Bundeswehr entließ seit 2016 mehr als 200 Rechtsextremisten
Die Bundeswehr hat in den vergangenen sechs Jahren mehr als 200 erkannte Rechtsextremisten aus dem Dienst in den Streitkräften entlassen, den größten Anteil in den ersten neun Monaten des vergangenen Jahres. Seit 2016 wurden zudem 17 islamistische Extremisten und vier Linksextremisten aus dem Dienst entfernt.
Die Zahlen gehen aus der Antwort des Verteidigungsministeriums auf eine Kleine Anfrage der AfD hervor (Bundestagsdrucksache 20/371). Zuvor hatte der Berliner Tagesspiegel darüber berichtet.
Nach der Statistik zählte die Bundeswehr im Bereich Rechtsextremismus im Jahr 2016 fünf Entlassungen. In den Folgejahren stiegen die Zahlen deutlich an: 28 (2017), 30 (2018), 49 (2019) und 35 (2020). Für das Jahr 2021 liegen nach Angaben des Ministeriums bislang nur die Zahlen bis Ende September vor, mit den 57 Entlassenen in diesem Zeitraum summiert sich die Gesamtzahl auf 204. Für die Jahre davor wurden keine Zahlen genannt, da die entsprechenden Daten aufgrund gesetzlicher Fristen gelöscht worden seien.
Im Februar vergangenen Jahres hatte die Koordinierungsstelle für Extremismusverdachtsfälle, die 2019 im Verteidigungsministerium eingerichtet worden war, über eine steigende Zahl rechtsextremistischer Verdachtsfälle in der Truppe berichtet. Für 2020 meldete die Koordinierungsstelle im so genannten
Phänomenbereich Rechtsextremismus 843 Verdachtsfälle in Bearbeitung, 2019 waren es noch 592 gewesen. Neu hinzugekommen waren 2020 insgesamt 477 Fälle in diesem Bereich, nach 363 im Jahr zuvor. Die so genannten Reichsbürger und Selbstverwalter beschäftigen das Amt für den Militärischen Abschirmdienst, auf dessen Informationen die Angaben beruhen, 2020 in 53 Fällen, nach 34 im Jahr zuvor.
Die Verdachtsfälle die Verdachtsfälle in den Bereichen Islamismus, Linksextremismus und Ausländerextremismus machten dagegen nur einen geringen Anteil aus. Der nächste Bericht der Koordinierungsstelle ist für den kommenden Februar vorgesehen.
Endlich mal wieder ein Blogeintrag, der ohne das komplett volldusslige Gendersternchen auskommt. Sehr schön, bitte gerne so beibehalten.
[Tja, Sie müssen jetzt ganz tapfer sein: Natürlich kommt dieser Beitrag ohne Gendern aus, weil es fast ausschließlich Männer sind, diese Rechtsextremen. Keine Sorge, das Sternchen wird hier schon weiter zum Einsatz kommen. T.W.]
Ich kann nicht wirklich einschätzen, ob die Zahlen als hoch oder niedrig zu bewerten sind. Aber ich vermute, dass der Anstieg der Fallzahlen damit zusammenhängt, dass man nun genauer hinguckt, also eine Sensibilisierung stattgefunden hat? Vielleicht wurden auch die Meldewege vereinfacht. Oder mehr Stellen beim MAD geschaffen. Andererseits ist denkbar, dass wir tatsächlich eine Zunahme Rechtsextremer/demokratiefeindlicher Gesinnungen in Deutschland verzeichnen und somit automatisch auch mehr dieser Dumpfbacken bei der BW auftauchen. Interpretiere es insgesamt jedoch als gutes Zeichen, das zeigt, dass man auf die Sorgen der Zivilgesellschaft und die Skandale reagiert und handelt.
an T.W.: danke für die Antwort, hatte ich lso schon erwartet und befürchtet. Aber die Gelegenheit, Sie zu ermuntern, Ihre Meinung zum Sternchen wollte ich mir dann doch entgehen lassen. Denn das Sternchen macht Texte nicht nur einfach hässlich und unleserlich, es halt schlicht und einfach komplett kontraproduktiv. Zementiert Geschlechterstereotype, macht Geschlecht zum Thema, wo es keine Rolle spielen sollte, lässt die präzise deutsche Sprache verarmen und drängt mich als Frau in eine Mimimi-Ecke, in die ich partout nicht rein will.
Wenn ich bösartig wäre, würde ich sagen, dass Sie sich ihr wohliges Gefühl auf der richtigen Seite zu stehen, auf meine Kosten erheischen. Aber ich bin ja lieb, und deshalb gehe ich davon aus, dass sie es gut meinen und halt einfach nur daneben liegen. Das aber halt auch auf meine Kosten, aber da muss ich dann eben ganz stark sein.
C.
[Das Thema Rechtsextremismus hier über die Gender-Seite anzugreifen, sieht schon sehr nach Derailing aus. Das lassen wir hier. T.W.]
@ T.W. Ab wie vielen Frauen wird denn gegendert? Gibt es da eine Quote? Entweder richtig oder gar nicht und nicht solche halbgaren Sachen. Und schön zu sehen, dass wir unsere Kräfte auf Nebenkriegsschauplätzen verschleißen.
[Das sieht langsam nach gezieltem Derailing aus, das Thema Rechtsextremismus über die Gender-Seite anzugreifen. Lassen wir hier einfach. T.W.]
Selbstverständlich finde ich die Maßnahmen zur Bekämpfung extremistischer und verfassungsfeindlicher Umtriebe richtig und wichtig und habe auch, wo immer mich mein(e) Dienstherr(en) eingesetzt haben, diese Aufgabe sehr ernst genommen. Trotzdem bin ich unsicher in der Bewertung der Zahlen in Hinblick auf eine allgemeine „Zunahme des Rechtsextremismus“ in der Truppe. Meiner Beobachtung nach ist es eher so, dass das Phänomen im Alltag und in der Breite zurückgegangen ist, aber – „dank“ digitaler Vernetzung – lokale Cluster entstehen, dann aber auch in Daten nachgewiesen und ausgehoben werden können. Ich erinnere mich noch an einen nervigen Fall aus dem Jahr 1997, wo es trotz aller Maßnahmen nicht gelang, einem Lt.d.R. eine rechtsextremistische Gesinnung gerichtsfest nachzuweisen… Im direkten Vergleich frühe 1990er zu heute sind meiner Beobachtung nach im Alltag z.B. besonders alltagsrassistische, sexistische und ns-verherrlichende Sprüche (nahezu) verschwunden. Sicher auch, weil die Truppe viel diverser geworden ist. Aber: Strukturprobleme / Vorfälle wie beim KSK klammere ich hier ausdrücklich aus. Und ich möchte nicht leugnen, dass die politische Führung ein Identitäts- und Sinnvakuum hat entstehen lassen, dass zu oft mit mangelndem Elan im Führungsverhalten, Vorbild sein und Kümmern bei B3 aufwärts einhergeht…
Die Zahl erklärt sich einerseits aus verstärkter Aufmerksamkeit und andererseits daraus, dass die Innenminister den Kreis der als rechtsextrem eingestuften Organisationen und Aktionsfelder in den vergangenen Jahren deutlich ausgeweitet haben.
Aus der Zahl geht hingegen nicht hervor, dass rechtsextreme Aktivitäten in der Bundeswehr zugenommen haben. Offenbar versuchen die meisten dieser Personen, in der Bundeswehr nicht aufzufallen.
Die Antwort auf die Kleine Anfrage enthält im Übrigen eine Ohrfeige für das BAMAD, wenn es heißt, dass das ZMSBw demnächst eine Studie über „Ursachen, Ausmaß und Einfluss von politischem Extremismus in der Bundeswehr“ durchführen wird. Mit anderen Worten: Die für diese Fragen zuständige Stelle verfügt noch immer nicht über ein belastbares Lagebild, und man erwartet ein solches offenbar auch nicht mehr von ihr.
Aus aktuellem Anlass.
Na denn kann man ja gleich richtig weitermachen. Erste unterbelichtete Promis in Uniform exponieren sich ja schon.
Und da wir schon beim Thema sind. Der Staat sollte sich bitte ganz rasch Gedanken machen wie er mit „ehemaligen“ umgeht, die nach Pensionierung aktiv den Ruf der Truppe schädigen.
Dazu kommt noch das diese, scheinbar geistig unterversorgte, dann auch noch missbrauchen, um ihre Ideologien im Internet und auf der Strasse zu verbreiten!
@D.F.
„Ich kann nicht wirklich einschätzen, ob die Zahlen als hoch oder niedrig zu bewerten sind.“
Als ganz grobe Abschätzung:
Im Verfassungsschutzbericht 2020 werden 13300 Personen dem gewaltbereiten Rechtsextremismus zugeordnet, großzügig gerundet 0,02% der Bevölkerung in Deutschland.
Bei der Bundeswehr sind in den letzten 6 Jahren im Schnitt 33 Personen pro Jahr wegen Rechtsextremismus entfernt worden – bei ca 180000 Soldat:innen macht das gerundet auch 0,02%.
Wenn der Verfassungsschutz für „gewaltbereite Rechtsextremisten“ ähnliche Definitionen anlegt wie die Bundeswehr für „Entlassung wegen Rechtsextremismus“ liegt das im deutschlandweiten Bevölkerungsdurchschnitt.
Wie gesagt, eine grobe Pi-mal-Daumen-Abschätzung, aber die Größenordnung klingt plausibel.
Ich schau mir ab und zu auf der Seite Bundesverwaltungsgerichts die zuletzt bereitgestellten Urteile und Beschlüsse an https://www.bverwg.de/suche?lim=10&start=1&db=e&q=*&dt
mein bisheriger Interessenschwerpunkt bei WDO und WBO waren die Rechtsextremismusfälle, insbesondere beim KSK.
Hier ist ein Urteil bereitgestellt, welches zuvor schon an anderer Stelle veröffentlicht wurde.
https://www.bverwg.de/de/281021B1WRB2.21.0
Nun finde ich den Drogenanbau bei der Bundeswehr interessanter:
„Der frühere Soldat wurde bei Einleitung eines Disziplinarverfahrens wegen des illegalen Betriebs einer Hanfplantage auf dem Kasernengelände am 25. Juni 2018 vorläufig des Dienstes enthoben. Gleichzeitig wurde ihm das Tragen der Uniform verboten. 40 % seiner Dienstbezüge wurden einbehalten. Das Truppendienstgericht hat diese Nebenentscheidungen im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes mit Beschluss vom 20. Dezember 2020 als rechtmäßig bestätigt.“ zitiert aus https://www.bverwg.de/de/160921B2WDB3.21.0
@renke sagt: 14.01.2022 um 22:57 Uhr
„Wenn der Verfassungsschutz für „gewaltbereite Rechtsextremisten“ ähnliche Definitionen anlegt wie die Bundeswehr für „Entlassung wegen Rechtsextremismus“ liegt das im deutschlandweiten Bevölkerungsdurchschnitt.“
Entschuldigen Sie, aber Ihre Systematik halte ich für falsch. Ohne mir jetzt die genauen Definitionen angesehen zu haben ergibt sich für mich aus dem „gewaltbereit“ bereits, dass hier der Verfassungsschutz eine Teilnahme bildet und daher eine engere Definition anlegt. Die beiden Zahlen sind also mEn keinesfalls vergleichbar.
Aber das sollten Sie bitte auch nicht sein, denn ich hoffe doch stark, dass die Bundeswehr als verfassungsdienende und verfassungsschützende Institution weniger Rechtsextremisten aufweist als die Gesamtgesellschaft. Und wenn nicht, dann müssen wir daran arbeiten, dass das so wird.
@renke
Vielen Dank für die Zahlen. Bei den Entlassenen handelt es sich aber nicht nur um Personen, die dem gewaltbereiten Rechtsextremismus zugerechnet wurden, sondern auch dem nichtmilitanten Rechtsextremismus, etwa der „Identitären Bewegung“.. Zahlen über das gesamte Personenpotenzial im Bereich Rechtsextremismus in Deutschland haben Verfassungsschutzbehörden bislang nicht vorgelegt, aber man kann davon ausgehen, dass es deutlich höher liegt. Rechtsextremisten sind den vorliegenden Fakten nach zu urteilen folglich in der Bundeswehr im Vergleich zur allgemeinen Bevölkerung höchstwahrscheinlich stark unterrepräsentiert.
@FB
Vielen Dank für die Erläuterungen. Es ist tatsächlich verwunderlich, dass man nach all den Jahren noch immer nicht genau einschätzen kann, wie groß das Problem des Extremismus in der BW tatsächlich ist.
@renke
Danke für die Einordung. Der Vergleich mit den Daten aus dem Verfassungsschutzbericht ist einleuchtend.
Eine genauere Analyse der tatsächlichen Situation wäre auf jeden Fall auch im Interesse der Allgemeinheit. So ließen sich diverse Berichte über Fälle in der BW auch besser verarbeiten und einordnen.
@L.Friede
„Nun finde ich den Drogenanbau bei der Bundeswehr interessanter:“
Warum, wenn ich fragen darf? Befürchten Sie eine Unterwanderung der Bundeswehr, einen Angriff auf die FDGO durch Gärtner in Flecktarn statt nur Einfach-Grün? Drogenprobleme statt Gendersternchen?
Eine Frage hätte ich, Warum stand bei Rechtsextremismus immer das KSK aber nie das KSM in den Schlagzeilen?
Gibt es da ein anderes Publikum, oder sind die Strukturen anders, bzw. filtert man die Leute dort besser, oder interssiert man sich schlichtweg nicht dafür weil es eh keiner kennt?
(Gelten die KSK Reformen eigentlich auch für das KSM?)
[Hm, die Debatte haben wir bereits im Zusammenhang mit dem KSK ausführlich hier geführt… bitte erstmal dort nachlesen. T.W.]
FB sagt:
14.01.2022 um 20:01 Uhr
„Die Antwort auf die Kleine Anfrage enthält im Übrigen eine Ohrfeige für das BAMAD, wenn es heißt, dass das ZMSBw demnächst eine Studie über „Ursachen, Ausmaß und Einfluss von politischem Extremismus in der Bundeswehr“ durchführen wird.“
Widerspreche. Aus der Anfrage: „Darüber hinaus ist es auch nötig, die Ursachen von Extremismus zu untersuchen. Hierzu führt das Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr eine Studie zu Ursachen, Ausmaß und Einfluss von politischem Extremismus in der Bundeswehr …“
Klingt für mich nach einer wissenschaftlich zu bearbeitenden Fragestellung im Rahmen einer Studie – und damit eher nicht für eine Aufgabe für das BAMAD. Denke, das ist bei den Sozialwissenschaften ganz gut aufgehoben.
@RB sagt: 15.01.2022 um 9:41 Uhr
+1
@D.F. sagt: 15.01.2022 um 10:33 Uhr
„Es ist tatsächlich verwunderlich, dass man nach all den Jahren noch immer nicht genau einschätzen kann, wie groß das Problem des Extremismus in der BW tatsächlich ist.“
Ich denke nicht, dass wir jemals Dinge „genau“ einschätzen werden können. Rechtsextremismus, solange er nicht mit Handlungen einhergeht ist eine Frage der inneren Einstellung und deswegen nicht genau zu beziffern. Erst Recht nicht in einer Organisation die (mit Recht natürlich!) gegen Personen vorgeht, die eine solche Einstellung offenbaren.
Aber insgesamt und als Überblick wissen wir ja doch ziemlich gut wo wir stehen, a) die Zahlen sind geringer (deutlich) als in der Gesamtbevölkerung. Und das ist auch gut so. b) Sie sind natürlich immer noch zu hoch, denn der Anspruch muss ja sein „jeder Verfassungsfeind in der Bw ist einer zu viel“.
@ Koffer
Zitat:
„Aber insgesamt und als Überblick wissen wir ja doch ziemlich gut wo wir stehen, a) die Zahlen sind geringer (deutlich) als in der Gesamtbevölkerung. Und das ist auch gut so. b) Sie sind natürlich immer noch zu hoch, denn der Anspruch muss ja sein „jeder Verfassungsfeind in der Bw ist einer zu viel“.“
Und jeder der die zweifelslos vorhandenen rechtslastigen Kreise in den deutschen Sicherheitsbehörden (Polizei, Verfassungsschutz usw. ), die im Zweifelsfall, sich nicht „mit ihrem gesamten Verhalten für die freiheitliche demokratische Grundordnung einsetzen“ würden, versucht zu relativieren, ist einer zu viel !
@Koffer „Entschuldigen Sie, aber Ihre Systematik halte ich für falsch.“
Es ging mir nicht um eine Gleichsetzung, sondern eine grobe Handreichung als Plausikontrolle (Stichwort Fermi estimate). Aus qualitative Sicht ist einiges im Argen: Das Runterbrechen aus entlassene Personen pro Jahr, kein Einbringen der durchschnittlichen Verweilzeit in der Rechtsextremenszene im Vergleich zur Bundeswehr, die Gleichsetzung der Aufnahme in den Bericht zu Entlassungsgrund, usw usf.
Aber ohne, dass ich dies im Vorfeld wusste, kam bei meiner Abschätzung heraus, dass der Rechtsextremismus in der Bundeswehr in der Größenordnung der Verfassungsschutzzahlen liegt. Und das halte ich aus quantitativer Sicht für plausibel: Die Bundeswehr spiegelt im großen und ganzen die Gesellschaft wider.
Damit auch verwandt:
@RB „Zahlen über das gesamte Personenpotenzial im Bereich Rechtsextremismus in Deutschland haben Verfassungsschutzbehörden bislang nicht vorgelegt“
Das Rechtsextremismuspotential im 2020er-Bericht wird auf 33000 Personen geschätzt, dort festgemacht an Partei- und Organisationszugehörigkeit. Wer will kann dann natürlich auch feststellen, dass die Gesamtbevölkerung mehr Rechtsextremismus beherbergt als die Bundeswehr – aber ein Faktor 2 ist in einer Größenordnungsabschätzung irrelevant.
@roblf
„Klingt für mich nach einer wissenschaftlich zu bearbeitenden Fragestellung im Rahmen einer Studie – und damit eher nicht für eine Aufgabe für das BAMAD. Denke, das ist bei den Sozialwissenschaften ganz gut aufgehoben.“
Verfassungsschutzbehörden untersuchen solche Fragestellungen regelmäßig und setzen dafür Sozialwissenschaftler bzw. sozialwissenschaftliche Methoden ein. Als Grundlage benötigt man aber nachrichtendienstlich beschaffte Informationen. Das ZMSBw muss bei der Bearbeitung an Grenzen stoßen, da es von Soldaten z. B. bei Umfragen kaum Antworten erwarten kann, mit denen diese sich ggf. selbst belasten würden. Dass man trotzdem das ZMSBw damit beauftragt, bedeutet daher m. E. dass man entweder dem BAMAD nicht mehr vertraut, oder dass man geschönte Ergebnisse haben will. Letzteres halte ich allerdings für unwahrscheinlich.
Gründe dafür, warum man dem BAMAD ggf. nicht mehr vertraut, finden sich z. B. in deren letzten Jahresbericht. Ich hatte diesen hier näher kommentiert: https://augengeradeaus.net/2021/10/zweiter-mad-jahresbericht-corona-pandemie-verstaerkte-extremistische-tendenzen/
Nicht nur beim Thema Rechtsextremismus enthält dieser Bericht gravierende Schwächen, die es bei Verfassungsschutzbehörden nicht einmal durch die erste Qualitätskontrolle geschafft hätten, und die stark darauf hindeuten, dass die jeweiligen Autoren sich bislang nicht auf professionellem Niveau mit den von ihren behandelten Themen befasst haben.
@RB
Sicher sind auch Interviews mit den Betroffenen für die Untersuchung zielführend. Da ist das SWInstBw sicher in einer besseren Position als ein Nachrichtendienst, der zudem mit seinem Wirken mit für die Entlassung ursächlich ist.
Interessant zu erfahren ist, ob die Betroffenen bereits vor dem Eintritt in die Bw radikale / extremistische Ansichten vertreten haben, ob sich das im Dienst verstärkt hat – und ggf. die Gründe hierzu, und auch ob es tatsächlich Netzwerke (formal, informell) Gleichgesinnter gibt.
Zudem natürlich wie die Betroffenen „enttarnt“ worden sind, wie sicher sie sich gefühlt haben und warum das nicht bereits bei der Einstellung aufgefallen ist. Letzteres ist dann natürlich für das BAMAD interessant.
@Georg sagt: 15.01.2022 um 15:41 Uhr
„Und jeder der die zweifelslos vorhandenen rechtslastigen Kreise in den deutschen Sicherheitsbehörden (Polizei, Verfassungsschutz usw. ), die im Zweifelsfall, sich nicht „mit ihrem gesamten Verhalten für die freiheitliche demokratische Grundordnung einsetzen“ würden, versucht zu relativieren, ist einer zu viel !“
Gähn. Tonspur. Kratzer.
@RB sagt: 15.01.2022 um 15:59 Uhr
„Das ZMSBw muss bei der Bearbeitung an Grenzen stoßen, da es von Soldaten z. B. bei Umfragen kaum Antworten erwarten kann, mit denen diese sich ggf. selbst belasten würden.“
Sicherlich wird sich das ZMSBw hier einer Herausforderung gegenübersehen, ich schrieb ja etwas ähnliches weiter oben. Aber Das ist für Sozialwissenschaftler ja nichts neues. Dann muss man halt über indirekte Faktoren schließen.
„Dass man trotzdem das ZMSBw damit beauftragt, bedeutet daher m. E. dass man entweder dem BAMAD nicht mehr vertraut, oder dass man geschönte Ergebnisse haben will. Letzteres halte ich allerdings für unwahrscheinlich.“
Das halte ich beides für abwegig. Das ZMSBw ist einfach der in der Bw am besten qualifizierte Ort für solche Fragestellungen und Erhebungen.
@renke sagt: 15.01.2022 um 15:54 Uhr
„Aber ohne, dass ich dies im Vorfeld wusste, kam bei meiner Abschätzung heraus, dass der Rechtsextremismus in der Bundeswehr in der Größenordnung der Verfassungsschutzzahlen liegt.“
Ihrer Abschätzung widerspreche ich. Hierfür habe ich bisher keinerlei Anhaltspunkte oder Zahlen gesehen. Und
„Und das halte ich aus quantitativer Sicht für plausibel: Die Bundeswehr spiegelt im großen und ganzen die Gesellschaft wider.“
Das ist falsch. Die Bw spiegelte noch nie die Gesellschaft wieder (alleine weil die Frauenquote ja viel zu gering ist und die Angehörigen mit Migrationshintergrund). Es gibt außerdem noch zahlreiche andere, verzerrende Faktoren. Bildung, Einkommen, Alter, Wahlverhalten etc. etc.
Ich habe deswegen eher die Erwartungshaltung, dass die Bw einen geringeren Anteil an politisch-idologisch-religiös extremen Angehörigen hat, als die Gesamtgesellschaft.
Und sollte ich mich damit irren (was ich aber nicht glaube), so hätte ich zumindest den Anspruch, das es sein sollte.
Nun ja, rechts ist rechts. Ob nun militant, Reichsbürger und Selbstverwalter, oder verwirrter Mitläufer. Statistik hat so ihre Grenzen. Von daher ist es totale Quatsch hier noch, wie von einigen Kommentatoren gefordert, Unterscheidungen zu treffen.
Braune Scheiße ist braune Scheiße, da gibt es nichts zu unterscheiden, muß nur weg. Der Prozentantfil deckt sich ungefähr mit dem der Gesamtbevölkerung, also Bw als Spiegelbild der Gesellschaft. Jeder ist zu viel, aber es sindnicht signifikant mehr als anderswo. Weitermachen und entfernen.
@Pio-Fritz sagt: 15.01.2022 um 21:07 Uhr
„Nun ja, rechts ist rechts. Ob nun militant, Reichsbürger und Selbstverwalter, oder verwirrter Mitläufer. Statistik hat so ihre Grenzen. Von daher ist es totale Quatsch hier noch, wie von einigen Kommentatoren gefordert, Unterscheidungen zu treffen.“
Sorry, aber die Definition und Forderung ist doch „totaler Quatsch“ um mahl Ihre eigene Formulierung zu verwenden. Ich wähle seit 25 Jahren CDU/CSU (je nachdem wohin mich der Dienstherr versetzt). Ich gehört nicht zur „Merkel-Linie“ der Partie. Ich bin also rechts der Mitte. Setzen Sie mich gleich mit Reichsbürgern?
OK, dann werden Sie vielleicht antworten. Nein, Sie sind doch eher „Mitte“. OK.
Dann führe ich Manfred Kanther, Alfred Dregger oder Franz Josef Strauß an. Definitiv nicht mehr Mitte. Definitiv. Verwirrte Mitläufer?
Ich könnte das weiterführen, aber Sie sollten bereits jetzt erkennen, dass Ihre „alles die gleiche Soße“-Definition nicht fliegt.
Außerdem ist da noch die Vorgabe des GG, die die Grenze bei der aktiven Gegnerschaft gegen die FDGO sieht. Und das SG welches das positive Bekenntnis zu FDGO fordert. Beides keine Abgrenzung zum „rechts-sein“…
„Braune Scheiße ist braune Scheiße, da gibt es nichts zu unterscheiden, muß nur weg.“
Wenn Sie damit Neonazis und andere FDGO-Gegner meinen, haben Sie natürlich Recht. Aber das sollte doch auch unstrittig sein. Ist es doch eigentlich hier in den Kommentaren auch, oder?!
„Jeder ist zu viel, aber es sindnicht signifikant mehr als anderswo. Weitermachen und entfernen.“
Ich würde eher vermuten „Wir haben glücklicherweise weniger FDGO-Verächter als die Gesamtgesellschaft, aber jeder ist einer zu viel. Weitermachen und entfernen.“
@Koffer sagt: 16.01.2022 um 9:27 Uhr
„Ich wähle seit 25 Jahren CDU/CSU (je nachdem wohin mich der Dienstherr versetzt). Ich gehört nicht zur „Merkel-Linie“ der Partie. Ich bin also rechts der Mitte. Setzen Sie mich gleich mit Reichsbürgern?“
Wenn ich von „rechts“ spreche, dann bin ich bei den Radikalen und Extremisten. Die für mich wählbare Bandbreite der im Bundestag vertretenen Parteien (nach Sitzordnung) geht von SPD bis CDU/CSU. Alles was links und rechts davon ist, ist nach meiner Auffassung extrem. Alle anderen Parteien werden in dieses Raster eingeordnet.
Ich weiß nicht, ob meine Einschätzung der Parteien so politisch korrekt ist, es ist mir allerdings auch egal.
@all
Ich bitte um Verständnis, dass ich die Debatte, ob bestimmte Parteien im Bundestag bzw. bestimmte Abgeordnete für die Freiheitlich-Demokratische Grundordnung eintreten, hier jetzt nicht aufmachen lasse. Ich weiß nämlich, dass mit diesem OT ein Hauen und Stechen losbricht. No way.
@Pio Fritze
„Wenn ich von „rechts“ spreche, dann bin ich bei den Radikalen und Extremisten.“
Was wäre hier im Forum los, wenn jemand gegen „links“ wäre? Um dann im Nachhinein zu erklären, er meine natürlich nur Linksradikale und Linksextremisten.
Wenn Sie Radikal*innen und Extremist*innen meinen, dann adressieren Sie das bitte präzise.
Das gesellschaftlich/mediale Framing ist mittlerweile so, dass „alle“ selbstverständlich gegen „rechts“ sind. Aber die meisten meinen wohl die Rechtsradikalen/-extremisten. Da ist den „linken“ Spindoktoren ein Coup gelungen, der natürlich jahrzehnte Vorlauf hat.
Womit wir wieder bei der grössten rechtsextremen Orga in D wären. Den türkischen Grauen Wölfe. Würden Sie jemals von einem Mitbürger hören, dass er gegen importierten türkischen Rechtsextremismus sei? Nein, denn in seinem Selbstverständnis glaubt er, er wäre nun selber „rechts“ wenn er das kritisieren würde. Stichwort: Islamophobie.
P.S.: @Georg: Verfahren der Bundesanwaltschaft gegen Extremismus 2021 (schwere staatsgefährdende Straftaten/Terrorismus):
-Islamismus 210
-Linksextremismus 10
-Rechtsextremismus 5
@Pio-Fritz sagt: 16.01.2022 um 11:09 Uhr
„Wenn ich von „rechts“ spreche, dann bin ich bei den Radikalen und Extremisten.“
OK, auch wenn ich Ihrer Zuschreibung von „rechts“ hier nicht zustimme, so bin ich bei Ihnen in Ihrer Bewertung, dass weder Radikale noch Extremisten einen Platz in der Bw haben. Die Extremisten nicht, weil sie aktiv gegen die FDGO stehen, die Radikalen nicht, weil sie nicht der Forderung des SG folgen sich aktiv FÜR zur FDGO zu bekennen und sich dazu einzusetzen.
Wenn ich auf Ihre ursprüngliche Aussage zurückkomme, dann sind wir uns in Bezug auf diese beiden Kategorien also einig.
Die einzige Frage, sich hier halt stellt und die ist mEn nicht trivial, ist die Abgrenzung zwischen berechtigter Systemkritik noch innerhalb der Treupflicht und dem Übergang zum „radikalen“.
Und deswegen finde ich unverändert ihre ursprüngliche Aussage problematisch. Politische Positionen sind zumeist komplex. Man muss in jedem Einzelfall feststellen, ob die gesetzliche und berufsethisch gebotene Grenze überschritten wurde oder nicht.
Das fordert ja schon unser Rechtsstaatsprinzip und übrigens auch die FDGO selbst.
@ CRM-Moderator
Ihre Aussagen beziehen sich auf die deutsche Gesamtgesellschaft.
Bei der Bw schaut es genau anders herum aus, wie es auch im ersten Absatz des Artikels von T.W. beschrieben wurde. Demnach wurden in der Bw 200 Rechtsextremisten, 17 islamistische Extremisten und 4 Linksextremisten entlassen.
Wenn man jetzt noch die Unterscheidung macht zwischenn Radikalen und Extremisten hat die Bw und andere deutsche Sicherheitsbehörden viele versteckte Rechtsradikale in ihren Reihen, die sich lediglich im Dienst ruhig verhalten und dann nach der Pensionierung sich so richtig ausleben.
Das geht vom ehemaligen Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutzes bis hin zu Politikern jeglicher Provienz. Sie können ja mal die öffentlichen Aussagen von pensionierten Soldaten die jetzt ein öffentliches Amt, z.B. ihm Bundestag ausüben, anhand von Wikipedia nachlesen.
Also die Bw hat ein rechtslastiges Problem und kein islamistisches oder linkslastiges Problem !
@Koffer
Juristisch betrachtet ist gegen die Vertreter radikaler politischer Positionen im öffentlichen Dienst und somit auch in der Bundeswehr nichts einzuwenden. In einer pluralistischen Gesellschaftsordnung gibt es rechte und linke Positionen, die auch der Staatsbürger in Uniform innerhalb der Auflagen u. a. des Soldatengesetzes mit der gebotenen Zurückhaltung vertreten darf. Ein Verstoß (etwa gegen die Treuepflicht) stellt lediglich Extremismus dar, d. h. Bestrebungen zur Beseitigung der FDGO.
@CRM-Moderator sagt: 16.01.2022 um 16:39 Uhr
Ich bin schon mehr als überrascht, daß ich in einem Thread, der von der Entlassung von Rechtsextremisten aus der Bundeswehr handelt, dazu aufgefordert werde, mich präziser auszudrücken, wenn ich von „rechts“ und „links“ im politischen Sinn schreibe. Finde ich schon ziemlich merkwürdig…
Nun … die Problematik ist halt die, dass in einer liberalen, pluralistischen Demokratie auch radikale Ansichten, Meinungen und Haltungen ihren Platz haben.
Das ändert sich beim „klassischen“ Extremismus, der nun einmal die Überwindung der FDGO zum Ziel hat.
Gerne werden beide Begriffe durcheinander geworfen und mir „links“ und „rechts“ garniert. Und der Nährboden von Radikalisierung und Extremismus – nämlich Populismus – entweder dämonisiert oder verharmlost.
Letztlich habe ich immer Einzelfallbetrachtungen, was es natürlich schwer macht, diese zu systematisch on Strukturen zu erfassen. Zumal sich die klassischen Begriffe „rechts“ und „links“ seit spätestens den 90ern geändert haben und kommunikationstheoretisch sich auch seit 30 Jahren sich vieles geändert hat (Zugriff auf Informationen, Teilen von Informationen, Dokumentation, Öffentlichkeit und Zuschreibungseffekte als nur ein Teil). Sascha Stoltenow hatte 2017 dazu einen exzellenten Beitrag betreffend der Verfasstheit und Einstellung der Bundeswehr zu dem Thema verfasst. Seitdem ist mEn seitens der Bw wenig passiert, auch AKKs letzte Initiative ist in den Mühlen des Apparats versandet und man teilt entweder das Narrativ „Bw = strukturelle Probleme im Bereich Radikalisierung und Extremismus“ (vgl. „Sonnenstudio 88 – Wir sind braun“) oder man spielt es komplett herunter mit Statistiken und dem Allheilmittel aus „innerer Führung“ und Kameradschaft als Counter-Narrativ.
Zeit für eine dezidierte Betrachtung der Fälle, der Verläufe v.a. von Biographien und Karrieren inkl. Radikalisierungspunkten fehlt und Studien dazu werden eher weniger verfasst. Und am Ende ist immer das Dienstrecht und v.a. die Schwierigkeit des „gerichtsfesten Nachweises“ da. Etwas, das bei Gesinnung schwierig ist und seit Zeiten des Radikalenerlasses fast unmöglich.
@Georg sagt: 16.01.2022 um 19:45 Uhr
„Wenn man jetzt noch die Unterscheidung macht zwischenn Radikalen und Extremisten hat die Bw und andere deutsche Sicherheitsbehörden viele versteckte Rechtsradikale in ihren Reihen“
Bestimmt hat die Bw und der ÖD insgesamt versteckte Radikale in ihren Reihen. Ob das „viele“ sind, liegt an IHRER Definition. Ich halte es zwar für absolut wenige, aber dennoch relativ für ZU viele…
„Das geht vom ehemaligen Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutzes bis hin zu Politikern jeglicher Provienz.“
Naja, jetzt wird es ja bizarr. Ich halte von dem Herren ja auch nichts, aber wenn der Ihrer Meinung nach schon rechtsradikal ist, dann erklärt sich mir jetzt langsam warum sie immer so übertriebene Beschreibungen der Lage verwenden…
„Also die Bw hat ein rechtslastiges Problem und kein islamistisches oder linkslastiges Problem !“
Jeder Radikale ist ein relatives Problem für die Bw. Von daher hat die Bw entweder ein Problem mit allen Radikalen oder angesichts der bisher glücklicherweise geringen absoluten Zahlen gar kein Problem.
Sie müssen sich schon entscheiden.
[Über die genannte Einzelperson führen wir jetzt allerdings hier keine Debatte, dieser OT wäre hier schlicht am falschen Ort. Danke. T.W.]
@Koffer
„Ich habe deswegen eher die Erwartungshaltung, dass die Bw einen geringeren Anteil an politisch-idologisch-religiös extremen Angehörigen hat, als die Gesamtgesellschaft.“
Kann natürlich sein, aber ihre Aufzählung (ich weiß, sie war nicht abschließend) deutet eher auf einen höheren Anteil hin.
Frauen sind selten „politisch-idologisch-religiös extrem“, Kinder und ganz alte Rentner (70+) sind auch eher weniger so. Diese 3 Bevölkerungsgruppen machen aber einen sehr großen Anteil an der Gesamtbevölkerung aus.
Beides senkt deshalb im Gesamtschnitt in der Gesamtbevölkerung gut den Durchschnitt und dann ist theoretisch in der Bundeswehr, wegen weniger Frauen und keiner Kinder und keiner alter Rentner, der Schnitt dann eher erhöht im Vergleich zur Gesamtgesellschaft. Die anderen Faktoren (Einkommen, Bildung usw.) sind im Vergleich zu diesem sehr großen Unterschied dann fast schon irrelevant.
Aber eigentlich muss man ja bei diesen Vergleichen von Gesellschaften die Zahlen immer bereinigen und dann glaube ich schon, dass innerhalb der Bundeswehr der Anteil kleiner ist.
Dafür ist dann die SÜ und der Bewerbungsprozess verantwortlich.
Also die Truppengesellschaft kategorisieren und aus der Gesamtbevölkerung die statistisch verzerrenden Bevölkerungsgruppen herausrechnen und damit auch die dort auftretenden Zahlen von extremen Positionen.
Aber der bereinigte Anteil in der BW ist dann trotzdem aktuell noch zu hoch, weil der eigene BW-Anspruch ja ein sehr hoher sein muss. Ist schließlich eine der wichtigsten Sicherheitsorgane in DE.
Da müsste der Anspruch sein, dass in der BW nicht der gleiche Anteil (bereinigt) tätig ist, sondern nur 50 % oder vielleicht sogar nur 10 %.
@Georg
„Ihre Aussagen beziehen sich auf die deutsche Gesamtgesellschaft.“
Ja. Entspricht das Ihrer medialen Wahrnehmung, dass Islamismus das 42x Problem und Linksextremismus das 2x Problem ggü. Rechtsextremismus ist? Haben Sie schon mal gehört, dass die Innenministerin zum Kampf gegen „Links“ oder den „Islam“ aufgerufen hätte? Nein. Aber: „Kampf gegen „Rechts“. Das ist die Wortwahl der Bundesregierung 2020 unterfüttert mit 1Mrd €. Nicht „Kampf gegen Rechtsextremismus“. Und deshalb habe ich das auch bei @Pio Fritz moniert.
Und selbstverständlich gibt es keinen guten/akzeptablen Extremismus von irgendeiner Seite. Alles bekämpfen. Nur sind wir als Gesellschaft -Bw Staatsbürger in Uniform- da wirklich auf der faktenbasierten Sachebene oder mehr so im Kampf gegen eine gefühlte Bedrohung?
Und selbstverständlich wird man wenige Islamisten in der Bw finden. Ich gehe jetzt einfach mal davon aus, dass ein Islamist auch Muslim ist – lasse mich da aber gerne korrigieren. Es gibt (lt. BMVg 2019) ca. 3000 Muslime in der Bw. Davon sind 2022 3 Islamisten aus dem Dienst entfernt worden. Also ~0,1%.
Bei (angenommenen +/-) 183.000 Soldaten Gesamtstärke bleiben also noch 180.000 von denen 57 als Rechtsextremisten entfernt wurden. Macht also ~0,03%.
Wobei immer zu beachten ist, dass es Überschneidungen zwischen Rechtsextremismus und Islamismus gibt.
Was sagen uns diese Zahlen?
Mir sagen sie, dass in die Bw-Zukunft blickend, wir uns erheblich mehr mit Islamismus beschäftigen müssen als es viele wahrhaben wollen. Die zukünftige Bw wird noch migrantischer, muslimischer, diverser werden. Isso. Die Bw wird einer der grössten Integrationsbehörden Deutschlands b_l_e_i_b_e_n und diesbzgl. noch mehr gefordert werden.
Was für ein Derailing und Äpfel mit Birnen vergleichen.
Was steht denn da? Die Menge der von der BW entlassenen Extremisten seit 2016 ist eine Teilmenge der erkannten Extremisten in der BW seit 2016 was wiederum eine Teilmenge aller Extremisten in der BW seit 2016 ist.
Und jetzt mal Hand aufs Herz! Auf Islamisten ist der Ermittlungsdruck sämtlicher Nachrichten- und Geheimdienste gerichtet, welche über Möglichkeiten weit über die Grenzen des (vor allem in Deutschland) gesetzlich zulässigen verfügen. Diese Arbeit führte in Deutschland zu 200 Verfahren des Generalbundesanwalts.
Wenn man das ins Verhältnis setzt zu der Tatsache, dass alleine die BW in vier Jahren 200 Rechtsextremisten entlassen wurden und über 800 Verdachtsfälle vorliegen, und dies ohne Unterstützung der internationalen Intelligencecommunity, muss das Sorgenfalten verursachen. Und zwar gewaltige!
US-Präsident Joe Biden warnte jüngst vor der Anschlagsgefahr von Rechtsextremisten auch in Europa. Mich würde brennend interessieren wie die Zahlen aussehen würden, wenn der selbe Ermittlungsdruck auch auf Links- und Rechtsextremen ausgerichtet werden. Und das sollten sie…
@RB: Was scheitert an ihrer Qualitätskontrolle des MAD? Dass er sozialwissenschaftlich professionelle Methoden anwendet?
P.S: Schauen wir auf die Narrative der Extremisten, von Nazis über Islamisten hin zu Linksextremen (gerne auch Scientology hinzugenommen), deren Weltverschwörungsgewäsch von Globalisten, Materialisten und Verschwörungszirkeln. Das ist eine Suppe die sich in gewissen Maße gegenseitig aufstachelt, befruchtet und das Gefühl der Bestätigung austauscht und dem nicht direkt koordinierten Ziel den Begriff der Menschenwürde abzuschaffen und dem untergeordneten Ziel die FDGO zu überwinden. Daher mit höflicher Bitte @T.W, denn da ist diese Suppe präsent:
Verfassungsschützer über Maaßen
„Klassische antisemitische Stereotype“
Stand: 03.06.2021 18:30 Uhr
https://www.tagesschau.de/investigativ/kontraste/maassen-antisemitismus-101.html
Der Link zur Personalie, nicht zu Debatte sondern zur Kenntnis.
[Letzter Hinweis: Die Debatte über Personen, die mit der Sicherheitspolitik nichts (mehr) zu tun haben, zu Covid-„Impfverboten“ etc. aufrufen usw., führen wir hier nicht. T.w.]
@AoR
Meine Bemerkungen zu den Qualitätsmängeln der Arbeit des BAMAD bezog sich auf den offen verfügbaren aktuellen Jahresbericht der Behörde. Wäre ein solcher Text z. B. beim Bundesamt für Verfassungsschutz zur internen Prüfung vorgelegt worden, wäre er nicht veröffentlicht worden.
Das Dokument hat in großen Teilen keinen erkennbaren logischen Faden und ist eine Aneinanderreihung von Floskeln, die sich z. T. logisch widersprechen. Es ist zudem voll von umgangssprachlichen Formulierungen, die nachrichtendienstliche Profis oder auch Sozialwissenschaftler nicht verwenden würden (etwa die der „faschistischen“ Argumentationsmuster). Außerdem finden sich sprachlich völlig sinnfreie Sätze wie dieser: „Sie [die ‚Neue Rechte‘] weist zahlreiche und umfassende Ansätze bürgerlich-konservativer, patriotischer und nationaler ideologischer Grundlagen auf.“
Der Text wirkt wie das Werk von Dilettanten, die sich überhastet in ein für sie fremdes Thema einzuarbeiten versucht haben. Angesichts solcher Zustände muss man sich nicht wundern, dass diese Behörde dem Rechtsextremismus-Problem in der Bundeswehr nicht Herr wird und vielleicht auch bei anderen Bedrohungen im Dunkeln tappt, etwa bei der für die Streitkräfte nicht minder problematischen Spionage durch Staaten wie Russland und China. Ich halte das BAMAD für kaum reformierbar und gehe davon aus, dass es bald eine Debatte über die Übernahme seiner Aufgaben durch Verfassungsschutz-Behörden geben wird.
@RB sagt: 16.01.2022 um 20:55 Uhr
„Juristisch betrachtet ist gegen die Vertreter radikaler politischer Positionen im öffentlichen Dienst und somit auch in der Bundeswehr nichts einzuwenden.“
Ja, das verlangt unsere Rechtsordnung und insbesondere die FDGO.
Aber aufgrund der besonderen Treuepflicht gilt das nach meiner Bewertung nur solange keine Zweifel an der Bereitschaft sich aktiv für die FDGO einzusetzen besteht. Hier habe ich einen höheren Maßstab für uns Soldaten, als für den normalen Staatsbediensteten.
Die Gradwanderung zwischen diesen beiden Forderungen (liberale Gesellschaftsordnung die auch radikale Positionen aushalten muss vs. besondere Treue zur FDGO) ist schwierig und ich spreche mich gegen jegliche Hexenjagden und übertriebenen Aktionismus aus. Trotzdem dürfen wir es uns auch nicht einfach machen. Erst recht nicht für Vorgesetzte. Wir sind nunmal nicht die städtische Müllabfuhr oder das Finanzamt…
@Denethor sagt: 17.01.2022 um 0:54 Uhr
„Kann natürlich sein, aber ihre Aufzählung (ich weiß, sie war nicht abschließend) deutet eher auf einen höheren Anteil hin.“
Zustimmung. Rein strukturelle (wegen denen von Ihnen aufgeführten Faktoren) hat es die Bw in der Tat schwerer „besser“ zu sein als die Gesellschaft.
Trotzdem glaube ich, dass wir es jetzt schon schaffen, denn die mir bekannten Zahlen deuten zumindest in diese Richtung. Auch die umfassenden Maßnahmen, die hierzu im Bereich der politischen Bildung und des Meldewesens in den letzten Jahren unternommen wurden, sowie die ja schon immer (im Vergleich zum Rest des ÖD) hohe Anzahl an SÜ (die ja seit neuestem ja nochmals erheblich angewachsen ist).
Aber das muss mEn ja auch unser Anspruch sein :)
„Aber der bereinigte Anteil in der BW ist dann trotzdem aktuell noch zu hoch, weil der eigene BW-Anspruch ja ein sehr hoher sein muss. Ist schließlich eine der wichtigsten Sicherheitsorgane in DE.“
Zustimmung.
@RB: Ich habe mir den Verfassungsschutz- und MAD Bericht 2021 nochmal angeschaut.
VVS
https://www.verfassungsschutz.de/SharedDocs/publikationen/DE/verfassungsschutzberichte/2021-06-verfassungsschutzbericht-2020.pdf
MAD
https://www.bundeswehr.de/resource/blob/5094860/38f6f8cc4d2f3eb00dbdc880a103f436/mad-report-2020-data.pdf
Ihre Kritik in in allen Ehren, aber für eine Übernahme durch den Verfassungsschutz sehe ich da als Bürger keine Gründe. Und ob da tatsächlich Wiedersprüche sind? Könnten sie das präzisieren?
Es ist ja bekannt, dass die drei großen Nachrichtendienste untereinander seit Gründung sich in einem Bedeutungskampf befinden. Auch eines der Erben Gehlens. Helmut Schmidt hatte sich seiner Zeit über die Personalie entsprechend geäußert…
Anbei, das BAMAD ist der kleinste der Dienste mit klar definierten Aufgaben. Daher im Sinne Organisationalen Wandels einfacher zu handeln. Z.B können die sich dann Wissen per Amtshilfe in die Strukturen holen und lernen.
P.S: Ich kann nur ahnen, mit was für Sprüchen der MAD gegen die beiden anderen Dienste ausholen würde… aber lassen wir das hier, weil die anderen Dienste werden auch so einigem nicht Herr, z.B ihrer eigenen Leute.
Was man am MAD kritisieren muss, ist die Tatsache, dass er personell unterbesetzt ist und das Geheimdienstliche Potential vom Gesetzgeber nicht ausgeschöpft wird.
Wie ist das eigentlich mit dem Reservistenverband als Verein?
Meines Sachstands nach gibt es nämlich, außer mit der NPD, keinerlei Unvereinbarkeiten, sondern nur ein allgemeines Bekenntnis zum Grundgesetz.
Ergo kann grundsätzlich jeder andere Reservist, auch bei Mitgliedschaften in extremistischen Organisationen, zu DVags wie etwa Waffenausbildungen, zugezogen werden.
Wenn hier etwas passieren sollte, und eine Mitgliedschaft sowohl im VdRBw, als auch in einer extremistischen Organisation formal möglich war, wären die Folgen für die Reserve erheblich.
Eine Liste der Unvereinbarkeiten, welche zumindest alle vom Verfassungsschutz beobachteten Organisationen umfasst, sollte das Mindeste sein.
Stubenviech 20.01.2022 um 20:30 Uhr:
Betreffend VdRBw, Extremisten und DVags:
Hierzu Satzung des VdRBw und Ordnung für außerordentliche Mitglieder (aktive Soldaten) und Fördermitglieder (Ungediente) beachten.
Als „anerkannter“ Extremist wird man, sofern dieser Umstand dem VdRBw bekannt ist schon Probleme haben, Mitglied zu werden oder zu bleiben, da dem Verbandszweck zuwiderlaufendes Verhalten.
Der Verband hat in seiner Satzung die Mechanismen eine solche Person „zu entfernen“.
Mit dem radikalen Spektrum unser Gesellschaft (wo auch immer man das sehen will und „Grenzen ziehen will“: Mitglied AFD, Werteunion, linker Flügel der SPD, Grüne oder PDS, Moscheeverein etc.?) mag das schwieriger sein und endet in extremis vor Gericht, wenn das Mitglied unbedingt bleiben will.
Wer aus der Bundeswehr unter Aberkennung des Dienstgrades entlassen wird kann nicht ordentliches Mitglied des VdRBw werden, kein Reservistenstatus.
Der Problematik, das sich im VdRBw (ordentliche) Mitglieder befinden, die die Verfassungsschutzorgane auf dem Schirm haben, dem Verband dies aber unbekannt ist, ist so weit ich das verfolgt habe der Verbandsführung bewusst. Mir fehlt allerdings der letzte Stand, wie man weiter vorgehen will.
Problem ist u.a. das der MAD ja erst bei einer Reservisten-Dienstleistung (aka Wehrübung) innerhalb der Bundeswehr rechtlich zuständig wird, bei reiner Mitgliedschaft im VdRBw bzw. Teilnahme an Veranstaltungen dort bedürfte es eines Informationsaustausches des VdRBw mit dem Verfassungsschutz (was rechtlich wieder spannend wird).
Ggf. kann hier der Hausherr besser beitragen, als Moderator einer entsprechenden Veranstaltung des VdRBw.
Entscheidung zur Teilnahme von Fördermitgliedern an DVag liegt bei der Bundeswehr, nicht beim Verband.
Wenn man sich anschaut, das Rekruten der Bundeswehr in der Grundausbildung keine weiterführende Waffen-, Schiess- oder Gefechtsausbildung erhalten, bevor sie nicht entsprechend sicherheitsüberprüft sind, wäre es in der Tat befremdlich, wenn vergleichbares im Rahmen von DVag für Fördermitglieder angeboten werden würde.
Ich zweifle aber das die der Fall ist.
Bleibt die Gruppe der (aktuell) nicht sicherheitsüberprüften ordentlichen Mitglieder des VdRBw. Wie gesagt hier fehlt mir Kenntniss des weiteren Vorgehens…
@FlaOffz sagt: 21.01.2022 um 13:20 Uhr
Ich durchaus nicht unerhebliche Probleme mit dem VdRBw in seiner aktuellen Aufgabenselbstzuschreibung.
Wenn er nur ein „Ehemaligenverein“ wäre, wie z.B. die American Legion oder VFW, dann wäre die Satzung und entsprechende Ehrenordnungen o.ü. vollkommen ausreichend.
Aber durch die (amS unheilvolle) Beauftragung des VdRBw mit hoheitlichen und quasi-hoheitlichen Aufgaben müsste man hier eigentlich eine gesetzliche Regelung finden.
Oh. Müssen die jetzt alle die Waffen, den Sprengstoff und die Munition, die sie zuhause versteckt haben, zurückgeben? ;-)