Vor Start der eigentlichen Koalitionsverhandlungen: Steht die Größe der Bundeswehr zur Disposition?
In dieser Woche starten die Partner einer möglichen Ampelkoalition mit den Verhandlungen über Details ihrer Regierungspläne und damit auch über Einzelheiten der Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Dazu gehört auch immer, dass manche Positionen vorab – gezielt? – bekannt werden: SPD und Grüne wollen nach einem Zeitungsbericht den von der bisherigen CDU-Führung des Verteidigungsministeriums angestrebten weiteren Personalaufwuchs der Bundeswehr stoppen.
Die Meldung kommt am (heutigen) Mittwoch von der Süddeutschen Zeitung (Link aus bekannten Gründen nicht; ohnehin hinter Paywall) – Kernaussage:
Nach Informationen der SZ könnte es dazu kommen, dass die Bundeswehr nicht weiter wachsen soll. Vor allem SPD und Grüne rütteln an der Zielmarke von 203 000 Soldatinnen und Soldaten in zehn Jahren; die Truppe könnte in etwa so groß bleiben, wie sie heute ist. (…) Die FDP, so heißt es, würde das mittragen, wenn sichergestellt sei, dass die Bundeswehr ihren künftigen Aufgaben nachkommen könne.
Die derzeit geltende Planung des Verteidigungsministeriums, zuletzt im Dezember vergangenen Jahres bestätigt, sieht die 203.000 Soldatinnen und Soldaten bereits bis zum Jahr 2027 vor, dabei eingerechnet sind 4.500 Stellen für Reservisten. Allerdings sind die Streitkräfte von diesem Ziel bislang noch weit entfernt: In den vergangenen Monaten kratzte die Bundeswehr immer an der Marke von 184.000 aktiven Soldatinnen und Soldaten und konnte diese Zahl nicht langfristig überschreiten.
Eine Neuorientierung mit einer neuen Zielgröße ist deshalb aus gleich mehreren Gründen wahrscheinlich: Wie sich der Verteidigungshaushalt in den kommenden Jahren angesichts der Ausgaben für die Corona-Pandemie, aber auch den möglichen Kosten für den Klimaschutz entwickeln wird, müssen die Koalitionäre ohnehin festlegen – und das sieht bislang nicht nach einer deutlichen Steigerung aus. Und die Personalkosten der Streitkräfte nähern sich sowieso schon der Hälfte der Gesamtausgaben.
Wesentlicher allerdings: Dass die Bundeswehr schon ihren bisherigen Personalaufwuchs nur sehr mühsam hinbekommt, wenn überhaupt, deutet auch darauf hin, dass unabhängig vom Geld eine deutliche Steigerung illusorisch ist. Es melden sich schlicht nicht so viele (nicht nur junge) Männer und Frauen wie benötigt werden. Die geburtenschwachen Jahrgänge und das erwartete Wachstum der Wirtschaft nach der Corona-Delle dürfte dazu weiter beitragen.
Von der Personalstärke hängt allerdings auch ab, ob und wie die Bundeswehr langfristig ihre Aufgaben erfüllen kann – nicht zuletzt die Zusagen, was Deutschland zur gemeinsamen Verteidigung in der NATO beiträgt. Das so genannte Fähigkeitsprofil (dessen Details unter Verschluss sind) ist schon mit der derzeitigen Personalstärke nicht oder kaum zu stemmen. Deshalb lässt die Aussage zur Haltung der Freien Demokraten in der SZ-Meldung aufhorchen: Die FDP, so heißt es, würde das mittragen, wenn sichergestellt sei, dass die Bundeswehr ihren künftigen Aufgaben nachkommen könne.
Damit, so scheint es, stehen in den Koalitionsverhandungen nicht nur eine finanziell und demographisch bedingte Neuorientierung des Streitkräfteumfangs zur Debatte. Sondern ebenso die Frage, wie denn die künftigen Aufgaben der Bundeswehr definiert werden. Alle drei Faktoren zusammengenommen werden die künftige Größe der Streitkräfte bestimmen.
(Archivbild: Feierliches Gelöbnis vor dem Bendlerblock am 20. Juli 2021 – Sebastian Wilke/Bundeswehr)
GG, Art 87a
(1) Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf. Ihre zahlenmäßige Stärke und die Grundzüge ihrer Organisation müssen sich aus dem Haushaltsplan ergeben.
Oder anders: Nicht überraschend, keine Hände, keine Kekse.
Frage: Wie lange wird es wohl dauern, bis innerhalb der Koalition über die „künftigen Aufgaben“ Einigkeit herrscht?
In anderen Worten: Die Bundeswehr wird wieder mal das Opfer der Berliner Blase damit man am Ende eine Koalition hinbekommt und sich endlich schöne Dienstwagen gönnen darf.
Mich erschreckt eher als FDP-Mitglied, dass diese Partei wohl dafür ist, die sicherheitspolitische Geisterfahrt von SPD u. Grünen mitzutragen. Dann dürfte es wohl nur noch eine Frage der Zeit sein, wann die ersten Lobgesänge auf Putins Russland und übertriebene Kritik an der NATO und der nuklearen Teilhabe von Seiten der FDP kommt.
Wenn das so durchgeht, wird es ein Austrittsschreiben geben.
Die Frage der Truppenstärke ist hier ja schon ausgiebigst (!) debattiert worden und immer wieder muss man sehen, welche Truppenstärke denn gemeint ist.
Wenn aktuell für jeden Soldaten im Einsatz 14 Soldaten im Stab sitzen, dann glaube ich, dass die Truppenstärke „brutto“ nicht die Frage ist, sondern die „netto“ Truppenstärke, gemessen an „boots on the ground“.
Die letzten Jahre hatte ich immer mehr das Gefühl, dass Ziellosigkeit mit Planungsstäben bekämpft wurde und sich vor allem die Stäbe immer mehr aufgebläht haben, da da auch am einfachsten Dienstposten für „Elefanten“ geschaffen werden können.
Wir sollten daher die BW von innen denken und da können 120000 Soldaten (m/w/d) (brutto) durchaus schlagkräftiger sein, als 184000 oder 203000
Wenn die Zeitungsberichte stimmen, dann zeigt dies, das Sicherheitspolitik keine Bedeutung für die neue Regierung hat und die FDP sich von rot-gruen überfahren lässt.
Entgegen Herrn Wiegold glaube ich, dass eine Personalstärke von 203.000 Soldaten, einschließlich Reserve gut erreichbar wäre, wenn man diese Stärke wirklich erreichen wollte . Aber dafür müsste man entweder die BW grosszügig für Ausländer öffnen (was die BW nach 10 Jahren Diskussion immer noch nicht will) oder die italienische Methode angewendet werden. Der Trick der Italienischen Armee ist, dass man nur Carabinieri oder Polizist werden kann, wenn man mindestens 1 Jahr Freiwilligen Wehrdienst leistet. Wenn man aber seine Chancen auf den Polizeidienst verbessern will, weil es mehr Bewerber als Polizeistelle n gibt, muss sich sogar auf 4 Jahre verpflichten.
Wenn nun tatsächlich aktives militärisches Personal reduziert würde, sollte aber der Verteidigungshaushalt gleich bleiben. Nur so gewinnt die Bundeswehr finanziellen Handlungsspielraum zurück.
Falls mit einer Personalreduzierung nun aber auch der Etat verringert würde, dann hätten wir das gleiche Problem wie derzeit (nicht genug Geld für Ambition und Personalzahl gleichzeitig), nur mit einer kleineren Bundeswehr.
Wieder mal eine Ankündigungsblase geplatzt!
Zwar wird formal Russlands hybride und zunehmend antagonistische Politik als wesentliche und langfristige Herausforderung für die Bundeswehr verstanden, um künftig glaubhaft abschrecken und im Ernstfall auch NATO-Gebiet wirkungsvoll verteidigen zu können.
General Zorn: „Für eine glaubwürdige Abschreckung benötigen wir eine vollausgestattete Bundeswehr“.
Glaubhafte Abschreckung und Verteidigung brauchen also überlegene Streitkräfte. Haben wir schon so oft gehört.
Es bleibt allerdings immer wieder bei Platitüden/Ankündigungen, welt- und wirklichkeitsfremd. Glaubhafte Abschreckung und Verteidigung – stimmt wahrscheinlich für andere Armeen aber nicht mehr für die Bundeswehr.
Im Moment schrecken wir wohl wieder eher mit Worten und Ankündigungen ab.
Mittel und Strukturen der Bundeswehr waren seit 1990 nie mehr im Einklang mit ihrem Auftrag
Fähigkeiten, Struktur und Einsatzbereitschaft der Bundeswehr sind am unteren Rand. Glaubwürdiges Abschreckungspotential ist nicht mehr im Ansatz vorhanden. Erhebliche Lücken bei der Landesverteidigung sind allen bekannt, ein Ausweg wurde bisher nicht gefunden.
Solange noch veraltete Strukturen, Material und Denken das Personal schlucken, braucht man auch nicht aufstocken.
Hauptsache mehrere Bundesoberbehörden, Kommandos, Ämter, Hauptquartiere. Hauptsache die social media Kanäle gaukeln eine intakte Bundeswehr vor.
Ich sehe schon eine weiteren neuen Arbeitsbereich, welcher sich in die bisherige Kultur einreiht, alles was mit echter Kampfkraft zu tun hat, hinten an zu stellen und „andere wichtige“ Themen medial und strukturell aufzublähen:
Klimaneutralität!
Bei dieser Aufgabe besteht bestimmt Einigkeit, aber wohl nur bei dieser!
Dazu wird es bestimmt rasch ein neues Referat im BMVg und ein neues Amt geben. Gern auch einen zusätzlichen Beauftragten (B6) – hatten wir schon in anderen Themenfeldern!
Also nach Schminkspiegeln, Fehlerkultur und so vielem mehr – auf zu:
„Wir wollen, dass auch unsere Streitkräfte klimaneutral werden“
@Closius: Sich für Truppe als Arbeitgeber entscheiden ist ein großer Schritt eingedenk der Charakteristika des allgemeinen Arbeitsmarktes.
Im Kern hilft da nur die Wehrpflicht um langfristig Bürger zum Dienst zu bewegen, sie zu überzeugen.
Man müsste ergründen, ob in einer repräsentativen Stichprobe unter Spitzensoldaten der letzten zehn Jahre FWD der Karrierebeginn war. Wenn ja q.e.d
@supermed1998
Klimaneutrale Streitkräfte würde ich sogar herzlichst begrüßen. Das Thema Klimawandel ist in der Bundeswehr sowieso nur ein Randthema und wird überhauptnicht als mögliche Bedrohung wahrgenommen (vmtl auch aufgrund des Mindset der tätigen Menschen dort).
Ich würde mich freuen, wenn die GRÜNEN den IBuK stellen würden.
Keine der Strukturreformen nach 1990, ab Heeresstruktur 5, wurde konsequent so beendet wie vorgesehen. Nach 5 folgte stante pede 5 (N) = nachgesteuert; hat die Nachsteuerung bis jetzt je aufgehört?
In möglicher Logik der 🚦 wird bei Verzicht auf Personalaufwuchs der EP 14 begrenzt werden?
„… wenn sichergestellt sei, dass die Bundeswehr ihren künftigen Aufgaben nachkommen könne“.
Niemand kennt – losgelöst von definitorischer Festlegung der Koalition – diese Aufgaben im Lichte der täglichen sicherheitspolitischen Krisenlagen. Eine scharfe Festlegung der künftigen Aufgaben erfordert in Zukunft Klimmzüge der Begründung, wenn z.B. UN oder EU um Truppengestellung nachsuchen, und diese ggf definierte Aufgaben überschreiten sollten.
Dieser erste Rückschritt von bisherigem Verständnis wird ein Türöffner bei weiteren kritischen Maßnahmen sein. Wie angedeutet wird m.E. der EP14 betroffen sein. Die Aufgabenfestlegung wird im Sinn von Herrn Muetzenich und anderen seiner Auffassung bei SPD/Grünen derart formuliert sein, dass die kritischen Größen Kampfdrohne, NT, Tornadonachfolge keine Zukunft haben werden, was im Umkehrschluss dem Haushalt nutzen würde. Sofort ergibt sich damit eine folgerichtige „Beweisführung“ am geplanten bisherigen Aufwuchs zu rütteln.
Aus Gründen des Koalitionsfriedens werden Freie Demokraten nicht gegenhalten.
Wer sich jetzt aufregt, das eine „Ankündigungsblase“ geplatzt ist oder Ähnliches, der möge sich doch bitte die Sicherheits- und Verteidigungspolitik der CDU/SPD-Koalition von 2014-2021 anschauen. Die hatte schon Shakespeare erkannt, „Viel Lärm um nichts“ wäre der passende Titel.
Weder hat man einen vernünftigen Personalaufwuchs hinbekommen (jaja, mehr BS und spätere Pensionierung – bringt auch nur temporär etwas) noch den Materialstand für die bestehenden Einheiten auf 100% gebracht. Neue Beschaffungen waren desaströs und mit immensen Nachbesserungen verbunden (A400M, Puma etc.) und dadurch überdurchschnittlich teuer. Wichtige Entscheidungen wurden gar nicht erst gefällt (z.B. STH). Weißbuch, Konzeptionen etc. gab es mehr als genug, Umsetzung Fehlanzeige.
@supermed1998 sagt: 27.10.2021 um 10:06 Uhr
„Mittel und Strukturen der Bundeswehr waren seit 1990 nie mehr im Einklang mit ihrem Auftrag
Fähigkeiten, Struktur und Einsatzbereitschaft der Bundeswehr sind am unteren Rand.“
Und auch hier muß man ganz klar erwähnen, das in den letzten 30 Jahren eine CDU/CSU-geführte Regierung 23 Jahre lang das Sagen hatte.
Das heißt für alle Kommentatoren hier, das sich dümmliches Ampelkoalitions-Bashing von selber verbietet. Wir stehen vor den Trümmern unserer Sicherheits- und Verteidigungspolitik der letzten 30 Jahre. Wobei m.E. 2011 der Tiefpunkt erreicht und die Bundeswehr in ihrer Funktionsfähigkeit als Armee kastriert wurde. Was überblieb war ein militärischer Baukasten für internationale Einsätze. Diesen Zustand hat man bis heute nicht behoben.
Nun, diese Entwicklung sollte jetzt nicht wirklich überraschen. Der „Kassensturz“ nach der Wahl war erwartbar und die insbesondere die Kosten der Pandemie sind nicht zu ignorieren. So werden wohl alle Ressorts den Gürtel enger schnallen müssen – erinnert mich irgendwie an die Nachwehen der Finanzkrise.
Auch das Eckpunktepapier dürfte sich durch den anstehenden Ministerwechsel wohl zumindest in weiten Teilen erledigt haben – kein neuer Minister wird eine Idee seines Vorgängers ohne eigene Akzente zu setzen übernehmen. Ich nehme aber vielmehr an, dass hier einige Abteilungen und Stäbe ein halbes Jahr für die Tonne gearbeitet haben und durch die neue Ministeriumsführung ein komplett neues Papier auf den Weg gebracht werden wird.
Vielleicht können sich SKB und ZSanDst ja noch einmal retten – frei nach dem Motto: Totgesagte leben länger ;-)
Die deutsche militärpolitische „Verzwergung“ scheint unaufhaltsam zu sein. Eine Alternative zeigt Warschau mit folgender Ankündigung auf:
„Polen will die Zahl seiner Streitkräfte mehr als verdoppeln. Zugleich soll der Dienst attraktiver werden. Ziel sei eine Zahl von mindestens 250.000 Berufssoldaten und 50.000 Angehörigen der freiwilligen Truppen zur Territorialverteidigung (WOT), sagte Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak bei der Vorstellung eines „Plans zur Verteidigung des Vaterlandes“. Gegenwärtig zählen die polnischen Streitkräfte 110.000 Berufssoldaten.“
(https://www.n-tv.de/politik/Polen-will-Streitkraefte-massiv-verstaerken-article22889397.html)
Ob und welche Konsequenzen das für die Aufstellung der Streitkräfte zur „Verteidigung“ (Art. 87a GG) in Berlin hat bleibt abzuwarten.
@Alle
Es ist unerheblich, ob die Bundeswehr im gegenwärtigen sozialen Umfeld in der Lage ist, auf 203.000 Soldaten aufzuwachsen. Erst kommt der Bedarfsnachweis, dann das Geld. Die Absage an neue Dienstposten bedeutet, dass geplante Aufstellungen entfallen müssen; damit entfällt der Bedarf für wichtige avisierte Beschaffungen.
Projekte wie der Aufwuchs der Artillerie oder das Ziehen der Optionen für zwei zusätzliche Fregatten der Klasse 126 dürften damit Geschichte sein. Noch schwerer wiegt aber die Absage an die Annahme, dass das sicherheitspolitische Umfeld eine Aufstockung der Bundeswehr erfordert.
Muss die Bundeswehr nicht wachsen, um neuen Herausforderungen gerecht zu werden, so folgt beinahe zwangsläufig daraus, dass es keine neuen Herausforderungen gibt, und damit rechtfertigen sich künftige Kürzungen und Streichungen beinahe von selbst.
Nebenbei: Polen kündigte heute eine massive Aufstockung seiner Streitkräfte an.
@My Two Cents:
Die Idee durch neue Personalobergrenzen finanziellen Handlungsspielraum zurück zu gewinnen wurde ja die letzten 30 Jahre mehrfach versucht.
Das Ergebnis kenn wir wohl alle.
Im jetzigen Fall ist der Effekt noch geringer, da es ja real zu keinem Absinken des Personalumfanges kommen muss bzw. noch unklar ist was die neue Obergrenze sein soll. Damit ist auf kurze Sicht (4 Jahre) kein Geld gespart, der Investitionsbedarf ist aber fast unverändert.
Fazit: Das hilft nicht wirklich in der aktuellen Situation, ist aber ein schönes politisches und mediales Thema.
Leute, woher kommt hier immer das Märchen, dass die Bundeswehr durch Truppenreduzierung besser oder einsatzfähiger werden könne? Bei jeder Truppenreduzierung, seit mindestens 1996, würde versprochen die BW dadurch besser und zukunftsfähiger zu man. Tatsächlich war dies immer nur die Ausrede, um die BW tot zu sparen. Mit jeder Truppenreduzierung wurde der Zustand der Bw schlechter. Mit der BW Reform 2011 würde die Fallschirm Jägertruppe von 2 auf eine Brigade zusammengeschmolzen, die Heeresflugabwehr aufgegeben, die Artillerie auf 4 Rest Bataillone abgewrackt. Allein für das Gefecht der verbundenen Waffen bräuchte die Bw bei 8 Brigaden mit 3 Divisionen und 2 Korps mindestens 13 Artillerie Bataillone.
Natürlich ist es, aus meiner Sicht, vor der eigentlichen Bildung der neuen Regierung, und dem allerersten Arbeitstag, noch zu früh, um Einschätzungen über die dann vorherrschenden Schwerpunkte der neuen Führung abzugeben, dennoch denke ich, dass die Position „Streitkräfte“ an Bedeutung verlieren wird.
Enorme Kostenberge warten auf die neue Regierung, Klimaschutz, Energiewende, und der Sozialhaushalt wollen in ihren monetären Forderungen befriedigt werden.
Da fällt es schwer an eine Aufstockung des Personals, als auch an eine Erhöhung des Wehretats zu denken, zumal auch der ideologische Aspekt unter den Mitgliedern der Dreier- Koalition nicht zu vernachlässigen ist.
Wir müssen uns noch ein wenig gedulden, bis wir erfahren, woran wir wirklich sind.
„Nachhaltigkeit“ ist das Schlagwort der Stunde. Wir haben seit Dezember 1992 die Bundeswehr in Grund und Boden gefahren. Das ist nachhaltig!
Davon werden wir uns in den nächsten 10-15 Jahren nicht erholen können.
Ein nicht ernst gemeinter Vorschlag: Mehrrollenfähigkeit der Truppe. Heute ist Müller Panzerschütze, morgen ist er Matrose, übermorgen Sanitäter, … .
Natürlich benötigt man dafür eine neue Kommandobehörde, besser noch eine internationale Kommandobehörde.
Die Bundeswehr wurde demontiert aber sie hat sich auch selbst demontiert. Im Grunde von innen heraus.
Der militärische Ratschlag verkümmerte zum Ja – Sagen. Jede Reform wurde nahezu bedingungslos mitgetragen. Im Widerspruch zur der tatsächlichen Lage reihte man sich in den Jubelchor ein.
Entgegen eigener Selbstdarstellung der Bundeswehr sind Prozesse und Abläufe sowie Strukturen jenseits von effizient und effektiv. Es ist bei der Bundeswehrführung zu viel Platz für Selbtsverliebtheit, Rechthaberei etc. Überheblichkeit und Ellenbogenmentalität gehören immer noch zum Alltag. Wir erleben immer wieder, militärische Führungskräfte zwischen Überheblichkeit und Übermut. Unangemessene Selbstdarstellung gehört zum Alltag. Ich empfehle dazu als Besipiel Twitter Kanäle, neuerdings auch Instagram. Offizielle accounts aber auch sogenannte private accounts.
Auch fachliche Kompetenz dürfte doch auch hinterfragt werden dürfen. Traut sich nur keiner! Selbstüberschätzung und Korpsgeist der Generalität ersetzt wohl zu oft kluges Planen und Führen.
Manche Fehlentwicklung entstand tatsächlich von Innen heraus. Egoismus der TSK bzw. der OrgBer sind nur ein Beispiel. Klar, jeder wollte seine ‚Dinge‘ durchbringen.
Rechnungshof zerlegte z.B. wieder und wieder Bundeswehr-Planung. Das hat die Bundeswehrführung einfach abprallen lassen und so weiter gemacht.
Mag sein, dass hier für manche die Ampel eine „Gefahr“ für die Bundeswehr ist. Doch auch die CDU/CSU war nicht in der Lage, in 16 (!) Jahren die Bundeswehr auszustatten und zu reformieren Dazu „Aber dann wenn es heiß wird, wenn in Kabul ein Flughafen gesichert werden muss, dann sind wir noch so dreist, unser eigenes politisches Versagen auf die politischen Gegner abzuschieben“
@Löwenpower sagt: 27.10.2021 um 10:56 Uhr
„Polen will die Zahl seiner Streitkräfte mehr als verdoppeln.“
Ja, klar. Die haben ja auch keine demographischen Probleme und Geld wie Heu. /sarc
Deswegen sind die Polen auch einer der größten Geldempfänger der EU. Da hat aber jemand die ganz große Pauke rausgeholt.
Ich möchte den Blick weiten und auf die vergangenen Freitag beim NATO-Verteidigungsministertreffen vereinbarten neuen Planungsziele der NATO an die Mitgliedsstaaten hinweisen. Die Nationen haben diese Vorgaben akzeptiert. Kein Medium hat hierzu bislang umfassend berichtet. Will Deutschland diese vereinbarten Ziele, die wohl nicht weniger fordern als die Ziele aus 2017, umsetzen? Falls nicht: wie will dies die neue Koalition den Alliierten mitteilen? Man kann dann umgekehrt auch nicht erwarten, dass andere Nationen ihre Ziele erfüllen.
Umsetzung der Ziele erfodern beides – Geld aber eben auch Personal. Damit hängt auch die Glaubwürdigkeit Deutschlands im Bündnis von diesen Faktoren ab. Und dies gemessen an konkreten Zielen und nicht einer abgekoppelten 2% Debatte.
„AoR sagt: 27.10.2021 um 10:25 Uhr
Man müsste ergründen, ob in einer repräsentativen Stichprobe unter Spitzensoldaten der letzten zehn Jahre FWD der Karrierebeginn war. Wenn ja q.e.d“
Mein Sohn war 23 Monate FWDL und am Ende froh wieder raus zukommen. FWDL’er Kameraden seiner Grundi übrigens auch. Begründung: Schlechte Menschenführung und massive Unterforderung (Gammeldienst in der Stube). Die jungen Leute haben ein bestimmtes Bild vor Augen (Manöver, Übungen, „Action“) und werden dann mit dem ‚Alltag‘ konfrontiert. Zu Beginn war er Feuer und Flamme (Grundi in Roth und Vollausbildung in Hammelburg). Die erste Enttäuschung kam übrigens, als ihm mitgeteilt wurde, daß er als FWDler niemals in einen Auslandeinsatz gehen würde.
@Bow:
Hat vollkommen recht, wenn er schreibt, dass es auf die „netto“ Truppenstärke („boots on the ground“) ankommt. Eine reine Anzahl von Soldaten sagt kaum etwas über deren personelle und materielle Einsatzbereitschaft.
Viele Dienststellen der Bundeswehr erinnern mich mehr an eine Kreisverwaltung als an ein verteidigungspolitisches Instrument.
Die Anforderungen an das Personal werden auch seit Jahren heruntergefahren. Das Motto scheint zu sein: „Alle einstellen, die nicht bei drei auf den Bäumen sind!“. Dabei werden auch zivile Seiteneinsteigende gleich mit hohen Dienstgraden in die Bundeswehr gelockt.
Für eine Truppe mit um die 180.000 Soldaten/Soldatinnen sind die letzten Erfolge auch eher spärlich. Da wird sich auf die Schultern geklopft, weil man ein paar Evakuierungsflüge nach Kabul hat durchführen können und das man ca. 1.800 Soldatinnen und Soldaten bei der Flutkatastrophe in Deutschland hat einsetzen können.
Ich hätte mir zehntausende Soldatinnen und Soldaten vorstellen können, die im Katastrophengebiet helfen.
Letztlich muss man sich fragen, wofür man eine so große Armee hat, wenn diese anscheinend nur fast handlungsunfähig in Büros sitzt. Auch das Beispiel der afghanischen Armee zeigt, dass eine reine Personalstärke nur wenig zu deren Schlagkraft aussagt.
Wenn das Verteidigungsministerium in der Lage wäre mit dem Verteidigungshaushalt vernünftig umzugehen dann hätten wir ganz sicher keine Probleme in der Ausstattung. Das fängt beim Bleistift an und hört bei Großprojekten auf. Und da zwischen ist es ein reiner Irrwitz. Von Einsparungen der Energiekosten will ich gar nicht reden.
Nicht auszumalen was wir für eine tolle Truppe haben könnte wenn man nur willens wäre auf allen Ebenen vernünftig zu arbeiten wie es sich gehört wenn einem Geld zur Verfügung gestellt was in diesem Land Menschen durch harte und ehrliche Arbeit erwirtschaften.
Als Angehöriger der Bundeswehr dreht es einem schon mal des öfteren der Magen um…
supermed1998 sieht bereits einen Klimabeauftragten in der Bundeswehr.
Volle Zustimmung, wenn dieser Beauftragte sich um die Verbesserung des Binnenklimas zwischen Ministerium und Truppe und um den Abbau der Kälte zwischen Parlament und Bundeswehr kümmert.
Pio-Fritz, 27.10.2021 um 10:42 Uhr
+1. Genau so ist es.
Um eine Bilanz zu ziehen nach 16 Jahren ununterbrochener „Richtlinienkompetenz“ , mehreren IBUK aus der CDU und einigen „Reformen“, Transformationen“ und wie diese Fähigkeitsvernichtung auch immer deklariert wurde, ist relativ einfach: siehe die zahlreichen Beiträge oben…
Der Bilanz ist nichts mehr hinzuzufügen aber das bringt uns nicht weiter. Nunmehr wäre es an der Zeit, die Bedrohung zu analysieren, die zu verteidigenden Interessen festzustellen und die Streitkräfteplanung daraufhin auszurichten.
Wird das passieren? Sehr wahrscheinlich nein. Genausowenig wie in anderen Politikfeldern der letzten Jahre, die eng an Sicherheit angrenzen,
Ohne Reformansatz wird bereits die bisherige Personalstärke und die dafür aufzwendenden Gelder den EP 14 sprengen, da besteht kein Zweifel. Die mickrigen investiven Anteile müssen also weiter eingedampft, die Vollausstattung wieder geschoben werden, Das sieht nicht gut aus und macht den leckgeschlagenen Kahn der Einsatzbereitschaft nicht wieder flott. Zumal immer weniger Soldaten Bock auif die bürokratischen Rahmenbedingeungen im täglichen Dienst haben, das Thema innere Kündigung sollte mal das SOWI Institut untersuchen, wahrscheinlich landet die Studie aber wieder im Panzerschrank. Neuer IBUK schön und gut, zunächst gilt es die Truppe wieder mitzunehmen, die voreilige Reformankündigung hat jedoch sehr viel Vertrauen gekostet, das dauert. Wer die xte Reform der Bundeswehr erlebt und durchlitten hat, glaubt an keine Parolen mehr, da müssen schon Taten folgen und genau das sehe ich nicht.
@Hausmeister:
Genau da wird es interessant werden.
Die Anforderungen der NATO an Deutschland steigen wohl absehbar weiter an (https://augengeradeaus.net/2021/10/nach-den-sondierungen-grundlegendes-verstaendnis-der-ampel-koalition-in-der-sicherheitspolitik/comment-page-3/#comment-369518), der Personalumfang der Bw und die Finanzlinie treten – im besten Fall – auf der Stelle.
Das kann nicht funktionieren, da die immer wieder erträumen Effizienzgewinne in der erforderlichen Dimension nicht vorhanden sind.
Aber wer will das so genau wissen?
Man wird wohl lieber erneut über 2% philosophieren und versprechen die Bundeswehr modern und einsatzbereit auszurichten.
Es werden sich aber sicher auch wieder genug finden, die die nächste Runde der Verschlimmbesserung erneut begrüßen und beklatschen. Teilweise der gleiche Personenkreis, der vor wenigen Wochen noch das Eckpunktepapier und die darin enthaltene Beibehaltung der Personalobergrenze „begrüßte“.
@Weber
Wenn Sie dringend ins Krankenhaus müssen, kümmert Sie dann der CO2-Ausstoß der Ambulanz? Klimawandel darf in den Streitkräften ein Thema sein, wo es ohne Beeinträchtigung des verfassungsgemäßen Auftrags möglich ist, z.B. bei den „weißen“ Dienstwagen. Überall sonst hat das Thema nichts verloren.
Nicht persönlich nehmen, aber ich staune über Äußerungen wie die Ihre – es sei denn, natürlich, Sicherheitspolitik interessiert Sie nicht. Denn die Bundeswehr muss bereits jetzt durch so viele bürokratische Hürden springen, dass eine weitere in Sachen Klimaneutralität sie an den Rand der Implosion bringen wird.
@wetzelsgruen
Die Union unter Merkel hat die bereits zuvor begonnene Einfahrung der Friedensdividende konsequent weitergeführt. Schlimm genug. Trotzdem lässt es sich nicht leugnen, aus welcher Richtung zuletzt die richtigen Impulse in puncto höherer Wehretat und Aufwuchs kamen. Von politischer Kontinuität kann darum angesichts der heutigen Nachrichten keine Rede sein.
@Closius
Absolut richtig. Wo Personal abgebaut wird, schrumpft auch der Etat und Materialbestand. Umgekehrt bedeutet das, dass die Rücknahme des Personalaufbaus dazu führen wird, dass die Aufstockung von Etat und Material ebenfalls entfallen. Das ist für sich genommen problematisch genug. Doch die dahinter stehende Botschaft ist der eigentliche Jammer, wenn man bedenkt, warum die Aufstockung beabsichtigt war.
ui… spannender Testballon…
ich denke man will hier mal vorfühlen und die Reaktionen testen
spannend finde ich dass im gleichen Zeitraum Polen ankündigt seine Streitkräfte personell zu VERDOPPELN! weil man sich aus dem Osten (zurecht) bedroht fühlt…
ich denke das man sich diesbezüglich in der NATO auch abstimmen MUSS
losgelöst davon denke ich persönlich dass das Sinn machen kann… unter folgenden Voraussetzungen:
– die ~180.000 Mann müssen intern so umstrukturiert werden dass man mehr einsatzfähiges Personal am Ende hat als jetzt (mehr einfache Soldaten, weniger Zivilisten, weniger Wasserkopf und Stäbe)
– massiver Ausbau der Reserve: ggf kann man das aktive Personal auch auf 160.000 Mann reduzieren, wenn man gleichzeitig eine gute ausgebaute Reserve (Ausbildung, Übung, Material) mit 30.000-40.000 Mann hat
– Die Mittel des EPL14 müssen mindestens konstant bleiben, oder weiter leicht anwachsen (das man NETTO mehr Geld in moderne Ausrüstung und Instandhaltung stecken kann) -> durch den Einsatz modernen Gerätes kann man den Personalbedarf auch senken (Stichwort Drohnen, UGV, Vernetzung, usw.)
– intelligente Beschaffung (marktverfügbare Produkte vor Eigenentwicklung, weniger Goldrandlösungen)
– es muss klar definiert werden was die Bundeswehr in der NATO und zur Landesverteidigung leisten muss… und das muss dann aber auch geleistet werden:
2-3 DIVISIONEN on the ground (oder doch eher nur 1 Division und 2-3 Brigaden)
1-2 Luftkampfgruppen (Anzahl xx an Flugzeugen, Drohnen, Tanker)
Transportkappa xy (zu See, zu Land, in der Luft)
1-2 Marineverbände
-> diese Kräfte dienen NATO Einsätzen UND der Landesverteidigung im Bündnis
@Pio-Fritz 27.10.2021 um 10:42 Uhr – absolute Zustimmung.
Insgesamt gilt es erstmal Ruhe zu bewahren. Nebenbei, die richtige Reihenfolge ist:
1. LoA – international abgestimmt
2. Fähigkeitsprofil
3. Personal und Material
Würden die Fachpolitiker anders agieren und eine neue personelle Obergrenze einfach so in einen KOAV aufnehmen, hätten sich diese endgültig disqualifiziert. Das heißt nicht, dass LoA und damit Fähigkeiten etc. nicht zu überprüfen und bei Bedarf anzupassen seien. Verantwortungsvoll agierende Politik hält allerdings die Reihenfolge ein. Warten wir es ab. Ist vermutlich nur ein Sturm im Wasserglas, oder hat jemand schon ein belastbares Zitat eines Politikers dazu? Nebenbei, vielleicht sollte auch mal erklärt werden, wie es zu den 203.000 auf der Zeitachse (inkl. 12.500 FwD / 4500 Res) oder zu den 73.000 Zivilbeschäftigten (!) kommt. Ist vmtl. außerhalb des Fachblogs zu kompliziert.
@Closius:
Nur dass eben die Polizeibehörden in den Ländern ganz ähnliche Probleme mit dem Nachwuchs haben, wie die Bundeswehr. Und ein Schuft, wer Böses dabei denkt, aber auch die Bundes- und Landespolizeien sollen ja punktuell durchaus ein Problem mit Rechtslastigkeit haben, wenn man entsprechende Meldungen und zutage tretende Tatsachen nüchtern betrachtet.
Wenn solche Figuren – wie es eigentlich gemäß geltender Rechtslage Standard sein sollte – aus den Streitkräften konsequent fernhält, und das folgerichtig auch für die Behörden mit Zuständigkeit für die innere Sicherheit gelten dürfte, wird man zwangsläufig gezwungen sein, die Besoldung erheblich zu verbessern, um am Arbeitsmarkt weiterhin nicht nur willige, sondern auch qualitativ sowie charakterlich geeignete Bewerber zu bekommen.
Den politischen Willen dazu sehe ich allerdings noch nicht. Und wenn hier auch schon die Polizei zuwenig Bewerber hat, um die demographische Brücke über die anstehenden Abgänge zu schlagen, wird ohne entsprechende Attraktivitätssteigerungen auch bei der Polizei keine entsprechende Nachfrage ausbrechen.
@Pio-Fritz:
Genau so ist es! Ich kann nur davor warnen, jetzt in blindwütigem Eifer den Überbringer schlechter Nachrichten für deren Gehalt zu kujonieren. Auch wenn wir hier in bester Couchfeldherrnmanier gern mal drüber schwadronieren, welche Ausstattung optimal für welche Aufgabe wäre und das natürlich alles haarklein benennen können(!) Wir sind bei der Bundeswehr auch nicht bei „wünsch‘ Dir was“, sondern eher bei „so isses!“. Leben in der Lage, heißt das.
Die Wiedereinführung der Wehrpflicht würde ich sicherheitspolitisch sofort unterschreiben, aber verfassungsrechtlich habe ich doch arge Bedenken, ob ein Modus, der die derzeitigen Kapazitäten für Ausbildung und Ausrüstung nicht überfordert, an den Grundsätzen der Wehrgerechtigkeit gemessen für mehr als wenige Jahre überzeugend zu rechtfertigen wäre.
Man muss kein geistiger Überflieger sein, um zeitnah zu erkennen, dass eine Reduzierung der Bundeswehr auf die aktuell machbare Größe von +/- 180.000 Soldatinnen und Soldaten in vielerlei Hinsicht richtig und konsequent wäre.
Dies könnte eine Chance für die Bundeswehr werden, wenn die finanzielle Ausstattung nicht mit größeren Einschnitten verbunden ist.
Klimawandel und Nachhaltigkeit ist doch beim BMvg längst vorhanden
siehe z.B.
https://www.bmvg.de/de/aktuelles/auswirkung-klimawandel-sicherheitspolitik-5055556
https://www.bmvg.de/de/nachhaltigkeitsmanagement-bmvg-nachhaltige-entwicklung
Nachhaltigkeit ist im Ministerium bei IUD II zu finden
https://www.bmvg.de/resource/blob/11902/c04e31e0b77bb2411ce99f65d92b0eb7/download-organigramm-data.pdf
Das sieht mir (unabhängig davon, ob es so kommt oder nicht) erstmal als taktisch und kommunikativ unklug im Verhältnis der neuen Regierung zu USA/NATO aus. Die ersten Signale aus den Koalitionsverhandlungen sollten ja besser nicht alle Vorurteile in Bezug auf eine mangelnde Verlässlichkeit bzw. ein mangelndes Interesse am burden sharing im Bündnis bedienen …
Sich auf das realistisch Machbare zu fokussieren, auch hins. Gesamt-Personalstärke, ist aus meiner Sicht das einzig Vernünftige.
@ Trevor Faith: Tut mir leid für Ihren Sohn. Scheint aber ein symptomatisches Bild bei FWDL zu sein.
@ Closius: ITA Polizei/Carabinieri ist national organisiert. Ansatz funktioniert in DEU nicht. Es brauch auch niemend 19.000 zus. FWDL im Gammeldienst oder A15+ in Stäben etc. Die Frage „Was wollen wir können und was brauchen wir dazu“ ist weder mit der Zahl 203000 noch mit den magischen 2% plausibel beantwortet.
Die Absage an den „Aufwuchs“ hat ehrlichgesagt weitaus mehr Realismus zu tun als das was die letzten beiden GroKos daherschwadroniert haben. Ich behaupte mal Kraft meiner Wassersuppe, daß selbst ohne die materiellen Probleme kaum davon zu sprechen wäre, daß die Deutschen der Bundeswehr die Türen einrennen würden. Da gibts weitaus folgenreichere Ursachen in den Bereichen Mentalität und „politische Kultur“.
Der casus knackus wird sein, ob der „tooth-to-tail“ Faktor (der bei der BW wie schon richtig angesprochen ja horrend schlecht ist aufgrund der vielen Wasserköpfe) sich irgendwie bessert oder ob – wie auch schon richtig angesprochen – das Ganze Problem 1:1 weitergetragen wird. Dann aber auf eine kleinere Gesamtgröße.
Was die Marine angeht würde ich darauf tippen dass die F123 die ja grade grundüberholt wird, bis auf Weiteres im Dienst bleibt und die F126 als Zusatz oben drauf. Sodass es am Ende 15 Fragatten und 10 Korvetten werden.
[Och nö. Bei diesem – politischen – Diskussionsstand fangen wir in diesem Thread bitte nicht das Panzer- und Flaggenstöcke-Zählen an… T.W.]
Ich sage jetzt mal ganz böse:
Man hätte ja die Wehrpflicht nicht abschaffen müssen…
qmuck:
Sorry, aber da bin ich nicht bei Ihnen: „lässt es sich nicht leugnen, aus welcher Richtung zuletzt die richtigen Impulse in puncto höherer Wehretat und Aufwuchs kamen…
Wikipedia: “ Impuls (von lat. impellere‚ „einschlagen, antreiben, veranlassen“)
Und was ist daraus geworden? Hat sich dadurch die Einsatzbereitschaft, von der der GI schreibt um ein Jota verbessert? Ist der Moloch Beschaffung/Rüstung beschnitten und gestrafft worden? Sind zu den existierenden PzBtl neue hinzugekommen? Ja, ganze 2!!! Kompanien neu aufgestellt, der Rest war schon da, nur in einer anderen Gliederung. Tut mir leid, am 30.03.2019 sollte das neue Fähigkeitsprofil entschieden werden, alles war durchgerechnet und lag vor, es wurde nix entschieden. Stattdessen unmittelbar vor dem Wahlkampf das Eckpunktepapier mit den bekannten Punkten. Das ist mir zuwenig. Nur als Beispiel: Wir haben derzeit soviele Panzer im Bestand wie die Ukraine in einer einzigen Schlacht verloren hat, das gefällt mir nicht. Polen möchte furchtbar gerne hinter sich einsatzbereite Streitkräfte wissen, wenn weiter ostwärts wieder SAPAD läuft….das kann ich gut verstehen. Wenn man wenigstens darauf vertrauen könnte, dass die avisierten 185.000 auch modern ausgerüstet und bewaffnet werden, leider glaube ich das nicht, das hat seit 1990 noch nie funktioniert, das beim Abbau gesparte Geld in Ausrüstung zu investieren..
@TW War auch so nicht gedacht. Sondern eher „wie schafft man etwas beizubehalten ohne neues kaufen zu müssen“. Stichwort Geld. Dass wird sich durch alles ziehen. Ist ja wie zuhause. Lg
Für sich genommen, ist die Nachricht kein Grund zur Beunruhigung. Zum einen ist man von den avisierten 198.000 aktiven immer noch weit entfernt, ohne dass es einen glaubhaften Weg gibt, wie man dort bis 2027 hinkommen sollte. Anderseits kann man auch mit Streitkräften in der Größenordnung von 185.000 Soldaten sicher glaubhaft militärisch agieren – wenn denn, wie von vielen anderen Kommentatoren richtig festgestellt, das Indianer-zu-Häuptlinge-Verhältnis stimmt.
Genau da liegt aber der Knackpunkt. Mit dem derzeitigen Laufbahnmodell (in dem es, vereinfacht gesagt, nichts Attraktives zwischen SaZ12 und BS gibt) ist das aus meiner Sicht einfach nicht machbar. Der vielzitierte Wasserkopf ist de facto „by design“, weil die ewigen Verpflichtungszeiten geradezu dazu zwingen, entsprechende Elefantenfriedhöfe zu schaffen. Dass in den letzten beiden Legislaturperioden die Antwort lautete „noch mehr BS“, geht aus meiner Sicht in eine völlig falsche Richtung.
Kolportiert wird ja häufig, dass Versuche, eine eigenes, nicht ans Beamtenrecht gekoppeltes Laufbahnmodell einzuführen, stets am Innenministerium gescheitert sind. Das vermag ich nicht zu beurteilen, in jedem Falle wäre eine völlige Neuaufstellung der Personalgewinnung und -organisation eines der ganz dicken Bretter, welches eine neue Regierung bohren müsste, weitaus wichtiger als irgendwelche personellen Obergrenzen.
Fatal wäre eine solche Nachricht eher als Signal an die Verbündeten in EU und NATO, insbesondere in Verbindung mit einer (derzeit glücklicherweise noch nicht verkündeten) Reduktion des Wehretats. Nachdem die sicherheitspolitischen Realos in der SPD durch die Isolationisten um Mützenich größtenteils außer Gefecht gesetzt wurden, ist das nach meiner Bewertung ein durchaus realistisches Szenario, aber warten wir mal den endgültigen Koalitionsvertrag ab.
@Holzi:
Es wäre zu wünschen, dass es – dieses mal – einen so strukturierten Vorgang (Sicherheitslage, LoA mit Bezug auf NATO und EU, Fähigkeitsprofil, Struktur, Personal, Material, Haushalt) geben würde.
Jedoch beginnt der Ansatz erneut von der anderen Seite:
Die verfügbaren Haushaltsmittel sollen in anderen Politikfeldern aufwachsen und daher müssen im EPl. 14 die Ausgaben begrenzt werden. Das ist auch durchaus legitim, die Entscheidungsträger müssen halt nur verstehen welche Folgen dies außenpolitisch und auch verteidigungspolitisch heißt.
Damit kommt erneut erhebliche Unruhe in die Beziehungen der Bündnispartner (deutsche Zusagen zu Fähigkeiten in der NATO (siehe neuer NDPP-Zyklus), Glaubwürdigkeit der neuen EU-Pläne), Unruhe in die Bundeswehr (Strukturen, Standorte, Attraktivität des Dienstes, Abkehr von Soldaten (innerlich oder durch Verzicht auf die Weiterverpflichtung oder BS-Status).
Auch die Versprechen es werde dann am Ende des Weges alles viel besser und man müsse einfach nun nur noch etwas durchhalten wird wohl niemand mehr mit wenigen Dienstjahren glauben.
Interessant ist heute auch der Aufschrei der CSU zu dem Thema:
Bisher sammelt die „Ampel“ zunächst mal die Scherben der Arbeit der Union der letzten 16 Jahre zusammen.
Fazit:
Mal abwarten wie es endgültig wird, aber eine Trendwende scheint wahrscheinlich.
Kann man machen, man sollte dann nur als politischer Entscheider nicht wundern, wenn der Anspruch von „mehr Verantwortung“ nicht mehr umsetzbar ist.
Sofern das noch der Anspruch ist.
Darüber wäre eine offene und ehrliche Diskussion wirklich interessant.
Breite vor Tiefe für LV/BV, IKM, NatRKM und Katastrophenschutz funktioniert halt nicht mehr.
Immerhin ist der Neuansatz ehrlicher als die bisherige Leugnung der Probleme der Trendwenden Finanzen, Personal, Material.
Zu den auch vom Hausherren betonten künftigen Aufgaben noch eine Anmerkung.
Es hätte mit Blick auf die politische Landschaft natürlich eine gewisse Logik Deutschland primär als logistische Drehscheibe zu verstehen.
Dann wäre auch die SKB gerettet….
Aber was in der Debatte zumeist untergeht:
Derlei ist nicht die Vorstellung der NATO und der Verbündeten. Diese erwarten einsatzbereite Streitkräfte und Deutschland war ja auch immer so stolz auf das Rahmenkonzept.
In Praxis übertragen bedeutet dies innerhalb der NATO: Die Korps- und Divisionsebene abzudecken und auch eigne Brigaden bereitzustellen.
Aktuell sind wir aber selbst bei der Funkausstattung bekanntermassen deutlich hinter fast allen NATO-Staaten.
Dies zu ändern kostet Milliarden, etwas weniger wenn man etwas Personal einspart.
Ich habe weiterhin den Eindruck, dass der Bedarf an Vollausstattung und der Modernisierungsdruck in seinen Konsequenzen politisch nicht wirklich verstanden ist. Da hilft der Verzicht auf ein paar Truppenteile nicht wirklich.
Alternative:
Tiefe vor Breite. Kostet aber auch Geld.
Hausmeister sagt:
27.10.2021 um 11:46 Uhr
„Ich möchte den Blick weiten und auf die vergangenen Freitag beim NATO-Verteidigungsministertreffen vereinbarten neuen Planungsziele der NATO an die Mitgliedsstaaten hinweisen. Die Nationen haben diese Vorgaben akzeptiert…. Will Deutschland diese vereinbarten Ziele, die wohl nicht weniger fordern als die Ziele aus 2017, umsetzen?“
Da haben Sie genau den Punkt!
Der Skandal ist, dass die geschäftsführende Regierung, beraten durch den GI (unterstützt durch Abt Pol und SE) vorsätzlich die neue Regierung bindet, indem sie NATO-Planungsziele akzeptiert, die weder im Zwischenschritt 2027 noch im Ziel jenseits von 2031 jemals realisierbar waren. Im Übrigen sind diese Planungsziele keine „Befehle“ der NATO sondern wurden von DEU mitverhandelt, man hätte das beeinflussen können.
Der Regierungswechsel wäre eine gute Chance gewesen, die NATO-Planungsziele für DEU auf einen realisierbaren Umfang zurückzuführen und das unselige Fähigkeitsprofil anzupassen.
Wir.Dienen.Deutschland.
Das Thema Klimawandel würde ich in Hinblick seine Effekte auf die Sicherheitspolitik nicht hinten runter fallen lassen.
Die Unkenrufe auf die Grünen greifen daneben. Es geht ja hier nicht darum, den Leo mit Biodiesel zu betreiben. Die Frage ist aber, angesicht eines Landes ohne nennenswerte Rohstoffreserven aber schon zustellen, wo z.B. eine Brennstoffzelle Sinn macht. Stichwort: Autarkie. Man schaue auf die aktuelle Gaspreispolitik.
Auch die Effekte des Klimawandels: Ausbreitung von Wüsten, Wassermangel, Klimaflüchtlinge, hierzulande: Zunahme von Klimaextremen.. Überschwemmungen usw. sollten nicht übersehen werden.
Wir leben nicht mehr im Zeitalter der Emser Depeche. D.h. wo man gegen seinen Erzfeind ins Felde zieht. Die Dinge wandeln sich beschleunigt. und dieser Wandel ist die sicherheitspolitische Herausforderung. Die Folgen des Klimawandel sind DAS sicherheitspolitische Thema unserer Zeit und vor allem der Zukunft und wir sind klug beraten, es zu analysieren.
Daneben stehen die Grünen für Digitalisierung.. ein Thema mit ganz eigenen sicherheitpolitischen Effekten.
Meine Meinung: hier verlagert sich was von konventioneller Kriegsführung auf neue weitgehend noch nicht konkret bestimmte Herausforderungen.. und wir müssen auf diese neuen Bedrohungen reagieren und neue Abschreckungsszenare schaffen.. und vor allem in neuen Begriffen denken.
Ob „boots on the ground“ da der rechte Maßstab sind? Kommt auf die Definition von „ground“ an. Möglicherweise eher der „Desktop“. Ist ja auch ne Art von „Oberfläche“.
Ob die Grünen dafür das fachpolitische Personal haben? Könnte sein..
@Sailor 1995:
Zustimmung.
Die Einmeldung von Fähigkeiten – wenn auch formal “consensus minus one” – ist ja eine politische Angelegenheit.
Das BMVg ist aber stets bereit noch mehr zuzusagen – in der Hoffnung, dass man dafür Zuhause mehr Haushaltsmittel bekommt. Daheim wird der NDPP, aber zu wenig erklärt (siehe die weiterhin oberflächliche 2%-Diskussion).
Das alles wird nun bald der Ampel vor die Füße fallen, da Personalreduzierung immer auch eine Reduzierung von Fähigkeiten bedeutet. Nicht wenige davon sicherlich NDPP-relevant.
Das wird man aber wohl weiterhin wortgewaltig von sich weisen und am Grundproblem der verfehlten Mechanik des NDPP-Prozesses nichts ändern.
Dies gilt natürlich nochmehr für die Ideen bei der EU, insbesondere EUBG+ auf Brigade, für die ja ja auch wieder gelten soll: No single set of forces.
Mit begrenzten Kräften sehr schwierig.
Wie schon beschrieben ist das Problem nicht lösbar, wenn man nach SaZ 12 nur BS produziere und die irgendwo unterbringen muss. Zumal dieser Unterbau die Begründung für sehr viele goldene Sterne und breite Streifen ist.
Solange man die Frösche fragt wird der Teich nicht leer.
@ muck
Zu ihrem Beispiel des Krankenwagens: Ich glaube nicht, dass in 20 Jahren auch nur ein einziger davon mit Dieselantrieb in Deutschland fahren wird. Vielleicht als Museumsstück, aber mehr nicht.
Klimawandel hat in den Überlegungen zur zukünftigen Bundeswehr sehr viel zu suchen.
Erstens wird er der Hauptgrund für die zukünftigen Auslandseinsätze werden.
Zweitens bringt es auch hier nichts, an alter Technik festzuhalten, wenn um uns herum die Streitkräfte die Herausforderung annehmen und umrüsten. Siehe zum Beispiel Großbritannien.
Ob der Leo weiter mit Diesel fährt, oder eben mit E-Fuel oder Wasserstoff, kann noch niemand sagen. Aber wir müssen diesen Weg natürlich mitgehen.
Denn was bringt das Festhalten am Diesel, wenn es keinen mehr gibt, oder die Kosten fünfmal so hoch wie jetzt werden?
Man muss schon ein bisschen nach vorne gucken…
Die NATO-Forderungen an DEU sind mit 203.000 nicht zu erfüllen und mit 185.000 erst recht nicht. Trotzdem würde ich die 185.000 als wesentlichen Schritt hin zu mehr Realismus begrüssen. Entscheidend ist jedoch das klare Bekenntnis der neuen Bundesregierung gegenüber der NATO, welche der Forderungen DEU konkret nicht erfüllen wird. Dies muss mit Entscheidungen zu Fähigkeitsverzichten in der Bundeswehr einhergehen. Ansonsten gibt es keine Chance auf Besserung.
@ Sailor 1995 sagt: 27.10.2021 um 19:16 Uhr
Die Nato – Planungsziele werden durch die BuReg als Ganzes unter FF des AA gezeichnet.
Bei all diesen größer werdenden Fragezeichen, Streichungen und noch zu findenden Positionen bin ich gespannt auf den Vortrag von GenLt Laubenthal zum Thema „Rebalancierung auf Landes- & Bündnisverteidigung – Aktuelle Handlungsfelder der Bundeswehr“, den ich Ende November hören darf. Sollte es da schon jetzt Folien geben, werden die bis dahin mindestens so viele Reformen erleben, wie die Truppe seit der Wiedervereinigung. Wobei Ada und BdL seitens der milFü sich sicher kaum ändern werden – die potentiellen Möglichkeiten des Handelns wahrscheinlich schon…