UN-Mission in Mali: Ende zum 30. Juni wahrscheinlich, Übergangsfrist bis Jahresende
Die Blauhelmmission der Vereinten Nationen in Mali, an der auch die Bundeswehr beteiligt ist, könnte bereits am 30. Juni enden. Allerdings könnten die Truppen in dem internationalen Einsatz noch für eine Übergangszeit bis zum Jahresende bleiben, heißt es nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters in dem Entwurf für eine Resolution des UN-Sicherheitsrats, die noch in dieser Woche abgestimmt werden soll.
Bei der vorangengangenen Sitzung des Sicherheitsrats zu diesem Thema hatte das westafrikanische Land bereits am 16. Juni angekündigt, für die UN-Mission MINUSMA einen Abzug ohne Verzögerung zu verlangen. Als Gründe nannte die Militär-Übergangsregierung in Bamako, dass die internationale Mission nicht zur Befriedung des Landes beitrage.
Nach Angaben von Reuters ist dieses Verlangen im Entwurf für eine Resolution des Sicherheitsrats enthalten, der von Frankreich vorgelegt worden sei und am kommenden Donnerstag abgestimmt werden solle:
Under the draft resolution, U.N. personnel will stay until the end of the year to allow for a transition, but during that period MINUSMA activities will be pared back, including key support it provides to Malian soldiers.
„The Security Council … decides to terminate MINUSMA’s mandate as of June 30 2023,“ said the draft resolution circulated among council member states last week. MINUSMA will „maintain its personnel until 31 December 2023, to plan and execute the cessation of operations and transfer of tasks.“
The text was confirmed by two U.N. officials and a security expert. A draft resolution could still be changed before publication, but two of the sources said they expected no changes to be made.
Der absehbare Rauswurf der Vereinten Nationen markiert, zusammen mit einer weiteren Hinwendung Malis zu Russland, eine grundlegende Veränderung der geopolitischen Situation im Sahel. Bereits jetzt arbeitet die Militärregierung eng mit Personal der russischen Söldnergruppe Wagner zusammen. Die Folgen vor allem für die Zivilbevölkerung sind gravierend, wie eine Übersicht des Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED) bereits im vergangenen Jahr zeigte.
Wenn die Resolution so angenommen wird, hat das auch Folgen für die Bundeswehr. Das im Mai beschlossene Mandat für die deutsche MINUSMA-Beteiligung sieht einen geordneten Abzug der deutschen Soldaten und Soldatinnen bis Mai kommenden Jahres vor. Auch wenn das Bundestagsmandat einen früheren Abzug ermöglicht, wird das eine logistische Frage für den Abtransport des Materials, dass in den vergangenen Jahren im deutschen Camp Castor in Gao im Norden Malis für den Einsatz stationiert wurde.
Ein bisschen mehr Hintergrund zum Ende der MINUSMA-Mission auch hier.
Ergänzung: Der (teilweise) Verkauf des Bundeswehr-Materials an örtliche Händler ist bereits in vollem Gange, wie die Bundeswehr berichtet.
(Archivbild April 2022: Bundeswehrfahrzeuge in Gao – Sebastian Wilke/Bundeswehr)
Ein französischer Entwurf mit der Ansage an die Junta, dass die Verhandlungen beendet sind. Nächste Herausforderung an alle: Containment!
Warum? Die Terrororganistation Wagner vs. Jihadistische Terrororganisationen. Eine explosive Gemengelage, welche am Ende nur den Jihadisten nutzt.
JIHADI BLOWBACK: THE WAGNER GROUP’S HIDDEN DOWNSIDE
RAPHAEL PARENS JUNE 23, 2023
https://warontherocks.com/2023/06/jihadi-blowback-the-wagner-groups-hidden-downside/
P.S: Zu beachten, für den Narrativ islamistischen Terrorismus ging es seit dem arabischen Frühling, den offensichtlichen Gräueltaten DAESHs und der miserablen politischen Performance der Taleban als demographisches Phänomen Berg ab, hat an Anreiz in der islamischen Welt eingebüßt.
[Hm, den Link hatten Sie doch gestern schon gepostet… T.W.]
Dann wird der Beginn der geplanten Rückverlegung von Oktober auf Mitte Juli vorverlegt und geht etwas zügiger von statten.
Die Bw sollte aufpassen, daß man nicht zu den letzten gehört, die das Land verlassen. Es könnte unangenehm werden.
@T.W: Mit absicht nochmal.
Sie kennen mich als jemanden, der einen Großteil der unter GWOT aufgelisteten Strategien und Maßnahmen als Backlashgeeignet, Kontraproduktiv und Strategiekonterkarrierend entlarvt. Ich befürchte, dass man zu dem Schluß kommen könnte: „Der Feind meines Feindes ist mein Freund“ und glauben vermag der Dschihadismus (auch im weichen russischen Unterbauch Zentralasiens) käme da doch „geeignet“.
Das Problem hatten wir schonmal im Kalten Krieg, also ganz ganz Damals als man Mudschaheddin in Pakistan bewaffnete und die Muslimbruderschaft und Schlimmer als „natürliches“ Gegenmittel zum Kommunismus propagierte. Kurz gefasst, das kranke Gewäsch eines Said Qutub – dem Vordenker und Papst des islamistischen Terrorismus und Mentor Al-Zawahiris und Al-Turabis – hätte niemals derartigen politischen Auftrieb erhalten.
Denn manche Maßnahmen im GWOT waren Wirkungsvoll, und die Drohen nun im Wagner-Dschihad Spannungsfeld zu versanden. Daher würde ich jetzt gerne absolut jeden, der womöglich auch nur im Ansatz irgendwelche Politikansätze und Ideen verfolgen möchte außerhalb von strengstem Containment auf das Douglas Adams’sche Backpfeiffenfeld befehlen.
Backpfeiffenfeld: https://youtu.be/qApv-A90VEQ
[Fein, jetzt haben wir alle gelacht, aber diese Art der Debatte bitte nicht. T.W.]
In MLI werden sich also demnächst 3 operative Verschiebungen vollziehen, die unterschiedlicher nicht sein könnten:
1. Abzug Minusma und Bw wie beschrieben,
2. mutmasslicher Aufwuchs russ SK, die bis zum 30.06. noch Wagner zugeordnet werden können und
3. Schwächen und Vakuum ausnutzende Jihadisten, die versuchen werden sich aus dieser Gemengelage Vorteile zu verschaffen.
Die mutmassliche Auflösung Wagner als angeblich eigenständiger Truppenkörper wird zu einer vollen Übernahme der operativen Verantwortung durch russ VgMin führen. Die Maskerade ist also bald beendet. Allerdings ist zu vermuten, dass v.a. Hardcore- Wagneristen einen Einsatz in Afrika dem Internierungslager in BLR oder gar der Eingliederung in die oftmals verachtete russ SK vorziehen.
Das bedeutet insgesamt nichts Gutes für die betreffenden Länder.
RUS kämpft nun einen vollen Krieg in der UKR und mehrere kleine, nicht minder schmutzige Kriege in aller Welt.
Kann sich das in mancherlei geschwächte RUS solche Engagements auf Dauer leisten?
Oder wird der allfällige Niedergang des Systems Putin dadurch nur beschleunigt?
@AoR
was ist dann das endspiel, wenn mali-junta France&Co. rausschmeisst, Wagner reinlässt, jihadi dezimieren Wagner bis an die schmerzgrenze, wagner raus – und dann?
ich bitte das PS-teil nochmal zu schreiben, ich glaub schon das da was kluges drinsteht!
Ihr author PARENS hat keine liebe zum detail – assad ist alewit, (die kriegen auch von shiiten manchmal was auf den deckel ), aber geheiratet hat er eine sunnitin und seine armee ist ein mix aus all den ethnogruppen in syrien.
und ein bonmot ist das hier :
Luckily, Western democracies are in a strong position to help build such local capacity in a way that the Russian state, with its over-militarized approach to counter-terror operations, clearly is not.
Zitat: „Die Blauhelmmission der Vereinten Nationen in Mali, an der auch die Bundeswehr beteiligt ist, könnte bereits am 30. Juni enden. Allerdings könnten die Truppen in dem internationalen Einsatz noch für eine Übergangszeit bis zum Jahresende bleiben..“
Was ist das bloß wieder für eine Entscheidung. Wenn die Mission offiziell zum 30. Juni endet, dann gibt es für einen weiteren Aufenthalt der Truppen nur einen einzigen Grund. Zusammenpacken, Kehraus und dann besenrein übergeben. Ein halbes Jahr ist dafür arg übertrieben. Ich denke, dass kriegen unsere Soldaten auch schneller hin. Die Lage in Mali wird nicht stabiler und Szenen, wie die von Kabul, möchte ich nicht noch mal sehen müssen.
Man könnte auch bilateral mit MLI ein Abkommen schließen um einen Fuß in der Tür zu haben, aber dafür bräuchte es von unserer Seite aus deutlich mehr Commitment. Und natürlich die Akzeptanz, daß WAGNER das Tempo angibt.
Aber das wäre ja Realpolitik.
@Schlammstapfer:
Ich weiß nicht was Sie haben. Die Übergangszeit für den Abzug hatte ich schon in einem der letzten Threads als Mindestforderung gegenüber der malischen Junta angeregt, weil einige schon einen chaotischen Abzug herbeischrieben.
Merke: besser ein paar Monate mehr Zeit für den Abzug vereinbart, als ein paar zu wenige.
PS: Klar ist, dass alle Soldaten gefälligst vor Weihnachten zu Hause zu sein haben ;)
Nicht das sich das in 3 Tagen zu einem Ringtausch der besonderen Art entwickelt….
UN verlässt MLI (Hals über Kopf) – Wagner gibt in RUS seine schweren Waffen ab – Wagner munitioniert sich in MLI an westlichem zurückgelassenem Gerät wieder auf (ähnlich den Taliban)
Da seh ich den „Koch“ schon in die Kamera feixen
Man hätte vor einem halben Jahr den Abzug beginnen müssen, wer nicht willkommen ist geht, oder ist in den Augen der anderen Besatzer. Und ja mir ist klar was das bedeutet, MLI der Junta und den Jihadisten zu überlassen aber hilft manchmal nix auch „verlieren“ gehört nun mal mit dazu.
@gpc: „ was ist dann das endspiel, wenn mali-junta France&Co. rausschmeisst, Wagner reinlässt, jihadi dezimieren Wagner bis an die schmerzgrenze, wagner raus – und dann?“
Drei Szenarien:
1. Wagner setzt sich mit Junta durch
2. Al-Kaida und Affiliates setzen sich durch
3. Es hält sich in der Wage und wird zur Neverending Story begleitet von Massenflucht und globalem Ansehensgewinn für Islamisten.
Merke 3 gilt auch als Vorspiel für 1 und 2 mit kaum abschätzbarem Horizont. Warum? Die Parteien haben eine soziale und ethnische Basis, was bedeutet, dass keine Seite die Andere tatsächlich kontrollieren/befrieden kann (asymmetrische Kriegsführung). Wagner weis das, daher setzen die ja auf Gräueltaten und Brandschatzen um Genozid anzudrohen, ethnische Säuberung zu anzustreben. Blick nach Syrien (OT aber Blaupuse mit Folter, Sarin und verbrannter Erde als Spitzen)?
„Man könnte auch bilateral mit MLI ein Abkommen schließen um einen Fuß in der Tür zu haben, aber dafür bräuchte es von unserer Seite aus deutlich mehr Commitment. Und natürlich die Akzeptanz, daß WAGNER das Tempo angibt.“
@Herr Melber
Auch Realpolitik sollte sich an Fakten und Lage orientieren sowie Risiko und möglichen Benefit realistisch bewerten.
Deutsche Kräfte im Baltikum in Natogebiet sehen Sie als zu risikoreich, aber ein Einsatz in Mali im quasi Alleingang ohne alliierte Unterstützung unter der möglichen Bedingung, dass eine Söldnerorganisation wie Wagner den Ton vorgibt, ginge für Sie in Ordnung?
Erschreckend! Zum Glück wird Realpolitik nicht auf Ebene eines KVK bestimmt.