Weg für Verteidigungshaushalt 2023 und Sondervermögen frei – Aufstockung der Mittel für Munition (Neufassung)
Der Haushaltsausschuss des Bundestages hat am frühen (heutigen) Freitagmorgen den Weg frei gemacht für den Verteidigungsetat des kommenden Jahres und die geplanten Beschaffungen aus dem Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr. Die Abgeordneten billigten im Wesentlichen den Entwuf des Verteidigungsministeriums, verlangten aber an zahlreichen Stellen zusätzliche Prüfungen. Zudem stockten sie die Mittel für die Beschaffung von Munition in den kommenden Jahren um eine Milliarde Euro auf.
Die Parlamentarier des Haushaltsausschusses legten damit den Verteidigungshaushalt für das kommende Jahr auf 50,1 Milliarden Euro fest, außerdem geplante Beschaffungen aus dem Sondervermögen im Umfang von 8,4 Milliarden Euro. Die endgültige Beschlussfassung trifft der gesamte Bundestag in der Abstimmung über das Haushaltsgesetz.
Die größeren Veränderungen im Verteidigungsetat, dem Einzelplan 14 des Bundeshaushalts, nach der so genannten Bereinigungssitzung am Freitagmorgen, wie sie der Ausschuss mitteilte:
(Die entsprechende Übersicht für den kompletten Bundeshaushalt:
20221111_Ergebnis_Bereinigung_HH-Ausschuss)
Auffällig ist in der Tabelle die größte Veränderung von einer Milliarde Euro zusätzlich: Der Haushaltsausschuss erhöhte die vorgesehenen Mittel für die Beschaffung von Munition deutlich. Der ursprüngliche Ansatz der Regierung von 1,125 Milliarden Euro im kommenden Jahr und 800 Millionen Euro in den Folgejahren wurde mit so genannten Verpflichtungsermächtigungen von zusätzlich jeweils 500 Millionen Euro für die Jahre 2024 und 2025 aufgestockt, so dass zu den Ausgaben im kommenden Jahr für 2024 bis 2028 insgesamt rund 1,8 Milliarden Euro hinzukommen. Der Bedarf der Bundeswehr für eine Munitionsbevorratung nach NATO-Vorgabe beträgt rund 20 Milliarden Euro.
Aus der Mitteilung des Verteidigungsministeriums zum Beschluss des Haushaltsausschusses:
Für rüstungsinvestive Maßnahmen – mithin für militärische Beschaffungen, wehrtechnische Forschung, Entwicklung und Erprobung – werden im Einzelplan 14 für das Jahr 2023 rund 9,6 Mrd. Euro zur Verfügung stehen. Damit lässt sich zum Beispiel weiter in Großraumtransportflugzeuge A400M und Munition investieren. Neben erhöhten Ausgabemitteln hat der Haushaltsausschuss heute Nacht zusätzliche Verpflichtungsermächtigungen in Höhe von einer Milliarde Euro für die Beschaffung von Munition bewilligt. Auch die Fortsetzung der Beschaffung des Waffensystems Eurofighter oder von Flottendienstbooten der Klasse 424 können finanziert werden. (…)
Der gestern ebenfalls beschlossene Wirtschaftsplan 2023 des Sondervermögens Bundeswehr sieht für das kommende Jahr Ausgaben in Höhe von rund 8,4 Mrd. Euro vor. So sind zum Beispiel Ausgaben für die Beschaffung von Kampfflugzeugen des Typs F35, des Schweren Transporthubschraubers CH-47, der persönlichen Schutzausrüstung für die Soldatinnen und Soldaten, für Nachtsichtgeräte, den Schützenpanzer Puma und die Fregatte 126 (Schiffe 1 bis 4) berück-
sichtigt. Damit kann die Bundeswehr einen weiteren Schritt hin zu einem breiten und innovationsorientierten Fähigkeitsspektrum gehen.
Die detaillierte Liste der Projekte, die aus dem Sondervermögen finanziert werden sollen, und die dazu gehörenden Summen wird zusammen mit dem nun abgestimmten Haushaltsentwurf veröffentlicht (bislang liegt sie noch nicht vor).
Interessant ist die Liste von insgesamt mehr als 40 Beschlüssen zu einzelnen Themen, die der Haushaltsausschus mit der Koalitionsmehrheit fasste und damit dem Verteidigungsministerium teilweise weitgehende Vorgaben machte. Das gilt zum Beispiel für das deutsch-französisch-spanische Projekt eines künftigen Luftkampfsystems (Future Combat Air System, FCAS). Dieses Projekt, bei dem im Wesentlichen Frankreich die Führung hat, soll nach dem Willen der Parlamentarier weiterhin eng mit dem Projekt eines künftigen Landkampfsystems (Main Ground Combat System, MGCS) gekoppelt sein, bei dem Deutschland die Führung hat. Für FCAS könnte das zusätzliche Hürden bis hin zum Scheitern des Projekts bedeuten.
Aus dem Maßgabebeschluss:
Die Programme Next Generation Weapon System (NGWS) im Future Combat Air System (FCAS) und Main Ground Combat System (MGCS) werden vom Haushaltsausschuss weiterhin in einem Zusammenhang betrachtet. Die zeitliche Parallelität sowie eine angemessene Verteilung der Technologiebereiche auf Augenhöhe und eine faire Kosten- und Arbeitsverteilung auf staatlicher und industrieller Ebene stellen dabei wesentliche Forderungen des Haushaltsausschusses dar, um für die noch nicht verhandelten Projektphasen auch in zukünftigen Jahren weitere finanzielle Mittel freigeben zu können. Aktuell sind beide Forderungen nicht erfüllt.
Der Haushaltsausschuss fordert die Bundesregierung daher auf,
1.unverzüglich alle Maßnahmen zu ergreifen, um schnellstmöglich eine zeitliche Parallelität beider Vorhaben zu erreichen.
2. die ressortübergreifende industriepolitische Steuerung der Programme NGWS/FCAS und MGCS fortzuführen und dabei alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um die insbesondere industrieseitig erforderlichen Einigungen herbeizuführen. Hierzu zählt insbesondere auch die Konsolidierung der deutschen Landsystemindustrie.
3. dabei sicherzustellen, dass die Partnerstaaten und ihre Industrien auf Augenhöhe miteinander kooperieren.
4. die bereits ergriffenen Maßnahmen zur (Weiter-)Entwicklung, Herstellung und Verfügbarkeit nationaler Schlüsseltechnologien in und für Deutschland fortzuführen und – wo immer möglich – zu erweitern. Hierzu gehört insbesondere auch die Beteiligung von deutschen Unternehmen an nationalen und internationalen Technologie- und Demonstratorvorhaben. Die Maßnahmen sind dabei ausdrücklich auch auf Projekte und Vorhaben auszuweiten, die in einem inhaltlichen Zusammenhang zu den Vorhaben NGWS/FCAS und MGCS stehen, wodurch Synergieeffekte – insbesondere technologischer und finanzieller Art – erschlossen werden können.
Die konkreten Auswirkungen sind noch unklar – das gilt auch für einen weiteren Beschluss zur Ausstattung der Landstreitkräfte, also im Wesentlichen des Heeres, aus dem Sondervermögen:
Der Haushaltsausschuss fordert die Bundesregierung auf:
1. zügig die geforderte Einsatzbereitschaft der Großverbände des Heeres zu erreichen. Vor allem sind die künftigen Projekte und Vorhaben, die zum Herstellen dieser Fähigkeit beitragen, wie u.a. der Schützenpanzer Rad (in der Nachfolge des Schützenpanzers Marder), das radbasierte Artilleriesystem und der schwere Waffenträger in einem ganzheitlichen Ansatz mit Nachdruck zu verfolgen und bei der Beschaffung so zu priorisieren, dass diese gesichert, im geforderten Umfang sowie schnellstmöglich und damit zeitgerecht zur Erfüllung der gestellten Aufträge für die Landes- und Bündnisverteidigung zulaufen.
2. In diesem Zusammenhang zu prüfen, ob eine Fortführung des 2.Loses PUMA noch Sinn ergibt.
Ob damit eine Beschaffung weiterer Schützenpanzer Puma blockiert wird, ist noch nicht absehbar – allerdings hat der Ausschuss mit der Aufforderung zu prüfen eine vergleichsweise weiche Vorgabe gemacht. Mit diesen so genannten Prüfaufträgen hat das Verteidigungsministerium faktisch mehr Spielraum.
Das gilt auch für einen Beschluss des Ausschusses, der nach Angaben aus Teilnehmerkreisen noch während der laufenden Sitzung quasi entschärft wurde. Aus Koalitionskreisen war der Antrag gestellt worden, die geplante Beschaffung digitaler Funkgeräte nicht wie geplant in einer direkten Vergabe an ein deutsches Unternehmen vorzusehen, sondern diesen Auftrag auszuschreiben:
Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages möge beschließen:
1. Im Rahmen der Digitalisierung Landbasierter Operationen (D-LBO) ist das Vorhaben „Führungsfunkgerät“ analog zum Vorhaben „Soldatenfunkgerät“ auszuschreiben.
2. Im Sinne der bestmöglichen Ausstattung für unsere Soldatinnen und Soldaten gilt es durch den Wettbewerb ein leistungsfähiges Funksystem gemäß dem neuesten Stand der Technik zu beschaffen.
3. Auf die Marktverfügbarkeit und die Interoperabilität mit anderen NATO-Staaten gilt es besonders zu achten. Daher sollte eine offene Plattform zur Implementierung diverser Wellenformen vorausgesetzt werden.
4. Dem Haushaltsausschuss ist vor Vertragsabschluss eine Entscheidungsmatrix vorzulegen. Bis dahin sind die Haushaltsmittel unter dem Kapitel 1405 Anlage 1 Wirtschaftsplan des Sondervermögens (1491) Titelgruppe 03, Titel 554 32 gesperrt.
Nach Intervention von den Verteidigungsexperten der Koalition wurde die Vorgabe, die Beschaffung der Funkgeräte auszuschreiben, in einen Prüfauftrag umgewandelt (die schriftliche Fassung liegt mir noch nicht vor). Die Verteidigungspolitiker, aber auch Ministerium und Bundeswehr hatten davor gewarnt, dass eine solche Ausschreibung weitere ein bis zwei Jahre Verzögerung bedeuten würde – damit wäre unter anderem die Ausstattung einer geplanten modernisierten Heeresdivision bis 2025, deren Funk auch mit NATO-Partnern kompatibel sein muss, praktisch gescheitert.
Ergänzung: Der beschlossene Antrag in der geänderten Fassung:
1. Im Rahmen der Digitalisierung Landbasierter Operationen (D-LBO) ist durch eine Marktsichtung zu prüfen, ob das Vorhaben „Führungsfunkgerät“ analog zum Vorhaben „Soldatenfunkgerät“ ausgeschrieben werden kann. Dies gilt es im Sinne der Wirtschaftlichkeit anzustreben.
a. Dafür muss das BMVg nachweisen, welche zeitlichen Verzögerungen und welche Kostenveränderungen zu erwarten wären, wenn die Ausschreibung analog ausgeführt werden würde.
b. Im Sinne der bestmöglichen Ausstattung für unsere Soldatinnen und Soldaten gilt es ein leistungsfähiges Funksystem gemäß dem neuesten Stand der Technik schnellstmöglich zu beschaffen. Hierbei ist auch eine wettbewerbliche Ausschreibung zu prüfen.
c. Dabei ist auf Marktverfügbarkeit und die Interoperabilität mit anderen NATO-Staaten besonders zu achten. Dafür ist die Prüfung einer offenen Plattform zur Implementierung diverser Wellenformen unverzichtbar.
2. In einem Berichterstattergespräch mit der Bundesministerin der Verteidigung ist den Berichterstattern des Einzelplans 14 schnellstmöglich zu berichten, ob und wie
Punkt 1 dieser Maßgabe erfüllt werden können. Bis dahin sind die Haushaltsmittel unter dem Kapitel 1405 Anlage 1 Wirtschaftsplan des Sondervermögens (1491) Titelgruppe 03, Titel 554 32 gesperrt.
(Archivbild Oktober 2022: Brigadegeneral Andreas Kühne, r., erläutert Bundeskanzler Olaf Scholz bei dessen Besuch auf dem Truppenübungsplatz Bergen ein Funkgerät – Carl Schulze/Bundeswehr)
@obibiber;12.11.2022 um 16:25 Uhr
Mit der letzten Aussage ernten sie keinerlei Beifall im Baltikum, in Polen/der Tschechischen Republik/Slowakei und sonstwo…
Ich weis, nichts persönliches, aber wir verlieren täglich Reputation in diesen und weiteren Ländern. Zum heulen!
Hallo,
ich bin ein interessierter Laie und auch auf die Gefahr hin nicht ernst genommen zu werden möchte ich folgedes anmerken.
Thema:
Die Konzentration auf einzelne Waffengattungen könnte sehr viel effizienter sein als das, was durch immer weitere Diversifizierung gerade mit der BW gemacht wird. Daher halte ich die derzeitigen Ausgabenfelder der Bundeswehr für teilweise verfehlt.
Beispiele:
Das Heer sollte sich primär auf Kampfpanzer und vor allem Boxer konzentrieren. Die Module der Boxer könnten so angepasst werden, daß ein oder mehrere Module Aufklärungsdrohen beinhalten, ein weiteres Modul sollte für die ‚mobile‘ Luftabwehr entwickelt und angeschafft werden (diese extreme Fähigkeitslücke wurde auch hier schon oft angesprochen). Grundsätzlich sollten so viele Boxer angeschafft werden, daß die im Notfall komplette ausrückende Truppe ein Heim im Feld besitzt. Die Umsetzung würde einen extremen Schutz für alle kämpfenden bedeuten (und das sollte immer mit eines der Hauptziele sein) sowie das alltägliche Leben ‚Thema Zelt mit Heizofen – gerade bei Matsch und Schlamm ist das eine Problemlösung von Gestern‘ sehr verbessern, Über das Anschaffungsverhältnis von Transport Boxer, Führungsfahrzeugen sowie Erste Hilfe und Flugabwehr kann man sich gerne konstruktiv auslassen. Der große Vorteil wäre auch eine erheblich gesteigerte Mobilität und Kampfkraft des Heeres.
Auf Artillerieseite würden auch wenige Systeme in größerer Stückzahl, wie die Panzerhaubitze sowie MARS Werfer (bei der nächsten Generation mit erhöhter Reichweite) genügen.
Die Marine ist meiner Meinug nach viel zu aufgebläht. Wird sie gerade auf Druck unserer Freunde dafür aufgerüstet um z.B. im Taiwan Konflikt gegen China anzutreten? Man kann sich die Frage stellen ob es hier nicht eine Diskrepanz zwischen öffentlicher Zielsetzung und Neubeschaffungen gibt. Für die Ostseeverteidigung gäbe es viel bessere Möglichkeiten, worauf hier im Forum auch schon hingewiesen wurde.
Ich bin dagegen, daß überall auf der Welt Flaggen deutscher Kriegsmarine wehen. Grundsätzlich bin ich aber stark dafür unseren Verpflichtungen gegenüber unseren Bündnispartnern auch auf See gerecht zu werden, daher plädiere ich für eine deutliche Vergrößerung der U-Boot Flotte. Das ist etwas, was in Deutschland in sehr gutem Zustand -Up to Date- gebaut werden kann. Das ‚Spiel‘ (ich bitte die Formulierung zu tolerieren) heißt doch immer noch Abschreckung und Effizienz.
Beides kann bei gleichen Budget meiner Meinung nach viel besser durch eine U-Boot Flotte erreicht werden als die neuen Fregatten etc.
Wenn Sie es bis hier her geschafft haben, vielen Dank. Zwei Fragen habe ich noch, warum werden Strukturen, wie beispielsweise der Rammelsberg (sehr großes ehemaliges Bergwerk im Harz mit dutzenden Kilometern ausgebauter Straßen unterhalb der Erde) nicht als neue Nachschublager oder Kommandozentralen ausgebaut / Umgebaut / Zweckentfremdet und, um bei der Einleitung zu bleiben, warum wird sich nicht in der Beschaffung auf relativ flexibel einsetzbare Hauptwaffengattungen konzentriert, die dann auch im Unterstützungsmodus mit anderen Armeen viel mehr Potential aufweisen könnten. Zumal man durch größere Bestellmengen auch sehr vier mehr Material für das gleiche Geld bekommt.
@ JAS: Meinem Kenntnisstand nach ist das dritte Los Korvetten nicht als Flottenaufbau gedacht sondern als Ersatz für das Los 1. Diese werden (würden) bei Zulauf eines Los 3 auch schon in Richunt 25 Jahre als sein, so dass sich die Frage stellt ob man tatsächlich in einen teuren Refit geht oder dann doch lieber 10 Korvetten (Los 2 + 3) hat, die tatsächlich baugleich sind.
@ obibiber: M.E. eine wichtige Erkenntnis. Wir sind mit der NATO- und EU-Osterweiterung vom direkten Frontstaat in eine rückwärtige Lage gerutscht – Frankreich etc. noch viel mehr. D.h. aber auch, dass sich unsere Aufgaben in Teilen verschoben haben. Ob diese Erkenntnis überall willkommen ist, ist sicherlich noch eine andere Frage.
Unzweifelhaft ist, dass wir flexible Kräfte für eine schnelle Unterstüzung der Frontstaaten benötigen, dies wären aus meiner Sicht die geplanten mittleren Kräfte. Die schweren Kräfte werden genauso benötigt werden, aber in der Gesamtgemengelage ggfs. nicht mehr so ausgeprägt wie noch vor 30 Jahren. Die geographische Position von Deutschland in der EU als wesentlicher Logistikhub spielt genauso in den militärischen Überlegungen eine Rolle. Ob von Instandsetzungbetrieb über Krankenhausinfrastruktur etc. Auch diese muss irgendwo sinnvoll vorgehalten werden = nur Kampftruppen ohne Unterstützung bringt nicht viel. Und da sind wir in Europa sehr weit vorne.
Was mir in der gesamten Debatte viel zu kurz kommt ist die Frage, was eigentlich die benötigte Technik der Zukunft ist. Der Ukrainekrieg zeigt sehr eindeutig die Wirksamkeit von Drohnen auf dem Wasser und in der Luft – auf der Landebene ist noch nicht viel zu sehen. Hier fehlt m.E. von Deutschland (und vielen weiteren Teilen der NATO) eine klar Idee, wie man eigentlich weitermachen will.
Konkrekt: benötigt die Marine in ihrer aktuellen Ausprägung tatsächlich noch die F126 Nr. 5 und Nr. 6, oder sollten wir nicht lieber versuchen, um die Hochwerteinheiten Drohnenflotten zu schaffen, die aufklären, jagen und schützen können? Und muss das Heer der Zukunft tatsächlich noch einen Kampfhubschrauber wie den Tiger oder Apache vorhalten? Oder setzen wir lieber auf hochflexible Drohnen?
@Flying Tiger
Ja die Nebelkerze mit dem Ersatz des Loses kenn ich auch. So eine Schiffshülle ist für 30-50 Jahre ausgelegt und auch nur so wirtschaftlich. Die Marine findet es vielleicht ne ganz dufte Idee das 1. Los dann nach ähm…. teilweise 15 Jahren zu ersetzen, das ist aber wirklich Unfug – und das wird sie auch nicht tun. Man wird das heute aufschreiben um die Verträge für das 3. Los zu bekommen um dann in der Bauzeit den Weiterbetrieb des ersten Loses „auszuloten“.
Letztlich ist aber auch „3. Los ersetzt 1.Los“ eben eine Nebelkerze. Die Marine kann 7 Korvetten konzeptionell herleiten – nicht 8 und nicht 6 – schon garnicht 10 oder 15.
Und zur Wirtschaftlichkeit. Das Retrofit kostet NIE mehr als ein neues Los – da sind oft andere Dinge ausschlaggebend. Und die Ablage zwischen 1. und 2. Los ist nicht so groß wie hier viele tun. Das wird schon krass aufgebauscht.
Letztlich muss man aber festhalten: Die Marine beschafft für über 1,2 Milliarden € 3 Korvetten die sie nicht braucht und hätte aber noch gerne für 3 Milliarden 5 weitere. Das sind Opportunitätskosten von 4,2 Milliarden Euro. Wenn sie diese Summe einem Heeresplaner für die Landmobilität in die Hand drücken kriegt der Pipi in den Augen – vorallem kommen sie in den 3 Heeresdivisionen der Vollausstattung näher. 4,2 Milliarden € sind so 450 – 500 Puma Schützenpanzer.
Bang for the Buck und NATO Verpflichtungen erfüllen oder doch lieber Flottenbalett für die Admiralität?
„not under my watch“ so das Credo des InspM – das ist auch ganz nett – aber muss es denn eine Rolex sein? ;) /s
Nachtrag zur K130:
Ich möchte hier nochmal kurz die Abstrusität dieser Entscheidungen für das Waffensystem aufzeigen:
Die K130 ist bie LV/BV nichts anderes als ein Träger für den RBS 15 MK3. Der hat ne Reichweite von >200km (Wiki). Alle andere Waffen sind zur Selbstverteidigung oder im Nah- und Nächstbereich.
Jetzt haben sie als Verteidigungsplaner Ostsee also folgende Optionen:
a) sie packen den RBS 15 Mk3 auf eine 400Mio € teure Plattform mit 65 Px Besatzung einer Kombüse, Lazarett und kleinem Unterkunftsanteil sowie Sportraum um ihn dann irgendwo in der Ostsee abzuschießen
oder
b) sie packen den RBS 15 Mk3 auf einen 40.000€ LKW mit 2-3 Px Besatzung und ner Klimaanlage und können im Bündnisraum Ostsee jedes Ziel mindestens genauso gut, teils erheblich besser (durch größere Tiefe im Raum) treffen.
Denn die K130 schießt den RBS 15 ja niemals auf eigene Sensordaten (Reichweite) und bevor einer mit der Sea Falcon kommt – ja mhh also … äh die wär auch um den Faktor 100 günstiger von Land aus zu betreiben und liefert mir die gleichen Zieldaten. Die Ostsee (zumindest Überwasser) wird jetzt und in Zukunft durch unbemannte Aufklärung und stationäre Aufklärung mit großer Reichweite überwacht und mit Effektoren von Land aus bekämpft. Eine K130 so wie sie die Marine fährt ist eine sehr teure und ineffiziente Lösung für ein überschaubares Problem.
Und abschließend – ja die K130 kann auch Minen legen – aber das kann jeder. Jedes Fischerboot kann das. Die gibts auch für weniger Geld übrigens.
@Flying-Tiger „…aktuellen Ausprägung tatsächlich noch die F126 Nr. 5 und Nr. 6,“
Schönes Zerstörerschiff- 10500 tonnen. Аber ohne 96 Мk41 VLS es ist rausgeworfenes Geld. (IMHO) Ich beneide Sie… Für diesen Preis- „der Reichtum ist wirklich der Unterschied“.
@ Flying-Tiger
Die Frage, die sich mir bei einem dritten Los der Korvetten stellt:
Ist das Design nach 2 Jahrzehnten überhaupt noch so zeitgemäß, dass man nach 10 Schiffen noch weitere bauen möchte?
Ich vermisse etwas die Highlights…Stealth, hohe Geschwindigkeit, etc…
Vielleicht sollten wir uns lieber an die Schweden hängen und dort die neuen vergrößerten Visby-Korvetten als Ergänzung unserer 10 Korvetten beschaffen. Vielleicht lassen die Schweden sich auf einen Lizenzbau auf deutschen Werften ein?
Nur so ein Gedanke.
@Jas
Ich stimme Ihnen zu. Die Überlebenszeit größerer Überwassereinheiten – ich zähle die K 130 dazu – ist in der Ostsee eher kurz. A2/AD geht auch von russischer Seite aus wenngleich die NATO bzw. die EU dabei im Vorteil ist. Zumindest Kaliningrad müßte eben sehr schnell neutralisiert werden.
Zur Klarstellung: ich fordere kein 3. Los Korvetten. Ich halte diese für technisch überholt und deutlich unterbewaffnet. Aus meiner Sicht fahren wir aktuell viel zu sehr ein reines Hochwertkonzept ohne Redundanzen etc.
Aus meiner Sicht benötigen wir eine Anzahl an schweren Führungsschiffen mit sehr hoher Überlebensfähigkeit, die im Verbund mit mehreren modularen Einheiten agieren und diese vor allem steuern. Basis können dafür vom Design Hybride aus Korvetten und Plattformversorgern sein. Wesentlich muss sein, dass der Schiffskörper identisch ist und nur das Payload Area einsatzbezogen ausgerüstet wird. Von einer schwimmenden RAm/SAM-Plattform über eine Mininejagd/legeplattform, Aufklärungsmodul, Werkstattschiff,…
Nicht das Schiff ist die teure Plattform sondern die Missionsmodule. 20+ identische Plattformen sind schnell gebaut, vor allem kostengünstig. Die Missionsmodule werden auf Containerbasis gefertigt und können damit in jedem Seehafen aufgesetzt werden. Auch eine Frage der Redundanz. Damit ist es vor allem möglich, Änderungen der Technik schnell umsetzen zu können, anders als heute.
@Thomas Melber, @Jas: Man kann und sollte sicherlich über die Kampf- und Standkraft der K130 reden. Da setzt sicher die Sa’ar-6-Klasse den Maßstab in dieser Größenordnung. Dennoch gehören diese Korvetten zu den wenigen Mitteln, die wir zügig und mit Wirkung zur Unterstützung von Finnland und Estland (Stichwort finnischer Meerbusen) in Bewegung setzen können. Die beschriebenen Landsystem in Polen, Schweden, etc. helfen da wenig. Wenn man Ihrer Argumentation folgt, müssten wir mit der Bundeswehr dauerhaft ein Äquivalent an Bodentruppen in den beiden Staaten stationieren. Dar wäre dort wahrscheinlich wirklich effektiver. Auf der anderen Seite aber ausschließlich dort. Das kurzfristige Einsatzszenario für die Korvetten ist da doch wesentlich größer und flexibler. Wenn man auch diesen Aspekt landgestützt abdecken wollte, müsste man gleich auch noch taktischen See- oder Lufttransport für die landbasierten Einheiten beschaffen und stationieren…….
die Diskussion bzgl 3. Los K130 ist am Ende hoffentlich ein Randthema… und einfach ein Beispiel dafür wie unnötig Geld in der Bundeswehr verbrannt wird.
Eine K130 für 800 Mio € wäre absoluter Wahnsinn… im negativen Sinne.
Die Marine muss auch auf einen ausgewogenen Fähigkeiten Mix achten… genau wie das Heer
bei der Marine besteht die Mischung dann aus großen Fregatten, Korvetten, U-Booten, Versorgern und vllt mal wieder Schnellboote. Nur das eine oder andere wäre unausgewogen und schlecht.
Große schwere Fregatten bringen mir in Nord und Ostsee recht wenig.
Kleine Korvetten oder Schnellboote bringen in Übersee nichts und können nicht ausreichend Effektoren tragen.
@Flying Tiger
„Unzweifelhaft ist, dass wir flexible Kräfte für eine schnelle Unterstüzung der Frontstaaten benötigen, dies wären aus meiner Sicht die geplanten mittleren Kräfte. Die schweren Kräfte werden genauso benötigt werden, aber in der Gesamtgemengelage ggfs. nicht mehr so ausgeprägt wie noch vor 30 Jahren. Die geographische Position von Deutschland in der EU als wesentlicher Logistikhub spielt genauso in den militärischen Überlegungen eine Rolle. Ob von Instandsetzungbetrieb über Krankenhausinfrastruktur etc. Auch diese muss irgendwo sinnvoll vorgehalten werden = nur Kampftruppen ohne Unterstützung bringt nicht viel. Und da sind wir in Europa sehr weit vorne.“
genau DAS war meine Intention.
im kalten Krieg hat es Sinn gemacht dass Deutschland als vorderster Frontstaat in Massen schwere Divisionen bereithält…deswegen plant Polen aktuell auch in diese Richtung…. in den 2020ern sieht es aber so aus dass wir hier mindestens 1-2 Reihen nach hinten gerückt sind.
Deutschland ist zentraler Logistik Hub für die NATO und EU -> also muss man hier Fähigkeiten vorhalten.
Man benötigt Kräfte die im K-Fall schnell an die Außengrenzen verlegt werden können… und hier schnell wirksam unterstützen können…. genau dafür sind die mittleren Kräfte bestens geeignet…
ich hoffe hier zwar dass man den Schwerpunkt innerhalb der mittleren Kräfte weiter in Richtung Artillerie und SHORAD verlegen wird (Lehren aus Ukraine Krieg)… aber die Grundausrichtung ist richtig.
Beim Boxer als zentralem Fähigkeitsträger muss man ja auch fast schon von „schweren“ mittleren Kräften reden… da er beinahe die gleiche Schutzklasse wie ein PUMA Stufe A aufweist.
Losgelöst benötigt man aber auch weiterhin schwere Kräfte… und hier ist und bleibt Deutschland führend und man ist schon recht gut ausgestattet.
@Nachhaltig
Apropos… Korvette INS „Oz“ in Betrieb genommen. Nach Abschluss, vor allen anderen. Oberflächenschiff kann „to show the flag“ und Angriffe zu verhindern, und andere nicht. Wichtige strategische Vorteile… Regards.
Ich finde es ja schön, dass wir binnen weniger Jahre die Munitionsbestände auf 30 Standardkampftage erhöhen wollen. Aber mir stellt sich die Frage, wo diese Munition gelagert und instandgehalten werden soll.
Die verbliebenen Munitionslager sind nämlich voll! Selbst wenn man jetzt noch die Altmunition, die auf Entsorgung wartet (und etwa 8 – 10% der verfügbaren Lagerfläche belegt) schnell vom Hof bekäme, würde das die Depots nur gerinfügig entlasten.
Die Wiederinbetriebnahme geschlossener MunDepots ist z.T. nicht mehr möglich bzw. mit erheblichen Hürden verbunden. In der Pfalz wird das gerade sehr deutlich.
Ebenso wird der Neubau von Lagerhäusern in den bestehenden Depots erheblich länger dauern als die Munitionsbeschaffung – der BwInfrastrukturprozess dauert derzeit etwa 10 – 12 Jahre, was u.a. der Bearbeitungskapazität der Landesbauverwaltung geschuldet ist….
Also wird sich die neubeschaffte Munition wohl bei der Industrie stapeln, bis die Bundeswehr in der Lage ist, diese einzulagern und instandzuhalten.