Bundestags-Haushaltsausschuss billigt Einstieg in „Leichten Kampfhubschrauber“ (Nachtrag)
Der Haushaltsausschuss des Bundestages hat den Einstieg in die Beschaffung des Airbus-Helikopters H145M als leichten Kampfhubschrauber gebilligt. Die Abgeordneten stimmten nach Angaben aus Ausschusskreisen der Vorlage zu, mit der zunächst 62 dieser Hubschrauber für 2,1 Milliarden Euro beschafft werden sollen. Das Projekt war auf Kritik auch des Bundesrechnungshofes gestoßen.
Hintergrund ist die im Mai getroffene Absicht des Verteidigungsministeriums, in den nächsten 15 Jahren aus der Nutzung des Kampfhubschraubers Tiger auszusteigen und sich an einer Weiterentwicklung nicht zu beteiligen. Die Weiterentwicklung zu TIGER Mark III wird die Komplexität des Systems nicht maßgeblich verringern. Die Ursachen der Defizite bei der materiellen
Einsatzbereitschaft können damit nicht beseitigt werden, hatte das Ministerium bereits im März in der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Unionsfraktion. Die Voraussetzungen, diese Fähigkeit zu erhalten, sollten noch in diesem Jahr getroffen werden.
Mit der jetzt beschlossenen Vorlage für die Beschaffung weiterer Hubschrauber H145M, die bereits als Leichter Unterstützungshubschrauber für die Spezialkräfte von der Bundeswehr genutzt werden, und zusätzlicher Bewaffnung soll ein Einstieg geschaffen werden. Allerdings sind für die 62 Helikopter – und weitere 20 als Option – bislang nur 24 Rüstsätze Kampf vorgesehen. Der Rechnungshof hatte bemängelt, damit werde ein Hubschrauber beschafft, der zwar fliegen, aber nicht kämpfen könne.
Wie die Fähigkeiten eines Kampfhubschraubers angesichts der Ausphasung des Tiger langfristig erhalten und die der NATO zugesagten Einsatzmöglichkeiten gesichert werden sollen, scheint noch nicht ganz geklärt – die Bundeswehr setzt dabei offensichtlich auch auf den Einsatz unbemannter Systeme, wie sie in der Antwort im März deutlich machte:
Zur Erfüllung der NATO-Planungsziele im Bereich der Feuerunterstützung aus bodennahem Luftraum gegen gepanzerte Kräfte hat sich Deutschland grundsätzlich verpflichtet, bis zum Beginn des Jahres 2032 quantitativ 48 Kampfhubschrauber zu stellen. Qualitativ müssen Kampfhubschrauber gemäß der NATO-Forderung „air interdiction, close air support und close combat attack“ Aktivi-
täten durchführen und stehende sowie fahrende Ziele unter limitierten Sichtbedingungen bekämpfen können. Diese Forderungen werden grundsätzlich vom Kampfhubschrauber TIGER erfüllt. Alternativ können – so verfügbar – unbemannte Systeme, welche die Fähigkeiten erfüllen, angerechnet werden.
Aber auch diese Aussage gehört dazu:
Es gibt keine Grundsatzentscheidung zur zukünftigen materiellen Ausgestaltung der Fähigkeit des Kampfes im bodennahen Luftraum und speziell des Fähigkeitsträgers Kampfhubschrauber. … Insbesondere vor dem Hintergrund der Erfahrungen des Krieges in der Ukraine kann die Fähigkeit nicht isoliert betrachtet werden.
Nachtrag 13. Dezember: Der Vertrag mit Airbus Helicopters wurde unterzeichnet, wie das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) mitteilte:
Die Bundeswehr erhält bis zu 82 neue Kampfhubschrauber vom Typ H145M. Unmittelbar nach der gestrigen Billigung des Beschaffungsvorhabens durch den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages beauftragte das Beschaffungsamt der Bundeswehr die Firma Airbus Helicopters Deutschland GmbH mit der Herstellung und Lieferung der Hubschrauber, die vorrangig aus dem Sondervermögen finanziert werden.
Bei der Beschaffung griff die Bundeswehr bewusst auf einen marktverfügbaren Hubschraubertyp zurück, der bereits bei den Spezialkräften und für Rettungseinsätze genutzt wird. Der heute geschlossene Rahmenvertrag umfasst neben der Herstellung und Lieferung der Hubschrauber auch Ersatzteile, acht Ausbildungssimulatoren, die Ausbildung des fliegenden und technischen Personals sowie umfangreiche Service-Leistungen für den Betrieb der Hubschrauber über einen Zeitraum von sieben Jahren.
Im Rahmen einer Brückenlösung wird der H145M als Leichter Kampfhubschrauber (LKH) den aktuell genutzten Kampfhubschrauber Tiger ablösen. Der mehrrollenfähige Hubschrauber kann neben der Bewaffnung mit verschiedenen Ausrüstungskits bestückt werden: elektronische Selbstschutzanlagen, ballistischer Schutz oder Zusatzausstattung für den Einsatz über See. Außerdem verfügt der Hubschrauber über leistungsfähige Aufklärungssensoren. Diese ermöglichen der Besatzung, Missionen bei Tag und Nacht zu fliegen. Dadurch ist der H145M äußerst flexibel durch das Heer und die Luftwaffe einsetzbar.
Bereits im kommenden Jahr soll die Auslieferung der LKH und die Ausbildung des Personals beginnen und Ende 2028 abgeschlossen sein. Der LKH wird zukünftig an den Standorten des Internationalen Hubschrauberausbildungszentrum in Bückeburg, den Heeresstandorten Niederstetten, Fritzlar und Faßberg sowie dem Luftwaffen-Standort Laupheim eingesetzt.
(Archivbild Mai 2019: Ein leichter Mehrzweckhubschrauber H145M LUH SOF vom Hubschraubergeschwader 64 während der Einsatzerprobung des Maschinengewehrs MG6 im Rahmen der Übung Heli Dust II 2019 auf dem Truppenübungsplatz Oberlausitz – Johannes Heyn/Bundeswehr)
Wenn man die Beschaffung des AW 169M Österreichs mit derjenigen des H 145M Deutschlands betrachtet, so fällt bei nahezu identischen Rahmenbedingungen (einschließlich der neu zu errichtenden Infrastruktur) auf, dass Österreich zum einen einen leistungsfähigeren Hubschrauber erhält und zum anderen nur etwa zwei Drittel des Systempreises je Exemplar im Vergleich zum deutschen Modell bezahlt. Ausserdem wird pünktlich geliefert. Was sind die Gründe dafür?
Sehen wir es doch mal völlig anders. Eine H145M ist kein Tiger, aber der Tiger ist auch eigentlich eine flügellahme Ente. Vielleicht ist die H145 M nur eine Wespe, aber zuverlässig. Aufgrund der maßgeblichen Leute im und um das KHRgt 36 war eine solche Entscheidung zu erwarten.
Die meisten von Ihnen sind noch Bo 105 PAH geflogen. Der erste Hubschrauber der einen Luping flog. Unkompliziert, zuverlässig, extrem wendig. Attribute die keiner im Rgt mit Bezug zum Tiger nennt.
Aber schauen wir doch mal über den Tellerrand hinaus.
Airbus entwickelt als Nachfolger der H145 gerade den RACER, 400 km/h schnell. Die USA entwickeln gerade ähnliches. Vor 2030 stehen auch diese Systeme nicht zur Verfügung
Der Realist sagt:
„ Mein Favorit für diese Rolle wäre ein Einstieg beim H160M-Programm der Franzosen gewesen, auch in Hinblick auf ein Nutzung als ergänzender Helikopter der Marine im Bord-Einsatz.“
Mir deucht, da sitzt jemand der Werbung auf.
Jedenfalls in der zivilen Welt wird der H160 als underpowered und darum als enttäuschend betrachtet. Mehr Leistung als H145 hat der, aber richtig gute endurance hat der nicht. Für SAR wird der H175 wohl the next big thing, weil H160 einfach underpowered ist.
@ stiller Mitflieger
Die H160M hat keine schlechteren technischen Daten in Bezug auf das Leistungsgewicht als die H145M.
Sie ist einfach eine Klasse höher angesiedelt.
Die H175M ist eine Klasse über der H160M angesiedelt.
Immerhin ist doch schön, dass „wir“ mit dem H175 den Chinesen endgültig beigebracht haben gute Helikopter zu bauen. Bei A320 ist das doch auch schon super….
@ Dominik
Deshalb musste man beim H175M erstmal alles Chinesische ersetzen…
Man lernt dazu…
@Peter Eberl sagt: 16.12.2023 um 23:37 Uhr
Danke für den Vergleich. Kann Ihnen da nur zustimmen, dass der H145M Deal einen ziemlich teuren Eindruck macht.
Die bayerischen Polizei-H145 werden mit 18,1 Mio Euro pro Stück aufgerufen (inkl. Ersatzteilen für 3 Jahre und 1500 Flug-h), die H145M mit 33,9 Mio. Selbst wenn wir für die 8 Simulatoren noch 100 Mio Euro ansetzen, bleiben locker 32 Mio pro Hubschrauber.
Ein Preistreiber, der auch die Vergleichbarkeit mit Österreich einschränkt, ist der logistische Support durch Airbus Helicopter. Das war auch schon ein Ausschreibungskriterium in Österreich, dass Deutschland sich dabei nahezu komplett auf die Industrie abstützen will (im Gegensatz zu Österreich). Das kostet halt.
(Über die Kriegstauglichkeit eines solchen Konstruktes darf man diskutieren. Auch über die Frage: Warum beschaffe ich einen einfach zu betreibenden Hubschrauber, wenn ich ihn dann trotzdem nicht selbst betreiben kann/will? Ja, ich weiß. Es geht um Flugstunden und Verfügbarkeit von Personal.)
@Überlebensfähigkeit:
Mit Spike ER 2 kann er ohne direkte Sichtverbindung (NLOS) Ziele in Entfernungen zwischen 10 und 16 km (Katalogwerte) bekämpfen. Das kann aktuell kein Tiger, kein AH-1Z und ein AH-64 nur mit Spike NLOS. Polnische AW149 mit Hellfire erst recht nicht. Da braucht es schon eine sehr gute, integrierte LV, um auf 15 km (?) mit IRIS-T (o.ä.) und Lock-on-after-Launch den Hubschrauber zu treffen.
@Größe/Reichweite/Flugzeit:
Als Basis für Manned-UnMannend-Teaming scheint der Hubschrauber recht klein. Die Südkoreaner nutzen dafür z.B. einen dritten Mann im neuen LAH (H155-Derivat).
(Ja, auch ein Apache kann entsprechend ausgerüstet werden, dann bleibt aber immer noch die Frage der verfügbaren Stehzeit eines H145M.)
Außerdem ist fraglich, ob die Reichweite/Flugzeit groß genug ist, um die Hubschrauber mit ausreichend Abstand von der Front stationieren zu können, damit man aus der Reichweite gegnerischer Raketen und Drohnen rauskommt.
Link zum LAH:
https://www.janes.com/defence-news/defence/latest/south-korea-planning-lah-replacement-of-legacy-helicopters