Munition für die Bundeswehr: Es knirscht zwischen Verteidigungs- und Finanzministerium
Die Munitionslage der Bundeswehr und die Probleme zwischen Teilen der Bundesregierung und der Rüstungsindustrie haben auch Friktionen zwischen den Ressorts für Verteidigung und Finanzen offengelegt. Ungewöhnlich schnell und ungewöhnlich deutlich im Ton reagierte das Bundesfinanzministerium auf ein Schreiben, in dem das Verteidigungsressort mehr Mittel für die Munitionsbeschaffung gefordert hatte.
Der Briefwechsel ist auch eine Folge des Treffens von hochrangigen Beamten mit Vertretern der Rüstungsindustrie am vergangenen Montag, das offensichtlich erfolglos blieb. Danach wandte sich Verteidigungsministerin Christine Lambrecht direkt an ihren Finanzkollegen Christian Lindner – der aber nicht selbst antwortete, sondern seinen Staatssekretär Steffen Saebisch wiederum an Rüstungsstaatssekretär Benedikt Zimmer schreiben ließ.
In seinem Antwortschreiben, am (heutigen) Donnerstag und damit postwendend nach Lambrechts Schreiben vom vergangenen Dienstag versandt, dankte der Finanz-Staatsekretär im Namen des Bundesministers der Finanzen Christian Lindner für den Brief zur Munitionsbeschaffung und damit verbundener aktueller Mittelbedarfe. Der Minister habe den Staatssekretär mit der Antwort beauftragt, schrieb Saebisch, um dann loszulegen:
Es ist unser gemeinsames Anliegen, die Bundeswehr möglichst rasch auf einen Stand zu bringen, der ihr eine vollständige und nachhaltige Erfüllung ihrer Aufgaben ermöglicht. Dem wurde in den letzten Jahren bereits durch einen stetig wachsenden Verteidigungsetat und in diesem Jahr zusätzlich durch die Bereitstellung eines Sondervermögens in Höhe von 100 Mrd. Euro Rechnung getragen. Wie Sie wissen, hat das BMVg jede Möglichkeit im Zuge der eigenen fachlichen Priorisierung als Fachressort, die Mittel entsprechend einzusetzen. Ich muss aber feststellen, dass Sie die hier angeführte Notwendigkeit der Munitionsbeschaffung weder bei der Verhandlung zum Sondervermögen und dessen Wirtschaftsplan, noch im Zuge des parlamentarischen Verfahrens zum Ausdruck gebracht haben.
Auch zu dem Spitzengespräch mit der Rüstungsindustrie am vergangenen Montag, legte der Finanz-Staatssekretär nach, gebe es offensichtlich eine unterschiedliche Wahrnehmung der beiden Spitzenbeamten, die immerhin beide an dem Termin im Kanzleramt teilgenommen hatten:
Ausdrücklich wiesen die Industrievertreter dort darauf hin, dass die schleppende Verfügbarkeit von Ausrüstung und Munition ihres Erachtens nicht aufgrund fehlender Haushaltsmittel, sondern durch komplizierte, teils intransparente und inkonsequente Bedarfsplanung sowie bürokratische Bestellprozesse Ihres Hauses bedingt seien. Als Beispiel wurde angeführt, dass das BMVg regelmäßig unterjährig versuche, aus bestehenden Ausgaberesten Munition „zu kaufen“, die entsprechenden Unternehmen diese aufgrund einer unabhängig von den Haushaltsplanungen fehlenden Bedarfsplanung oder auch nur sog. vertragsunabhängiger „notice to proceed“-Mitteilungen nicht kurzfristig erfüllen könnten.
Dieser Einschätzung haben Sie nicht umfänglich widersprochen, sondern im Gegenteil, haben wir am Rande des Gesprächs vereinbart, dass das BMF gerne bereit ist, Sie bei der Nutzung sich kurzfristig bietender Möglichkeiten der Rüstungsbeschaffung zu unterstützen, um der aktuell angespannten Sicherheitslage und den daraus resultierenden Herausforderungen für die Bundeswehr Rechnung zu tragen. Dies würde auch die Unterstützung in der Verbesserung Ihrer Planungsprozesse umfassen.
Als wäre das noch nicht genug, ermahnte Saebisch seinen Kollegen im Bendlerblock, mehr mit der Industrie zu reden:
Maßgeblich erscheint mir im obigen Sinne neben der verlässlichen Identifizierung und Priorisierung von einzelnen Projekten im Bereich der Ausrüstung der Bundeswehr auch ein kontinuierlicher und hinreichend konkreter Informationsaustausch mit den Anbietern im Bereich der Rüstungsindustrie, um auf beiden Seiten Planungssicherheit zu schaffen sowie die Nutzung von Beschleunigungsmöglichkeiten innerhalb des Beschaffungsverfahrens, der zügige Abschluss von Entscheidungsprozessen und eine realistische und kontinuierliche Überwachung der Entwicklung von Mittelbedarfen bei der Rüstungsbeschaffung.
Wie das Verhältnis der beiden Staatssekretäre aussieht, lässt dann der Schlusssatz des Finanz-Spitzenbeamten ahnen:
Wie Sie ja wissen und mir auch gegenüber regelmäßig bestätigen, lieber geschätzter Herr Kollege Zimmer, können Sie sich auf die Unterstützung des Bundesministeriums der Finanzen stets verlassen.
Unterm Strich: Da brennt die Hütte.
schon sehr bezeichnend dass hier das Finanzministerium die Missstände benennen und aufzeigen muss…
gut dass es getan wird…
die Presse müsste auf diese skandalösen Vorgänge noch viel mehr eingehen!
ein weiterer Skandal ist dass hierdurch letztendlich auch Steuergelder verschwendet werden…
immer wieder „Reste“ bestellen kostet mit Sicherheit zigfach mehr wie geregelte Großaufträge!
-offtopic
bzgl Kosten auch interessant … die 35 F35 für Deutschland sollen mittlerweile knapp 10 Mrd € kosten… Finnland hat für die gleiche Summe vor 1-2 Jahren 64 Maschinen bestellt… und das inkl Offset Geschäften …
-offtopic Ende
Ein wirklich beispielloser Vorgang, das der Finanzminister die Antwort über seinen Staatssekretär kommunizieren läßt. So nach dem Motto, machen Sie erst Ihre Arbeit, dann können wir über mehr Geld reden. Da scheint es wirklich zu brodeln. Und das zu Recht!
Die Verantwortung liegt, wie viele hier im Forum oft geäußert haben, eindeutig beim Verteidigungsministerium. Kaum zu glauben wie das Thema Munitionsmangel in dieser Krisensituation seitens des Verteidigungsministeriums scheinbar vernachlässigt wurde! Und auch die offene Kritik des Finanzministeriums hinsichtlich fehlender Bedarfsplanung und weiterhin zu bürokratischer Bestellprozesse ist absolut einmalig.
Es muss erlaubt sein zu sagen, das die Verteidigungsministerin völlig überfordert und völlig fehl am Platze ist.
Putin & Co jedenfalls lachen sich schlapp….
In der Tat: „Da brennt die Hütte“
Herr Saebisch hat sicherlich recht mit seinen Aussagen bzgl. des komplizierten Beschaffungsprozesses. Das wurde hier bereits ausführlich abgehandelt und bedarf keiner weiteren Ausführung. Allerdings dürfte auch der Staatssekretär des BMF oder besser der Finanzminister selbst nur eine Milchmädchenrechnung aufgemacht haben. Tatsächlich ist der Wehretat in den letzten Jahren stetig gestiegen: https://www.tilasto.com/thema/wirtschaft/verteidigung/verteidigungsausgaben-des-bip und ja, mit Brille und etwas guten Willen lässt sich die steigende Kurve erkennen, gleichwohl die zeitenwendeangekündigten 2%+ lange nicht erreicht werden. Mit Blick auf die aktuelle Teuerungsrate verstehe ich die Aussage jedoch als nichts weiter als eine „Nebelkerze“, mit der – wieder mal – von den tatsächlichen Gegebenheiten abgelenkt werden soll.
Labacco sagt:
01.12.2022 um 19:23 Uhr
„Ein wirklich beispielloser Vorgang, das der Finanzminister die Antwort über seinen Staatssekretär kommunizieren läßt.“
Jo … genausogut könnte man zwei Unteroffiziere zur Beförderung eines StOffiziers vortreten lassen. Das hat es in sich.
Es ist leider bezeichnend und gibt nur halb-offenen Geheimnissen die Öffentlichkeit, die in einer Demokratie eigentlich an der Tagesordnung sein sollte.
Man kauft spät teuer wenig und fühlt sich moralisch gut. Das liegt aber auch an alten Ritualen im BMVg und dass das BMF mittlerweile deutlich selbstbewusster und fordernder ggü allen (!) anderen Bundesministerien auftritt. Die Kommunikation des BMVg jedenfalls ist grad schwierig und die Halsstarrigkeit der Ministerin ist legendär. Problembewusstsein ist halt bestenfalls tertiär und m.E. nur vergleichbar mit UvdL. Wenn es bezogen auf den Krieg in der Ukraine nicht so ernst ist, dann wäre der Beef ja sogar lustig. Auch in anderen Ministerien freut man sich ob der Tolpatschigkeit im BMVg, so bekommen BMWi, BMZ oder AA kein Fett weg – obwohl deren Performance auch ähnlich bizarr bis blasiert ist. Aber das BMVg kann es halt noch krasser …
Alleine schon die Tatsache, dass beide Briefe (der zweite von heute!) sofort in der Presse gelandet sind, spricht schon für sich. E-Mail von einem Herrn Christian L. – das hat schon was von heute-Show.
Ich kann mich des Gedankens nicht erwähnen, was ein Verteidigungsminister Strauß mit einem Staatssekretär gemacht hätte, der versucht ihn so vorzuführen.
Der Vorgang an sich ist allerdings sehr beunruhigend. Seit Jahren ist das bekannt, die Bundeswehr hat es immer wieder auch öffentlich vorgetragen und erst als sich das Kanzleramt einschaltet, wird hektisch etwas gemacht. Das ist kompletter Unwille, sich für die Bundeswehr einzusetzen und auch noch vollkommen instinktlos was die politischen Konsequenzen betrifft.
puh, ich würde jetzt nicht zu schnelle schlüsse ziehen wollen. Ich hoffe nicht, dass hier die Bundeswehr in politische „Ampel-Spielchen“ gezogen wird und die FDP als kleinster Partner einen Hebel sieht um die Kanzlerpartei vor sich her zu treiben. Die Statements des Bundeskanzlers auf der Berliner Sicherheitskonferenz heute klangen für mich nicht so als wüßte er von dem Ungemach welches sich hier zusammenbraut.
Weiß einer der Mitkommentatoren wieso Munition nicht im Sondervermögen ausgeplant werden sollte? Ich meine dazu gab es mal Kommentare hier, sinngemäß Munition sei ein Verbrauchsgut und daher nicht im Sondervermögen ausplanbar?
Ich werde mir das Gesetz zum Sondervermögen dazu anschauen.
@Labacco:
Antwort eines Ministerschreibens durch einen Sts gehört zu den üblichen Berliner Gemeinheiten. Also gar nicht so selten.
Das BMF versucht halt erneut den haushalterischen Mehrbedarf in Frage zu stellen.
Denn könnte das BMVg sehr gut aufzeigen, wenn man eine saubere Bedarfsplanung vorlegen würde.
Trotzdem bleibt die Kritik des BMF richtig:
Wenn es so wichtig ist warum dann weder im SV noch anteilig im EPl. 14?
Und was soll mit den zusätzlichen Ausgaben für Munition. als Ergebnis der Bereinigung geschehen?
Warum hatte der Sts Zimmer dazu offensichtlich in der Sitzung am Montag keine konkreten Vorschläge?
Das ist einfach nur noch Chaos und die Suche nach Schuldigen an anderer Stelle (BMF, Industrie).
Ist das verantwortungsvolle Politik nach der Zeitenwende?
„Dies würde auch die Unterstützung in der Verbesserung Ihrer Planungsprozesse umfassen.“
Autsch. Der saß.
@T.W. Danke für die Zusammenfassung!
Als Beamter der Bundeswehr in der Wehrverwaltung begrüße ich es außerordentlich, dass der Bundeswehr weitere Gelder verwehrt wurden.
Wer sich Verschwendung in vielen Bereichen leisten kann, der braucht kein zusätzliches Geld.
Auch dieser beschriebene Vorgang ist ein weiteres Beispiel für die desolaten Zustände in der Bundeswehr.
Wäre ich bei der CDU als verteidigungspolitischer Sprecher, wäre ich morgen in einem leeren Munitionsdepot und würde in einer leeren Halle oder Lagerhaus nur entgeistert schauen … Mit Presse natürlich.
Tja, kann man alles nachvollziehen und hat vielleicht auch was damit zu tun, dass das BMVg seit dem Ende des Kalten Krieges nicht mehr unbedingt ein Talentmagnet im politischen Berlin bzw. Bonn war. Auch heute nicht. Aber so ganz unschuldig ist das Finanzministerium sicher auch nicht. Wie ist es denn mit der Möglichkeit Rüstungsprojekte grundsätzlich mehrjährig mit Haushaltsmittel auszustatten? So wie sich das für mich darstellt, muss der Bundestag jedes Jahr neu würfeln, Verzeihung, entscheiden. Das treibt Kosten, weil es die Industrie verunsichert. Mit einem Konsens in der Koalition könnte man sicher eine langfristigere Orientierung in der Beschaffung von Rüstungsgütern umsetzen, zumal die Union das sicher nicht blockieren wird. Da ist die preußische Kameralistik mit ihren Hohepriestern im BMF schon sehr im Weg.
@Andreas Westphal
„Herr Saebisch hat sicherlich recht mit seinen Aussagen bzgl. des komplizierten Beschaffungsprozesses.“
Munition ist doch quasi „Katalogware“.
Die Zurückweisung einer gegenüber der NATO durch Deutschland eingegangenen Verpflichtung (2 % BIP) durch das BMF ist das eine, die unsachliche Begründung das andere. Die Art und Weise, wie das BMF hier Zusammenhänge und Tatsachen verdreht, ist mehr als befremdlich. Das gibt einen Vorgeschmack auf die Eckwerteverhandlungen im nächsten Jahr.
Die Priorisierung der Mittel aus dem Sondervermögen muss m.E. geändert werden. Es macht keinen Sinn, für aberwitzige Milliardenbeträge neue high-end Systeme zu beschaffen, solange es der Truppe querschnittlich bei nahezu allen vorhandenen Waffensystemen an Munition und Ersatzteilen mangelt.
Popcornkino vom Range eines WM-Spiels! Und aus deutscher Sicht ähnlich erfreulich. Nun denn: Müssen wir bald mal wieder ein neues Gesicht in den Flur hängen?
Oder findet die Ministerin endlich ihren Biss und wirft die blamablen Sekretäre samt Führungsriege der Beschaffung raus? Wäre die allerletzte Chance, sich gegenüber der „Schlammzone“ als Chef zu retten.
Thomas Melber sagt:
01.12.2022 um 20:58 Uhr
„Munition ist doch quasi „Katalogware“.“
Das zeigt doch erst das Ausmaß des Problems ;-)
@Navales
Wir machen das wie GRE: viel Hardware (Leos) aber aus Budgetgründen ohne Munition – aber das soll sich ja gebessert haben.
https://www.welt.de/wirtschaft/article8968100/Griechen-goennen-sich-groesste-Panzerarmee-Europas.html
Wie war das noch mit unserem Anspruch: größte (schlagkräftigste) Armee in Europa ?
@My two Cents:
Fun story. Die MunLgr sind nicht leer, die sind eher fast komplett voll. Sie treffen nur eher Munition, die wahrscheinlich kaputt ist bzw. ausgesondert werden muss. Es ist nicht gleich das Problem, dass nichts da ist. Es ist einfach auch zu wenig Platz um mal eben alles einzulagern.
@Memoria
Erst einmal, ich versteh das alles nicht mehr! Der Politik muss doch die brandgefährliche Situation in der wir hier uns alle in Europa befinden, bewusst sein! Warum sind die alle so entspannt?
Nun zum Punkt, ich kann die Kritik des BMF auch nachvollziehen.
Ich weiß, dass die Politik, das Parlament und die Beamten in den Ministerien, etc. das Jahr über viel um die Ohren hatten (Verabschiedung Haushalt 2022 erst im Frühjahr, Sondervermögen im Sommer und Verabschiedung Haushalt 2023 im Herbst). Das war ja das Hauptargument von Herrn Klingbeil für die unbefriedigende Situation bei den fehlenden Bundeswehraufträgen (vorläufige Haushaltsführung).
Ich sehe das Problem aber überwiegend direkt im Verteidigungsministerium. Natürlich ist es schwer jahrzehntelange verkrustete bürokratische Strukturen aufzubrechen, auch Personalmangel und fehlende fachliche juristische Expertise im BAAINBw und auch im Verteidigungsministerium spielen sicherlich eine Rolle. (Wir hätten zum Beispiel das Prinzip der 25 Mio € Vorlage für ein, zwei Jahre aussetzen können. Da könnte man laut Juristen pro Beschaffungsprojekt im Durchschnitt 4 Monate Zeit einsparen, aber gut, gibt es immer noch)
Aber wir stehen uns Herausforderungen gegenüber, wo ich auch eine durchsetzungsstarke Führung im Ministerium erwarte. Ich verstehe bis heute nicht, warum nicht eine Siemtje Möller oder eine Eva Högl zur Verteidigungsministerin ernannt wurde. Beides starke, motivierte Persönlichkeiten mit viel fachlicher Erfahrung, und die Frauenquote hätte man auch gehalten. Das Thema Bedarfsplanung insbesondere hinsichtlich Munitionsmangel wäre mit Sicherheit anders und prioritär angegangen worden (es gibt etliche Rahmenverträge Munition, die noch nicht abgerufen wurden!!!). Stattdessen wurde mit großem Medien Tam Tam ein Beschaffungspaket Bekleidung über 2,5 Mrd € auf den Weg gebracht (was auch richtig war) und seitdem kam so gut wie nix mehr.
Das Auftreten der aktuellen Verteidigungsministerin wirkt seit Monaten lustlos, unbeholfen und ahnungslos.
In diesen Zeiten brauchen wir einen starken, verantwortungsvollen Verteidigungsminister, ähnlich wie Herr Lindner im Finanz- oder Herr Habeck im Wirtschaftsministerium agieren. Einer der will, der vollen Einsatz gibt und Verantwortung übernimmt, auch wenn etwas schief läuft, erst Recht in schwierigen Zeiten wie diesen.
Und die Kritik vom BMF zielt ja auch direkt auf die Person Verteidigungsministerin ab, das sieht jeder der sich mit diesem Thema beschäftigt, es sagt nur keiner laut.
Ich erinnere mich an das Zitat von VM de Maiziére „Ein Ministerium muss unter Druck stehen, um effektiv zu sein“ (so oder so ähnlich). Vielleicht hatte er ja Recht. Es wurden damals tatsächlich „nachhaltige Effekte“ erzielt.
Aus einer Rede von ihm vom 14.06.2012 (zitiert nach http://ag-friedensforschung.de/themen/Bundeswehr/neuausrichtung.html, da der Link unter https://augengeradeaus.net/2012/06/grundsatzliches-vom-minister/ nicht mehr funktioniert, dafür dort in Audio):
„Auch auf die Logistik hat das veränderte sicherheitspolitische Umfeld massiven Einfluss (im Kalten Krieg: Bevorratungslogistik, heute: Bereitstellungslogistik. Logistische Infrastruktur ist heute nicht mehr an geographischer Bedrohungslinie auszurichten, andere Kriterien stehen heute im Vordergrund: Wirtschaftlichkeit, Rücksichtnahme). Ähnliches gilt für die Artillerie.“
Wirtschaftlichkeit, das nannte er als erstes Kriterium.
Bei aller berechtigter Kritik sollte das BMF auch die Größe haben, mal kritisch zu hinterfragen, ob man damals nicht ebenfalls möglicherweise zu kurzsichtig war mit der eigenen Planung und den Impulsen die man gegeben hat.
Möglicherweise könnte man das auf den ersten Blick vergiftet erscheinende Hilfsangebot mit Leben füllen, mir kommt es so vor, dass mit dem StS dort etwas die Pferde durchgegangen sind, inhaltlich wird das Geschriebene ja durchaus aufrichtig gemeint gewesen sein vom Finanzminister.
Dann sollen sich eben beide StS vor die „Datensilos“ setzen und mal gemeinsam überlegen, wie man den Schlamassel jetzt wieder (zügig!) zurechtbiegt nach 10 Jahren.
Das war eine ziemliche Breitseite. Die SPD hat jetzt die Wahl. Beleidigte Leberwurst spielen und sich ostentativ mit „Fünününü“ vor ihre offenkundig überforderte Ministerin stellen, oder die notwendigen Schritte unternehmen, um jetzt mal die Missstände zu beheben.
Dass ausgerechnet die FDP der SPD hier Nachhilfe geben muss, ist schon beachtlich. Aber genau das ist der Grund, weshalb Lindner das Finanzressort angestrebt hatte. Weil er so die von den anderen Ministerien vorgebrachten Nebelkerzen mit echten Zahlen kontern kann und darauf hinweisen, wenn die ressorteigenen Hausaufgaben nicht gemacht wurden. Die Ankündigungen von Lambrecht zu den Beschaffungsprozessen sind ja bisher auch noch nicht ansatzweise umgesetzt.
Wie auch immer, Frau Lambrecht sollte sich langsam überlegen, ob sie weiterhin Ministerin von der traurigen Gestalt bleiben will, oder den Posten nach einer angemessenen Zeit im Amt freimacht.
@My Two Cents:
„Wäre ich bei der CDU als verteidigungspolitischer Sprecher, wäre ich morgen in einem leeren Munitionsdepot und würde in einer leeren Halle oder Lagerhaus nur entgeistert schauen … Mit Presse natürlich.“
Das Problem ist jedoch, dass es keine leeren Munitionsdepots gibt. Die wenige Munition, die die Bw bevorratet füllt die MunDepots völlig aus. Und die Union muss sich da mal ganz schwer mit Kritik zurück halten, denn unter ihrer 16 jährigen Führung ist u.a. die Depotlandschaft der Bw zusammengeschmolzen, wie die das Eis der Alpengletscher… diesen Abbau dreht man nicht innerhalb weiniger Monate zurück.
@Christian Hesch
@Grashüpfer:
Es ist vom BMVg selbst gemachtes Leid.
Man hätte seitens Plg und A nur die großen Projekte im Blick und hoffte auf einen Anstieg des EPl. 14 für Munition.
Zweiteres war halt illusorisch.
Neben Munition werden auch Ersatzteile bald ein absehbares Problem.
Auch da wird man wieder überrascht sein.
Schuld ist dann auch wieder jemand anderes.
Wäre Herr Zimmer Kdr in einem militärischen Verband müsste man ihn / sein Führungsteam jetzt absetzen und durch geeignetes Personal ersetzen. Aber er sitzt an der Spitze und es passiert – nichts.
Schon vor sehr langer Zeit ist mir aufgefallen (durch öffentlich zugängliche Quellen / Presse) dass die Munitionsvorräte für Hauptwaffensysteme der BW sehr gering sind. Meine Frage danach wurde so beantwortet, dass die deutschen Generäle (oder BMVg?) davon aus gehen würden, sie würden 2 Jahre Vorwarnzeit (Eskalationsspirale?) vor einem Krieg bekommen und dann entsprechend vorbereiten. Die Logik-Fehler einer solchen Annahme scheinen mir offensichtlich.
Ehrliche Frage: Kann mir jemand erklären ob das wirklich so war /ist bzw. ist die Geschichte dazu bestimmt komplizierter, oder?
@Memoria:
Man müsste lachen, wenn es nicht so traurig wäre. Da kriegt man multiple Sarkasmen.
To whom it may concern im BMVg:
Am 24. Dezember ist erstaunlicherweise auch in diesem Jahr wieder Heiligabend. Save the Date! Nur, damit es nicht zu Überraschungen kommt! ;-)
Das muss wohl dieses berühmte „vom Ende her denken“ sein … Ich seh schon die Ware auf dem Hof vergammeln, so sie denn endlich geliefert wird, während alle mit Stirnrunzeln beschäftigt sind, wo das hin soll. Aber vielleicht sollte man sich einfach mal an Profis wenden. Zum Beispiel die Amis, die hierzulande jährlich zig Millionen für ihre eigene Infrastruktur ausgeben, die dann von deutschen Firmen hochgezogen wird – vom Hotel über die Schule bis zur abhörsicheren Kommandozentrale. Die gehen bestimmt auf Anfrage gerne strukturell/planerisch zur Hand (analog zum süffisanten Hilfsangebot des Sts).
Diese öffentliche Schlammschlacht und das späte Angehen dieses grundlegenden Themas sind ein weiteres Menetekel der Verantwortungsdiffusion. Bei der bisherigen Führungsschwäche des Bundeskanzleramtes gibt es keine Hoffnung auf Besserung.
@Navales und @Nordlicht
Die Diskussion über 2%BIP ist hier bei AG ausführlichst geführt worden. Im Ergebnis ist festzuhalten, dass die Bemerkung der „Zurückweisung durch BMF“ von @Nordlicht wohl mehr so unter Frustration oder billigste Agitation zu sehen ist.
Auch die Anmerkung von @Navales zu dem Sondervermögen wurde hier lang und breit auseinandergelegt. Ergebnis, keine Munition aus Sondervermögen wegen rechtlicher Hürden. Festlegung durch BMVg, das Munition aus dem laufenden Haushalt beschafft wird.
Das das BMVg sich jetzt an das BMF wendet und nochmal „Nachschlag“ für Munition verlangt ist weder abgesprochen und in der Form ganz schlechter Stil. Da wollte das BMVg den „Schwarzen Peter“ wohl weiterreichen, weil man es selber nicht auf die Reihe bringt.
Dabei gibt es nur eine Ausnahme. Für die an die UKR abgegebenen Waffen und Munition könnte das BMVg Kompensation aus einem anderen Haushaltstitel verlangen, denn das ist im EPL14 nicht eingepreist. Aber das wäre nur der kleinste Teil..
Neben den langwierigen Beschaffungsprozessen sehe ich leider auch schwarz für die Beschaffung größerer Kaliber und Raketenmunition. Wenn da über Jahre nichts oder sehr wenig von Deutschlands Industrie abgenommen wurde – dann existieren womöglich weder die Firmen noch die Produktionslinien in Deutschland. Da nützt auch die Karotte der „bald folgenden Großbestellung“ bei der Industrie kaum was. Und andere Staaten haben auch erstmal die eigenen Streitkräfte zur Erstbelieferung im Blick.
Och ja, was zum Schmunzeln aus dem Berliner Gossip.
Das entwickelt sich doch alles schon wieder in die bekannten Bahnen, zurück zum Status quo, Bundeswehr als militärisches Freilichtmuseum mit bedeutungschwerer Eigenwahrnehmung und ungeliebtes Berlinder Kindl.
Ganz im Ernst: Was genau soll diese Bw eigentlich? Wir haben über zwei Jahrzehnte einem stetigen Rückbau zugeschaut, quer durch alle Parteien. Keiner glaubte doch ernsthaft, dass wir die irgendwie nochmal so brauchen wie ursprünglich beabsichtigt. Nach dem Desaster Afghanistan oder Mali sind selbst die Stabilisierungs- und Interventionsaufgaben kaum noch zu verkaufen. Wenn man fragt wozu wir die Bundeswehr (militärisch) noch brauchen muss man sich schon auf „NATO-Verpflichtungen“ zurückziehen: Die Bundeswehr als ADAC der Verteidigung, damit im Fall der Fälle einer kommt und aushilft.
Seit 9 Monaten haben es jetzt viele „schon immer gesagt“ und nehmen das als Beweis wir müssten jetzt mal wieder zurück zu Vollausstattung etc. Aber dann erleben wir wie die russische Föderation, immer noch assoziiert mit einer Sowjetarmee der unerschöpflichen Ressourcen, völlig desolat auftritt und effektiv auf Jahrzehnte keine ernsthafte konventionelle Bedrohung ist.
Also warum in aller Welt sollte man ernsthaft von dem Freilichtmuseum status quo ante belli abrücken, warum Rahmenverträge, große Munitionsbestände aufbauen, Depots schaffen, vulgo „aufrüsten“? Für was genau? Was ist denn jetzt anders als vor einem Jahr? Man kann sich doch locker auf den Standpunkt stellen, dass russische Ukraine-Abenteuer sei der Beweis, dass das konventionelle Konflikte heutzutage eigentlich keine Option mehr sind. Also macht man halt wieder wie immer ein bisschen Show, bisschen Verzögern, bisschen was machen (was eh schon ewig und drei Tage auf der Agenda stand wie die Digitalisierung und Nachfolge Tornado etc). Und auf keinen Fall Geld rauswerfen für etwas, das wir nicht brauchen. Und in 5 Jahren ist alles wieder beim alten.
Was wir sehen, ist dass unsere Infrastruktur, Bahn, Energie, IT nicht gehärtet ist, dass wir extrem anfällig für Nadelstiche sind, zu denen Russland (und andere) immer in der Lage sein werden. Da können wir locker 100 Mrd verbuddeln. Aber das ist kein Job für die Bundeswehr.
„Dieser Einschätzung haben Sie nicht umfänglich widersprochen, sondern im Gegenteil, haben wir am Rande des Gesprächs vereinbart, dass das BMF gerne bereit ist, Sie bei der Nutzung sich kurzfristig bietender Möglichkeiten der Rüstungsbeschaffung zu unterstützen, um der aktuell angespannten Sicherheitslage und den daraus resultierenden Herausforderungen für die Bundeswehr Rechnung zu tragen. Dies würde auch die Unterstützung in der Verbesserung Ihrer Planungsprozesse umfassen.“
Also mir kommt das so vor, als ob da jemand sich sehr sicher fühlt und gerne bereit ist, auszuteilen (bzw. bezüglich Frau Lambrecht noch mal nachzutreten). Schlechter Stil, sehr schlechter Stil, da dürfte Herr Lindner sich nach Durchsicht des Entwurfs der Antwort die Hände gerieben haben. Da müsste eigentlich Herr Scholz den Herrn Lindner mal zum Rapport bitten.
Ich bin mir sicher, schaut man genauer hin, hat in den letzten 12 Jahren das Bundesfinanzministerium, hier insbesondere das Leitungspersonal, gewiss einen erheblichen Anteil an der schlechten Ausstattung der Bundeswehr (auch in Anlehnung an den Kommentar des Foristen Nordlicht).
Okay, dass es der Ton, die Ebene und die Tatsache, dass das ganze öffentlich gemacht wird, hat schon eine Dimension, aber inhaltlich kann ich das nachvollziehen.
Da bekommt das BMVg einen 100.000.000.000 EUR „Einkaufsgutschein“, um die größten Mängel schnell und pragmatisch zu beseitigen. „Katalogware“ (Funkgeräte, Munition, PA, …) einkaufen, Lose nachbestellen, teures Gerät (CH47) endlich mal kaufen.
Statt dessen gibt es „Wünsch-Dir-was“-Listen von neuen Goldrandlösungen, die weder abgestimmt, noch zielführend sind, sondern nur den Proporz befriedigen. Da werden Produkte, die andere Partner seit Jahren benutzen noch einmal hin- und her evaluiert. (Funkgeräte, die bei den Niederländern funktionieren, funktionieren auch in Deutschland!) und, und, und.
Kurz: nicht mal ein 1% davon sind in echte Bestellungen umgewandelt – also de facto ausgegeben.
Statt dessen ist die Kaufkraft des Sonsdervermögens um rund 10% gesunken und die IBuk entblödet sich nicht, schon wieder bettelnd beim BMF vorzusprechen, weil es zu wenig sein soll und diese 10% Kaufkraftverlust oben drauf gesattelt werden soll.
Geht’s noch?!
Da wäre mir als BMF auch „dezent“ die Hutschnur geplatzt.
Und ich finde es gut, dass der BMF das so klar anspricht, dass der Steuerzahler halt nicht für Unfähigkeit im BMVg und BAAINBw aufkommen soll und darf!
Ja wird mal wieder Zeit das der GI eine Grundsatzrede hält.
Nach Mind-Change sollte er jetzt den Action-Change ansprechen.
Fragen Sie mal Raucher. Der Mind-change ist bei vielen schon angekommen. Aufhören zu Rauchen. Mit dem Action-change haperts.
Nun kann man einwenden, dass Rauchen eine Sucht ist.
Unsere Ministerien sind aber auch süchtig. Nach Micromanagement in der selbstgeschaffenen Verwaltungsbürokratie.
Die ganzen Berechnungen und Dokumente zu MTTR, MTBF, BZÜ, EMKG….. sind Makulatur. Vor allem wenn man glaubt es sind nur Dokumente und nicht versteht für was es benutzt werden müsste.
MTTR=MEAN TIME TO REPAIR
MTBF=MEAN TIME BEFORE FAILURE
EMKG=Einfaches Maßnahmenkonzept Gefahrstoffe
BZÜ=Bauzustandsüberwachung
@obibiber:
Dass Deutschland es immer geschafft hat, für weniger Leistung mehr zu zahlen, ist doch weithin gängige Praxis.
Siehe Beschaffung der neuen „Huskys“ (BV410): Da zahlt Schweden pro Gerät rund 1,5 Mio EUR; Deutschland glatte 2!
https://soldat-und-technik.de/2022/12/mobilitaet/33392/catv-schweden-beschafft-bv410-deutsche-gebirgsjaeger-sollen-bald-folgen/
@WielandDs
Die ZEIT hatte dazu vor 4 Jahren einen grossen Artikel und in WeltOnline ist das vor 3 Jahren erschienen. Ich habe leider keine Links mehr.
Da wurde das Desaster 1:1 geschildert und auch kritisch hinterfragt.
Nicht nur Munition sondern auch Ersatzteile, Klarstand der Systeme und Funktionalität der Behörden.
Die Fakten sind also schon lange nicht nur bekannt sondern auch öffentlich.
@Stöber:
Ich bin in der Schlammzone. Hier hat diese Frau schon lange verspielt. Die kriegt kein Bein mehr auf den Boden.
Trennung: Ich muss den Mitkommentatoren leider Recht geben, wir (die BW) haben nicht zuwenig Geld, sondern zuviel. Es wird nur falsch oder zu zögerlich ausgegeben.
Wenn wir uns zum Beispiel zwei 6m lange Geländer an einem Eingang zu einem Gebäude leisten können, nur um zu verhindern dass jemand über die Wiese links oder rechts abkürzt und so Dreck reinträgt, dann haben wir was nicht verstanden.
Wenn wir stehts Leuchtturmprojekte präsentieren ohne die dringendsten Probleme an der Basis, schnell, zu beseitigen. Zum Beispiel eingeführte Munition zu beschaffen statt wieder nur Gründe zu suchen warum es nicht so schnell gehen kann.
Ich bin überzeugt unter der Nutzung des gesunden Menschenverstandes könnten die Betriebskosten sofort, ohne Einbußen bei der Ausbildung, um 15-20% gesenkt werden. Stichwort Bürokratie und unwirtschaftliches Handeln. Die freiwerdenden Mittel könnten dann in die Beschaffung fließen. Wenn man nur wollte.
@Dran.Drauf.Drüber
Das ist zu erwarten. https://elbitsystems.com/pr-new/kmw-and-elbit-systems-intensify-rocket-artillery-cooperation/.
@ Metallkopf
An wen denn abgeben?
Der Posten des Verteidigungsministers war schon immer mit Abstand der unbeliebteste Ministerposten, wo jede/r in den letzten 2 Jahrzehnten gescheitert ist oder schnellstens das Weite gesucht hat…
Man kann hier nur verlieren, weil man überhaupt nicht genug Zeit hat, Reformen umzusetzen, die eigentlich 20 Jahre mehr bräuchten.
Ein Pulverfass. Recht machen kann man es keinem. Weder der Truppe, noch dem Rest der Regierung, der NATO oder der Industrie. Ganz zu schweigen von der Bevölkerung.
Wenn ich heute lese, dass unsere F-35 pro Stück 280 Milionen Euro kosten mit der Möglichkeit, die Preise noch weiter zu steigern, wird einem wieder klar, was in Deutschland passiert.
Unsere Industrie wird zu wenig involviert, protestiert gegen Beschaffungen im Ausland ohne Offset, die Politik fängt an zu diskutieren und diskutieren, ändert die Beschaffung von einem Kampfflugzeug zum anderen und wundert sich dann, dass in der Zwischenzeit die Preise so stark gestiegen sind, dass die F-35 alleine 10 Prozent des Sondervermögens schluckt.
Finnland war da „etwas“ schlauer und schneller und kriegt fast doppelt so viele Flugzeuge für das Geld.
Darum: Munition ist schön und gut. Abschrecken wird sie niemanden.
Was mich als Franzose davon inspiriert:
Wir können deutlich sehen, dass es für Deutschland sehr schwierig ist, eine solide und leistungsfähige Armee wieder aufzubauen. Es ist nicht einfach, 40 Jahre Unterinvestitionen auszumerzen. Außerdem muss neben dem Geld die gesamte Militärkultur Deutschlands wieder aufgebaut werden, und das wird sehr schwierig und sehr langwierig.
Jenseits der Munition sehen wir, dass Deutschland für seine F35 den doppelten Marktpreis zahlen wird, keine Kompensation ausgehandelt hat, wie es alle Länder der Welt tun, den Eurofighter ECR aufgeben muss, auf sehr starken Widerstand osteuropäischer Länder (Polen usw.)
Seit 20 Jahren lebt Europa von einer Aufgabenteilung zwischen Frankreich und Deutschland: Deutschland die wirtschaftliche Führung, Frankreich die militärische und geopolitische Führung. Deutschland will aus diesem Kompromiss herauskommen und auch die militärische Führung übernehmen. Aber wir sehen, dass es sehr – zu – schwierig sein wird. Es kostet viel Geld, es entspricht nicht der Kultur des Landes. seit 70 Jahren.
Für mich ist die Lösung einfach: Sie müssen zu der Situation vor Zeitenwende zurückkehren. Das heißt, Deutschland würde seine Verteidigung irgendwie an Europa delegieren, mit einer starken französischen Führung.
Dies würde Deutschland erlauben:
– Ihr Geld viel effizienter ausgeben
– Stärkung seiner verteidigungsindustriellen Basis: Ein gutes Beispiel ist der SCAF/FCAS, an dem Deutschland eine wichtige Rolle spielt und dank der französischen Führung auf eine rigorose und effektive Verwaltung der Budgets hoffen kann
– seine diplomatischen Beziehungen innerhalb Europas durch eine klare Aufgabenverteilung verbessern zu können.
[Netter Versuch, aber dennoch bleiben wir bei den Fakten, die bisweilen verzerrt erscheinen – „den Eurofighter ECR aufgeben muss“ ist nun schlicht eine Falschmeldung, ob der Rest Ihrer Aussagen stimmt? T.W.]
Oleg Olkha sagt:
02.12.2022 um 11:12 Uhr
@Dran.Drauf.Drüber
Das ist zu erwarten. https://elbitsystems.com/pr-new/kmw-and-elbit-systems-intensify-rocket-artillery-cooperation/.
Danke. Das ist schon mal ein guter Anfang aufseiten der industriellen Kooperation. Ich hoffe die europäischen Institutionen ( z.B. European Defence Agency/Kommission) und auch sonstige staatliche Kooperationen wie z.B. die OCCAR bekommen jetzt mal ein paar zusätzliche PS auf die Straße.
zu Thomas Wiegeld
Zum Eurofighter ECR empfehle ich Ihnen, den folgenden Artikel zu lesen:
https://meta-defense.fr/2022/12/01/la-version-de-guerre-electronique-du-typhoon-pour-la-luftwaffe-bien-moins-ambitieuse-quescomptee/
[Sie können schon voraussetzen, dass ich die Debatte über die EW-Version des Eurofighter kenne. Ihre Aussage „den Eurofighter aufgeben muss“ ist dennoch eine Falschbehauptung, auf dem Niveau bitte hier nicht. T.W.]
@Labacco sagt: 02.12.2022 um 0:04 Uhr
„Ich verstehe bis heute nicht, warum nicht eine Siemtje Möller oder eine Eva Högl zur Verteidigungsministerin ernannt wurde.“
Möller war noch zu jung, zu niedrig in der Hackordnung und falscher Parteiflügel. Högl hätte geklappt, aber ein Wechsel von Wehrbeauftragten zum IBuK hat mehr als nur ein „Geschmäckle“, das gehört sich einfach nicht.
@JayJay, Realist et al.: Wenn man sich die Mühe macht und die bekannt gewordenen Einzelheiten der Beschaffungsverträge des F 35A der einzelnen Länder betrachtet, so kommt man auf eine Art Basispreis des Flugzeugs (auch: fly away Preis), der zur Zeit bei rund 85 Mio USD liegt (und der bisher mit vorangeschrittener Produktion stetig gesunken ist). Dazu gesellen sich, je nach Besteller, die Bewaffnung, die Simulations- und Ausbildungstechnik, einschlägige Meß- und Spezialwerkzeuge, die Pilotenausbildung undsoweiter. Man kann zu der sich ergebenden Summe noch die veranschlagten Betriebskosten für eine definierte Nutzungsdauer zählen. Das Ganze dividiert durch die Anzahl der Flugzeuge ergibt einen Systempreis, der eben schlichtweg vom Vertragsinhalt und der Berechnungsmethode abhängt. Deshalb ist es völlig unsinnig, finnische mit schweizerischen und eben deutschen Verträgen zu vergleichen, und Aussagen wie „doppelter Marktpreis“ sind lediglich Polemik. Und: Preissteigerungen sind bei der derzeitigen Marktlage einschließlich der Entwicklung der Rohstoffpreise einfach drin.
Weltweite Rüstungsausgaben 2021: 2,1 BILLIONEN Dollar
USA: 800 Milliarden Dollar ( OHNE NATO )
Russland: 64 Milliarden Dollar ( und besitzt die modernste Armee der Welt )
Deutschland: 54 Milliarden Dollar ( und nix funktioniert und es mangelt an ALLEM )
Was stimmt hier nicht?
Wo sind die Milliarden????
@ Peter Eberl
Wir tun den USA und NATO-Partnern den Gefallen, keine NT-Sonderlösung mir EF, oder später angedacht, F-18F zu entwickeln und zuzulassen.
Das an sich ist der richtige Weg.
Nun aber schnell, schnell Verträge zu unterzeichnen, um nicht noch weiter zu verzögern und aus diesem Grund bewusst auf Gegengeschäfte oder Beteiligung der heimischen Industrie zu setzen, ist falsch.
Kein bisheriger Kunde der F-35 hat KEINE entsprechenden Offset-Verträge ausgehandelt. Weshalb sollten wir es also tun?
Um unsere 2 Prozent des BIP schneller zu erreichen?
Dann wissen wir ja, was an Kosten bei der Chinook und den weiteren Poseidons auf uns zukommt…
Bzgl. F-35 sollte vielleicht berücksichtigt werden, dass die Bundeswehr ein vollständiges Paket als Angebot angefordert hat und im ersten Letter of Offer and Acceptance für Finnland z.B. noch keine Bewaffnung enthalten war. Außerdem ist bei der Stückzahl der Finnen natürlich ein Mengenrabatt möglich (478 vs 35).
@Labacco:
„Erst einmal, ich versteh das alles nicht mehr! Der Politik muss doch die brandgefährliche Situation in der wir hier uns alle in Europa befinden, bewusst sein! Warum sind die alle so entspannt?“
Nun wird halt die strukturelle, prozessuale, kulturelle und personelle Dysfunktionalität des BMVg einer breiteren Öffentlichkeit bekannt.
Alles rundum Munitionsgipfel sagt eigentlich alles.
Man ist mit sich selbst überfordert.
in einer mittelständischen Firma, wären die keine 2 Monate aktiv.
Zum französischen Artikel über den Eurofighter ECR:
Es ist lediglich eine Erstbefähigung, eine AARGM von einem Eurofighter verschießen zu können und vielleicht ein wenig jammen zu können. Das kann man in die bestehenden Entwicklungslinien der Avioniksoftware bis 2029 noch irgendwie integrieren. Schließlich soll es kein deutscher Alleingang werden sondern im multi-nationalen Programm erfolgen.
Die volle Ausbaustufe bleibt wie angekündigt deutlich ambitionierter, aber soll dennoch im Rahmen des multinationalem LTE Upgrade integriert werden. Auch ein Twin Seat ist dafür noch nicht vom Tisch.
Die Bw kann – Stand heute – keine 2 Tage kämpfen. Mehr muss zu dem Thema nicht wissen. Für alle Beteiligten in BMVg und ngBer: setzen, 6. Mit einer Ausnahme – ich schlage vor: VA Stawitzki als Verteidigungsminister. Er ist für mich momentan der einzige, der mit Haltung und Klarheit überzeugt, und der die Kraft hätte, den „Apparat“ zu bewegen. Zu Sts Zimmer äußere ich mich nicht.
Wenn ich mir als Bürger und Offizier diese Situation wirklich klar mache, ich bekomme Angst angesichts der globalen „Zeitenwende“. 2019 kommt nicht zurück. Und was Bundeskanzler Scholz von der Bw hält, zeigt sich darin, dass er an Ministerin Lambrecht festhält. Und es zeigt, dass er zwar von „Zeitenwende“ spricht, aber nicht danach handelt. Kein Licht am Ende des Tunnels, aber am Ende des Tunnels sind die 100Mrd weg, und Munition ist immer noch keine da.