Evakuierungsmission in Kabul geht in letzte Phase – Bundeswehr holte mit US-Hubschraubern Deutsche aus der Stadt (Zusammenfassung)

Vor dem absehbaren Ende der militärischen Evakuierungsmission aus Kabul will die Bundeswehr noch so viele Menschen wie möglich aus der afghanischen Hauptstadt ausfliegen. Mit Hilfe von US-Hubschraubern holten deutsche Soldaten 21 Deutsche aus dem Stadtgebiet von Kabul an den Flughafen. Der Bundestag billigte mit großer Mehrheit nachträglich den Einsatz der Bundeswehr zur Evakuierung.

Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer wollte kein konkretes Enddatum für die deutschen Evakuierungsflüge nennen. Allerdings stehe das Abzugsdatum 31. August für die US-Streitkräfte fest, sagte die Ministerin am (heutigen) Mittwoch in einem Pressegespräch. Die USA verwiesen dabei vor allem auf die zunehmende Terrorgefahr in Kabul – nicht als Bedrohung durch die Taliban, sondern durch andere islamistische Gruppierungen, die mit Selbstmordattentätern die Evakuierung als Ziel nutzen wollten.

(Ergänzung: Das findet sich auch in einem Bericht von CNN:
Concerns about security around Hamid Karzai International Airport in Kabul have increased based on „a very specific threat stream“ from ISIS-K about planned attacks against crowds outside the airport, a US defense official has told CNN.
The US believes ISIS-K, which is a sworn enemy of the Taliban, wants to create mayhem at the airport and has intelligence streams suggesting it is capable and planning to carry out multiple attacks, according to the official.)

Damit ergebe sich aus dem nötigen Vorlauf für den Abzug der rund 6.000 US-Soldaten und ihres Materials auch eine Zeitplanung für die Bundeswehr, die entsprechend eher Kabul verlassen müsse, sagte Kramp-Karrenbauer. Genaue Zeitlinien werde sie aber nicht bekanntgeben.

Zuvor hatten mehrere Medien ein Ende der deutschen Evakuierungsflüge am kommenden Freitag gemeldet; die ARD berichtete von möglichen letzten Flügen am heutigen Tag. Kramp-Karrenbauer verwies darauf, dass die bevorstehende Abzugsphase die sensibelste, gefährlichste Phase der ganzen Operation sei.

Es gehe jetzt nicht nur darum, so viele Menschen wie möglich aus Kabul herauszubringen, sondern auch den sicheren Abzug der Soldaten zu gewährleisten. Dabei hätten aber Menschen Vorrang vor Material, die Bundeswehr werde gegebenenfalls auch Gerät zurücklassen, wenn dafür Personen ausgeflogen werden könnten.

Nach Angaben von Generalinspekteur Eberhard Zorn wurden in der vergangenen Nacht 21 deutsche Staatsbürger mit US-Helikoptern unter Begleitung der Bundeswehr aus Kabul an den Flughafen geholt. Die Hubschrauber seien von der US-Besatzung geflogen worden, die deutschen Soldaten hätten die Abholung koordiniert und gesichert. Zu weiteren solchen Abholungsaktionen auf dem Landweg wollte der General keine Angaben machen.

Bis zum Mittwochnachmittag hatte die Luftwaffe nach Zorns Worten mit 33 Flügen ihrer A400M-Transporter 5.026 Menschen aus Kabul nach Taschkent im benachbarten Usbekistan geflogen. Unter den Evakuierten seien 3.660 Afghanen gewesen; allerdings blieb zunächst unklar, wie viele davon als Doppelstaatler auch die deutsche Staatsbürgerschaft haben.

Die Ministerin sicherte zu, auch nach dem Ende der militärischen Aktion werde es weitere Bemühungen geben, Ortskräfte und andere schutzbedürftige Afghanen aus dem Land zu holen. Das Aufnahmeversprechen gilt weiter, gilt unbefristet, sagte Kramp-Karrenbauer. Derzeit gebe es Gespräche mit den Taliban, den Flughafen nach Ende August wieder für zivile Flüge zu öffnen und weiter zu betreiben. Schließlich hätten auch die neuen Machthaber in Afghanistan Interesse an einem funktionierenden Flughafen.

Der deutsche Botschafter Markus Potzel, der im Auftrag der Bundesregierung in Katar Gespräche mit den Taliban führt, meldete unterdessen im Hinblick auf die Ausreise weiterer Afghanen erste Erfolge:

Voraussetzung dafür ist allerdings auch eine Wiederinbetriebnahme des Kabuler Flughafens.

Der Bundestag billigte am Mittwoch nachträglich die seit dem 16. August laufende Evakuierungsoperation der Bundeswehr. Das Bundeskabinett hatte – gemäß den Vorgaben des so genannten Parlamentsbeteiligungsgesetzes – das Mandat (Bundestagsdrucksache 19/32022) auf den Weg gebracht, nachdem die Operation wegen Gefahr im Verzug bereits begonnen hatte. Das Parlament stimmte dem Mandat mit großer Mehrheit zu: 539 Abgeordnete sprachen sich dafür aus, neun dagegen und 90 enthielten sich.

Während die Fraktionen von Union, SPD, FDP und Grünen geschlossen für den Einsatz stimmten, enthielt sich etwa die Hälfte der AfD-Fraktion und der überwiegende Teil der Linken. Die Gegenstimmen kamen ebenfalls aus diesen beiden Fraktionen und von fraktionslosen Abgeordneten.

(Für heute voraussichtlich abgeschlossen, falls keine grundlegend neue Entwicklung)

(Foto: Deutsche Soldatinnen und Soldaten am Flughafen Kabul am 21. August 2021 – Einsatzkameratrupp der Bundeswehr via Einsatzführungskommando)