Bundeswehrsoldaten reisten wegen „nicht vollständiger Dokumente“ nicht aus Mali aus (Neufassung, mit Ergänzungen)

Eine gescheiterte Ausreise von Bundeswehrsoldaten aus Mali war offensichtlich auf unvollständige Dokumente bei den deutschen Soldatinnen und Soldaten zurückzuführen, nicht auf eine Entscheidung der malischen Behörden. Das teilte das Einsatzführungskommando der Bundeswehr mit. Zuvor hatte  es Verwirrung um ein angebliches Ausreiseverbot gegeben.

Die Deutsche Presse-Agentur hatte am (heutigen) Freitag unter Berufung auf das Verteidigungsministerium in Berlin berichtet, acht deutsche Soldaten im Einsatz bei der UN-Mission MINUSMA in dem westafrikanischen Land seien am (gestrigen) Donnerstag von den malischen Behörden an der Ausreise gehindert worden:

Im westafrikanischen Krisenstaat Mali haben die Behörden acht deutsche Soldaten an der Ausreise gehindert. Die Angehörigen der Bundeswehr konnten deshalb am Donnerstag einen bereits gebuchten Flug mit einer zivilen Fluggesellschaft nicht antreten, wie am Freitag in Berlin aus Kreisen des Verteidigungsministeriums bekannt wurde. Das Vorgehen werde als Schikane bewertet. Mit Verweis auf angeblich fehlende Unterlagen würden Schwierigkeiten gemacht, hieß es.

Die Meldung stieß vor allem deswegen auf besondere Aufmerksamkeit, weil das malische Außenministerium ebenfalls am Donnerstag mitgeteilt hatte, alle Rotationen von Militär- und Polizeikontingenten der MINUSMA, einschließlich der bereits geplanten oder angekündigten, auszusetzen. Die Festlegung folgte einer Auseinandersetzung der Regierung in Bamako mit den UN und anderen im Rahmen der Vereinten Nationen im Land tätigen Staaten, nachdem Soldaten der Elfenbeinküste bei der Einreise am vergangenen Sonntag als angebliche Söldner festgenommen worden waren.

Nachdem bereits Ministeriumssprecher Christian Thiels erklärt hatte, dass es sich bei der Meldung über die verbotene Ausreise um einen Irrtum handele, erklärte das Einsatzführungskommando der Bundeswehr am Freitagnachmittag, nicht vollständige Reisedokumente der Deutschen seien ausschlaggebend gewesen:

Die malischen Behörden seien daran nicht beteiligt gewesen, sagte ein Sprecher des Einsatzführungskommandos. Es sei eine Entscheidung der deutschen Seite gewesen, die gebuchte Ausreise zu verschieben. Um welche nicht vollständigen Reisedokumente es sich handelte, sagte er nicht.

Zur Ergänzung, auch wenn es mit den Spannungen zwischen der malischen Regierung und MINUSMA nicht zu tun hat: Wie die UN-Mission erst am heutigen Freitag mitteilte, wurden bereits am 6. Juli schwedische Soldaten im MINUSMA-Einsatz bei einer Patrouille in der Umgebung von Gao von Unbekannten angegriffen. Sie hätten das Feuer erwidert; es gab keine Verwundeten unter den Schweden.

Ergänzung 2: Die Einschätzung des Vertreters der Konrad-Adenauer-Stiftung in Bamako, Ulf Laessing, zur zukünftigen Position Deutschlands in Mali ist lesenswert:

This week, Germany was thrown for the first time in the public fireline of tensions between Mali and the U.N. mission MINUSMA. A taste of what lies ahead for Berlin in the coming months ? A thread. Image
Germany usually has strong relations with Bamako having recognised Mali first. But this does not seem to count much more. With „enemy No 1“ France leaving Germany becomes more visible being now the largest Western MINUSMA contributor as ties between Bamako and the mission worsen
2 Mali’s arrest of 49 Ivoirians working as guards at a U.N. base suddenly put Germany in the spotlight though this is not a German base and is used as well by others nations at Bamako airport.
3. The base is serviced by a company that was supposedly once run by a former German officer.
4. Then German defence minister Christine Lambrecht turned up the heat by denouncing the Ivorians‘ arrest. This was the only comment by a Western official on the spot between Mali and Cote D’Ivoire.
5. As a result Lambrecht (including her pix) made it to the front pages of Malian newspapers. This was exactly the kind of public escalation we have seen between France and Mali which hastened the French pullout.
6. Germany is boosting its mission to up to 1400 soldiers to help offset the French retreat by adding more guards for the Gao base and expanding medical services. They also provide power, food and intel for MINUSMA.
7. Germany is not sending soldiers on dangerous patrols like African misisons but its contribution is key for the mission as a whole. Other Western countries such as Brits or Canadians would probably leave should Berlin call it a day.
8. German officers I spoke to have been concerned that after the French pullout (Russians ?) trolls on social media focus more on more on MINUSMA. That leaves Germany very much exposed.
9. The biggest challenge for Germany to continue its MINUSMA mission is the question who will manage Gao airport. The French man the tower until their exit in August. Having 24h access is key for Germans to evacuate wounded etc.
10. A German nightmare event would be if the Russians move into Gao like at other former French bases – will flights be limited and how to secure the huge camp at Gao airport of which the French were part ? There are joint patrols to secure it but what if the Russians show up ?
11. Malis main security partner Russia has expanded from the center, where they joined an army offensive against jihadists, to the north. They have been sighted at least three locations including Menaka east of Gao.

Ergänzung 3: Bislang nur als Meldung hinter Paywall bei Jeune Afrique, aber dennoch interessant: Angeblich plant Ägypten nach mehreren Gefallenen im MINUSMA-Einsatz einen – zeitweisen? – Abzug aus dieser Mission.

Nachtrag: Die ägyptische Entscheidung wurde von den Vereinten Nationen offiziell bestätigt, wie Reuters berichtet:

Egypt has told the United Nations it will temporarily suspend the activities of its contingent in a Mali peacekeeping mission, citing increased attacks on its peacekeepers who escort convoys supplying U.N. bases, a U.N. spokesperson said on Friday.
The attacks have caused the death of seven Egyptian soldiers since the beginning of the year.
„We have been informed that as a result, the Egyptian contingent will temporarily suspend its activities within MINUSMA as of August 15,“ the spokesperson said.

Und noch eine Ergänzung vom 19. Juli (damit das nicht untergeht): Mit Stand 18. Juli teilte der Generalstaatsanwalt mit, dass er ein Verfahren wegen der (gegen die?) festgenommenen 49 Soldaten der Elfenbeinküste eingeleitet habe:

Der Generalstaatsanwalt beim Berufungsgericht Bamako teilt der nationalen und internationalen Öffentlichkeit mit, dass er nach der Festnahme von neunundvierzig (49) Soldaten ivorischer Nationalität am Sonntag, dem 10. Juli 2022, am internationalen Flughafen Präsident Modibo KEITA Senou die Einleitung einer gerichtlichen Untersuchung angeordnet hat, um die Angelegenheit vollständig aufzuklären.
Der Fortgang der Ermittlungen wird Gegenstand aller späteren sachdienlichen Mitteilungen sein.
(Übersetzt mit deepl.com)

Die Mitteilung im Original:

(Foto: Ein Eagle-Transportfahrzeug der Bundeswehr bei Gao/Mali im Juni 2022 – Jan Röllig/Bundeswehr)