F-35 als möglicher Tornado-Nachfolger? Keine Antwort nicht vom Verteidigungsministerium
Nach der Meldung vom Wochenende, das Verteidigungsministerium prüfe nun (erneut) eine Beschaffung des US-Kampfjets F-35 als möglichen Nachfolger für den betagten Tornado, gab’s unter Interessierten eine gewisse Aufregung – in Deutschland, aber aus offensichtlichen Gründen auch in Frankreich. Die Bundesregierung möchte allerdings dazu sozusagen gar nichts sagen.
Zur Dokumentation ohne weitere Amerkung die Fragen und Antworten dazu in der Bundespressekonferenz am (heutigen) Montag, mit den Aussagen von Ministeriumssprecher Oberst Arne Collatz und einer Bemerkung der stellvertretenden Regierungssprecherin Christine Hoffmann:
Vorsitzender Szent-Iványi: Dann habe ich zwei Online-Fragen zur Tornado-Nachfolge beziehungsweise zu bewaffneten Drohnen an das Verteidigungsministerium. Es gab offenbar ein Gespräch zwischen dem Verteidigungsministerium und dem Bundeskanzler zu den beiden Themen. Bevorzugt der Bundeskanzler in Sachen der Tornado-Nachfolge eine europäische Lösung? Wie soll die idealerweise aussehen? Welcher Zeitplan schwebte dem Bundeskanzler für den Beschluss zur Bewaffnung von Drohnen der Bundeswehr vor?
Ich füge eine Frage von einem Kollegen an das BMVg an, auch zur Tornado-Nachfolge: Inwieweit wird die erneute Prüfung infrage kommender Flugzeugmuster drei Jahre nach der Auswahlentscheidung des BMVg die Entscheidung über die Tornado-Nachfolge verzögern?
Collatz: Soll ich einsteigen? Sehr gerne. – Zu internen Gesprächen innerhalb der Regierung sage ich natürlich nichts. Die Position des BMVg zur Tornado-Nachfolge ist auch mehrfach an dieser Stelle angesprochen worden. Dazu gibt es nichts Neues zu berichten. Ich verweise auch auf das Interview mit Ministerin Lambrecht vom 19. Dezember. Die Aussagen dazu sind eindeutig und können auch die Fragen genau wie gestellt beantworten.
Hoffmann: Ich kann nichts hinzufügen, außer auf das zu verweisen, was im Koalitionsvertrag steht, und darauf, dass die Beratungen eben noch nicht abgeschlossen sind.
Frage: Sie sagen, es gäbe nichts Neues zu berichten, Herr Collatz. Aber darum geht es doch jetzt. Möchten Sie dementieren, dass die F-35 jetzt wieder als Alternative in der Diskussion ist?
Collatz: Die öffentliche Diskussion kann ich natürlich nicht dementieren. Die Position des Hauses ist unverändert und so, wie sie die Ministerin am 19. Dezember öffentlich geäußert hat.
Zusatz: Die alte Position war, dass die F-35 nicht mehr eine Alternative ist.
Collatz: Unverändert.
Ergänzung: Die entsprechende Passage in dem von Collatz angesprochenen Interview von Verteidigungsministerin Christine Lambrecht in der Bild am Sonntag vom 19. Dezember 2021:
Ich werde alle Optionen abwägen. Beim Eurofighter müssen wir klären, ob und wie schnell ihn die USA für atomare Waffen zertifizieren würden. Wir tun gut daran, auch eine europäische Lösung ganz konsequent zu prüfen.
@SvD: Vielen Dank. Freut mich und kenn ich. Dann hab ich Sie doch richtig verstanden. Ein kühner Vorschlag, den ich aber auch unterstützen würde. Hier entstünde auf jeden Fall ein Mehrwert, also über die eigentliche Tornado-Nachfolge hinaus.
Ihre Skepsis zur F-35 teile ich unbedingt. Den Synergieeffekt mit anderen europäischen Partnern erkenne ich hier vor allem in „geteiltes Leid ist halbes Leid“. ‚tschuldigung @Realist und andere Verfechter.
Aber leztendlich ahnen wir ja schon, wie es ausgehen wird. Aus dem Radio trällert es dann Helge Schneiders „Sei nicht traurig kleiner Meisenmann, das nicht immer alles so seien kann…“
@Realist:
Die Israelis scheinen sich mit zusätzlichen Tanks und Hardpoints zu beschäftigen, in der Tat. Da sind sie nicht die ersten und im Vorbeigehen passiert das auch nicht, ist wohl etwas komplexer.
Artikel dazu:
https://theaviationist.com/2021/04/25/f-35i-fuel-tanks/
@ SvD Danke, einige Aspekte waren mir unbekannt, andere auf Standby, wie z. B. die Sauerstoffversorgung, welche offenbar immer noch nicht gelöst ist. Meine Argumentation basierte eher auf dem Prinzip Hoffnung, als auf realen Fakten. Es gibt durch jahrelanges politisches Versagen einfach keine wirklichen Alternativen. Egal was am Ende bestellt wird, es wird ein Kompromiss sein. Eine richtige Lose-Lose oder No-Win Situation. Die politisch Verantwortlichen haben ja nie die Führung im EF-Programm übernommen und jetzt haben wir ein halbgares Kampfflugzeug, welches unter seinen Möglichkeiten zurück bleibt und allein schon aufgrund des Zeitfensters, welches noch zur Verfügung steht, nur schwer die geforderten Fähigkeiten erhalten kann. Aber auch hier meine Frage, wie Fähigkeiten aufbauen, wenn man die nicht beauftragt? Schon der Versuch, ohne 5.Generation, von der 4.5 auf 6. Generation zu gehen – mit den bisherigen Erfahrungen mit Airbus, ist eher gewagt. Das ist aber auch ein Charaktertest für Europa. Wollen wir unabhängig bleiben/werden, oder wird in Zukunft die schwierige Technik in Übersee gekauft? Da ist, als überzeugter Europäer und Kooperations Befürworter, meine Meinung eindeutig. Und diese Meinung kostet und zwar viel. Aber das ist es mir wert, denn die europäische ist eine Erfolgsgeschichte, auch wenn es wachsende Probleme an den Rändern gibt. Die Lösung auf politischer Seite ist einfach, man muß die beteiligten Firmen einnorden, allen voran Airbus. Die sind in der Pflicht zu liefern. Punkt.
Ich bin ein Fan der A-10, sehe sie aber nicht in Europa, oder gar in BW Diensten. Alles was sie zur A-10 gesagt haben stimmt, inklusive des Bedarfs in Europa und Deutschland. Für die bisherigen Szenarien, Afghanistan und Terrorismusbekämpfung gibt es ja Alternativen, Texan II, A-29, Textron Scorpion… Bisher werden sie nur als ‚Billig – Erdkämpfer‘ in Afrika eingesetzt, oder sind noch in der Erprobung (z. B. Scorpion, private Entwicklung des Herstellers, kein Vertrag). Lustigerweise hatten wir ja mit dem Alpha Jet bereits einen Erdkämpfer im Bestand, na ja. Vielleicht sollte wir mal in Süd Korea vorbei schauen, die bauen ja eine ‚Billig Variante‘ der F-35, Stealthzelle mit den Triebwerken der F/A-18 und ohne interne Waffenbucht. Irgendwie verstehe die Truppe dort nicht…
bzgl A10:
ich erinnere mich ganz grob an einen Artikel der Flugrevue (ich glaube es war Flugrevue) Mitte/Ender der 80iger in dem dieses Frage schon mal betrachtet wurde (lang ist es her).
Anstatt einer A10 oder einer entsprechenden Eigenentwicklung wollte die BW diese Aufgabe mit Helikoptern lösen.
Man ging wohl davon aus so gut wie keine Startbahnen mehr zur Verfügung zu haben, zumindest frontnah.
Hat ja richtig gut geklappt aber ob das zu einem Umdenken führt?
Und hinterher ist man immer schlauer.
@daywalker
Die Leistung von Lockheed Martin hat keine Konsequenzen, im Gegenteil. Mehr noch als bei Airbus wird weiter gekauft. Die Ministerin hat der Welt ein Interview gegeben, in dem was zur F-35 drin stehen soll. Ich hab da allerdings kein Abo.
Bei FCAS sehe ich auch ein großes Problem, wir haben zu wenig geforscht. Das tun wir immer. In den USA laufen Grundlagenforschungsprogramme. Früher waren es sehr viele. Dieses Wissen fehlt uns in Europa und wir fangen erst mit der Forschung an, wenn der baldige Zulauf eines Systems erwartet wird…
@Hier und da
Damals hat man auch den Bedarf für einen richtigen Kampfhubschrauber gesehen. Es sollte aber weder eine einfache Bestellung in den USA werden oder eine Kooperation mit Italien. Über 20 Jahre später kam der Tiger an und funktioniert bis heute nicht. Frankreich und Spanien wollen jetzt die 3 Version entwickeln, während Australien schon die Reißleine gezogen hat.
@SvD
danke
@SvD: Sie sagt was sie bisher immer gesagt hat, alle Optionen liegen auf dem Tisch (auch F35), es muss eine fachlich richtige und hochmoderne Lösung sein sowie in den Zeithorizont passen. Ich übersetze das mal: Die Integration in ein neues System dauert mindestens 7 (worst case 15) Jahre, wenn man jetzt beginnt, 2030 soll sie Tornado ablösen. Begonnen werden kann, wenn alle anderen bereits begonnen Integrationen fertig sind. Dann müsste es auch noch technisch überhaupt möglich sein bzw. im noch zur Verfügung stehenden Zeitfenster. Damit fallen einige Optionen raus und eigentlich bleibt nur eine realistische Option.
Das wir in Deutschland zu wenig Forschung betreiben sehe ich nicht. Wir haben nur keinen militärischen Focus, wie die USA. Wir setzen auch zu viel auf internationale Kooperationen und grundfinanzierte Forschung. Da kommt halt nicht viel bei herum. Militärische Add On Forschung ist einfach zu wenig.