Jetzt offiziell: (Langes) Ende für den Kampfhubschrauber Tiger, Nachfolgeentscheidung dieses Jahr

Fürs Protokoll: Das Verteidigungsministerium hat die Entscheidung getroffen, innerhalb der nächsten 15 Jahre aus der Nutzung des Kampfhubschraubers Tiger auszusteigen und damit die Weiterentwicklung im Projekt Tiger Mark III gemeinsam mit Frankreich und Spanien nicht weiter zu verfolgen. Ein Nachfolgemodell, das vermutlich kein klassischer Kampfhubschrauber sein wird, soll noch in diesem Jahr auf den Weg gebracht werden.

Ein Ausstieg aus dem System Kampfhubschrauber Tiger war schon seit einiger Zeit erwartet worden. Eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums bestätigte am (heutigen) Samstag im Wesentlichen einen Bericht der Süddeutschen Zeitung; im März hatte bereits das Portal Business Insider ähnliches berichtet (Links aus bekannten Gründen nicht): Die Kampfhubschrauber der Bundeswehr sollen bis 2038 ausgemustert werden.

Noch vor einer Woche hatte die Bundesregierung sich nicht öffentlich zu dem Austieg bekennen wollen. Die Bundesregierung wird die notwendige Entscheidung zeitgerecht treffen. Die Voraussetzungen werden noch im Jahr 2023 geschaffen hieß es in der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Unionsfraktion zu der Frage Bis wann ist nach Bewertung der Bundesregierung eine Entscheidung zum Fähigkeitserhalt und zur Fähigkeitserweiterung des Kampfes im bodennahen Luftraum und speziell des Fähigkeitsträgers Kampfhubschrauber nötig, und wann ist die Entscheidung geplant?

Allerdings war da schon klar, dass das Verteidigungsministerium die Weiterentwicklung des Tiger nicht für sinnvoll hält. Die Weiterentwicklung zu TIGER Mark III wird die Komplexität des Systems nicht maßgeblich verringern. Die Ursachen der Defizite bei der materiellen
Einsatzbereitschaft können damit nicht beseitigt werden, heißt es in der Antwort. Im vergangenen Jahr hatte die damalige Ministerin Christine Lambrecht den Klarstand des Kampfhubschraubers schlaglichtartig mit der Aussage beschrieben, von den 51 Helikoptern seien nur neun einsatzbereit.

Die möglichen Folgen hatte die Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) bereits Anfang vergangenen Jahres aufgelistet und beschrieben, welche Optionen Verteidigungsministerium und Bundeswehr haben, oder besser hatten:  Eine Beteiligung am Projekt Tiger Mark III, ein Ersatz des von Airbus gebauten europäischen Kampfhubschraubers durch das US-Modell Apache oder den Verzicht auf einen solchen Kampfhubschrauber und den Ersatz durch ein kleineres Modell, gegebenenfalls als Übergangslösung. Allerdings sei ein Verzicht auf die Tiger-Weitentwicklung nicht ohne Risiko: Sollte sich Berlin aus dem Vorhaben zurückziehen wollen, könnte dies Auswirkungen auf die gesamte deutsch-französische Rüstungskooperation haben, warnte der Think Tank, der die Bundesregierung berät.

Diese Entscheidung scheint getroffen, und es zeichnet sich ab, was an die Stelle des Tiger treten könnte: Der deutlich kleinere Hubschrauber H145M, ebenfalls ein Produkt von Airbus Helicopters, wird nicht nur in der Bundeswehr sowohl von den Spezialkräften als auch als Rettungshubschrauber genutzt. Er wird auch bereits in einer schwerer bewaffneten Version an andere Länder geliefert, zum Beispiel an Ungarn.

H145M könnten als »Einstiegsmodell« zur Schulung für den Kampfhubschrauber­betrieb dienen. Sie würden damit geringere Flug­stundenkosten produzieren. Die Fähig­keiten des Unterstützungshubschraubers könnten komplementär zu denen eines Kampfhubschraubers sein und wären im Zweifel geeignet, eine Lücke zu überbrücken und einem Fähigkeitsverlust vorzubeugen. Würde die Tiger-Nutzung bis 2035 gestreckt, würde sich diese Übergangslösung anbieten, weil die marktverfügbaren Maschi­nen schneller geliefert und in die Truppe integriert werden könnten.

hatte die SWP als mögliche Option vorgeschlagen. (Fun Fact: Der Tiger wurde auch über Jahre als Unterstützungshubschrauber bezeichnet, ehe die Bundeswehr dann doch offiziell den Begriff Kampfhubschrauber benutzte.)

Es zeichnet sich ab, dass die Bundeswehr diesen Weg wählt. Am (heutigen) Samstag wollte die Ministeriumssprecherin zwar keine Einzelheiten nennen – aber eine Beschaffungsvorlage für einen anderen Hubschrauber soll es nach ihren Worten noch 2023 geben.

(Archivbild: Kampfhubschrauber Tiger bei der Informationslehrübung Landoperationen 2016 auf dem Truppenübungsplatz Munster/Bergen – Marco Dorow/Bundeswehr)