Evakuierungsmission der Bundeswehr mit Rückkehr der Soldaten abgeschlossen
Mit der Rückkehr der eingesetzten Soldatinnen und Soldaten ist die Evakuierungsmission der Bundeswehr in Kabul endgültig abgeschlossen. Unterdessen wird die Lage in der afghanischen Haupstadt nach den Anschlägen am Vortag und dem bevorstehenden Abzug der letzten internationalen Truppen chaotischer, konkrete Informationen gibt es aber immer weniger.
Zusammen mit Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer, Generalinspekteur Eberhard Zorn und der Wehrbeauftragten Eva Högl landete der Einsatzverband der Bundeswehr am (heutigen) Freitagabend auf dem Fliegerhorst Wunstorf bei Hannover. Die beiden A400M-Transporter und ein A310-Passagierflugzeug der Luftwaffe brachten die Fallschirmjäger, das Kommando Spezialkräfte, Feldjäger, Sanitäter und weitere Soldaten aus der Mission zurück. Eine Maschine, ein so genanntes MedEvac-Flugzeug, blieb allerdings vorerst in der usbekischen Hauptstadt Taschkent, um bei Bedarf Verwundete der internationalen Truppen in Kabul zu versorgen.
Ich freue mich, dass ich wieder zurück bin in Deutschland, sagte Brigadegeneral Jens Arlt, der Kommandeur des Einsatzverbandes, nach dem Rückkehrerappell in Wunstorf. Arlt schilderte die schwierige Situation während der Evakuierungsmission auf dem militärischen Teil des Flughafens von Kabul: Es sei nicht nur um die Sicherung des Airports nach außen gegangen, sondern auch darum, angesichts der großen Zahl von zu Evakuierenden im gesicherten Bereich deren Versorgung sicherzustellen. Das war nicht nur eine rein militärische Operation, sagte der Brigadegeneral.
In den gut neun Tagen ihrer Luftbrücke von Kabul nach Taschkent flogen die A400M-Transporter der Luftwaffe insgesamt mehr als 5.300 Menschen aus. Rund 500 davon waren deutsche Staatsbürger, etwa 4.000 Afghanen. Die übrigen Ausgeflogenen verteilten sich auf rund 45 Nationen. Am Donnerstag hatte die Bundeswehr ihre Evakuierungsmission auf dem Kabuler Flughafen eingestellt, weil die USA, die den Flugbetrieb sicherstellen, auch ihr eigenes Personal und Gerät bis zum kommenden Dienstag abziehen werden und dafür Flugzeiten benötigen.
Die Verteidigungsministerin dankte Arlt für die, so die Einschätzung von Ministerium und Bundeswehr, vermutlich größte und zudem gefährlichste Evakuierungsoperation in der Geschichte der Bundeswehr. Der Brigadegeneral habe für seine Arbeit auf dem Flughafen volle Handlungsfreiheit gehabt und das Vertrauen gerechtfertigt, sagte Kramp-Karrenbauer. Ungewöhnlich für einen öffentlichen Auftritt dieser Art umarmte sie den Offizier am Ende ihres Statements.
Der Rückkehrappell wurde – so ganz anders als die als stille Ankunft titulierte Rückkehr des letzten Afghanistan-Kontingents im Juni – nicht nur von der Ministerin, sondern auch von Verteidigungspolitikern aus dem Bundestag begleitet. Ungewöhnlich und sicherlich als Symbol gedacht war auch, dass die Soldaten mit ihren Waffen zum Appell antraten – üblicherweise werden Gewehre, Maschinenpistolen und Pistolen vor dem Rückflug eingesammelt und in Kisten verpackt.
Mit der Rückkehr der Soldaten des Einsatzverbandes ist das deutsche militärische Engagement in Afghanistan voraussichtlich endgültig abgeschlossen – das politische noch lange nicht. Das Auswärtige Amt sicherte zu, die große Zahl von so genannten Ortskräften, die für deutsche Institutionen gearbeitet hatten und keine Chance zur Evakuierung hatte, werde auch künftig von Deutschland unterstützt. So sollen sie, falls sie aus Afghanistan ausreisen können, zum Beispiel in deutschen Botschaften in den Nachbarländern ein Visum erhalten können. Ob die Lage in Kabul und in ganz Afghanistan das in absehbarer Zeit zulassen wird, bleibt allerdings unklar.
Die USA bemühen sich derweil unter dem Druck neuer Anschlagsdrohungen, ihre weiter laufende Evakuierungsmission mit möglichst vielen Evakuierten in den nächsten Tagen abzuschließen. Die Nachrichtendienste informierten US-Präsident Joe Biden, das nach den Anschlägen am Donnerstag mit vermutlich mehr als 170 Toten, darunter zwölf US-Soldaten, weitere Anschläge sehr wahrscheinlich seien.
Nachtrag: Die vom Verteidigungsministerium veröffentlichten Audio-Mitschnitte der Statements von Kramp-Karrenbauer und Arlt:
und die Ansprache des Befehlshabers Einsatzführungskommando, Generalleutnant Erich Pfeffer, bei dem Appell:
20210827_Rueckkehrappell_Wunstorf_Pfeffer
(Fotos: Burghard Lindhorst)
@Umarmung: AKK ist nicht irgendeine Teamleiterin bei XY AG. Sie ist die Inhaberin der Befehls- und Kommandogewalt. Insofern ist eine professionelle Distanz obligatorisch. Egal wie innerlich aufgewühlt sie sein mag.
@Waffen: Die Diskussion ist ebenso befremdlich. Natürlich haben die Soldaten die Waffe am Mann. Was hätte man auch sonst logistisch machen sollen? Gewehrpyramide hinter dem Flugzeug und Einteilung von Wachen? Die Kameraden waren nicht in der Grundausbildung. Über das G36 beim BG kann man sicher diskutieren, aber auch hier wurde ein Bild in die Bevölkerung gesendet.
@ Ortskräfte: Verstehe auch hier die Debatte nicht. Natürlich haben die Ortskräfte für (gutes) Geld gearbeitet. Sollten sie aus purem Idealismus arbeiten? Aber genauso flogen auch locker die Hälfte aller Soldaten wegen dem AVZ runter..
Ich hab in meiner Zeit unten solche und solche kennengelernt. Manche waren motivierter und manche weniger. So ist halt der Mensch.
Da hier einige nach dem Muster argumentieren „wo hätten die Waffen denn sonst sein sollen?“ mal die Frage an alle, die in den vergangenen Jahren bei solchen Appellen dabei waren: Wie oft war dabei die Waffe „am Mann“? Oder nicht vielmehr schon vorher irgendwo abgegeben?
Und zur Argumentation, die Waffen seien doch in den Kontingenten an die Nachfolger übergeben worden: Hm, das letzte AFG-Kontingent bei der Rückkehr im Juni hatte auch nicht die Waffen am Mann. Haben die sie also in MeS gelassen oder wie soll ich mir das vorstellen?
@O.Punkt
Umarmung: Auch Helmuth Schmidt rannen Tränen über die Wangen, als ihm die Befreiung aller Geiseln, ohne Verluste gemeldet wurde. So what?
@Tom Cruise, ja „General mit G36“ ist sicherlich ein exotischer Anblick. Andererseits war er ja selber in Kabul vor Ort und wie sich die Lage dort entwickeln würde war ja bis zur letzten Sekunde unklar. Und da er bei einem Angriff der Taliban auf den Flughafen wenn nicht irgendwo sondern mitten drin gewesen wäre bzw man ja schon früher die Erfahrung gemacht das nicht jede afghanische Sicherheitskraft automatisch ein Freund ist, macht auch ein G36 für einen General erklärbar.
@T.W. 28.08.2021 um 19:05 Uhr
Genau. Das meinte ich mit den Loggis in Taschkent. Der Nachlauf bringt Munition, schwere und Zweitwaffen, Material, etc in transportfähigen Zustand.
Also: Langwaffe am Mann ist Teil der Inszenierung, Pistole oder persönliche Kurzwaffe KSK hätte ich nicht kritisiert.
@ Heiko Kamann: Volle Zustimmung! AKK ist auch nur ein Mensch, warum darf sie da nicht mal ein bisschen Herzenswärme zeigen?
Ich denke es würde uns allen gut tun, nicht immer auf den Splitter im Auge des Anderen zu zeigen: DIE geldgeilen Ortskräfte, DIE imperialistischen Amerikaner, DIE blöde Bundeswehrführung, usw.; wir übersehen da schnell den BALKEN im eigenen Auge.
Wer hat denn Afghanistan in den größten und teuersten SOF-NATO-Übungsplatz (so ein Kommentator vor ein paar Tagen auf AGA) verwandelt? Und das über 2 Jahrzehnte? Und dann hat der Westen mal kurzfristig beschlossen: ihr könnt jetzt schwimmen, wir haben keinen Bock mehr, vor euch liegt der Pazifik – dann schwimmt mal schön bis ins Paradies. Da käme ich mir als Afghane jetzt ziemlich verraten und verkauft vor. Nämlich ohne Rettungsnetz wie z.B. SOF vor Ort, Luftwaffenunterstützung, ein kleines bisschen Eindämmung der Korruption, Unterstützung der Frauen.
Und lieber Sailor: ein freudiges und wertschätzendes Horrido hat noch nie geschadet, erst recht nicht bei einer Joint-Operation ;-)
@tw
Ihre Fragen nach Waffen am Mann:
Ich – und mit mir der ganze Einsatzverband – sind Anfang 1997 mit STAN-Waffe (damals bei mir noch P1) ohne Munition in und aus dem Einsatz geflogen (wurde auf Bekleidungsstammkarte eingetragen). Dazu anekdotisch: da ich als Einzelner zum Einsatzverband abgeordnet war, habe ich das gute Stück zu einigen Vorausbildungen am Mann mitgeführt bzw. in einem Wolf spazieren gefahren und auf dem Truppenübungsplatz nachts entladen im Schlafsack gewärmt.
Und noch ein „Schwank“:: weil mein Heimatverband zwischenzeitlich aufgelöst war, nach dem Heimflug erstmal nolens volens bis zum Dienstantritt bei neuer Kommandobehörde mit nach Hause genommen, in den Safe gelegt und nach einigen Wochen und ewigem Rumfragen – weil „keiner zuständig“ – persönlich in einem Mobilmachungsstützpunkt, der das Material des aufgelösten Bataillons eingelagert hatte, abgegeben und auf der Bekleidungsstammkarte wieder streichen lassen.
Oder auch so: 1999 bin ich im Einsatz als Einzelreisender von einem Einsatzland ins andere geflogen: mit Waffe fertigeladen zu einem Flugplatz, bei der Abfertigung zum Flug an der Personenkontrolle vor dem französischen Kameraden an der Kiste entladen, Pistole ins Holster, aufmunitioniertes Magazin in die Magazintasche, geflogen, nach dem Aussteigen wieder fertiggeladen. Und zurück das gleiche Procedere.
Klingt heute alles rustikal :-)
@Flo: General mit G36 ist jedenfalls ein klares Statement: „It’s dangerous, but this is what we are trained for.“
Quizfrage am Samstagabend: warum keine MP7?
@ZuAlt
Mein Lieber, wer auf einem Flugfeld eine Kopfbedeckung trägt, macht was falsch. Aber „Anzug“ kann jeder, auch wenn man sonst keinen Plan hat. In Gegensatz zu vielen „alten Soldaten“ (auch ich bin seit 1985 dabei und gehöre dazu), haben diese Jungs und Mädels inclusive des BG und der Diensthunde schon etwas „heldenhaftes“ geleistet. Das der GI auch von den Soldaten Applaus bekommen hat zeigt in erster Linie Teamgeist und „Wir-Gefühl“. Aber wer nie im Einsatz war, sollte vielleicht auf seiner Couch sitzenbleiben, den Mund zumachen, noch ein Bier trinken und ein paar Salzstangen knabbern und der Truppe einen, wie ich finde, klasse Empfang gönnen. BZ
@tw
Hier zwar OT, aber zu Ihren Fragen nach Waffen am Mann:
Ich – und mit mir der ganze Einsatzverband – sind Anfang 1997 mit STAN-Waffe (damals bei mir noch P1) ohne Munition in und aus dem Einsatz geflogen (wurde auf Bekleidungsstammkarte eingetragen). Dazu anekdotisch: da ich als Einzelner zum Einsatzverband abgeordnet war, habe ich das gute Stück zu einigen Vorausbildungen am Mann mitgeführt bzw. in einem Wolf spazieren gefahren und auf dem Truppenübungsplatz nachts entladen im Schlafsack gewärmt.
Und noch ein „Schwank“:: weil mein Heimatverband zwischenzeitlich aufgelöst war, nach dem Heimflug erstmal nolens volens bis zum Dienstantritt bei neuer Kommandobehörde mit nach Hause genommen, in den Safe gelegt und nach einigen Wochen und ewigem Rumfragen – weil „keiner zuständig“ – persönlich in einem Mobilmachungsstützpunkt, der das Material des aufgelösten Bataillons eingelagert hatte, abgegeben und auf der Bekleidungsstammkarte wieder streichen lassen.
Oder auch so: 1999 bin ich im Einsatz als Einzelreisender von einem Einsatzland ins andere geflogen: mit Waffe fertigeladen zu einem Flugplatz, bei der Abfertigung zum Flug an der Personenkontrolle vor dem französischen Kameraden an der Kiste entladen, Pistole ins Holster, aufmunitioniertes Magazin in die Magazintasche, geflogen, nach dem Aussteigen wieder fertiggeladen. Und zurück das gleiche Procedere.
Klingt heute alles rustikal :-)
Natürlich sind das jetzt „starke“ Bilder und das ist doch etwas Gutes. Zumindest zeigt es, dass die Führung ihre Hausaufgaben gemacht hat und aus dem letzten Aufschrei (Rückkehrer ohne Empfang) gelernt hat.
Wer jetzt wieder unzufrieden ist, ist wahrscheinlich einfach mit nix zufrieden.
„macht auch ein G36 für einen General erklärbar.“
Das soll jetzt nicht in ein OT ausarten, aber ich habe noch nie in meinem Leben einen General im Einsatz mit einer Langwaffe gesehen und zu 100 % hatte Arlt auch kein G36 in Kabul. Wäre auch völlig unzweckmäßig. Selbst wenn die Taliban den Flughafen überrennen. Der militärische Führer vor Ort mit paar hundert Mann hat dann ganz andere Aufgaben als zu schießen.
Das macht es ja so schlimm, dass es eben eine Inszenierung ist. Mit Magazin und Finger lang.
Nichts gegen den General an sich, bestimmt super Vorgesetzter und durch und durch fähig.
Aber das war einfach nur ein komplettes Schauspiel und selbst der Moderator bei Phoenix war ein bisschen verwundert und sein Kommentator auch über die Prozedur und den Ablauf.
Wo war denn die Ministerin, als vor einer Woche die erste Einsatzmannschaft ausgewechselt wurde? Habe ich das nur nicht mitbekommen oder gab es da keine Begrüßung bei Landung in Deutschland?
Thomas Wiegold hat schon Recht, wenn er die vergangenen Rückkehrerappelle explizit anspricht.
Da die Soldaten auch zwischengelandet sind, ist das eine reine PR Maßnahme gewesen mit den Handwaffen. Die Handwaffe beim General ist da nur noch der letzte Beweis für.
Die Umarmung, geschenkt. Auch wenn ich da die Meinungen einiger gut teilen kann bezüglich professionelle Distanz.
@Tom Cruise, natürlich wäre es im Falle eines Falles nicht Aufgabe eines Brigadegenerals sich selbst mit’m G36 in die erste Reihe zu legen.
Aber, der Kessel in die man am Flughafen gesessen hätte wäre nicht groß gewesen und von wo in welcher Form (Beschuss von außen, Innentäter) der erste Angriff erfolgt wäre, war auch nicht absehbar. Von daher dürfte die Wahrscheinlichkeit das man auch als General zu den ersten gehört die reagieren können recht hoch gewesen sein. Von daher dürfte es sicher keine Notwendigkeit gegeben hat vor Ort 24/7 mit G36 rumzulaufen, aber auch genug Gelegenheiten gegeben haben wo potenziell haben besser als brauchen war.
Und zur Frage wo die Ministerin beim Wechsel des Personals nach einer Woche war. Wo kam die Ablösung genau her? Ich hatte das so verstanden das man beim Abflug nur einen Teil der Kräfte direkt nach Kabul gebracht hat und der Rest in Taschkent geblieben war und man dann nur zwischen Taschkent und Kabul getauscht hat.
General Arlt hat in der gesamten Zeit in Kabul genau das G36 KA4 getragen, welches er in dem Interview vor der Brust hatte. Sicherlich nicht permanent, aber oft genug.
Für einen Kommandooffizier ist die Art der tageweise und der lange Finger am Abzug keine ungewöhnliche Haltung, sondern einfacher Drill.
@War dabei:
Vielen Dank für den Kommentar und noch mehr für alles andere.
Die gesamte Diskussion – nicht nur hier – rundum Waffe und Umarmung kann ich nicht wirklich nachvollziehen.
Das sind die typischen Diskussion um das Klein-Klein.
Die Fragen sollten doch eher sein:
Was lernen wir konkret (!) aus dem Afghanistan-Einsatz insgesamt, insbesondere mit Blick auf Mali?
Warum war unsere Alarmierung langsamer als die anderer Staaten?
War die Zusammenarbeit der beteiligten Ressorts während der Evakuierung zweckmäßig?
War der Abschluss der Evakuierung in der Form zwingend notwendig (siehe Ansatz anderer Staaten)?
Warum kam es zum Nichteinsatz des MedEvac (hatten die Amerikaner wirklich gar kein Interesse daran oder war es eher ein Problem des durch Deutschland gesetzten Zeitrahmens)?
All diese Fragen richten sich nicht an die Truppe, sondern an die Bundesregierung insgesamt.
Wichtig ist für mich erstmal nur, dass die Höllenmission am Flughafen ohne eigene Verluste verlaufen ist!
Meine Gedanken und meine Trauer sind aber auch bei den US-Boys, die wie die Briten, und wie immer, die Drecksarbeit vor Ort verrichten mussten.
Die Anmerkungen des Herrn Oberst in der FAZ beschämen mich zutiefst, wenn man die eigenen und die fremden militärischen und finanziellen Tatsachen vor Ort kennt und sie sich selbst vor dem geistigen Auge spiegelt (Wer hat die Toten in der Mehrzahl in welchem mathematischen Verhältnis kassiert und wer nicht? Wem wurden auf dem Schlachtfeld medevacs zur Rettung geschickt und wem nicht? Und wieviele deutsche Eigenheime deutscher Kameraden haben die 20 Jahre AFK in der Heimatfront generiert?)
Also die Waffen am Mann (der Frau) ist definitiv außergewöhnlich, dass hat selbst General a. D. Ramms bei Welt-Online festgestellt der dort die Ankunft fachkundig kommentiert hat. Selbst finde ich es vollkommen in Ordnung, gerade nach so einem Einsatz und es ist ein gutes Zeichen.
Die Umarmung zwischen BG und IBuK finde ich vollkommen in Ordnung, es lockert die Situation auf und ich glaube die Beiden haben sich da nur ehrlich gemacht. Wenn ich mir das genau anschaue würde ich sogar sagen, dass der erste Impuls vom BG ausgeht und nicht von AKK :) (oder täuscht das?)
Professionelle Distanz ist sicher gut aber ab und an darf man auch eine menschliche Reaktion zeigen.
@ Memoria:
Ja, das lernen aus dem Einsatz, der Abstimmung der Ressorts (oder auch nicht?) … das wäre schon hilfreich. Aber es ist ja nicht so, dass man 2014/2015 ähnliches versucht hätte. Bei der Sammlung von Quellen für einen Fachartikel zum Thema bin ich über ein scheinbar geflissentlich ignoriertes Buch gestolpert (wo auch der Hausherr einen sehr trefflichen Artikel zu beigesteuert hat), in welchem viele Aspekte, die heute als „bahnbrechend“, „überraschend“ oder „unvorstellbar“ tituliert werden, in klarer und verständlicher Sprache skizziert werden. Das Buch ist „Am Hindukusch – und weiter?“, herausgegeben von Glatz/Tophoven im Jahre 2015.
Auch andere Studien aus der Zeit fokussieren auf Fragen wie Ortskräfte, Beteiligung der Taliban an der Regierung, Abzug aller NATO-Truppen, Korruption der Regierung, regionalpolitische Interessen, der Rolle Indiens in Afghanistan etc.
Nichts davon ist neu.
Auch die CIMIC Konzeption, das Weißbrot (äh … Weißbuch) und diverse Strategiepapiere der BR (ok, eher Absichtspapiere) sowie die einschlägige deutsche Fachliteratur (unabhängig was von von den Kieler oder Potsdamer Kolleg*innen hält, notfalls nimmt man HSFK oder AFK-Publikationen oder hält sich an englischsprachige Quellen) liegen ja seit Jahren (!) auf dem Tisch. Nur lesen … dafür hat man keine Zeit. Und was Evaluationen angeht… die DEval-Studie ist von 2014 und die QRF Studie der FU von 2009 IIRC … aber grundsätzlich weiß man ja alles besser bzw am besten.
Daher ist die moralische Diskussion sicherlich wichtig, aber sie lenkt ab. Auch die Frage nach Symbolen ist wichtig, aber häufig bleibt die Diskussion genau *DA* hängen und systemische Lerneffekte sind eher ein Zufallsprodukt.
Alle die am BG Arlt mäkeln sollten vielleicht erstmal einen Blick auf seinen Lebenslauf werfen der Mann ist Kommandooffizier und ich glaube auch der einzige aktive General der eine Uni nie von innen gesehen hat.
Das der in diesem Einsatz seine Langwaffe am Mann hatte ist klar wie Kloßbrühe, er kann damit wahrscheinlich besser umgehen als seine Personenschutzkräfte. Bei einer Lage wo man Sekündlich damit rechnen musste vom Gegner überrannt zu werden und sich den Weg zum Flieger Freikämpfen hätte müssen verzichtet auch ein General nicht auf seine Flinte.
@ War dabei sagt 28.08.2021 um 21:41 Uhr
„Für einen Kommandooffizier ist die Art der tageweise und der lange Finger am Abzug keine ungewöhnliche Haltung, sondern einfacher Drill.“
Zustimmung.
Glücklicherweise gab es hier einen Bw-internen Lerneffekt.
Bei zurücklegenden Operationen gab es leider die irrwitzigsten Befehle durch die übergeordnete Führung und Waffen mussten „verladen“ werden bzw. Luftfahrzeugführer haben darauf bestanden. Ich kann mich noch an einen kurzfristigen Auftrag in AFG erinnern, bei dem 2 Deutsche Soldaten beim boarden des abflugbereiten Luftfahrzeug stehend angewiesen wurden, ihre AN/PRC 117/148 (aufgrund der intern verbauten Pufferbatterie) ordnungsgemäss als Gefahrgut zu verpacken und zu kennzeichnen, während die zugeteilten US SOTAC ihre AN/PRC 117/152 in ein und demselben Deutschen Lfzg ganz selbstverständlich am Mann mitgeführt haben. Dies führte dazu, dass die Funkgeräte der Deutschen Soldaten mit einem weiteren Lfzg nachgeflogen wurden.
Fazit: Die Bw lernt dazu und das ist gut so. Und nach all der Kritik an der Politik (auch an AKK) werden entsprechende Bilder gesendet, die sich auch im Wahlkampf gut machen.
War dabei sagt:
28.08.2021 um 21:41 Uhr
General Arlt hat in der gesamten Zeit in Kabul genau das G36 KA4 getragen, welches er in dem Interview vor der Brust hatte. Sicherlich nicht permanent, aber oft genug.
Für einen Kommandooffizier ist die Art der tageweise und der lange Finger am Abzug keine ungewöhnliche Haltung, sondern einfacher Drill.
Danke für die Richtigstellung!
Ich habe nichts anderes von General Arlt erwartet
Hut ab vor Ihrer Leistung und die Ihrer Kameraden!
Dagegen war mein Einsatz im Kosovo von 12/95 bis 05/96 ein Sparziergang!
@ Essener: Ja. Sehe ich auch so.
Zustimmung @Memoria. Danke @ War dabei.
1. Umarmung: Meiner Meinung nach war die Umarmung abgesprochen, da diese von beiden ausging nach den Bildern. Und da AKK ihr politisches Schicksal mit diesem Evakuierungseinsatz verbunden hat, ist die Umarmung für mich in Ordnung, selbst wenn diese auch de Wahlkampf geschuldet gewesen sein.
2. General mit Langwaffe: Aus alten Filmen(USA & GB) kenne ich normalerweise Generale nur mit Pistole und nicht mit Sturmgewehr und es mag sein, daß die BW Soldaten bisher immer ihre Waffen abgegeben mussten(vor Flügen), aber zumindest gibt es seit 2011 ein bekanntes Bild, welches General Kneip und zwei Oberstleutnants mit Langwaffen zeigt. Dieses Bild wurde bei der Anprangerung der angeblichen Afghanistan Connection. Es ist also nicht das erste Mal, daß sich ein General mit Sturmgewehr/MP zeigt.
3. Ex-Oberst in FAZ: Die US-Regierung und die deutschen Politiker tuen im Moment alles, um das Scheitern des AfG-Einsatzes den Afghanen in die Schuhe zu schieben, um vom eigenen Versagen und der Täuschung der eigenen Bevölkerung abzulenken. Es mag sein, daß der Oberst schlechte Erfahrungen mit Afghanischen Ortskräften gemacht hat, vielleicht war er aber auch von Anfang an voller Vorurteile, auf jeden Fall spricht es nicht für einen Ex-Offizier, seine angeblichen Erfahrungen zu verallgemeinern und ausländerfeindliche Vorstellungen zu bedienen, daß die afghanischen Ortskräfte nur geldgierige, opportunistische Verräter gewesen zu sein, um es überspitzt auszudrücken. Es wurde schon darauf hingewiesen, daß auch viele deutsche Soldaten wegen des Geldes nach AFG gegangen sind. Und ein Blick in die Berichte von BW Soldaten auf youtube reicht um zu wissen, daß die BW-Soldaten wussten, daß afghanische Soldaten und Polizisten regelmäßig alle Einsätze der BW weitergemeldet haben, zum Schutz ihrer Familien, Dörfer usw.. Die Taliban brauchte also wirklich keine Ortskräfte um zu erfahren, was die BW plant und die BW hat deswegen Überraschungsoperationen durchgeführt, wo kein Afghane vorker das Ziel kannte. Und was Opportunisten angeht, so dienten Millionen opportunistische Deutsche zwei Diktaturen auf deutschem Boden und nach 1945 bzw. 1990 gab es plötzlich keine Nazis oder Kommunisten mehr. Wir haben eine andere Kultur, haben wahrscheinlich die Kultur der Afghanen bis heute nicht verstanden, aber wir sind nicht grundsätzlich bessere Menschen als die Afghanen oder andere Ausländer.
4. FAZ-Artikel über General Arlt: Dass der erste A 400 M der BW der in Kabul gelandet ist, ohne Landeerlaubnis der Amerikaner gelandet ist, nachdem der A 400 M der BW zuvor mangels Landegenehmigung abgedreht war(ich hoffe, der Kapitän, welcher ohne Landeerlaubnis und ohne Landelichter gelandet ist, bekommt noch einen Orden oder eine Beförderung), zeigt wie schlecht die Zusammenarbeit mit den USA mittlerweile ist, daß wir uns auf die USA immer weniger verlassen können. Europa bzw. die EU sollte endlich die Konsequenzen ziehen und in der Lage sein, Weltweit eigenständig evakuieren und intervenieren zu können. Aber dafür braucht es europäische Stützpunkte in aller Welt, um möglichst vor den USA vor Ort sein zu können und selbst Flughäfen betreiben zu können. Auch daß die USA den Einsatz der deutschen Hubschrauber verhindert haben sollen, ist mehr als fragwürdig und wirft ein schlechtes Bild auf die US Streitkräfte. Ob es stimmt, daß General Arlt der einzige nicht studierte General der BW sein soll, weiß ich nicht. Der Lebenslauf auf der BW-Seite führt kein Studium auf, sondern nur eine 4jähgrige Ausbildung zum Panzeraufklärungsoffizier. Da die Lebensläufe deutscher Generale, die die BW nur für bestimmte Kommandeure auf der BW-HP veröffentlicht, sehr uneinheitlich sind, hätte ich mir nicht nicht getraut, aus dem Lebenslauf einen solchen Schluß zu ziehen, daß er nicht studiert habe und nicht vielleicht das Studium nur nicht erwähnt hat extra. Aber natürlich kann es sein, daß die FAZ genau nachgefragt hat. Ich dachte bisher, daß BW Offiziere ohne Studium nur bis zum Stabshauptmann aufsteigen können, Aber vielleicht irre ich mich oder es war früher anders?
@Closius sagt:
29.08.2021 um 16:22 Uhr
„Ich dachte bisher, daß BW Offiziere ohne Studium nur bis zum Stabshauptmann aufsteigen können, Aber vielleicht irre ich mich oder es war früher anders?“
Das wären dann die Offiziere des Militärischen Fachdienstes, die als Aufsteiger aus den Reihen der Berufsunteroffiziere rekrutiert werde.
In der Laufbahn der Truppenoffiziere gibt es auch die sogenannten nicht Studierer. Ich meine so ca. 5% eines OA Jahrgangs. Die kommen dann selten über den Oberstleutnant hinaus so sie denn BS werden. BG Arlt ist halt Sonderfall wie das KSK ein Sonderfall ist (also aus Personalführer Sicht) so wird jeder Kommandfeldwebel schneller befördert und automatisch nach sechs Jahren BS und einige andere Dinge. Wenn man dann einen guten Kommandooffizier hat und den zum Stabsoffizier weiter entwickeln will, ja dann wird die Vergleichsgruppe extrem klein sein, so das dann Dinge wie ein Hochschulstudium eine Rolle spielen. Aber jeder andere Offizier ohne Studium braucht seinen Hut nicht in den Ring werfen so er den Goldfasan werden will.
Warum wurden die A400 eigentlich von der Bundeswehrfeuerwehr mit einer Wasser-Fontäne empfangen? Die Flugroute führte ja wohl kaum großflächig über Salzwasser.
Und der A400 ist doch nicht das erste mal dort gelandet. Oder war es der letzte Flug des Kapitän?
@Studium
Karl Müllner, Generalleutnant und ehemaliger Inspekteur der Luftwaffe. Ohne Studium.
Ob Generalleutnant Ingo Gerhartz an der Bundeswehr-Uni war?
@Hans-Werner Fiehl; 29.08.2021 um 11:56 Uhr
„Dagegen war mein Einsatz im Kosovo von 12/95 bis 05/96 ein Sparziergang!“
Ist mir da etwas entgangen? Kosovo 1995 / 1996 ?
Das kann ja nur UNPROFOR – IFOR gewesen sein, und somit Bosnien ;-)
@Küstengang01 sagt: 29.08.2021 um 18:37 Uhr
„Aber jeder andere Offizier ohne Studium braucht seinen Hut nicht in den Ring werfen so er den Goldfasan werden will.“
Das ist nicht richtig. Spontan fällt mir da BG aD Gerd Kropf ein, stellv. Kommandeur Kommando Territoriale Aufgaben 2013-2016, Danach Kommandeur Landeskommando Mecklenburg-Vorpommern. Und da gibt es noch mehr.
Das tolle an den Laufbahnen der Bundeswehr ist doch, das diese durchlässig sind. Ich habe auch Stabsoffiziere getroffen, die in der Unteroffizier-Laufbahn gestartet sind.
@Ingo Sattel: Sie haben Recht, der Luftwaffenchef hat nicht studiert laut Wikipedia und BW Homepage. Die Behauptung der FAZ, das General Arlt der einzige General ohne Studium sei, stimmt demnach nicht. Man muss demnach auch nicht beim KSK sein/gewesen sein, um ohne Studium General und sogar Inspekteur zu werden. Flugzeugführer reicht auch aus.
Ach ja die Flieger. Da war was. So eine Pilotenausbildung dauert ja genausolang und ist was die Qualifikation / Zivile Anerkennung durchaus mit einem Hochschulstudium vergleichbar. Es war ja auch sehr lange ausgeschlossen beides zu bekommen als Truppenoffizier also Studium und Fluglizenz, wenn eine TSK wie die Luftwaffe auch gelehrnte Piloten in ihren Spitzenpositionen haben will ist das ja i.o.
Beim Heer oder als Heeresuniform Träger müssten man bei den aktiven Generälen lange suchen.
OK genug O.T.
Finde die Bildsprache der Rückkehr insgesamt erfreulich, weil menschlich und zeitgemäß.
Zum Thema General mit/ohne Studium.
Das hat damit nix zu tun. Die 3-4 Jahre Uni sind total egal – es zählen die ca. 25 Jahre Dienst danach – da sollte man an geeigneter Stelle überperformen.
@Küstengang01
Da muss man nicht lange suchen. Der stv Generalinspekteur GenLt Laubenthal hat mWn nicht studiert.
Ebenso nicht studiert:
GenMaj Jürgen Brötz
GenMaj Stefan Linus Fix
GenMaj Frank Schlösser
BrigGen Jens Arlt
BrigGen Ansgar Meyer
BrigGen Dirk Faust
Bei den Generalen Kipper, Kohl, von Heimendahl, Horn, Mosmann, Simon und Urbach ist es aus den öffentlichen Quellen nicht ersichtlich.
Geht alles.
[So, ich denke, die Debatte „Generale ohne Studium“ ist jetzt erschöpfend abgeschlossen? Ich vermittele bei Bedarf gerne die jeweiligen Mailadressen für weiteren Austausch in dieser Angelegenheit. T.W.]
Und die amerikanischen Kameraden sind jetzt auch ‚raus:
https://www.defenseone.com/threats/2021/08/last-us-military-plane-has-left-kabul-whats-next-americans-afghans-left-behind/184935/
‚bin gespannt, ob es wirklich eine „green zone“ in Kabul geben wird und wer diese dann sichert. Zumindest gibt es eine Resolution des VNSR bzgl. der freien Ausreise on Afghanen.
[Habe dazu einen neuen Thread aufgemacht; das bitte dort weiterdebattieren. T.W.]