Bundestag billigt neuen Einsatz der Bundeswehr bei EU-Mission in Niger
Die Bundeswehr soll sich auch angesichts des absehbaren Auslaufens ihres Engagements in Mali weiterhin an Missionen in der Sahel-Zone beteiligen. Der Bundestag billigte einen Einsatz im benachbarten Niger, bei dem die deutschen Streitkräfte an einer militärischen Partnerschaftsmission der Europäischen Union teilnehmen.
Die EU-Militärpartnerschaftsmission Niger (EUMPM Niger) ist ein Teil der Sicherheitsunterstützung für die Länder der Region. Im vergangenen Jahr hatte Bundeskanzler Olaf Scholz Niger weitere Unterstützung bei militärischer Ausbildung zugesagt, auch nach dem Auslaufen der Bundeswehr-Ausbildungsmission Gazelle für die nigrischen Spezialkräfte Ende 2022. Bereits Ende vergangenen Jahres zeichnete sich deshalb eine deutsche Beteiligung an der EU-Mission ab, die im Dezember auf den Weg gebracht worden war.
Zugleich steht ebenfalls seit dem vergangenen Jahr fest, dass die Bundeswehr ihre Einsätze in Mali beendet. Das Mandat für die deutsche Beteiligung an der UN-Mission MINUSMA soll im Mai letztmalig für ein Jahr verlängert werden, aber gezielt die ordnungsgemäße Rückverlegung des Materials aus diesem größten deutschen Auslandseinsatz ermöglichen. Die Bundeswehr-Beteiligung an der EU-Ausbildungsmission in Mali (EUTM Mali) endet im Mai, das Mandat wird nicht verlängert.
Die neue Mission im Niger (Bundestagsdrucksache 20/6201) soll der Unterstützung bei der Verbesserung bzw. Herstellung der operativen Fähigkeiten und Kapazitäten der Streitkräfte Nigers dienen. Eine Beteiligung deutscher Soldaten an Kampfeinsätzen der nigrischen Soldaten wird ausdrücklich ausgeschlossen. Die Bundeswehr soll sich mit bis zu 60 Soldaten beteiligen können; bereits jetzt sind zur Vorbereitung der Mission einige deutsche Soldaten mit der EU in Niger stationiert.
Dem Mandat stimmten am (heutigen) Freitag die Koalitionsfraktionen von SPD, Grünen und FDP weitgehend geschlossen zu. Die AfD und Linke sprachen sich dagegen aus:
(Archivbild November 2022: Ein deutscher Ausbilder schult einen nigrischen Soldaten bei der Schießausbildung auf dem Übungsplatz Tillia/Niger bei der Joint Special Operations Task Force Gazelle – Benjamin Bendig/Bundeswehr)
Will man die Soldaten von Niger nur ausbilden oder will man auch die dürftige Ausstattung der Streitkräfte verbessern. Von der Fläche her mag der Staat Niger etwas kleiner sein als Mali. Aber dafür ist der Anteil mit Wüste größer. Mit den wenigen geschützten Fahrzeugen und der kleinen Luftwaffe kann die Armee diese großen Gebiete kaum kontrollieren. Die Putschisten in Mali haben sich letztendlich Waffen, Flugzeuge und Hubschrauber aus Russland liefern lassen. In Niger sollte man es nicht so weit kommen lassen. Schlimm genug, dass die Chinesen ‚den Fuß schon in der Tür‘ haben.
Erst Mali, jetzt Niger. Noch so ein Ressourcengrab.
Die Bundeswehr kann seit Jahren (bald Jahrzehnten) das eigene Land nicht mehr verteidigen, aber soll es den Afrikanern beibringen. Genau mein Humor.
Ich finde es als absolut angemessen, Frankreich zu unterstützen und solange als „Ordnungsmacht“ in Afrika zu halten -auch wenn sie sich immer deutlicher zurücknehmen – , bis die afrikanischen Staaten selbst zu angemessener Ausübung von stabiler Staatlichkeit in der Lage sein werden.
Ich schreibe das bitte mit dem nötigen und bei mir unbedingt vorhandenen Respekt ggü den afrikanischen Ländern und Einwohnenden.
Aber ich bin Realist genug, um zu sehen, dass die VR China, die Russische Föderation und die USA versuchen Frankreich „abzulösen“ mit momentan negativen Folgen und eben ohne jegliche Ambitionen, die afrikanischen Staaten zu stabilisieren und positive Entwicklungsperspektiven aufzuzeigen oder gar eine gelungene Entwicklung zu ermöglichen.
Es braucht natürlich einen ganzheitlichen Ansatz, auch unter Neuausrichtung der Entwicklungshilfe und Zusammenarbeit wie Zusammenfassung der Kräfte sowie Politikfelder der EU-Staaten.
Das ist natürlich weder neu, noch Raketenwissenschaft.
Und ja: ich denke, dass eine Partnerschaft mit der EU, insbesondere bei einem fairen und partnerschaftlichen Anspruch der EU, den afrikanischen Staaten die beste Entwicklungsperspektive ermöglicht.
Wohlwissend, dass in der Historie (und auch Gegenwart) nicht alles richtig war (und ist).
@Sachlicher sagt: 05.05.2023 um 0:05 Uhr
„… , bis die afrikanischen Staaten selbst zu angemessener Ausübung von stabiler Staatlichkeit in der Lage sein werden.“
Ein frommer Wunsch. Wir sehen doch, das diese Staaten mit ihren z.T. willkürlich gezogenen Grenzen seit ihrer Entlassung in die Unabhängigkeit in den (überwiegend) 1950er/60er Jahren keine stabilen demokratischen Strukturen aufbauen konnten. Das ist auch zu einem Teil den ehemaligen Kolonialmächten geschuldet, die Ruhe und Einfluß haben wollten und dabei gerne kleptokratische, autoritäre Machthaber unterstützt haben. Selbst eine relativ stabile Demokratie wie Äthiopien war nicht davor gefeit, wie der Tigray-Konflikt gezeigt hat.
Und jetzt wollen wir das mit Militärausbildungsmissionen ändern? Das ist doch das Afghanistan-Syndrom der Außenpolitik. Man schickt Militär, das sieht wichtig aus, und ansonsten macht man die Sache mit den Fähnchen. Bis man nach zwanzig Jahren merkt, dass das so nicht funktioniert, weil der „Rest“ stiefmütterlich behandelt wurde.
Für den Niger heißt das, das Militär wird ausgebildet, damit es besser mit den Islamisten zurechtkommt, ansonsten macht man wenig, Unsere Entwicklungshilfeministerin hat Geld zugesagt, mit der Gießkanne im Sahel verteilt. Ich sehe da keinen großen Fortschritt.
@Sachlicher: Russland ist eine Destabilisierung Afrikas jedenfalls nicht unangenehm, führt dies doch zu Flüchtlingsbewegungen in Richtung Europa. China ist naturgemäß an den Rohstoffen interessiert, wie auch die USA. Solange die Geschäfte dort also laufen, ist denen im Zweifel egal, wer die Macht lokal in Händen hält.
Europa ist m.E. der einzige Akteur, der ein vitales Interesse an Stabilität in der Region hat.
@Pio-Fritz
mit der Bewertung voll einverstanden.
Die Grenzziehungen der 50/60er Jahre werden noch längere Zeit zu Konflikten führen, da sie die ethnischen Einflußgebiete nicht berücksichtigen/Ethnien geteilt haben und durch die Dürreperioden bedingte interethnische Konflikte verstärkt haben. Wenngleich die auf mehr Souveränität pochenden Staaten den Djihadismus gemeinsam aus eigener Kraft bekämpfen wollen, so wird dies – abgesehen von den afrikanischen Eigenheiten wie bad governance, Korruption, Rauschgiftströme, ethnische Konflikte etc – gegen die diese Probleme geschickt ausnutzenden Djihadisten mit eigenen militärischen Kräften kaum möglich sein. So sieht man sich inzwischen nach bereitwillig helfenden neuen Partnern um. Zudem sind die westafrikanischen Armeen etc keine reinen Organe der Exekutive sondern in ihren Augen kompetente Machtausüber mit entsprechendem ökonomischen Ansprüchen( coups-de-Etat eingeschlossen) und kaum in der Lage, die Djihadisten (EIGS oder JNIM) in der Fläche wirkungsvoll zu bekämpfen.
Vor diesem Hintergrund machen technisch orientierte Militärmissionen durchaus Sinn, denn sie kommen den Machthabern ziv/mil bzw ihren Machtsicherungsapparaten direket zugute. Dabei hat es sich gezeigt, daß die Ausbildung von einfachen Soldaten weniger bringt als die Stärkung der militärischen Strukturen(Ausbildungs/Nachschubeinrichtungen/Instandsetzung etc). Was diese Armeen eher nicht benötigen, sind höchstkompetente europäische Berater. Ein mE sinnvolle Unterstützung leistet die Bw seit Jahren in Namibia, diskret und sinnvoll. Daraus aber grundsätzlich eine Verbesserung des deutschen Image abzuleiten, wäre voreilig und nicht unbedingt erwartbar. Dennoch sollten derartige „Auslandseinsätze“ sorgfäligst bedacht und durchgeführt werden, denn die bisher vorliegenden Ergebnisse aus AFG und MALI sollten miteinfließen. Daher bleibe ich in froher Erwartung auf die wohl in rascher Abfolge erscheinenden Auswertungen dieser Einsätze, denn ich habe volles Vertrauen in meine jüngeren und (besser gehts gar nicht) ausgebildeten Kameraden in den hohen Kommandobehörden.
sarc off\\
Die meisten afrikanischen Staaten werden mit den jetzigen Rahmenbedigungen nie zu Ruhe und Stabilität, oder was man bei COIN zu Recht „safe and secure environement“ nannte, kommen. Das hat ja der Herr Masala in seinem letzten Buch so schlau beschrieben. Die können mit dem Konstrukt eines Staates (Staatsvolk, Staatsmacht, Staatsgebiet) nix anfangen. Das wurde ja genauso durch die Europäer eingeführt wie die willkürlich gezogenen Staatsgrenzen.
Der Schwerpunkt sollte sein, die eigenen Interessen mit den dafür geeigneten Mitteln zu unterstützen. Und die sind ja vielfältig (und nicht nur militärisch). Aber das ist ja eine Binse…
Tja – auch hier könnte m.M.n. der Chef die Kommentarfunktion schließen.
Ist zumindest genau so lagweilig wie die anderen geschlossenen Beiträge.
Und wichtig: Dieser Schuss zielt nicht auf den Chef – nur auf die Grundtendenz, bestimmte Themen durch Kommentarsperren abzuwürgen.
[Hm, ich habe hier nix gesperrt und nix abgewürgt… Was soll mir das sagen? T.W.]