Merkposten Mali: Die Briten gehen bei MINUSMA vorzeitig raus (Ergänzung: Elfenbeinküste)

Großbritannien beendet vorzeitig sein Engagement in der UN-Friedensmission MINUSMA in Mali und zieht seine Truppen, vor allem Aufklärer, aus dem westafrikanischen Land ab. Als Grund nannte die Regierung in London die anhaltenden Schikanen der Übergangsregierung Malis, die engere Bindung an Russland und den Einsatz russischer Söldner. Deutschland will bis zum Jahresende über den weiteren Einsatz der Bundeswehr in Mali entscheiden.

Den Beschluss zum Abzug erläuterte der Staatssekretär im britischen Verteidigungsministerium, der Minister for the Armed Forces James Heappey, am (heutigen) Montag vor dem Parlament:

West Africa is an important region for the United Kingdom and our allies across Europe. And the UK is strongly committed to supporting the UN to deliver its peacekeeping commitments around the world. That is why since 2018 we had been supporting the French-led counter-terrorism mission in Mali with CH-47 Chinook helicopters under operation BARKHANE and more recently, since 2020, through the deployment of a Long Range Reconnaissance Group as part of the UN’s MINUSMA peacekeeping mission.
The House will be aware, however, that in February, President Macron announced the drawdown of French troops in Mali and was joined in that announcement by all other European nations, as well as Canada, that were contributing to the French-led Operations BARKHANE and TAKUBA. In March, Sweden announced that it would be leaving the UN’s MINUSMA mission.
Today, Mr Speaker, I can announce that the UK contingent will also now be leaving the MINUSMA mission earlier than planned.
Mr Speaker, we should be clear that responsibility for all of this sits in Bamako. Two coups in three years have undermined international efforts to advance peace. On my most recent visit last November, I met with the Malian Defence Minister and implored him to see the huge value of the French-led international effort in his country.
However, soon afterwards, the Malian Government began working with the Russian mercenary group Wagner and actively sought to interfere with the work of both the French-led and UN missions. The Wagner group is linked to mass human rights abuses. The Malian government’s partnership with Wagner group is counterproductive to lasting stability and security in their region.
Mr Speaker, this Government cannot deploy our nation’s military to provide security when the host country’s Government is not willing to work with us to deliver lasting stability and security.
However, our commitment to West Africa and the important work of the UN is undiminished. We’ve been working closely with our allies to consider options for rebalancing our deployment alongside France, the EU and other like-minded allies. On Monday and Tuesday next week, Mr Speaker, I will join colleagues from across Europe and West Africa in Accra to co-ordinate our renewed response to instability in the Sahel. (…)
Mr Speaker, we will of course co-ordinate with allies as we drawdown from Gao and have been sharing our plans with them over recent months. The Army will be issuing orders imminently to reconfigure the next deployment to drawdown our presence. We are leaving the MINUSMA mission earlier than planned and are, of course, saddened by the way the Government in Bamako has made it so difficult for well-meaning nations to remain there.
The work of our troops has been outstanding, and they should be proud of what they’ve achieved there. But through the Chilcott Report and our wider experience in Iraq and Afghanistan, we – like so many allies – are clear that the military instrument should not be deployed on counterinsurgency or countering violent extremism missions unless there is a clear and compelling commitment towards political progress.

Ein genaues Abzugsdatum nannte Heappey in seinem Statement zwar nicht, aber die Richtung ist klar: Die (west)europäischen Nationen mit größeren Truppenteilen ziehen sich aus MINUSMA zurück. Das militärische Oberkommando der Mission hat bislang der niederländische Generalleutnant Kees Matthijssen, dessen Amtszeit demnächst abläuft – die niederländischen Truppen haben Mali schon länger verlassen.

Damit wird für Deutschland die Frage um so drängender, wie es mit dem Engagement der Bundeswehr in dem westafrikanischen Land weitergeht: Die von der britischen Regierung angeführten Gründe, insbesondere die engere Bindung Malis an Russland, gelten  ja auch für die Sicht der Bundesregierung. Bundeskanzler Olaf Scholz hatte im September zugesagt, dass bis Jahresende eine Entscheidung über das weitere deutsche Verbleiben in Mali getroffen werde. Im jüngsten Beschluss des Bundestages zur MINUSMA-Mission im Mai ist dafür ausdrücklich eine Ausstiegsklausel enthalten.

Allerdings würde selbst ein Beschluss zum Abzug nicht ein sofortiges Ende der deutschen Mission bedeuten, in der derzeit gut 1.100 deutsche Soldat*innen eingesetzt sind, als letztes größeres europäisches Kontingent: Das Re-deployment, der Abzug des über die vergangenen rund zehn Jahre in Mali installierte und eingesetzte Material, würde sich über längere Zeit hinziehen. Unklar ist auch, was aus der deutschen Zusage an die Vereinten Nationen wird, bis 2024 Transporthubschrauber für MINUSMA zur Verfügung zu stellen.

Darüber hinaus befürchtet vor allem das Auswärtige Amt, dass ein Abzug des letzten großen europäischen Kontigents die UN-Mission insgesamt gefährdet und damit eine weitere Destabilisierung der Sahel-Region droht. Das würde auch durch ein verstärktes Engagement im benachbarten Niger nicht aufgefangen, wo die Europäische Union eine neue Mission erwägt.

Ergänzung fürs Archiv: In einem am 15. November bekannt gewordenen Schreiben kündigte die Elfenbeinküste (Côte d’Ivoire) ebenfalls den Abzug ihrer Soldaten und Polizisten aus MINUSMA an – nicht direkt überraschend, da ein Teil der aktuellen Spannungen zwischen der malischen Regierung und den an der UN-Mission beteiligten Staaten durch die Festnahme von 49 Soldat*innen aus diesem Land in Mali befeuert worden war.

Das Schreiben der UN-Vertretung der Elfenbeinküste an die Abteilung für Friedensmissionen:

Im Auftrag der Regierung der Republik Côte d’Ivoire bestätigt die Ständige Vertretung den Beschluss zum schrittweisen Abzug des ivorischen Militär- und Polizeipersonals, das bei der Integrierten Multidimensionalen Stabilisierungsmission der Vereinten Nationen in Mali (MINUSMA) eingesetzt ist, wie am 28. Oktober 2022 von dem stellvertretenden Minister Léon Kacou ADOM bei seinem Gespräch mit dem stellvertretenden Generalsekretär für Friedensoperationen, Herrn Jean-Pierre LACROIX, angekündigt wurde.
Infolgedessen können die Ablösung der in Mopti stationierten Schutzkompanie sowie die Entsendung der Offiziere des Generalstabs (MSO) und der Polizeioffiziere (IPO), die für Oktober bzw. November 2022 vorgesehen waren, nicht mehr durchgeführt werden. Ebenso plant Côte d’Ivoire nicht, die Soldaten und anderen Elemente der MINUSMA-Truppe im August 2023 abzulösen.
Die ivorische Regierung wäre daher dankbar, wenn die Abteilung für Friedensoperationen (DPO) geeignete Vorkehrungen für die sofortige Umsetzung dieses Beschlusses treffen würde.
Die ivorische Regierung stimmt dem von der DPO vorgeschlagenen Plan für einen geordneten und sicheren Abzug zu und möchte der DPO versichern, dass sie sich weiterhin für den Frieden einsetzen will. In diesem Zusammenhang ist sie bereit, die aus Mali abgezogenen Truppen in andere friedenserhaltende Missionen der Vereinten Nationen zu verlegen.
(Übersetzt mit deepl.com)

(Archivbild Juni 2022: Britische Soldaten der Long Range Reconnaissance Group (LRRG) Mali bei einer gemeinsamen Übung mit deutschen Soldaten und einem NH90-Hubschrauber der Bundeswehr in Gao – Sgt Luke Johnston/UK MOD/Crown copyright 2022 under Open Government License)