnen. Sie war zunächst jedoch beschränkt auf Unterstützung mit taktischem Lufttransport, Einzelpersonal und Verbindungsoffiziere in Führungsstäben und Luftbetankung der französischen Kampfjets, die ebenfalls im Rahmen von MINUSMA – und nicht in der gesonderten französischen Militäroperation Serval in Mali – unterwegs waren.
Ab Anfang 2016 änderte sich das: Was zunächst als Unterstützung und Ergänzung der niederländischen Truppen im MINUSMA-Einsatz gedacht war, wurde nach dem Terrorangriff auf das Bataclan-Theater in Paris 2015 zur Unterstützung Frankreichs umdeklariert. Ein neues Bundestagsmandat im Januar 2016 (BT-Drucksache 18/7206) sah ausdrücklich eine Fortsetzung und Erweiterung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der Multidimensionalen Integrierten Stabilisierungsmission der Vereinten Nationen in Mali (MINUSMA) vor. Die Bundeswehr begann ihren Einsatz in Gao im Norden des Landes, der in dieser Woche – zusammen mit MINUSMA insgesamt – zu Ende ging.
• In seiner Rede zum Rückkehrerappell in Wunstorf räumte der Verteidigungsminister ein, Deutschland habe ebenso wie die anderen Nationen in der UN-Mission bei den Bemühungen um die Stabilisierung einer von Terror und dem Zerfall fragiler Staatlichkeit geprägten Region nicht den Erfolg erreicht, den sie sich gewünscht hätten: Am Ende waren die politischen Verhältnisse in Mali, die Voraussetzungen für einen sinnvollen Einsatz einfach nicht mehr gegeben. Für die Bundeswehr bleibe jedoch das Fazit: Sie haben Ihren Auftrag erfüllt und mit allen ihren Einsatzkontingenten in Mali etwas geleistet, was weder umsonst noch unbeachtet war.
Die Reden von Pistorius und von Tobias Lindner, Staatsminister im Auswärtigen Amt, in Wunstorf zum Nachhören:
• Sowohl in seiner Rede als auch im anschließenden Pressestatement betonte der Minister, die Sahel-Region bleibe von zentraler Bedeutung für Deutschland wie für seine Verbündeten. Unter anderem deshalb, kündigte Pistorius an, wolle er Anfang kommender Woche nach Niger reisen: In dem Nachbarland Malis, das seit einem Putsch in diesem Jahr ebenfalls von einer Militärregierung kontrolliert wird, betreibt die Bundeswehr am Flughafen der Hauptstadt Niamey einen Lufttransportstützpunkt – und möchte den auch auch dem Abzug aus Mali offensichtlich gern behalten. Das Statement von Pistorius und Lindner zum Nachhören:
(Foto: Kontingentführer Oberst Heiko Bohnsack mit Soldaten des letzten deutschen MINUSMA-Kontingents am 15. Dezember 2023 beim Rückkehrerappell beim Lufttransportgeschwader 62 in Wunstorf – Francis Hildemann/Bundeswehr)
Eine vielleicht interessante Hintergrundinfo zum Appell als solchem: Das Heeresmusikkorps Hannover, welches ja fast um die Ecke beheimatet ist, musste die Verantwortlichen wiederholt anbetteln(!), um für eine würdevolle musikalische Umrahmung des Appells sorgen zu dürfen. Seitens der Planer war ursprünglich vorgesehen, dass die Nationalhymne vom Band gespielt wird und gut ist.
In der Kommunikation drängte sich der Eindruck auf, dass es vor allem darum gehen sollte, eine politische Bühne zu bereiten und alles weitere (inkl. die rückkehrenden Soldaten) von sekundärer Bedeutung ist.
Quelle: Ich bin Angehöriger des HMK.
Deutscher MINUSMA-Einsatz formal beendet.
Gut. Und was lernen wir daraus? Ich frage mich ja immer noch, wann man denn mal was zu den „Lessons learned“ des Einsatzes in Afghanistan hört. Aber es hat den Anschein, das man diese Episode im Bendlerblock am liebsten vergessen würde.
Vielleicht könnte der Hausherr… . Oder besser nicht. Ich möchte ja nicht, dass T.W. sich unbeliebt macht.
Lieber ein „Ende mit Schrecken“ als ein „Schrecken ohne Ende“. Viel Geld für fast nichts. De-facto brachte auch dieser Einsatz einen Fähigkeitsverlust für die Bundeswehr, weil wir aus politischen Gründen inkonsequent militärisch gehandelt haben.
Die Soldatinnen und Soldaten haben das Beste daraus gemacht. Zum Glück ist der Spuk jetzt vorbei.
Aus meiner Sicht im Rahmen der Möglichkeiten (Flugzeughalle!) ein angemessener Rahmen. Die Ausführungen vom „Kleinen Rädchen“ kann ich nicht kommentieren.
Was mir noch besser gefallen hätte: Übergabe der Einsatzmedaille an je einen Vertreter aus jeder Dienstgradgruppe.
@Schlammstampfer: Die Enquete-Kommission „Lehren aus Afghanistan für das künftige vernetzte Engagement Deutschlands“ wurde vom Deutchen Bundestag im Sommer 2022 eingesetzt. Demokratie unterscheidet sich in der „Schnelligkeit‘ im allgemeinen deutlich von anderen Regierungsformen. Das mag man beklagen, ich tue das nicht… Die 31. Sitzung dieses Gremiums fand am 11.12.2023 um 10:15 statt. TOP dieser (nichtöffentlichen) Sitzung und weitere Einzelheiten zum Auftrag und Zwischenergebnissen der Kommission sind unter „bundestag.de“ fortlaufend dargestellt.
Schlammstapfer sagt:
16.12.2023 um 17:58 Uhr
„Aber es hat den Anschein, das man diese Episode im Bendlerblock am liebsten vergessen würde.“
Nicht nur dort. Sowohl in den ÖRR als auch den Privatmedien war das Missionsende nur eine Randnotiz. Wieder eine Mission mit dem Fazit: Außer Spesen nichts gewesen. Frage an die Fachleute: Konnte man wenigstens ein paar taktische Erfahrungen sammeln oder war das Einsatzprofil und -Gelände zu weit weg von der Landes- und Bündnisverteidigung?
„Ihr seid das richtige Asset in der falschen Mission.“
Zitat eines französischen Kameraden (von „Barkhane“) zu mir als ich 2017 unten war.