Munition für die Bundeswehr: Es knirscht zwischen Verteidigungs- und Finanzministerium

Die Munitionslage der Bundeswehr und die Probleme zwischen Teilen der Bundesregierung und der Rüstungsindustrie haben auch Friktionen zwischen den Ressorts für Verteidigung und Finanzen offengelegt. Ungewöhnlich schnell und ungewöhnlich deutlich im Ton reagierte das Bundesfinanzministerium auf ein Schreiben, in dem das Verteidigungsressort mehr Mittel für die Munitionsbeschaffung gefordert hatte.

Der Briefwechsel ist auch eine Folge des Treffens von hochrangigen Beamten mit Vertretern der Rüstungsindustrie am vergangenen Montag, das offensichtlich erfolglos blieb. Danach wandte sich Verteidigungsministerin Christine Lambrecht direkt an ihren Finanzkollegen Christian Lindner – der aber nicht selbst antwortete, sondern seinen Staatssekretär Steffen Saebisch wiederum an Rüstungsstaatssekretär Benedikt Zimmer schreiben ließ.

In seinem Antwortschreiben, am (heutigen) Donnerstag und damit postwendend nach Lambrechts Schreiben vom vergangenen Dienstag versandt, dankte der Finanz-Staatsekretär im Namen des Bundesministers der Finanzen Christian Lindner für den Brief zur Munitionsbeschaffung und damit verbundener aktueller Mittelbedarfe. Der Minister habe den Staatssekretär mit der Antwort beauftragt, schrieb Saebisch, um dann loszulegen:

Es ist unser gemeinsames Anliegen, die Bundeswehr möglichst rasch auf einen Stand zu bringen, der ihr eine vollständige und nachhaltige Erfüllung ihrer Aufgaben ermöglicht. Dem wurde in den letzten Jahren bereits durch einen stetig wachsenden Verteidigungsetat und in diesem Jahr zusätzlich durch die Bereitstellung eines Sondervermögens in Höhe von 100 Mrd. Euro Rechnung getragen. Wie Sie wissen, hat das BMVg jede Möglichkeit im Zuge der eigenen fachlichen Priorisierung als Fachressort, die Mittel entsprechend einzusetzen. Ich muss aber feststellen, dass Sie die hier angeführte Notwendigkeit der Munitionsbeschaffung weder bei der Verhandlung zum Sondervermögen und dessen Wirtschaftsplan, noch im Zuge des parlamentarischen Verfahrens zum Ausdruck gebracht haben.

Auch zu dem Spitzengespräch mit der Rüstungsindustrie am vergangenen Montag, legte der Finanz-Staatssekretär nach, gebe es offensichtlich eine unterschiedliche Wahrnehmung der beiden Spitzenbeamten, die immerhin beide an dem Termin im Kanzleramt teilgenommen hatten:

Ausdrücklich wiesen die Industrievertreter dort darauf hin, dass die schleppende Verfügbarkeit von Ausrüstung und Munition ihres Erachtens nicht aufgrund fehlender Haushaltsmittel, sondern durch komplizierte, teils intransparente und inkonsequente Bedarfsplanung sowie bürokratische Bestellprozesse Ihres Hauses bedingt seien. Als Beispiel wurde angeführt, dass das BMVg regelmäßig unterjährig versuche, aus bestehenden Ausgaberesten Munition „zu kaufen“, die entsprechenden Unternehmen diese aufgrund einer unabhängig von den Haushaltsplanungen fehlenden Bedarfsplanung oder auch nur sog. vertragsunabhängiger „notice to proceed“-Mitteilungen nicht kurzfristig erfüllen könnten.
Dieser Einschätzung haben Sie nicht umfänglich widersprochen, sondern im Gegenteil, haben wir am Rande des Gesprächs vereinbart, dass das BMF gerne bereit ist, Sie bei der Nutzung sich kurzfristig bietender Möglichkeiten der Rüstungsbeschaffung zu unterstützen, um der aktuell angespannten Sicherheitslage und den daraus resultierenden Herausforderungen für die Bundeswehr Rechnung zu tragen. Dies würde auch die Unterstützung in der Verbesserung Ihrer Planungsprozesse umfassen.

Als wäre das noch nicht genug, ermahnte Saebisch seinen Kollegen im Bendlerblock, mehr mit der Industrie zu reden:

Maßgeblich erscheint mir im obigen Sinne neben der verlässlichen Identifizierung und Priorisierung von einzelnen Projekten im Bereich der Ausrüstung der Bundeswehr auch ein kontinuierlicher und hinreichend konkreter Informationsaustausch mit den Anbietern im Bereich der Rüstungsindustrie, um auf beiden Seiten Planungssicherheit zu schaffen sowie die Nutzung von Beschleunigungsmöglichkeiten innerhalb des Beschaffungsverfahrens, der zügige Abschluss von Entscheidungsprozessen und eine realistische und kontinuierliche Überwachung der Entwicklung von Mittelbedarfen bei der Rüstungsbeschaffung.

Wie das Verhältnis der beiden Staatssekretäre aussieht, lässt dann der Schlusssatz des Finanz-Spitzenbeamten ahnen:

Wie Sie ja wissen und mir auch gegenüber regelmäßig bestätigen, lieber geschätzter Herr Kollege Zimmer, können Sie sich auf die Unterstützung des Bundesministeriums der Finanzen stets verlassen.

Unterm Strich: Da brennt die Hütte.