Dokumentation: Evakuierungsmission aus Kabul „ein Wettlauf gegen die Zeit“

Gut eine Woche nach dem Ende der militärischen Evakuierungsmission aus Kabul hat der deutsche Kommandeur, Brigadegeneral Jens Arlt, einige Eindrücke aus der Operation geschildert. Der Wettlauf gegen die Zeit sei von vielen, nicht primär militärischen Problemen geprägt gewesen, sagte Arlt bei einem Briefing für Journalisten.

Im offenen Teil des Briefings am (heutigen) Montagabend – s. Audio unten – betonte der General: Sie müssen dort robust auftreten. Die deutschen Soldaten hätten ebenso wie die Soldaten anderer Nationen bei diesem Einsatz auch vor dem geschützten Bereich des Flughafens von Kabul, vor den so genannten Gates, physisch aktiv werden müssen.

Dabei habe es über die Dauer der gut zehntägigen Mission erkennbare Veränderungen gegeben – während in den ersten Tagen viele Frauen und Kinder versucht hätten, Zugang zur Evakuierung zu bekommen, seien es dann immer mehr junge Männer gewesen. Für die Schwächeren habe es deshalb dann immer mehr Probleme gegeben, überhaupt bis zu den Soldaten vorzudringen, die den militärischen Bereich des Flughafens sicherten.

Recht schnell hätten deshalb alle beteiligten Nationen gemerkt, dass die ursprüngliche Planung, größere Gruppen von zu Evakuierenden durch die Tore des Airports zu bringen, nicht funktionieren würde – eine Lektion, die alle Hauptstädte für solche Aktionen künftig berücksichtigen müssten, sagte der Brigadegeneral. Gezeigt habe sich auch, wie wichtig in Zukunft eine bessere Koordination einer solchen Evakuierung sei: Alle haben versucht, die gleichen Dinge durchzuführen.

Trotz der Probleme bei der Mission bewertete Bundeswehr-Generalinspekteur Eberhard Zorn die Operation als vollumfänglich gut gelaufen und abgeschlossen. Grundsätzlich habe sich die Krisenvorsorge für solche Evakuierungen in der Summe bewährt, die Bundeswehr müsse aber in der Auswertung des Einsatzes prüfen, wo es Veränderungen nicht nur in den Prozessen, sondern auch bei der Ausstattung geben müsse, sagte der General.

Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer, nicht minder diplomatisch als ihr höchster Soldat, nannte scheinbar beiläufig ein Datum: Bereits am 12. August habe ihr Ressort angesichts der Lagemeldungen mit Hochdruck eine militärische Evakuierungsmission ausgeplant. Die Entscheidung, wann diese Mission tatsächlich begann, lag dann nicht in der Hand des Verteidigungsministeriums – das wird ja auch zum Teil der politischen Debatte in Berlin.

Die Aussagen von Kramp-Karrenbauer, General Zorn und Brigadegeneral Arlt zum Nachhören:

Kabul-Briefing_AKK_GI_Arlt_06sep2021     

 

Nachtrag: Da weiterhin immer wieder die Behauptung aufkommt, es sei unklar, wer eigentlich evakuiert wurde – die aktuellen Zahlen vom Bundesinnenministerium in der Bundespressekonferenz am 6. September:

Die aktuellen Zahlen für die Einreisen im Rahmen der Evakuierungsmission gestalten sich wie folgt: Insgesamt sind 4921 Personen eingereist, davon 4129 afghanische Staatsangehörige und 469 deutsche Staatsangehörige. Eingereiste Ortskräfte sind – mit Stand heute – 248 Ortskräfte und 916 Familienangehörige, also insgesamt 1164 Personen.