Vor Start der eigentlichen Koalitionsverhandlungen: Steht die Größe der Bundeswehr zur Disposition?
In dieser Woche starten die Partner einer möglichen Ampelkoalition mit den Verhandlungen über Details ihrer Regierungspläne und damit auch über Einzelheiten der Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Dazu gehört auch immer, dass manche Positionen vorab – gezielt? – bekannt werden: SPD und Grüne wollen nach einem Zeitungsbericht den von der bisherigen CDU-Führung des Verteidigungsministeriums angestrebten weiteren Personalaufwuchs der Bundeswehr stoppen.
Die Meldung kommt am (heutigen) Mittwoch von der Süddeutschen Zeitung (Link aus bekannten Gründen nicht; ohnehin hinter Paywall) – Kernaussage:
Nach Informationen der SZ könnte es dazu kommen, dass die Bundeswehr nicht weiter wachsen soll. Vor allem SPD und Grüne rütteln an der Zielmarke von 203 000 Soldatinnen und Soldaten in zehn Jahren; die Truppe könnte in etwa so groß bleiben, wie sie heute ist. (…) Die FDP, so heißt es, würde das mittragen, wenn sichergestellt sei, dass die Bundeswehr ihren künftigen Aufgaben nachkommen könne.
Die derzeit geltende Planung des Verteidigungsministeriums, zuletzt im Dezember vergangenen Jahres bestätigt, sieht die 203.000 Soldatinnen und Soldaten bereits bis zum Jahr 2027 vor, dabei eingerechnet sind 4.500 Stellen für Reservisten. Allerdings sind die Streitkräfte von diesem Ziel bislang noch weit entfernt: In den vergangenen Monaten kratzte die Bundeswehr immer an der Marke von 184.000 aktiven Soldatinnen und Soldaten und konnte diese Zahl nicht langfristig überschreiten.
Eine Neuorientierung mit einer neuen Zielgröße ist deshalb aus gleich mehreren Gründen wahrscheinlich: Wie sich der Verteidigungshaushalt in den kommenden Jahren angesichts der Ausgaben für die Corona-Pandemie, aber auch den möglichen Kosten für den Klimaschutz entwickeln wird, müssen die Koalitionäre ohnehin festlegen – und das sieht bislang nicht nach einer deutlichen Steigerung aus. Und die Personalkosten der Streitkräfte nähern sich sowieso schon der Hälfte der Gesamtausgaben.
Wesentlicher allerdings: Dass die Bundeswehr schon ihren bisherigen Personalaufwuchs nur sehr mühsam hinbekommt, wenn überhaupt, deutet auch darauf hin, dass unabhängig vom Geld eine deutliche Steigerung illusorisch ist. Es melden sich schlicht nicht so viele (nicht nur junge) Männer und Frauen wie benötigt werden. Die geburtenschwachen Jahrgänge und das erwartete Wachstum der Wirtschaft nach der Corona-Delle dürfte dazu weiter beitragen.
Von der Personalstärke hängt allerdings auch ab, ob und wie die Bundeswehr langfristig ihre Aufgaben erfüllen kann – nicht zuletzt die Zusagen, was Deutschland zur gemeinsamen Verteidigung in der NATO beiträgt. Das so genannte Fähigkeitsprofil (dessen Details unter Verschluss sind) ist schon mit der derzeitigen Personalstärke nicht oder kaum zu stemmen. Deshalb lässt die Aussage zur Haltung der Freien Demokraten in der SZ-Meldung aufhorchen: Die FDP, so heißt es, würde das mittragen, wenn sichergestellt sei, dass die Bundeswehr ihren künftigen Aufgaben nachkommen könne.
Damit, so scheint es, stehen in den Koalitionsverhandungen nicht nur eine finanziell und demographisch bedingte Neuorientierung des Streitkräfteumfangs zur Debatte. Sondern ebenso die Frage, wie denn die künftigen Aufgaben der Bundeswehr definiert werden. Alle drei Faktoren zusammengenommen werden die künftige Größe der Streitkräfte bestimmen.
(Archivbild: Feierliches Gelöbnis vor dem Bendlerblock am 20. Juli 2021 – Sebastian Wilke/Bundeswehr)
@ wetzelsgruen, schön geschrieben, Zustimmung:
… am 30.03.2019 sollte das neue Fähigkeitsprofil entschieden werden, alles war durchgerechnet und lag vor, es wurde nix entschieden. Stattdessen unmittelbar vor dem Wahlkampf das Eckpunktepapier mit den bekannten Punkten. Das ist mir zuwenig. Nur als Beispiel: Wir haben derzeit soviele Panzer im Bestand wie die Ukraine in einer einzigen Schlacht verloren hat, das gefällt mir nicht. Polen möchte furchtbar gerne hinter sich einsatzbereite Streitkräfte wissen, wenn weiter ostwärts wieder SAPAD läuft….das kann ich gut verstehen. Wenn man wenigstens darauf vertrauen könnte, dass die avisierten 185.000 auch modern ausgerüstet und bewaffnet werden, leider glaube ich das nicht, das hat seit 1990 noch nie funktioniert, das beim Abbau gesparte Geld in Ausrüstung zu investieren..
Und @ Memoria, wunderbar:
„Derlei ist nicht die Vorstellung der NATO und der Verbündeten. Diese erwarten einsatzbereite Streitkräfte und Deutschland war ja auch immer so stolz auf das Rahmenkonzept.“
Lesenswert!
PioFritz auch uneingeschränkt Zustimmung. Das BMVg 16 Jahre CDU geführt, wo wir aktuell stehen muss jeder für sich selbst bewerten.
Vielleicht muss man die jetzt anlaufende Reformdiskussion unter praktischen Gesichtspunkten sehen.
– Alle Maßnahmen seit 1994 um die Bw zu reduzieren (vereinbarten 370 000 Soldaten, die dann gleich auf 340 000 Soldaten reduziert wurden), dienten dem Einsparen von Haushaltsmitteln im EP 14 !
– Die jetzigen 184 000 Soldaten sind nur durch die Erhöhung der Zahl der Berufssoldaten und durch die exorbitanten Verlängerungszeiten auf bis zu SaZ 25 möglich geworden. De facto können wir bei der anstehenden Demografie um den Wettbewerb von Arbeitskräfte gar nicht nennenswert größer werden, d.h. mit Auslaufen der langen SaZ-Verpflichtungungsverhältnisse können aufgrund der Demografie sowieso nur noch weniger junge Soldaten gewonnen werden und die Bw verkleinert sich quasi automatisch.
– Alle großen Beschaffungsvorhaben seit 1990 dienten primär der Erhaltung der deutschen Rüstungsindustrie und nur sekundär der Ausstattung der Bw. Dadurch sind viele Vorhaben teurer und ineffektiv geworden (Beschaffung von Vorserienmodellen IOC, IOC+ bis FOC). Gleichzeitig wurde durch die ewige industrielle Nachrüstung von fabrikneuen Waffensystemen der verfügbare Bestand von einsatzfähigen Waffensystemen der Bw drastisch reduziert, was nur die industriellen Kapazitäten ausgelastet hat.
– Alle Maßnahmen zum Umbau der zweiten logistischen Ebene der Bw dienten dazu die zivile Wirtschaft möglichst umfassend an den Geldern des EP 14 zu beteiligen. Dieses Ziel wurde von BK Schröder und VM Scharping 1998 in Berlin vor 300 Wirtschaftsvertretern ausgegeben. Auch hier war Effizienz und Effektivität nicht das ausschlaggebende Kriterium, sondern das möglichst viele Gelder des EP 14 in die zivile, deutsche Wirtschaft zurückfließen.
– Aufgrund der Inflation und der Gehaltssteigerung benötigt die Bw jährlich ca. 1 Mrd Euro mehr um den Status Quo aufrecht zu erhalten. Eine Stagnation des EP 14 bedeutet damit automatisch eine Stagnation in der Nachwuchsgewinnung (weil das vorhandene Geld von den vorhandenen Soldaten aufgebraucht wird) und ein Rückgang in der Beschaffung von Wehrmaterial, weil das Wehrmaterial jedes Jahr teurer wird.
Schmunzel, also alles wie immer.
Nur das Etikett ändert sich.
Mir ist nur schleierhaft, wie man gleichzeitig auf politischer Ebene die große Lippe schwingt von der Bedeutung Deutschlands in der Welt.
Die Beendigung der Wehrpflichtaussetzung sehe ich nicht kommen.
Das würden die Wähler (vor allen bei den aktuellen Wahlgewinnern) sehr negativ konnotieren und Geld kostet es auch noch. Persönlich sehe ich inzwischen auch einen Großteil der infrage Kommenden (egal ob m/w/d :-)) als ungeeignet an. Zu fett, zu verpeilt, nicht belastbar (weder körperlich noch mental) und vollkommen falsche Vorstellungen von der Tätigkeit. Teile derer welche dann noch übrig bleiben bewerben sich dann noch aus den falschen Gründen.
Es wird bei einer vermutlich relativ kleinen Berufsarmee (kleiner als jetzt und mit zu großem Wasserkopf) bleiben.
Ein Beispiel für aus meiner Sicht zurückliegenden Fehlentwicklungen.
Ich fand es damals schon sehr eigen, als man meinte der LKW Führerschein bei der BW gemacht, wäre ein nicht akzeptabler geldwerter Vorteil und darf nur noch für BW Angelegenheiten verwendet werden.
Viele sind nur deswegen zur BW gegangen. Man hat damit in Zusammenhang mit der Wehrpflicht auch einen besseren Querschnitt der Gesellschaft angesprochen.
Dann hatten sie später was für ihre Tätigkeit bei der Polizei oder auch bei der freiwilligen Feuerwehr.
Ich würde sogar sagen, der Mangel an LKW Fahrern der jetzt bejammert wird, wurde damals in die Wege geleitet. Es hieß ja auch, hast du den LKW Führerschein von der BW kannst du nicht mehr arbeitslos werden.
Niemand bezahlt aus eigener Tasche die Kosten für die Ausbildung, um einen Stressberuf mit mieser Bezahlung zu machen.
Das war win win, die BW bekam anstellige Rekruten und die Gesellschaft ausgebildete LKW Fahrer.
kleiner Hinweis sagt:
28.10.2021 um 7:15 Uhr
„Ich fand es damals schon sehr eigen, als man meinte der LKW Führerschein bei der BW gemacht, wäre ein nicht akzeptabler geldwerter Vorteil und darf nur noch für BW Angelegenheiten verwendet werden.“
Das sollten sie kurz erklären. Wer hat gemeint? Wer hat jemals angewiesen den führerschein nur noch für Bw-interne Dinge zu nutzen?
@Nordlicht @Memoria
Ja wenn man diese Mär so glaubt dann kann man ewig verzweifeln.
Es ist aber eben dies – faktisch eine Mär.
Nimmt man nur die NATO Capabilitiy Targets und legt daneben 203.000 Soldaten reicht das locker. So locker, dass man da wirklich eine Reduzierung ableiten könnte.
Nimmt man aber die NATO Capaility Targets und sagt den Inspekteuren und Präsidenten etc – “hier das machen – was übrig bleibt wird gestrichen” – fehlen am Ende angeblich 40.000 Leute
Wo hakt es? Richtig an deutschem Organsiationsverständnis und leider auch Ehrlichkeit.
Mit 5 OrgBereichen und deren alter Struktur ging das natürlich nicht. Aber solange auch hier “traditionelles deutsches Verständnis” von “was braucht wer und wieviel davon” in einer Division, Brigade, Regiment, Bataillon, Kompanie, Zug und Gruppe herrscht lässt sich das nicht auflösen.
Die NATO schreibt klar auf, was sie erwartet. Wenn dann aber gleich sagt “ja aber ohne x und y ist es doch keine Brigade” und dabei wild mit ZDv von anno dazumal winkt hört’s halt echt auf.
Das Armutszeugnis ist, dass man in deutscher Bräsigkeit halt mal im Schnitt 30% mehr Personal für die gleiche Fähigkeitsleistung braucht als andere Partner. Dazu gibt es ja bereits einschlägige Untersuchungen im Ministerium.
Auch bedenklich waren die Masse an “F” Dienstposten. Also Soldaten die keinen inhärenten Verteidigungsauftrag hatten. Jeder F DP ist ein Ausdruck zumindest zweifelhafter Organisation. Wenn die Person nur im “Grundbetrieb” aus “organisatorischen Gründen” gebraucht wird – ruft das nach Optimierung. Wenn das am Ende Tausende(!) sind wird’s aber übel. Die Lösung der OrgBereiche? Verteilen wir halt im LV/BV Fall um – werden dann “feldmäßig ausgebildet”
“Organisiere dich, wie du kämpfst” rief der InspH noch vor Wochen aus. “Kämpfen” heißt: so wie es die NATO fordert. Auch das Heer hat da so seine Schwierigkeiten – aber dann soll mal bitte keiner zu Lw und Marine schauen – muss man Fantasie (und viel viel Geld) mitbringen. Die Auflösung des ZSan war wenigstens mal richtig in diesem Sinne.
Problematisch auch, dass die Inspekteure und Präsidenten mehr als grenzwertig unehrlich waren und auch der letzte Taschenspielertrick angewendet wurde um “Personal zu verstecken” -> bloß nichts abgeben.
Dass bis heute einige OrgBereiche massiv(!) überplant sind aber händeringend nach Ausreden suchen warum dies dann doch nicht so ist.
Und dass man in Folge der NATO Ziele 2017 nicht in die Grobstruktur und Feinstruktur der BW eingegriffen hat – Zumindest bis zum Eckpunktepapier 4 Jahre später (ok Untersuchungszeit und so) und da (politisch motiviert) nicht stringent genug imho.
Am Ende ist die traurige Wahrheit, dass die Bundeswehr (und der uniformierte Teil des BMVg) schlichtweg das Klüngeln der echten objektiven Ausarbeitung von Lösungsvorschlägen vorgezogen hat.
Getreu dem Motto: “Hier kann nix weg – da will ich noch hin”
@ kleiner Hinweis
es soll nicht OT werden, aber nicht nur die sehr reduzierte Anzahl der bei der Bw erworbenen (und dann umgeschriebenen) BCE / D Führerscheine haben Auswirkungen auf den zivilen Bereich: „früher“ (TM) gab es neben der ortsüblichen Standortfahrschule darüber hinaus auch Fahrlehrer in eigentlich jeder Kompanie, die dann auch mit angemeldeter Nebentätigkeit zivil geschult haben. Der derzeitige eklatante Mangel an Fahrlehrern, der auch ein Grund für mangelnde Ausbildung von Fahrschülern ist, rührt mit daher.
@all
Die Debatte über Lkw-Führerscheine stellen wir dann bitte ein… Ist für diesen Thread schon mehr als ausreichend debattiert.
Holzi sagt:
27.10.2021 um 21:40 Uhr
„Die Nato – Planungsziele werden durch die BuReg als Ganzes unter FF des AA gezeichnet.“
Kein Widerspruch, der Prozess und dessen Abschluss ist mir durchaus bekannt. Ich bleibe aber bei meinem Punkt, dass NATO-Planungsziele polmil beeinflussbar wären und kein Befehl der NATO sind.
Wenn wir den LoA herunterfahren können die Planungsziele geringer sein, dann muss das Fähigkeitsprofil angepasst werden und dann können wir realisierbare Streitkräftestrukturen entwickeln.
@Jas:
Das es da zu viel Geklüngel gibt und Deutschland sich oft ungeschickt anstellt auch nicht. Dazu der Wasserkopf durch das System der Berufssoldaten
Es fehlt eine ordnende von ziemlich weit oben.
Aber selbst dann sind die 3 Divisionen finanziell bei unveränderter Planung nicht abbildbar. Der personelle Mehrbedarf ist auch nicht komplett von der Hand zu weisen (Divisionstruppen).
Daher halte ich für wahrscheinlich, dass es da nochmal Einschnitte geben wird, jedoch nicht in den KdoBeh. Da hat man ja so viele wichtige Aufgaben: unter anderen Papiere zu „mehr Truppe wagen“ zu schreiben.
Vielleicht macht sich die neue Koalition da mal ehrlicher mit Blick auf Personal und Finanzen?
Damit wäre ja schön einiges gewonnen.
Oder man reduziert die Kopfzahl, um Geld zu sparen und lässt die Wasserköpfe weiter seine Spielchen spielen. Also so wie die letzten 30 Jahre – mit immer neuen Überschriften und Reformideen, die am Ende den Laden auch nicht kriegstauglicher gemacht haben.
„Train (and organize) as you fight“ hört man nun auch seit 20 Jahren.
Hat bisher irgendwie nie geklappt, selbst nicht bei der VJTF.
Es gab einmal eine Statistik, die gezeigt hat, dass die EU-Staaten inklusive UK rund 1,5 Millionen Soldaten haben. Das ist ungefähr die gleiche Zahl, wie die der USA…(Die Schlagkraft vergleiche ich jetzt hier besser nicht)
Wenn man ehrlich ist, sollten der EU ohne UK 700.000 bis 800.000 Soldaten reichen, da wir bei weitem nicht die gleichen Aufgaben der USA übernehmen.
Darum sehe ich kein Problem, unsere Streitkräfte auf 150.000 Soldaten zu reduzieren, WENN das Thema moderne und vor allem standardisierte Ausrüstung mit den anderen EU-Armeen angegangen wird.
Das setzt aber den Willen zu weiterer Zusammenarbeit voraus.
Die BW war schon 2011 totgespart mit ihren nur noch 220.000 Soldaten. Es gab kaum noch Kampftruppen(außer den Fallschirmjäger),die man noch reduzieren konnte. Also wurden die Kampfunterstützungstruppen geopfert. Mehrere Hubschrauberregimenter, mehrere Artillerieregimenter, die ganze Heeresflugabwehr, Pioniereinheiten mussten daran glauben, Und um das ganze noch Schlimmer zu machen, wurden viele BW-Einheiten, ohne Not, an andere Standorte versetzt, schlechtere Standorte behalten und gerade erst aufwendig sanierte oder modernisierte Standorte aufgegeben.
Eine Aufrüstung hat es seit der Ankündigung, die BW auf 203.000 Soldaten zu erhöhen, nie gegeben. Aber ich habe den Eindruck, daß Herr Mützenich in diesem Irrglauben ist. Und weil eine Aufstockung der BW nach Aufrüstung riecht, muss diese aus ideologischen Gründen verhindert werden. Tatsächlich hat die BW auf dem Papier zwar mittlerweile zwei Panzerbataillone mehr, aber wir hier wissen doch, daß in beide Bataillone bereits bestehende Kompanien aufgegangen sind, so daß die BW um höchstens ein einziges Panzerbataillon gewachsen ist. Der Rest besteht doch nur darin, Löcher in der BW zu stopfen, wie hole Strukturen im Flakregiment der Luftwaffe oder ein paar Unterstützungseinheiten wieder aufzustellen, die der BW Reform von 2011 fälschlich zum Opfer gefallen sind. Es wurde ein ABC-Abwehrregiment neu aufgestellt, weil nur noch zwei Bataillone als zu wenig für den Schutz der BRD galten, Es ist ein Logistikregiment neu aufgestellt worden und ein Sanitätsregiment. Sowie ein Fernmeldebataillon für die 10. Panzerdivision und zwei Fernmeldekompanien für die 37. Panzergrenadierbrigade und die 12. Panzerbrigade. Darin kann nun niemand Hochrüstung erkennen ohne ein Brett vor dem Kopf zu haben. Und wer die Hochwasserkatastrophe verfolgt hat, und die BW Meldungen auf Twitter dazu, konnte schnell feststellen, daß die BW-Truppenstärke zu klein ist, um den Menschen schnell und ausreichend zu helfen. In NRW, wo eine Panzerbrigade stationiert ist, waren mehr Soldaten und schneller im Einsatz, als in Rheinland-Pfalz, obwohl die Lage in Rheinland-Pfalz noch schlechter war. Aber es gibt einfach keine Pioniere mehr in Rheinland-Pfalz und keine Panzerbrigade. Deshalb mussten die Truppen erst aus Sachsen und Schleswig-Holstein herangeschafft werden! Bis zur BW-Reform 2011 gab es aber wenigstens ein Spezialpionierbataillon in Rheinland-Pfalz, welches so unsinnigerweise aufgelöst wurde, daß kurz darauf das letzte Spezialpionierbataillon der BW in Schleswig-Holstein zum Spezialpionierregiment 164 aufgestockt werden musste. Und jetzt in der Katastrophe musste diese Spezialpioniere aus Schleswig-Holstein herangeschafft werden, statt diese Pioniere noch in Rheinland-Pfalz zu haben. Die BW hat nur noch 6 aktive Pionierbataillone und das vorgenannte Spezialpionierregiment für 16 Bundesländer!! Und ich hatte gehört, daß im Rahmen der Ausstockung der BW auf 203.000 Soldaten ein Pionierbataillon neu aufgestellt werden sollte. Deshalb wäre der Stopp der BW-Verstärkung ein schwerer Fehler. Richtigerweise bräuchten wir alleine zum Heimatschutz mehrere neue Pionierbataillone. Davon kann sich Russland oder sonst wer nicht bedroht fühlen.
@Der Realist:
Wesentlich für die Streitkräfteplanung ist jedoch weiterhin die NATO.
In diesem Rahmen werden die nationalen Beiträge diskutiert.
Wenn man die Bundeswehr komplett neu aufstellen könnte, dann würden wohl auch 150.000 Soldaten zur Erfüllung der Verpflichtungen ausreichen, kombiniert mit einer sinnvollen Reserve.
Man müsste dann halt auf ein paar der Einsätze mal endlich verzichten und nicht dauernd politisch irgendwas neues zusagen oder sogar noch initiieren (siehe „EU-Eingreifbrigade).
Was man damit aber nicht können wird:
Wirklich viel Geld sparen.
Diesen Irrlauben scheinen auch die neuen Koalitionspartner zu haben.
Der Moderniserungsbedarf, sowie überhaupt die seit bald einem Jahrzehnt angekündigte Vollausstattung soll vielleicht irgendwann nach 2030 erreicht werden.
Das passt alles nicht zueinander und da sollte man erstmal drüber politisch nachdenken, bevor wieder nur über Personalobergrenzen diskutiert wird – wir zu Beginn der jetzigen Neuausrichtung unter KTG und TdM.
Schon damals war der fachliche Ratschlag auf 160.000 Soldaten zu gehen.
Wollte man aber nicht, wohl vorallem wegen Standorten.
Die Trendwenden von UvdL haben alldas eigentlich nur noch verschlimmbessert.
Also was wäre zu tun?
1. Aufhören zu glauben, dass unsere Verbündeten eine europäische Armee gut finden (so wie viele unserer Eliten)
2. Eine ehrliche Aufgabenkritik was die Bw leisten soll und kann
3. Den wachsenden Irrsinn an Kommandobehörden und Ämtern wieder auf ein vernünftiges Maß zurückschneiden
4. Bei alldem sich von der Kriegstauglichkeit von Struktur, Personal, Material leiten lassen
5. Dann kann man sich auch vernünftig über den notwendigen Personalumfang unterhalten.
@Jas
„Nimmt man nur die NATO Capabilitiy Targets und legt daneben 203.000 Soldaten reicht das locker.“
Zunächst einmal leitet sich der Personalbedarf der Bw nicht primär daraus ab, sondern aus den nationalen Zielen. Wenn DEU beispielsweise die Evakuierung seiner Staatsbürger und Rüstungskontrolle als Aufgaben für die Bundeswehr vorgibt, dann braucht man dafür Soldaten, die die NATO vermutlich nicht fordert. Viele der politischen Fähigkeitsforderungen an die Bundeswehr erfordern zudem „Enabler“ in einer signifikanten Qualität und Quantität. Diese Kräfte werden so nicht „Kern“ oder gar Gegenstand der NATO-Forderungen sein. Sie mögen die „Enabler“ für reduzier- bzw. teilweise auch für verzichtbar halten. Ich teile diese Bewertung nicht. Die NATO fordert sicher auch nicht den hohen Standard des deutschen Sanitätsdienstes. Sie mögen hier ebenfalls Reduktionspotential sehen. Ich möchte hier jedoch ebenfalls keine Einsparungen. Nimmt man dann noch die qualitativen und quantitativen NATO-Forderungen in der „Wirkung“ hinzu, dann „reicht das“ m.E. eben nicht „locker“. Nur dann, wenn man isoliert nur „Wirkung“ betrachtet, alles andere ausblendet, für verzichtbar hält oder in den Standards auf ein für DEU nicht angemessenes Niveau reduziert, werden Sie m.E. Recht haben.
Ich bin mal gespannt, welche Partei das BmVg übernimmt.
Sollte es die FDP werden, dann gibt deren Verteidigungspolitische Sprecherin-Marie Agnes Strack Zimmermann – auf Ihrer Website grobe Einblicke in die Ideen.
Zum Beispiel eine Reduzierung der Stellen im BmVg von 2500 auf 2000.
Also vielleicht mal an der richtigen Stelle sparen?
@Nurso:
Die FDP das BMVg? Im Leben nicht! Zunächst wird es genug verdiente Genossinnen und Genossen geben, die man dort parken will, und weiterhin wird sich die FDP sicher nicht für dieses Ressort verkämpfen. Da gibt es mit Justiz, Finanzen und Wirtschaft/Verkehr wichtigere Themen auf der liberalen Agenda.
Die FDP bekommt das m.E.nur, wenn man sie aus irgendeinem unerfindlichen Grund abspeisen will und ihr deshalb ein zusätzliches Ministerium nachwerfen muss.
Mit der Neuaufstellung eines „EinsFüKdo Innen“ stellt sich mir die Frage, wie sinnvoll TSK und OrgBer überhaupt noch sind… Konsequent wäre dann rein auf Fähigkeitskommandos zu setzen, die dann „tailored to the mission“ nur noch über ToA entsprechend mit einem (temporären) Unterstellungswechsel virtuell verschoben würden. Viele Briefkasten- und Durchlauferhitzerposten könnten dadurch eingespart werden. Die „Dinosaurier“ welche derzeit in Masse in den KdoBeh sitzen, würde man dadurch natürlich nicht los. Der Truppe ist auch nicht geholfen, wenn 4 zusätzliche S3StOffz im Bataillon aufschlagen… Also bliebe nur mit Ziel 2035+ statt 3 StOffz ca. 5 Fw (dann mit einer höheren Förderquote OSF) auszuplanen. Ob diese OSF einsatzfähig wären, als die „geopferten“ OTL bleibt abzuwarten.
Wie von mir schon häufiger angesprochen, müsste sich die Politik auch endlich einmal festlegen, ob wir alles nur ein bischen können sollen, oder, ob wir uns auf die Bereiche konkretisieren, welche wir im Rahmen der NATO/ EU gut können und uns beim Rest auf Partner abstützen. Vor allem im Bereich Unterstützung (San, Log, Intel, EloKa, FüUstg/ IT) sind wir in den Bündnissen ganz vorne dabei (kleiner Seitenhieb an viele Vorrredner: die Bw besteht nur noch zu 1/3 aus Heer! Somit ist eine Konzentration auf Kampfbrigaden/ Divisionen a.m.S. obsolet…; Im Bereich der Lw spricht man fast ausschliesslich von multinational airgoups, wie effektiv und durchhaltefähig diese dann auch sein mögen)
Mit den geplanten 50Mrd € und einer inflationsangepassten Entwicklung bei gleichzeitiger Konzentration auf Kernkompetenzen wäre die Bundeswehr unabhängig der Personalstärke sicher nicht schlecht aufgestellt.
Auf Grund ihrer bisherigen (teilweise auch konträren und diskussionsfähigen) Aussagen wäre unter der voraussichtlichen Ampel eine BMin „Stra-Zi“ gerade auf Grund ihrer kritischen Äußerungen wohl nicht die schlechteste Wahl. Vor allem der ein oder andere „Ja-Sager“ mit goldenen Sternen sollte sich dann schon einmal Gedanken machen, wie er seinen ( ggf. auch vorzeitigen und recht kurzfristigen) Ruheabend verbringen möchte.
@Nordlicht
Ja da kommen wir nicht zueinander.
Doch tut er eben. Ist sogar so befohlen. Alle andere ist erstmal nachrangig zu betrachten.
Die “nationale Ambition” erweitert die Ziele lediglich um ein paar Fähigkeiten wie Bildungswesen, Verbindungswegen usw. Aber die Priorität ist klar geregelt.
Hat man klugerweise ressourcenneutral zu den NATO Zielen geregelt.
Gehört eigentlich dem AA – könnten sie auch mal “bezahlen.” Aber 160 Personen am ZVBw? Ich bitte sie… geschenkt
Welche “politischen Fähigkeitsforderungen” sollen das denn sein? Die politische Vorgabe ist es den Bündnisverpflichtungen und dem Schutz deutscher Staatsbürger im Rahmen NatRKM nachzukommen. Jegliche Fähigkeiten, die darüber hinausgehen kann man hinterfragen. Einerseits ob man sie braucht, andererseits ob sie durch die Bundeswehr/Soldaten zu leisten sind.
Wie gesagt – die NATO berücksichtigt ganz klar die Enabler für seine Forderungen – da wird in allen Dimensionen gedacht – nicht nur Wirkung. Aber wenn ich etwas nicht brauche – spare ich mir auch die Enabler dafür. Und die Enabler für die Enabler. Viele unterschätzen die Konsequenzen von Reduzierungen im System.
*augenverdreh* jaja dieser heilige Standard deutscher Sanität. Die NATO definiert ihre “Qualitätsforderungen” in den Forces Standards und den Capability Codes. Da steht für medical services und support eine Menge drin. Das weicht auch nicht allzu sehr vom “deutschen Standard” ab. Das machen und können auch andere. Aber wer unkritisch “den Friedensstandard auch im Kriege” glaubt… naja. Letztlich lebt der Standard aber vor allem von Ausbildung und Ausstattung- weniger von realen Personalumfängen
Das macht keiner und sowohl NATO als auch die Bundeswehr denkt in allen Dimensionen. Und die sind auch kohärent gefordert.
Nicht persönlich nehmen: Genau das ist das Problem. Jeder mit seinem Steckenpferd voran “will das halt nicht” und zack “braucht” man 250.000 Soldaten obwohl 180.000 locker reichen.
@Topic
Eine Reduzierung des Gesamtumfang auf den heutigen Umfang geht nur mit Umstrukturierung und Standortschließungen. Schließlich sind die Lücken relativ gleichmäßig verteilt. Will man leere Hülsen reduzieren muss man in letzter Konsequenz Einheiten auflösen.
Aber Geld sparen is drin. Zumindest für genau 1 Jahr – so funktioniert der Trick ja. Danach – wenn das frei gewordene Kapital im Haushalt neu verteilt ist – war’s das auch.
Ansonsten wenn man die Bw verschlanken will lohnt es sich in der “Dunklen Peripherie” zu suchen – da ist Potential. So viele Aufgaben, die von Soldaten gemacht werden wo man wirklich keine braucht. So viele Strukturen und Verfahren, die mit der heutigen Technik einfach nicht mehr notwendig sind. Der Grundbetrieb und die Basis Inland sind einfach unglaublich ressourcenlastig.
Vielleicht ist die Diskussion um die Personalstärke ja gar kein Weltuntergang sondern eher eine Chance!
In den letzten über 30 Jahren habe ich den Eindruck gewonnen, dass nur immer mehr Stäbe und Kommandos den Dienstbetrieb in der Schlammzone verbürokratieren und erschweren. Egal ob es um Formulare für Trennungsgeld, Dienst zu wechselnden Zeiten, Dienst zu ungünstigen Zeiten (oftmals noch in Exel pflegen und dann ausdrucken), Pflegeaufwand in SASPF für Techniker („Vergessen Sie nicht die IST-Zeit zurückzumelden, sonst rastet Controlling aus“… wo dann jeder pauschal 0,5 Std einträgt) oder einfach nur um die zunehmende Flut an Anfragen, geforderten Stellungnahmen usw. mit Terminvorgabe geht.
Es ensteht einfach der Eindruck in der Truppe, dass man nur stört und doof ist. Und es wächst die Erkenntnis, dass man besser möglichst schnell aus der Schlammzone genau dahin geht und dann statt Schichtdienst zu schieben und draußen oder im Einsatz zu sein die Standortsicherheit eines Großstandortes mit fast schon garantierter Aufstiegschance in die höchsten Dienstposten hat.
Daher halte ich es für falsch, nur die Dienstposten innerhalb der Organisation zu verschieben. Selbst wenn 10% aus den Ämtern zurückkommen, dann bläht sich nur der Stab in der Truppe weiter auf.
Also gerne (noch) eine Reform, aber dann bitte auch mal wirklich alte Zöpfe abschneiden. Dazu gehören für mich:
– Verantwortung weiter unten ansiedeln (Hufnagelerlass)
– Entbürokratisierung / Digitalisierung / flexiblere Budgets ggf. schon auf Ebene der Kompanie
– Dienstposten, auf denen geeignete Soldaten (solange sie die Voraussetzungen für ihren DP erfüllen) alt werden können und ggf. Spitzendienstgrade erreichen. (Standortsicherheit, Vereinbarkeit von Familie und Beruf plus „Profi statt Durchlauferhitzer“) Alternativ ruhegehaltsfähige Zulagen nach z.B. 10 Jahren in der Tätigkeit.
Es muss einfach attraktiver werden, Soldat zu sein, nicht Verteidigungsbeamter. Dann reichen auch deutlich weniger Soldaten.
Also von der jetzigen Situation ausgehend vereinfacht gesagt: Laden dichtmachen und eine einfache Neuaufstellung ;-) Und als Zeichen dafür, dass es losgeht, möchte ich mein Verpflegungsgeld einfach mal unbar loswerden, gerne auch direkt vom Gehalt.
@Closius:
Ein schönes Beispiel für Aufgabenkritik.
Die Bundeswehr ist kein THW in oliv.
Nach ihrer Logik bräuchte man in jedem Bundesland vorallem Pionierbataillone.
Katastrophenhilfe ist aber keine Kernaufgabe.
Sinnvoller wäre es da das THW endlich mal sinnvoll auszustatten (Führungsfähigkeit, Betriebsstoffversorgung, Pioniermaterial, etc.). Die Bw kann dann immernoch mit seinen Mittel helfen, jedoch aus einer kriegstauglichen Struktur heraus.
@Closius sagt: 28.10.2021 um 17:33 Uhr
Sie vergessen dabei, das Katastrophenschutz keine originäre Aufgabe der Bundeswehr ist und die Zuständigkeit dafür bei den Ländern liegt. Es wird allerhöchste Zeit, das die Bundesländer und das BMI ihre Kräfte (FW; FFW und THW) entsprechend ausstatten und aufstellen. Wobei die natürlich mit den gleichen Nachwuchsproblemen kämpfen wie die Bw auch.
Wenn die Bw das machen und dauerhaft Kräfte dafür vorhalten soll, dann muss das auch entsprechend zusätzlich (!) finanziell hinterlegt werden. Das sehe ich nicht.
Und was die Flutkatastrophe im Ahrtal angeht. Mich würde im Nachgang interessieren, wieviele der in NRW und RP verfügbaren Kreisfeuerwehrbereitschaften und THW-Gruppen tatsächlich eingesetzt waren.
Insgesamt muss die Bw insgesamt straffer durchorganisiert werden. Mit allen Konsequenzen, dazu gehört auch ein vernünftiges Standortkonzept. Mal abgesehen von lokalen Interessen der Politiker, woran will man sich orientieren? Bis heute ist es nicht gelungen, alle Ministerien komplett nach Berlin umzuziehen, und das ist ja nun auch schon ein paar Tage her, das Berlin Sitz von Parlament und Regierung wurde. Und ob nun ausgerechnet dieser aufgeblähte Riesenbundestag mit über 700 Abgeordneten eine Vorbildfunktion übernehmen kann, das wage ich zu bezweifeln.
@KdO:
„Wie von mir schon häufiger angesprochen, müsste sich die Politik auch endlich einmal festlegen, ob wir alles nur ein bischen können sollen, oder, ob wir uns auf die Bereiche konkretisieren, welche wir im Rahmen der NATO/ EU gut können und uns beim Rest auf Partner abstützen. Vor allem im Bereich Unterstützung (San, Log, Intel, EloKa, FüUstg/ IT) sind wir in den Bündnissen ganz vorne dabei (kleiner Seitenhieb an viele Vorrredner: die Bw besteht nur noch zu 1/3 aus Heer! Somit ist eine Konzentration auf Kampfbrigaden/ Divisionen a.m.S. obsolet“.
Im Bereich FüUstg/IT sind wir in den Bündnissen ganz vorne mit dabei?
Ernsthaft? Das einzige Land ohne moderne Funkgeräte in der Breite, dass gleichzeitig dauernd Rahmennation sein will und deswegen Drehstuhlschnittstellen braucht (siehe VJTF (L) 2023)?
Die Verbündeten werden sich zudem sehr bedanken, wenn wir denen das Kämpfen überlassen wollen.
Zu den Divisionen und Brigaden:
Zumindest die NATO denkt in solchen Kategorien. Mag für sie obsolet sein, aber ist halt ein wesentliches Element der Gesamtplanung – natürlich neben den anderen Dimensionen. Wobei man ja dann auch auf Fregatten, UBoote und Flugzeuge verzichten könnte, oder?
Ein gewisser Grad an Spezialisierung wäre sicher vernünftig, aber eine Konzentration auf unterstützende Fähigkeiten in denen wir richtig schlecht sind und vorallem fernab vom kämpfen sind?
@Memoria
Ach naja – wenn man einfach NATO = EU macht kann man so eine Wendejacke schon tragen. Aber wenn man denkt, dass eine europäische Armee stehend parallel zur Bundeswehr existiert oder gar diese in Teilen ersetzt, teile ich ihre Skepsis. Das wäre einer der letzten Schritte eines „vereinten Europas“ nicht der erste.
Ja – mit Nachdruck. Aber eben nicht wie sie es oft fordern immer gleich bei den militärischen Kernfähigkeiten. Ich plädiere für die ehrliche Kritik an den „sonstigen Leistungen“. Die fressen so viele Ressourcen. Solange an den Universitäten, Bildungseinrichtungen und Fachschulen, ZAW, Verwaltungsstellen, und illustren Kleinstdienststellen – aber auch in normalen Dienststellen für jede einfache Verwaltungstätigkeit komplette militärische Strukturen und Stäbe gehalten werden, braucht keiner an der Daseinsberechtigung von Bataillonen und Verbänden zweifeln.
Die Frage ist: Was muss das Militär wirklich selbst können, wie organisiert man das und muss dies durch Soldaten gemacht werden?
Wenn ich heute Standorte sehe, in denen für eine Kaserne 5 S2 MilSich Abteilungen vollumfänglich arbeiten oder multiple S1 Abteilungen mit eigener Hierachie die aber alle im selben System arbeiten – ist mir schon klar wie Verschwendung aussieht. Wohlgemerkt nicht weil sie „im Einsatz des Bataillons“ dann auch noch gebraucht werden – nein – reine Grundbetriebsstrukturen.
Vorallem Luftwaffe und Marine lieben es ja die Flugplätze und Häfen gesondert von den Geschwadern die darin beheimatet sind zu organisieren. Auch das ist nicht unbedingt effizient. Bequem? ja. Ressourcenschonend? gewiss nicht.
Und überhaupt diese klassichen Strukturen von Geschwadern und Bataillonen usw. mit zunehmender Digitalisierung ist es in weiten Teilen hinfällig wo der Stab sitzt (und wer er ist) an dessen Briefkasten ich meine Emails schicke. Vorallem im Bereich der einfachen Verwaltungstätigkeiten und Administration. Wenn die NATO nicht explizit Bataillone fordert, kann man den Rest auch heutzutage in Regimentern oder gar neuen Konstrukten führen. Das spart – und keiner wirds merken. Ob der Empfänger meiner Nachricht, Antrag oder sonstwas überhaupt Uniformträger*in sein muss, sei sowieso dahingestellt.
Alle reden bei diesen Dingen immer von „Kleinstgrößen“. In Wirklichkeit addieren sich diese Kleinstgrößen aufgrund ihrer Häufung schnell in den vierstelligen und fünfstelligen Bereich.
Da bin ich geteilter Meinung. Es gibt Bereiche, da muss man nach 10-20 Jahren Testphase feststellen, dass eine Dezentralisierung wohl effektiver wäre. Andernorts gibt es natürlich Organisationen die augenscheinlich vorallem einem Selbstzweck folgen. Da lohnt eine Einzelbetrachtung.
Und da bin ich wieder bei den NATO Forderungen. Krieg außerhalb der NATO? Eher nicht. Also ist das die Blaupause. (Fast) Alles andere muss mit den Ressourcen gemacht werden, die aus dieser Planung entspringen.
Und Organisation. Auch endlich weg von den Zwängen aus 30 Jahre post Kaltem Krieg Verhalten. Organisationshandbücher des BMI, zivile Arbeitsschutzmaßnahmen, Umweltauflagen, Flugvorschriften etc. Das alles bindet Unmengen an Personal – oder generiert es sogar teils – obwohl kein einziges Plus an militärischen Fähigkeiten generiert wird.
@Schnuckel:
Dass man Soldaten weniger oft befördern, sondern eher mehr Besoldungsgruppen/Dienstgrad einführen sollte, das ist m.M.n. völlig unausweichlich.
Wenn jeder BO mindestens als OTL nachhause geht/gehen soll, dann weiß ich gleich, dass jeder Zeitsoldat im Stab enden muss, weil so viele Bataillonskommandeursstellen (o.ä. Truppenverwendungen) gar nicht vorhanden sind.
Meine Lösung: Längere Standzeiten in der Verwendung, damit man auch mal „dickere Bretter bohren“ kann oder zumindest von den eigenen Fehl-/Entscheidungen selbst betroffen ist und deutlich weniger SaZ zu BS machen, die dann aber höher entlohnen.
Das würde dem Mittelmaß die Perspektive nehmen und leistungsbereiteren Soldaten – oder auch Quer- und Wiedereinsteigern – die Persektive geben.
…also auch im Stab: more BANG for the buck!
(@T.W.: Ich weiß, dass das ein wenig ins Off-Topic reinragt…)
@Georg
Das ist faktisch nicht richtig. Die Zahl der Berufssoldaten hat sich um ca 2-3% verändert – allerdings nur die Zahl der übernommenen – auch heute sind noch „Berufssoldatenstellen“ offen und blieben mangels qualifizierter Bewerber/innen in Hochspezialisierungen unbesetzt. Also haben sich einfach mehr Menschen entschlossen ihren Karriereweg bei der Bundeswehr zu machen. Das ist gut.
Die Erhöhung der SaZ ist zunächst zu begrüßen. Ob dies nun auf „exorbitante“ Verpflichtungszeiten oder Neueinstellungen zurückzuführen sei – ist unbekannt und dabei ebenso irrelevant. Personalbindung und Personalwerbung dienen dem gleichen Zweck. Im Altersband von 20-45 ist man planmäßig ja voll wehrfähig und auch hochleistungsfähig. Also kann ich da überhaupt nichts schlechtes erkennen – so soll es doch sein.
„de facto“ ist das eine völlig unbelegte wilde Theorie.
Man muss nicht spekulieren. Das Statistische Bundesamt hilft gerne auch online weiter. Da wir heute bei der Bevölkerungszahl im wehrfähigen Alter (Annahme 17-56: 41,3 Mio) von 0,5% Bedarf sprechen auch nicht wirklich wahrscheinlich. Selbst mit der absehbaren/gesicherten Demographie erhöht sich dieser Anteil im ungünstigsten Fall (derzeit planmäßig 2031) auf 0,62%. Auch wenn man nur die „gewünschten Bewerberjahre“ – also das Altersband 17 – 35 ansieht und den Bedarf für die Streitkräfte aus diesem Altersband in Betracht zieht ist es nicht besorgniserregend. Solche Schwankungen muss man antizipieren und eben im freien Wettbewerb gut auftreten. Das müssen alle anderen auch.
Diese Schlussfolgerung ist ein geistiger Irrweg.
So funktioniert ein Personalumfang mit Verteilung über Altersbänder nicht. Zunächst einmal ist eine Stelle, auf der ein/e SaZ25 sitzt erstmal besetzt – und das will man ja.
Ob und wie sie Personal gewinnen können sehen sie im laufenden Prozess am Arbeitsmarkt. Das ist eben ein Wettbewerb und da muss man sich durchsetzen. Bei 180.000+ hat es die Bundeswehr bereits geschafft – fehlen halt noch ein paar.
Wer heute einen SaZ25 unterschreibt überbrückt schonmal die ungünstigste Zeitspanne um die 2030er (ca. 0,6-0,7% des wehrfähigen Altersbandes müssen auch in der Bw dienen) herum. Prima. Danach geht es wieder stabil mit der Tendenz nach oben weiter.
@Jas:
Da sind wir uns ziemlich einig.
Ich bin auch nicht dafür primär militärische Kernfähigkeiten zu streichen – ganz im Gegenteil.
Mit Blick auf die NATO und deren Einsatz meine ich die Bündnisverteidigung.
Weitere Effizienzgewinne durch Digitalisierung gibt es sicherlich, man sollte aber dabei immer den Fall der Bündnisverteidigung im Blick haben, um die Balance zwischen effizient und effektiv zu halten.
Insgesamt schließe ich daraus – und da sind wir uns vmtl einig – man darf die Frösche beim Ablassen des Teiches nicht fragen -oder besser – ihnen nicht alles glauben.
Wenn es nun zu einer neuen mittelfristigen Personalplanung kommen sollte, dann müsste da ordentlich draufgeschaut werden. Aber wer macht das in einem umfassenden Blick? Die Abteilungen Personal oder Planung?
@Closius, Aufgabe der Bundeswehr ist LV/BV und Heimatschutz in dem Zusammenhang heißt für mich Bewachung der dem Fall relevanten Infrastruktur im Hinterland. Dafür brauche ich aber keine Pioniere sondern Infanterie.
Das die Bundeswehr mit ihren Fähigkeiten im Katastrophenfall im Inland hilft ist schön und nett, aber daran sollte sich niemals ihre Struktur und Verteilung ausrichten. Da haben Pio-fritz und Memoria schon recht, für den Katastrophenfall sind die Länder und das THW zuständig. Wobei es da spannend wird ob und wenn wer sich bereit erklärt bestimme Fähgikeiten vorzuhalten. Auch in dem Bereich wurde nämlich in den letzten 30 Jahren die Friedensdividende verfrühstückt. Wobei ich vermute das man bei manchen Fähigkeiten nicht bereit sein wird diese rein für den Katastrophenschutz vorzuhalten und dann auf die Bundeswehr wird zurückgreifen. Da muss aber einem dann halt klar sein das ggf diese Fähigkeit gerade im Ausland ist oder erst mit einem Vorlauf von X Stunden verfügbar sein wird weil deren Standort nun mal nach anderen Gesichtspunkten gewählt wurde. Da ist es schon traurig genug das da die Bundeswehr nicht allein die Planungshoheit hat und sich ihre Standorte nach ihren Bedürfnissen aussuchen kann sondern die Politik noch mitmischen will und jeder unbedingt ein Stück vom Kuchen abhaben will und im Wahlkreis von XY bloß kein einziger Arbeitsplatz abgebaut werden darf.
@Pio-Fritz, zumindest beim THW dürfte man inzwischen durch sein damit bundesweit(!) aus allen Ortverbänden Kräfte eingesetzt zu haben.
Wie das bei den Feuerwehren der betroffenen Länder aussieht müsste man nachforschen. Aber da wird man vermutlich nicht alles eingesetzt haben, was allerdings damit zu begründen zu dürfte das es nicht möglich war die alle zielgerichtet einzusetzen. Blind Kräfte zu alarmieren und damit einen Massenfall von Helfern auszulösen die nicht sinnvoll eingesetzt werden können bringt auch nichts und irgendwann war halt alles erledigt was eine Feuerwehr erledigen kann.
Was Closius insgesamt ausführt ist insgesamt sicherlich nicht, die Bw als HilfsTHW aufzustellen. Im Kontext seines Beitrages ist klar zu erlesen, dass die Bw in ihrer jetzigen Aufstellung und Dislozierung nach seiner Bewertung nicht ausreichend für Landes/Bündnisverteidigung ausgestattet und aufgestellt scheint. Das man entlang des Rheins kaum (keine?) Pionier-Verbände hat die in der Lage wären im Krisen/Kriegsfall ( und auch Katastrophenfall im Rahmen der Amtshilfe) mit „geographischen und regionalen Kenntnissen“ schnell einsatzbereit zu sein …. ok, kann man abtun als unwichtig. (OT ein) Das THW baut aber keine Schwimmbrücke an einer der (noch) vorhandenen „Nato-Rampen“ über den Rhein. Und der Rhein ist eine andere Hausnummer als Fließ Gewässer als jeder andere deutsche Fluss ( OT Ende) Die Bw ist materiell und personell so ausgedünnt aufgestellt, dass einem ob der politischen leichtfüßigleit handelnder Personen wirklich angst und bange werden kann
@Grashüpfer:
Gegen zusätzliche Pionierfähigkeiten ist gar nichts zu sagen. Ganz im Gegenteil.
Dringend notwendig gerade auch für LV/BV. Aber das Entscheidende dabei scheint mir die Bündnisverteidigung.
Daher sehe ich da primär nicht den Bedarf am Rhein, sondern eher an der Weichsel.
Wenn man die Brückenfähigkeiten wieder stärken will (mehr als mit Symbolen eines binationalen PiBtl), dann braucht man dafür Personal und Material.
Da sind wir beim Ausgangspunkt der Diskussion hier.
Mit weniger Personal mehr zu leisten ist halt nicht einfach, wenn nicht sogar fast unmöglich. Erst langfristig wird man den Wasserkopf verschlanken können oder man arbeitet wieder mit einem goldenen Handschlag.
@Flo
Nun ja, ich spreche ja extra von den Otsgruppen THW Kreisfeuerwehrbereitschaften explizit dieser beiden Bundesländer. Nicht bundesweit. Der Ruf nach Bundeswehr erschallt in jedem Kat-S-Stab spätestens 5 Minuten nach Auslösung des Katatrophenfalls, ohne eigene Ressourcen ordentlich abgeprüft zu haben. In 2013 waren z. B. In Niedersachsen nur ein Drittel der verfügbaren Kreisfeuerwehrbereitschaften eingesetzt, den Rest hat die Bw erledigt.
Glauben Sie mir, auf dem Feld habe ich alles gesehen. Ich mach seit exakt 20 Jahren ZMZ.
Natürlich hat die Bw von nahezu allen Fähigkeiten zu wenig für eine schlagkräftige Armee. Aber Katastrophenschutz ist nun wirklich kein Grund, irgendwelche Aufstockungen vorzunehmen.
Gerade gefunden:
@DerAktenfresser
– „Wie beurteilen Sie den aktuellen Zustand der Bundeswehr?“
– „Großartig im Vergleich zum übernächsten Jahr.“
Er könnte wohl recht haben.
@Pio-Fritz, das man es sich in einigen Fällen ggf leicht macht und schnell nach der BW ruft im Katastrophenfall mag sicher sein. Auf der anderen Seite kann eine frühe Anforderung der BW aber auch ein Zeichen von Weitsicht sein. Eben weil man weiß das man keine Kaserne mehr um die Ecke hat in der 24/7 ganze Kompanien sind die in 2 Stunden abmarschbereit sein können, sondern die erst aus der Freizeit geholt werden müssen und mehrere Stunden Anfahrt haben.
Und auch die Nichtalarmierung von direkt benachbarten Einheiten kann Sinn machen. Nämlich immer dann wenn man nicht weiß wie sich die Lage entwickelt und man damit die Nachbarn als Notfallreserve in der Hinterhand hat. Wenn man sicher gehen will das man eine Katastrophenschutzeinheit, egal welcher Farbe, nachhaltig demotiviert dann zieht man die in Bereitstellung in der Nähe des Schadensgebiet und setzt sie nicht ein.
Wo wir aber nicht diskutieren müssen, was die Bundeswehr wo an Fähigkeiten benötigt kann sich nur an ihrem originären Auftrag orientieren und die Katastrophenschutzbehörde muss dann mit dem Leben was die Bundeswehr wann stellen kann.
Nichts für ungut, aber bisweilen habe ich den Eindruck, als würde hier etwas Entscheidendes als gesetzt angesehen: dass es politisch (!) überhaupt gewollt ist, im militärischen Sinne (!) einsatzbereite Streitkräfte zu haben (möglichst viel Truppe, Panzer, Flugzeuge, Schiffe, Gewehre und dergleichen, woran halt jeder denkt, der Militär im Sinn hat).
Worum geht es denn offenbar im Kern, wenn man sich die letzten Jahrzehnte anschaut?
– Industrieförderung – insbesondere beim Marineschiffbau und der luftfahrttechnischen Industrie
– Sicherstellung einer Gesamtstärke, die im Einvernehmen mit den Landesfürsten ist (seinerzeit kolportiert: 185.000, darunter wolle man nicht sinken, Länderproporz, Katastrophenschutz etc. pp.)
– der NATO zwar etwas anzeigen zu können, aber ohne in die Bedrouille zu kommen, es auch einsetzen zu müssen (siehe Luftschläge gegen Syrien, Merkel sinngemäß: wir findes es gut und richtig, dass sich der Westen dort betätigt – aber wir machen nicht mit bzw. könnten das ja auch gar nicht, selbst wenn wir wollten)
Insofern ficht es doch auch niemanden an, wie die Bundeswehr en Detail personell aufgestellt ist, Stichpunkt Wasserkopf.
Ein Bauunternehmen, bei dem die Hälfte der Belegschaft in der Verwaltung sitzt, sich mit sich selbst beschäftigt und bei dem vielleicht 20% des Personals überhaupt auf Baustellen zu finden ist, wäre binnen Wochenfrist bankrott. Bei der Bundeswehr gilt das nicht, da kann man stolz vermelden: wir geben bummelig 50 Mrd Euro aus, haben an die 180.000 Soldaten, wir machen doch etwas. Und wenn dann beklagt wird, dass die Bw z.B. nicht mehr so viel Personal aus dem Stand heraus aufbieten kann, um im Katastrophenfall rasch zu helfen, dann sagt man „das ist ja auch gar nicht die originäre Aufgabe“. Also alles in allem politisch eine recht komfortable Situation. Die Zeiten, wo „bedingt abwehrbereit“ zu einem Skandal wurde, sind lange vorbei – wobei man heute über dieses Votum froh wäre.
Auch auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: erst dann, wenn das dicke Brett „Berufssoldat“ gebohrt wurde, erst dann glaube ich daran, dass „die Politik“ bestrebt ist, die Missstände, die allesamt bekannt sind, anzugehen. Denn das müsste „Chefsache“ sein, da müsste der Kanzler in Basta-Manier von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch machen und das BMI anweisen, hier nicht länger den Bremsklotz zu miemen. Ist das sehr wahrscheinlich? Nein. Insofern wird sich auch nichts Wesentliches ändern (können).
Grundsaetzlich sind Streitkraefte die strategische Handlungs-RESERVE eines funsktionierenden Staates. Gut genaehrte, koerperlich fitte Menschen, die Wasser, Waffen & Munition, Mobilitaet, Unterkunft, Werkzeug & Material selber mitbringen, wenn irgendwo die Huette brennt und / oder Ortskraefte ueberfordert oder verbraucht sind, Alarmierung einleiten, dann gehen innerhalb von Minuten die Tore auf, und Kolonnen von Lkw rollen heraus, wahlweise haben die Jungs & Maedels entweder Spaten, Besen oder Sturmgewehr in der Hand. Kann die Bw das noch abbilden? Auch hier in den Kommentaren taucht ja hin und wieder der kranke Begriff „Basis Inland“ auf, der aus der ebenso kranken Zeit von „Vom (AFG-) Einsatz her denken“ stammt: Deutschland als von Zaun, Deich und Graben top gesichertes Inst-, Material- und Erholungsdepot fuer werdende und zurueckgekehrte Einsatz-Yogis und deren Geraffel, die es sich vor oder nach dem Einsatz gemuetlich machen MUESSEN, weil da in AFG, da war’s, da wird’s hart. Und der Rest macht mit beim gemuetlich Einsatz vor- und nachbereiten. Das Mindset haben wir seit 2014 nicht flaechendeckend ausgemerzt, obwohl ich schon Neigungsgruppen LV/BV gesehen habe, die im Batallions-Format die Illusion einer zu allem bereiten Bw tapfer verteidigen koennen. Aber ansonsten verdampft aktuell das Steuergeld ohne Effekt in der gut finanzierten Bundeswehr, in Berlin kann man mit weniger Dampft gut leben, weil selbst ohne die gewuenschten Effekte ist (bisher) seit 2014 auch nichts wirklich Schlimmes mehr passiert.
Btw:
Attraktivitaet des Dienstverhaeltnisses Soldat und Verjuengung des „Personalkoerpers“ koennten tatsaechlich mit einem BS20 gelingen: Wer 20 Jahre gedient hat, geht mit 40-50% der letzten Bezuege nach Hause, ich wuerde sogar noch eine Weitergewaehrung der freien Heilfuersorge obendrauf legen, das faende der Sanitaetsdienst bestimmt auch gut. Dazu gibt es wohl bei den Verbuendeten zig Modelle, die gerade in der heutigen Zeit, wo es scheinbar viele juengere Mitbuergerinnen und Mitbuerger gibt, die gerne weit vor dem Renteneintrittsalter finanziell unabhaengig werden wollen, um dann mit dem Bulli oder dem Segelboot um die Welt zu gondeln, oder um einfach nur ihre Ruhe zu haben, durchaus attraktiv sein koennten. Die Aelteren unter uns koennen sich wahrscheinlich noch entsinnen, dass der Umstand, dass einst Uffze mit Anfang und Offze mit Mitte 50 in den Ruhestand gingen, durchaus ein Pull-Faktor war.
@Hans Dampf sagt:
30.10.2021 um 9:08 Uhr:
Perfekte Beurteilung! 1+
@pio-Fritz
doch, doch…. Kreisfeuerwehrbereitschaften wurden beim Hochwasser vordringlich eingesetzt, zumal die wesentlich schneller verfügbar sind als die Bw, ebenso wurde das THW länderübergreifend angefordert. Nicht nur aus NRW und RLP sondern wo sie Nds ansprechen, allein von dort wurden 8 KFBs angefordert und bereitgestellt. Ebenso aus den 5 neuen Bundesländern kam in dem Bereich Hilfe und Unterstützung.
Bei der Rettung wurden Hubschrauber aller Organisationen und eines privaten Unternehmens eingesetzt ebenso war die Bw unverzichtbar. Bei der Räumung im Fluss und Herstellung von Brückenverbindungen kamen die Pioniere mit ihren Pionier- und Panzerschnellbrücken zum Einsatz. Schlicht und einfach, weil das THW soetwas nicht hat. Es wurden parallel natürlich Brücken vom THW aufgebaut, bisher 15 Stück von zerstörten 62!!
Aber auch Unimog, Kran, Bergepanzer, Manpower, Gulaschkanonen und Co. haben geholfen. Die Bw-Feldküchen haben übrigens z.B. u.a. die Feuerwehr-Bereitschaft 4 der Bezirksregierung Düsseldorf versorgt. Klar gibt es auch Versorgungszüge der HiOrgs.
In solchen Hochwasser-Krisengebieten wie an Ahr, Erft, Wupper und Co schickt man alles hin, was helfen kann – auch die Durchhaltefähigkeit ist gefragt.
Ich sehe die Bundeswehr mit ihren Fähigkeiten und helfenden Händen da als unverzichtbaren sogenannten „Last-Level-Support“ um es neudeutsch auszudrücken. Wer LV/BV kann, der kann auch Katastrophe, wenn auch nicht per Rufbereitschaft.
Missstände schlagen so natürlich auch bei zivilen Katastrophen durch – an der Ahr wurde auch der letzte verfügbare AutoKran der Pioniere eingesetzt… – von allem zu wenig….
So. Die Fans der Kreisfeuerwehren verschieben ihre Katastrophenschutz-Debatten jetzt woanders hin.
„Und auch hier muß man ganz klar erwähnen, das in den letzten 30 Jahren eine CDU/CSU-geführte Regierung 23 Jahre lang das Sagen hatte.“
Ich bin weder Linker noch Grüner, Gott bewahre, aber dieses Linken-Grünen-Bashing ist für mich auch nicht so ganz nachvollziehbar.
Nach Ende des Kalten Krieges wurde sicherheitspolitisch in Deutschland nur noch abgebaut. Egal ob unter Rot-Grün oder Schwarz-Gelb. Selbst mit einer starken AfD würde sich daran nichts ändern, wie man sehr schön an unserem Nachbarn Österreich erkennen kann, wo das österreichische AfD-Pendant, die FPÖ, schon seit Jahrzehnten extrem stark ist, oftmals sogar an der Regierung beteiligt war und die Zustände, das Militär betreffend, noch armseliger aussehen als hierzulande. Das österreichische Bundesheer dient im Grunde nur als eine Art THW (das es so in Österreich nicht gibt), aber nicht als Institution zur Verteidigung der Souveränität des Landes. Wäre Deutschland nicht NATO-Mitglied befände sich die Bundeswehr im selben Zustand.
Ursache allen Übels ist, dass die Deutschen vollständig ihr Verhältnis zum Militär verloren haben, ganz besonders zu ihrem eigenen, und da sich Politiker nicht im luftleeren Raum befinden und irgendwann als neutrale Wesen, gleichsam unbeschriebener Bücher, auf uns herabgekommen sind, sondern vielmehr Teil der Gesellschaft sind, die sie geformt und sozialisiert hat, ist es nicht verwunderlich, dass auch Politiker, egal welcher Coleur, egal ob Ultrarechte (Afd), Rechte (CDU, FDP) Linke (SPD), oder Ultralinke (Grüne, Linkspartei), keinerlei Bezug und Verständnis zum Militär und sicherheitspolitischen Aspekten haben. DAS ist das Problem.
Oberhalb der Kreisfeuerwehren bin ich mal gespannt, ob die angekündigte nationale Sicherheitsstrategie die Grundlage für eine wirklich moderne Gesamtverteidigungsplanung bilden soll und wird.
Aktuell laufen ja die militärischen Planungen und die der zivilen Verteidigung (siehe Konzept zivile Verteidigung) nicht wirklich synchron, obwohl seit Jahren von hybriden Bedrohungen gesprochen wird.
Aktuell sieht es aber wohl eher danach, dass die Finanzen die Strategie definieren.
Es ist ja in den gesamten Koalitionsverhandlungen weiterhin nach außen hin sehr ruhig. Das ist ja auchmal was Positives. Die Finanzen sind ja offensichtlich ein Knackpunkt und ich teile die Ansicht einiger hier, dass die politischen – und damit auch die finanziellen Schwerpunkte – anderswo liegen.
Die Verteidigungspolitik hat jedoch das Potential erhebliche außenpolitische Irritationen hervor zu rufen (mögliche Abkehr von NT und gleichzeitig Reduzierung konventioneller Kräfte).
Dazu ein Blick aus Polen:
https://twitter.com/jgotkowska/status/1453701344917925895?t=4xdYHz_QcXx9Bsk5KzV7hw&s=19
Löwenpower
„Polen will die Zahl seiner Streitkräfte mehr als verdoppeln. Zugleich soll der Dienst attraktiver werden. Ziel sei eine Zahl von mindestens 250.000 Berufssoldaten und 50.000 Angehörigen der freiwilligen Truppen zur Territorialverteidigung (WOT), sagte Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak bei der Vorstellung eines „Plans zur Verteidigung des Vaterlandes“. Gegenwärtig zählen die polnischen Streitkräfte 110.000 Berufssoldaten.“
Was die „durchgeknallten Klerikalfaschisten der PIS(S)“ (Originalzitat meiner lieben polnischen Freundin) sagen und was in den Niederungen der Realität umzusetzen möglich ist, sind zwei Paar Schuhe. Neben der Tatsache, dass Geld, auch in Polen, nicht draußen im Wald auf den Bäumen wächst oder in der Nacht auf wundersame Weise vom Himmel fällt wie Manna, hat das Land eine extrem niedrige Geburtenrate, also sprich, starke demografische Probleme. Die Pläne der PIS werden sich nicht verwirklichen lassen. Ähnlich wie das russische Vorhaben von vor ein paar Jahren, wo man vollmundig verkündete tausende T-14 Panzer zu kaufen.
[Den Trick mit dem „Originalzitat meiner Freunde“ kenne ich, den nutzen wir hier nicht, um diesen Ton reinzubringen. Danke. T.W.]
@Closius
Zum Thema Heimatschutz hat der ein oder andere Kommentator eben nicht die militärischen Aufgaben des Heimatschutzes (aka Heimatschutzbrigade der 5er und 6er-Reihe) verstanden, sondern direkt die Forderung nach „Heimatfeuerwehr“ implementiert. Da ich glaube zu Wissen was sie damit meinten:
+1 dafür!
Warum auch sonst, sollte der Heimatschutz (auch) dem Russen Sorge bereiten?
Ich schließe mich den Kommentatoren an, die angesichts der demographischen Entwicklung wenig Chancen sehen, die Bundeswehr auch nur auf dem aktuellen Niveau zu halten. Die Bundeswehr muss mit der freien Wirtschaft um die weniger werdenden geeigneten jungen Leute konkurrieren und das kann sie nicht. Jedenfalls nicht mit ihrem jetzigen Konzept.
Es gibt da nur drei Möglichkeiten. Entweder a) man bietet bessere Bedingungen als die freie Wirtschaft, b) man führt die Wehrpflicht wieder ein, c) man reduziert die Ansprüche und beschränkt sich auf das Kerngeschäft (Territorialverteidigung / Bündnisverpflichtung) oder d) man engagiert Steven Spielberg.
Für a) sehe ich keine finanziellen Spielräume, für b) gibt es keinen gesellschaftlichen Konsens, für c) werden unseren politisch verantwortlichen ihre Ansprüche hinsichtlich des Übernehmens von mehr internationaler Verantwortung zurückschrauben müssen oder d) Steven Spielberg erklärt unserer Regierung wie man eine Armee von Klonkriegern aufstellt.
Unabhängig von der desaströsen Personalsituation schleppt die Bundeswehr aber auch weiterhin das Problem der desaströsen Ausrüstungssituation mit sich herum.
Egal ob das nun um Kleinkram (Funkgeräte, ABC-Schutzmasken oder Schutzwesten) geht oder um die Großgeräte. Hier muss die Bundeswehr zumindest mal die Ausrüstung haben, um dem Kerngeschäft gerecht zu werden. Nachden Erfahrungen der letzten 30 Jahre bin ich da aber pessimistisch. Ich fürchte, dass wir als Resultat des Koalitionsgerangels, wieder nur einen inkompeten VM bekommen werden und davon hatten wir in den letzten 30 Jahren einfach zu viele.
@ Memoria
„Also was wäre zu tun?
1. Aufhören zu glauben, dass unsere Verbündeten eine europäische Armee gut finden (so wie viele unserer Eliten)“
Dann erklären Sie doch einmal, wie wir und unsere europäischen Freunde (als einzelne Armeen) unsere Interessen weiter durchsetzen möchten, wenn wir neben den USA und Russland nun auch China und künftig Indien als Verhinderer unserer Interessen betrachten müssen?
Diese Antwort bleiben Sie schuldig.
Die europäische Armee hat nichts mit dem Wunsch gewisser Eliten zu tun, sondern ergibt sich als Notwendigkeit aus vielen kleinen und großen Faktoren. Ein Faktor ist die Finanzierbarkeit, einer ist das Machtgefüge in der Welt, welches sich gerade massiv verschiebt. Als Einzelstaaten finden wir Europäer leider kein Gehör mehr. Aus asiatischer Sicht kann ich das verstehen.
@Der Realist:
Natürlich macht es sachlich sehr viel Sinn Aufgaben innerhalb von Europa stärker aufzuteilen.
Politisch führt dies aber zu existentiellen Abhängigkeiten in der äußeren Sicherheit.
Deutschland hat damit wenig Probleme, jedoch sehr viele europäische Partner im Westen und im Osten.
Denn diese müssten dich dann auf die Beiträge anderer Staaten verlassen, um handlungsfähig zu sein. Insbesondere für die Osteuropäer ist dies ein drängendes Thema aufgrund historischer Erfahrungen (siehe die früheren Diskussionen „morde pour Danzig“, heute „Sterben für Riga“).
Diese historisch begründete Angst findet in Deutschland in der Diskussion kaum Beachtung, es geht dabei eben nicht nur um rationale Effizienzgewinne.
In Frankreich ist eine umfassende Verteidigungsbereitschaft (inkl. nukleare Abschreckung) und die damit verbundene industrielle Kapazität Kernelement des Staatsverständnisses.
Auch hier gibt es erhebliche Abweichungen zur deutschen Sichtweise.
Kernproblem:
Das notwendige Vertrauen für eine vertiefte militärische Integration ist nicht vorhanden, die EU macht beim inneren Zusammenhalt aktuell ja an vielen Stellen Rückschritte (siehe Polen und EU).
Wenn man also mehr militärische Integration möchte, dann muss man zunächst mal die Sichtweise der Partner wirklich verstehen.
Wenn also mehr Integration erwünscht ist, dann muss gerade Deutschland als verlässlicher Partner erscheinen, also vorallem keine Zweifel aufkommen lassen, dass man zur kollektiven Verteidigung bereit (politischer Wille) und in der Lage (militärische Fähigkeiten) ist.
Die Signale aus Deutschland sind dabei aber nicht wirklich eindeutig.
So vielleicht verständlicher?
@Memoria, ja eine Zusammenarbeit in Europa beim Thema Streitkräfte ist sicher sinnvoll. Aber, dafür kann es in meinen Augen wenn nur 2 Modelle geben.
Entweder ich baue diese direkt unter EU-Kommando auf mit dem Ergebnis das ich den luxemburgischen Marineoffizier irgendwo am Mittelmeer auf einem Schiff stationiere oder ich setze weiter auf die nationalen Streitkräfte und die von ihnen der EU bedingungslos zugesagten Fähigkeiten. Was im Falle Bundeswehr einen Blankoscheck vom Bundestag erfordern würde.
In beiden Fällen wäre in jedem Fall zu klären wer dann den über einen Einsatz entscheidet. Klar muss jedenfalls sein, ein Einsatz muss im Zweifel aber auch gegen den Willen einzelner nationaler Regierungen möglich sein und bei der Variante das einzelne Staaten Fähigkeiten stellen auch gegen den Willen des Truppenstellers.
Dürfte zwar alles andere als förderlich für die Motivation der Einheit sein, aber Alternativ müsste man sicherstellen das nicht durch Ausschaltung einzelner Staaten (haltet euch aus dem Konflikt raus oder wir legen euer Stromnetz lahm) man die gesamte EU militärisch ausschaltet.
@ Flo
Bei der Bundeswehr sagt man „Möglichkeiten des Handelns, die abwegig sind, sind nicht weiterzuverfolgen“.
Dass der Bundestag einen „Blanko Scheck“ ausstellt, ist abwegig.
Dass die EU vom Prinzip der Einstimmigkeit abrückt – gerade bei dem Themenfeld – ist noch abwegiger.
Es bleibt also dabei: Ohne einen europäischen Bundesstaat wird es keine europäischen Streitkräfte geben – alles andere ist Stückwerk ohne konkreten Wert.
Und nichts für ungut: wer noch halbwegs bei klarem Verstand ist, der wird alles tun, sich aber nicht militärisch von Deutschland abhängig machen. Denn das wäre die Konsequenz der Schwerpunktbildung, gegenseitige Abhängigkeit, gegenseitige Erwartungshaltung – und das ist mit Deutschland nicht zu machen.
Die Mär der europäischen Armee taugt nur als Erzählung am Lagerfeuer.
Man wird sich in der Politik und Bundeswehr entscheiden müssen, was man möchte. Entweder internationale Einsätze in entsprechender Anzahl wie bisher oder LV/BV. Beides wie bisher funktioniert nicht.
Am besten taugt immer die Marine als Beispiel, weil sie so überschaubar ist. Da wird man zukünftig sagen müssen, wir machen LV/BV Nord-/Ostsee und SNMG für die NATO. Für UN-Einsätze oder Ähnliches haben wir 4 F-125, wenn die unterwegs (dazu zählt auch Werftaufenthalt etc.) sind, dann ist Schluss.
So in der Art wird es auch für Heer und Luftwaffe laufen müssen. LV/BV funktioniert einfach nicht, wenn für ein paar Einsätze die Bundeswehr kannibalisiert wird und irgendwelche Rümpfe zurückbleiben, die nicht handlungsfähig sind.
@Hans Dampf, keine Frage. Die Bretter die für eine EU-Armee zu bohren sind, sind dick. Nur muss es halt auch mal erlaubt sein nach A auch B zu sagen, also klar zu bennen was eine EU-Armee in der Praxis bedeutet. Eben das ihr Einsatz auch „nur“ mehrheitlich beschlossen werden kann und/oder die Staaten ohne Wenn und Aber ihre zugesagten, nationalen Fähigkeiten bereitstellen müssen.
Das das in der aktuellen täglichen Praxis beides unrealistisch ist führt dann halt auch zum Ende der Idee „EU-Armee“.