Bundeswehr warnt vor IS-Selbstmordattentätern in Kabul – Evakuierungsflüge fortgesetzt – Taliban beharren auf deadline (Update)
Die Bundeswehr stellt sich bei ihrer Evakuierungsmission in Kabul auf zunehmende Bedrohung durch Selbstmordattentäter ein. Die Luftbrücke wurde fortgesetzt; bis zum (heutigen) Dienstagmorgen hatte die Bundeswehr rund 3.670 Personen aus der afghanischen Hauptstadt ausgeflogen. Die Taliban beharrten unterdessen darauf, dass die Operation mit einem Abzug der US-Truppen zum 31. August enden muss.
Bundeswehr-Generalinspekteur Eberhard Zorn warnte bei einem Briefing für Journalisten in Berlin, die Bedrohungslage rund um den gesicherten militärischen Teil des Flughafens von Kabul habe sich weiter verschärft. Nach Informationen der USA, aber auch aus eigenen deutschen Erkenntnissen sei zu befürchten, dass Selbstmordattentäter des Islamischen Staats (IS) in die afghanische Hauptstadt einsickern könnten. Das sei in der ohnehin unsicheren Situation eine der größten Gefährdungen.
Die Bedrohung durch den IS ist nicht nur für die internationalen Truppen und damit auch die Bundeswehr, die derzeit die Evakuierungsoperation betreiben, eine offensichtlich reale Gefahr – sondern auch für die Taliban, denen der IS die Kontrolle Afghanistans streitig macht. Damit wäre ein solcher Anschlag auch unabhängig von Absprachen der westlichen Truppen mit den Taliban kaum zu verhindern.
Nach Angaben des Generalinspekteurs konnten seit Beginn der deutschen Mission bis zum Dienstagmorgen rund 355 Deutsche, 2.819 Afghanen sowie Staatsbürger weiterer Nationen ausgeflogen werden. Das sei unter anderem deshalb möglich geworden, weil am (gestrigen) Montag allein 945 Menschen in deutscher Verantwortung aus der Stadt in den gesicherten Bereich des Flughafens gebracht werden konnten, darunter 200 Italiener und 20 Ortskräfte der NATO. Das sei ein erfolgreicher Tag gewesen, sagte Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer.
Insgesamt sind inzwischen 26 Nationen mit Flugzeugen, zum Teil auch mit eigenen Truppen an der Operation beteiligt. Am Montag waren unter der Luftraumkontrolle des US-Militärs, das den militärischen Flughafen nach der weitgehenden Zerstörung des zivilen Teils betreibt, 152 Starts und Landungen verzeichnet worden.
Am Dienstagmorgen habe der deutsche Kommandeur in Kabul, Brigadegeneral Jens Arlt, bereits rund 600 weitere Menschen abflugbereit am Flughafen gemeldet, sagte Zorn. Laut Bundeswehr wurden am Vormittag in zwei Flügen der A400M der Luftwaffe rund weitere 410 Personen ausgeflogen.
Das Weiße Haus teilte mit, von (umgerechnet) Montag 09.00 Uhr MESZ bis Dienstag 09.00 Uhr MESZ seien insgesamt 21.600 Personen aus Kabul ausgeflogen worden. Allein die USA hätten mit 32 Flügen ihrer C-17-Transportmaschinen und fünf Flügen der kleineren Hercules C-130 rund 12.700 Menschen befördert. Mit den 57 Flügen anderer Nationen seien 8.900 Personen aus Kabul herausgekommen.
Unklar bleibt weiterhin, ob die Evakuierungsmission vom militärischen Teil des Flughafens Kabul unter dem Schutz von US-Truppen wie derzeit geplant zum 31. August endet – allein schon deshalb, weil die USA zu diesem Datum ihre Soldaten abziehen. Frankreich kündigte nach Angaben der Nachrichtenagentur AFP an, in diesem Fall müsse sein Militär die Evakuierungsoperation bereits am kommenden Donnerstag beenden.
Das weitere Vorgehen wird unter anderem von einem virtuellen Treffen der G7-Staaten am heutigen Tag abhängen. Nach den vorliegenden Berichten wollen Großbritannien, Frankreich und Deutschland die USA überzeugen, die Mission über Ende August hinaus fortzusetzen. Allerdings wird das auch davon abhängen, ob die Taliban damit einverstanden sind.
Nach einem Bericht der Washington Post gab es am (gestrigen) Montag in Kabul ein Gespräch zwischen CIA-Direktor William Burns und dem Taliban-Führer Abdul Ghani Baradar. Zu Inhalten meldet das Blatt nichts, aber die Wahrscheinlichkeit, dass es zumindest auch um eine Verlängerung der Nutzung des Flughafens über den August hinaus ging, dürfte schon recht hoch sein.
Update: Der Sprecher der Taliban, Zabihullah Mujahid, lehnte bei einer Pressekonferenz eine Verlängerung des Aufenthalts der ausländischen Truppen ab. Aus einer Zusammenfassung der BBC:
Responding to a question from the BBC, he says the Taliban want all foreign nationals evacuated by the 31 August deadline, adding they are „not in favour“ of allowing Afghans to leave
He urges Afghan nationals to go home and asks the US not to encourage them to leave the country
He suggests women will not be permanently prevented from going to work, saying the authorities are trying to come up with a procedure so they can return
Angesichts einer hohen Zahl afghanischer früherer Mitarbeiter deutscher Regierungsinstitutione, die weiterhin ohne Chance auf Ausreise im Land sind, hat das Patenschaftsnetzwerk Ortskräfte schwere Vorwürfe gegen die Bundesregierung und das bürokratische Vorgehen deutscher Ministerien erhoben. Ich habe den Eindruck, wir haben die Menschen bewusst und wissentlich zurückgelassen, sagte der Vorsitzende des Netzwerks, Marcus Grotian, vor der Bundespressekonferenz.
Dazu passte auch die Meldung vom gestrigen Montag, die ein wenig untergegangen ist: Erst am vergangenen Wochenende hatte das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit den Kreis der Ortskräfte, die Anspruch auf Aufnahme in Deutschland haben, von der bislang geltenden Frist der vergangenen zwei Jahre auf die Beschäftigungszeit davor ausgedehnt – allerdings dürften diese Menschen keine Chance mehr haben, das Verfahren für die Aufnahme zu regeln und in ein Evakuierungsflugzeug zu kommen.
Die gesamte Pressekonferenz Grotians zum Anschauen:
(Ggf. weiter nach Entwicklung)
(Foto: Bundeswehr-Fallschirmjäger am North Gate des Kabuler Flughafens am 18. August 2021 – Einsatzkameratrupp der Bundeswehr via Einsatzführungskommando)
Taliban spokesman @Zabehulah_M33 says Afghan nationals are not allowed to go to the airport anymore, in order to stop the crowds from gathering there and to avoid security issues. Only foreigners are allowed to go to the airport for now. #Afghanistan.
Dann sollte spätestens ab Mittwoch vorm Northgate alles ruhig sein.
Gespannt wie Talib das umsetzt.
@All wo ist denn der prinzipielle ideologische Unterschied zw Talib und IS? Beide wollen einen Staat auf Basis der Scharia und hassen den Westen und Demokratie. Ist dass nicht ähnlich?
Der UN Menschenrechtsrat tritt zum Thema Afghanistan zusammen . Viel sollte man nicht erwarten, da geht es manchem Staat um vieles, nur nicht um die Afghanen oder gar die Verbrechen der Taliban:
„Die USA, Großbritannien, Australien und andere Länder müssen für Menschenrechtsverletzungen durch ihre Militärs in Afghanistan zur Rechenschaft gezogen werden“, sagt der Botschafter der Volksrepublik, Chen Xu im Vorfeld.
Kritik an den Taliban übte er nicht.
@KPK: Das wars (erstmal) für die Ortskräfte. Wäre interessant zu wissen, welchen Preis die Taleban von Direktor Burns gefordert haben, dass die NATO Staaten ihre jeweiligen SIVs raus bekommen?
Allein schon um einzuschätzen wie „staatsmännisch & realistisch“ die TB denken, oder auch nicht.
@KPK in Anbetracht der hier berichteten Gefahr durch IS Selbstmordattentäter haben die Taliban mit ihrer Begrüdung dann vielleicht sogar Recht/sagen die Wahrheit? So ein Attentäter müsste ja nicht unbedingt direkt auf den Flughafen zielen, sondern könnte auch die Menschenmasse davor als Ziel haben? :-(
@Dante: Unterschiedliches Center of Gravity, gleiche Ideologie auf Basis wahhabitischer Shariah.
Vor Jahren hatte ich einst die beste Analyse zum Komplex Dschihad gelesen, welche Al-Kaida als eine Spinne im Netzt des internationalen Dschihadismus darstellte.
Schauen sie sich mal diese Badr 303 der TB an und sagen sie mir, was daran jetzt nicht Al-Kaida ist? War in the Rocks/Long War Journal etc. haben derzeit sehr viele gute Analysen zum Thema.
Ich meine auch, dass wir uns durch diese DAESH /TB – Trennlinie ziemlich vergackeiern lassen / und selbst vergackeiern. In Sozialen Bewegungen gedacht sind das nur andere Bankkonten mit gleicher Org aber unterschiedlichem Anstrich.
Ist wie mit allen Stammesgesellschaften, Bürgerkrieg bis ein gemeinsamer Feind Antritt. Vgl. Germanische Stämme vs. Varrus aus Rom.
Laut SZ lehnen die Taliban nun auch die Ausreise von Afghanen ab, interessant wäre jetzt zu wissen, wie sich das konkret auswirken wird – ich befürchte ja, damit dürfte die Tür für Ortskräfte zu sein. Und hoffe, dass das jedenfalls für Deutsche mit doppelter Nationalität nicht zu zusätzlichen Problemen führt. Falls das dennoch der Fall sein sollte, bin ich jedenfalls gespannt, wie die Bundesregierung reagieren mag.
[Leute. Ihr glaubt alles nur, wenn’s in eurer Lokalzeitung steht, oder? Oder warum „laut SZ“ wenn oben die BBC steht? T.W.]
@Dante Da hatten wir doch vor ein paar Tagen eine Diskussion zu. Die Taliban sind eine rein regionale Macht, die sich auf die ethnische Identität der Paschtunen stützt und die Scharia-Ideologie auch als Machtmittel nutzt, um eine politische Ordnung über ihre unmittelbaren Stammesgebiete in Südafghanistan und Teilen Pakistans hinaus zu projozieren. Aber eben nicht global. Es geht ihnen um territoriale Kontrolle und handfeste Macht, wozu man zumindest ein kleines bisschen Pragmatismus braucht. Die Wahl des Namens Emirat für Afghanistan zeigt das schon, ein Emirat ist zwar schon Teil einer islamischen Weltgemeinschaft, aber eben kein religiöses Welt-„Kaiserreich“. Das wäre ein Kalifat, und genau das hat der IS zu errichten versucht.
Ich bin kein Fachmann, ich lese auch immer mal wieder, dass auch einzelne Filialen des IS beginnen, pragmatischer und staatstragender zu werden. Aber der IS hat schon stärker global orientiert gehandelt: In seiner PR die „geschundenen“ Muslime der Welt angesprochen, Anschläge im Europa geplant, auch sonst symbolisch viel „global“ gedacht, radikal expandiert…
@TW: mea culpa, da habe ich das BBC-Zitat nicht sorgfältig genug gelesen.
@ AoR Dass war ja die Frage. Im Grunde sind die Grundlagen der Idiologie ja die Gleichen. Nur dass die Talib sich in der Volksgruppe der Paschtunen mit der gleichen Sprache und Kultur sehen und im Grund einen paschtunischen islamischen Staat wollen. Während der IS alle Ungäubigen, überall vernichten will. Die Ziele sind leicht unterschiedlich. Aber die Begründung ist doch ähnlich. Oder nicht?
@Sakrileg.
(Siehe 24.08.2021 um 15:32 Uhr)
Spannend wird sein, wie die Taliban „Afghanen“ definieren.
Der ethnische Paschtune, Hazara etc. mit ausschließlich deutschem Pass wird als Deutscher akzeptiert?
Wie wird derjenige mit zwei Staatsbürgerschaften aus Talibansicht eingestuft.
Welche Auswirkungen bestehen auf Paare gemischter Staatsbürgerschaft sowie Kindern aus solchen Beziehungen?
Sollte nicht verwundern, wenn der gewöhnliche Kalaschnikow-Träger bei der Personenkontrolle, namentlich gegenüber Frauen, eine eher rustikale Entscheidung gegen Ausreiswillige trifft.
„Das sei unter anderem deshalb möglich geworden, weil am (gestrigen) Montag allein 945 Menschen in deutscher Verantwortung aus der Stadt in den gesicherten Bereich des Flughafens gebracht werden konnten, “
Hat AKK das tatsächlich so gesagt? Dann wäre „Blue Light“ ja per se gar nicht der Rede Wert gewesen.. oder verstehe ich den Wortlaut oben falsch?
@ felix So ählich habe ich dass auch verstanden. Dass es eher die politische Ausrichtung ist. Interessant ist aber auch die Frage der Selbstmordattentäter. Ist dass nicht selbst im Islam religiös fragwürdig?
Was oder wer ist denn der/das Badr 303?
Mir ist nur das Badr 313 bekannt, ich finde die Situation schon verwirrend genug.
Ansonsten vielen Dank für die sehr informativen Kommentare.
@Fux, @Dante: 20 Jahre GWOT und selbst der Außenminister kennt den Unterschied zwischen Kalifat und Emirat nicht. In der islamischen Vorstellung zur Strukturation eines Staates kann jeder sunnitische Warlord sich zum Emir oder Sultan krönen, zum Kalif nur ein direkter Nachfahre des Propheten Mohammed ernannt werden (übrigens durch hohe Geistliche und eben diese Emire/Sultane). theoretisch … Fangfrage: Wer war der berühmteste Kalif des osmanischen Reiches?
Ist aber auch umstritten, weil nach dem Tot des Propheten, naja eben diese Streitereien ausgebrochen sind. /SCNR
Wer sagt denn, dass die Pashtunen nicht am Erschaffen eines Kalifats interessiert sind? Wie setzten sich die heutigen Taleban zusammen? Was wollen die eigentlich?
Alles Fragen die diese Menschen sich (wahrscheinlich auch erstmal) selbst beantworten müssen. Denen ihr Lebensinhalt war es 20 Jahre lang, die NATO zu bekämpfen. Und jetzt stellen wir tatsächlich die Sinnfrage?
Die Fragen die für Afghanistan und jetzt auch für die TB wichtiger sind:
Woher Essen?
Wie heizen?
Warum geregelter Straßenverkehr?
Wer macht Flughäfen?
Was ist eine Zentralbank?
Weshalb ist das alles so kompliziert?
Sollten die daran nicht binnen zwei Monaten kollabieren können sie ruhig die Sinnfrage als Todesstoß ansetzen. /SCNR
@
Klaus-Peter Kaikowsky (KPK) sagt:
24.08.2021 um 17:41 Uhr
“
Sollte nicht verwundern, wenn der gewöhnliche Kalaschnikow-Träger bei der Personenkontrolle, namentlich gegenüber Frauen, eine eher rustikale Entscheidung gegen Ausreiswillige trifft.
“
Sie sind da nicht aktuell genug ;-) . Laut sehr vielen Fotos und Videos ist man allenfalls noch anteilig mit AK-Waffen bestückt. Sehr Viele haben sich wohl im Zuge des Vormarsches an dem Zeug der ANA aus dem Hause Colt gütlich getan. Ich sehe da reichlich M4 und teilweise M16…
@all
Gibt eine Zusammenfassung zum heutigen Dienstag; bitte ggf. dort weiter debattieren.
Ich habe mir das verlinkte BPK-Video angesehen, was wohl sonst an mir vorbei gegangen waere. Fast wuenschte ich, es waere so gewesen. Hptm Grotian beschraenkt sich leider nicht auf die Sachstandsdarstellung, Bewertung und Folgerung, die er sehr wohl im Hauptteil seines Statements recht professionell vornimmt (Haette voll gereicht), sondern drueckt zusaetzlich voll aufs Emotions-Gaspedal. Er SELBST ist „moralisch verletzt“. Natuerlich (!) mit ganz vielen anderen „Veteranen“. Durch die unsere BReg. Jawoll! Danke. Wegtreten!
Kamerad Grotian moege sich in einer stillen Minute mal selber fragen, warum DEU nicht die Reissleine auch fuer die „Ortskraefte“ vorzeitig gezogen hat, wenn er schon von strategischer Kommunikation spricht. Schliesslich hat DEU jahrelang „blood&treasure“ fuer eine stabile Sicherheitslage investiert; was haette dann eine maximal fruehzeitiges Ausfliegen „unserer“ Tapezierer und Fliesenleger fuer eine Botschaft abgesetzt? Das wir (DEU/NATO/“Der Westen“) vorzeitig unsere Bemuehungen und unsere Lagebewertungen fuer Schall und Rauch erklaeren? Aber das naechste Mal wird NATUERLICH der Chef / die Chefin BKAmt bei Herrn Hauptmann anrufen, um die Strategie abzustimmen. Wir sind ja vermeintlich lernfaehig, versprochen.
Unterm Strich scheinen die neuen Machthaber in AFG auf wenig Widerstand gestossen zu sein und weiterhin auf wenig zu stossen. Schade! Mir scheinen die „moralischen Verletzungen“ in AFG selbst am verheerensten zu sein. Unfassbar.
@g.o.m:
313 mein Fehler.
https://www.longwarjournal.org/archives/2021/08/talibans-special-forces-outfit-providing-security-at-kabul-airport.php
@ J10
Ich mag viele Ihrer Kommentare hier, aber Ihr „Wegtreten“ ggü. Hptm Grotian mit sarkastischem Tonfall klingt äussert deplatziert für mich. Sie müssen ja nicht seine Meinung teilen, nicht seinen Verein unterstützen, nicht sein Thema für wichtig halten usw. Aber Ihr Post erscheint mir gerade etwas arrogant, respektlos und herablassend.
Mit dem Gedanken „ was haette dann eine maximal fruehzeitiges Ausfliegen „unserer“ …. fuer eine Botschaft abgesetzt?“ haben Sie allerdings aus meiner Sicht einen gewissen Punkt – so ist es wohl, die politische/mediale Botschaft war und ist wohl der BuReg wichtiger als wirklichen Menschen.
„Tapezierer und Fliesenleger“ streiche ich mal, da wir wohl über ca. 6000 direkte ehem. Mitarbeiter von DEU Behörden und staatlichen Organisationen inkl. Kernfamilienangehörige reden, die noch in AFG sind und aktuell visaberechtigt wären – bzw nun noch mehr Personen, seitdem das BMZ nun die Kriterien gestern auf die ab 2013 Tätigen erweitert hat. Die „Tapezierer und Fliesenleger“ sind eine ganz andere Kategorie (sog. „Subunternehmer“), das Thema reisst Grotian auch nur in der PK an.
@J10
Danke für deinen Beitrag! Was fällt diesem Hptm ein unsere BR und deren Entscheidungsfindung auch nur im Ansatz zu kritisieren. Wäre schön wenn es hier noch passende Gesetzgebung für den Fall der Majestätsbeleidigung geben würde. Denn nur weil wir Dilettanten in höchsten politischen Positionen haben, muss man ja nun nicht emotional werden. Nachdem wir nun 20 Jahre Geld ohne Sinn und Verstand verballert haben ohne das sich die AFG Gesellschaft grundlegend verändert hat, konnte man sich ja nicht ehrlich eingestehen das alles vergebens war und man aber trotzdem abzieht. Nochmals Danke für den wertvollen Beitrag!
@J10
Solch‘ emotionale Auftritte liegen mir auch fern, aber besser als sich zu radikalisieren:
„Der Vorsitzende des Bundes Deutscher Einsatzveteranen, Bernhard Drescher, hat angesichts der Entwicklungen in Afghanistan nach dem Abzug der Bundeswehr vor einer Radikalisierung altgedienter Soldaten gewarnt. „Die Stimmung unter den Veteranen ist grottenschlecht“, sagte er dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“.“
RND / WELT Online
Nicht, daß ISoLa-Meldungen geschrieben werden müssen und der MAD noch zusätzlich Arbeit bekommt.
@J10/@Landmatrose3000: Der Hptm ist Bürger in Uniform und engagiert sich humanitär für Menschen, welche in großer Gefahr schweben. Er gibt einer verhältnismäßig SiPo-fernen Zivilgesellschaft hautnah und authentisch Einblicke in eine Welt, die dem Michel so fern erscheint, und doch so nah, ja gefährlich ist.
Dabei schafft er es die Werte und hohen Ansprüche hoch zu halten und zu leben, welche uns das Grundgesetz vorgibt und in uns motiviert.
Was vermittelt er, wenn er herausarbeitet, dass wenn die Kanzlerin etwas entscheidet aber in der Schlammzone das noch nicht bekannt ist?
– Erstens, dass wir einen Apparat haben, der für und im Frieden reflektiert und besonnen agiert. So soll es sein.
– Zweitens, dass dieser Apparat nicht geeignet ist, schnell und flexibel zu entscheiden, wenn Gefahr im Verzug ist. Da gibt es von Wahrnehmung über Beurteilung (Intelligence) bis Entscheidungs- und Handlungsebene verbesserungsbedarf.
Ja es wurde emotional. Was denn sonst, wenn schutz- und hilflose Menschen in Gefahr geraten, die man womöglich auch noch kennt? Das sind Menschen, die sich für die Republik, für Demokratie eingesetzt haben und uns eine weite und leider auch tiefe kulturelle Kluft überbrücken haben lassen.
Aber dass sich wegen der Beendigung eines Einsatzes gleich Veteranen radikalisieren. Gehts noch? Da sollte jeder Veteran mal an seinen Erwartungen, an seiner Haltung als Soldat arbeiten.
@
Landmatrose3000 sagt:
24.08.2021 um 23:45 Uhr
“
Mit dem Gedanken „ was haette dann eine maximal fruehzeitiges Ausfliegen „unserer“ …. fuer eine Botschaft abgesetzt?“ haben Sie allerdings aus meiner Sicht einen gewissen Punkt – so ist es wohl, die politische/mediale Botschaft war und ist wohl der BuReg wichtiger als wirklichen Menschen.
“
Das ist ja genau ein Punkt, den ich hier in anderen Fäden schon angeschnitten hatte. Die Beurteilung und Entscheidung der Dinge die stattfinden oder eben nicht stattfinden oder wann oder ab wann sie stattfinden basieren darauf, wie es außenpolitisch und innenpolitisch für gewollt/vertretbar/verkaufbar gehalten wird und dürfte fast nichts mit dem wirklichen Risiko für Menschen vor Ort zu tun haben. Da sind auch fremde und eigene Soldaten mit eingeschlossen…
Sogenannte Einzelschicksale spielen da vermutlich kaum eine Rolle und … ja dürfen vielleicht auch keine Rolle spielen. Evtl. muss man sich dann wirklich fragen was wichtiger ist: Hält China uns zukünftig für wehrhaft und zielstrebig oder ermorden die Taliban 5000 Personen in den nächsten Wochen… Ich beglückwünsche jeden, der dass dieser Tage nicht entscheiden muss.
„Die Stimmung unter den Veteranen ist grottenschlecht“
Kann ich so nicht bestätigen.
Dem Großteil der Veteranen ist es egal (davon ist nämlich die Mehrheit ex-SaZ), denn die sahen den Auslandseinsatz eher als Abenteuer und Geldeinnahme – unter aktuellen Soldaten ist das bisschen anders. Da sieht die Stimmung mittelmäßig aus.
Es wird auch immer so getan, als hätte der gesamte Afghanistaneinsatz nichts gebracht.
Ist doch Unsinn!
Viele Jahre oder sogar Jahrzehnte hatten dort nun Kinder und Frauen ein einigermaßen adäquates Leben für das 21. Jahrhundert. Natürlich reicht das nicht aus, aber das ist schon mal ziemlich viel.
Wenn man sich mal die Kosten anschaut, dann ging ein Teil in Form von Lohn direkt an die Soldaten (und damit direkt wieder in unseren Wirtschaftskreislauf), ein großer Teil in die Rüstungsindustrie (was ja auch so einige freut) und der Rest ging indirekt (Ortskräfte) oder direkt als Entwicklungshilfe/Wirtschaftshilfe nach Afghanistan.
Jahr für Jahr listet der Bundesrechnungshof Projekte in Deutschland auf, die alles andere als sinnvoll sind und teilweise wirklich unnütz. Nicht einmal im Ansatz ist der Afghanistaneinsatz mit Worten wie „für die Katz“ oder „verbranntes Geld“ zu beschreiben.
@
Luftikus sagt:
25.08.2021 um 12:47 Uhr
“
Es wird auch immer so getan, als hätte der gesamte Afghanistaneinsatz nichts gebracht.
Ist doch Unsinn!
Viele Jahre oder sogar Jahrzehnte hatten dort nun Kinder und Frauen ein einigermaßen adäquates Leben für das 21. Jahrhundert. Natürlich reicht das nicht aus, aber das ist schon mal ziemlich viel.
“
Es hat zumindest auch dafür genutzt den Leuten zu zeigen was geht oder gehen kann, wenn man ‚frei‘ ist. Wer das jetzt noch will kann ja dann sehen, was unter den Taliban davon übrig bleibt und ob es lohnt für Änderungen (wie auch immer) einzutreten.
Rühmlich ist der Ausklang natürlich trotzdem nicht, so denn er auch klar abzusehen war.
@Dante et al.
Grundsätzlich besteht ein himmelweiter Unterschied zwischen den Taliban und dem, was heute noch vom IS übriggeblieben ist – also zumeist dezentralen Gruppen, die das IS-Label aus Propaganda- oder Imagegründen adaptiert haben aber keineswegs eine geschlossene organisatorische Einheit abbilden. Zunächst verstehen sich die Taliban, wie bereits angesprochen, als genuin afghanische Volks- und Befreiungsbewegung, deren explizit religiöser Charakter viel weniger dominant ist als hierzulande angenommen. Oder besser gesagt: Deren religiöser Charakter vor dem Hintergrund von als ‚Fremdherrschaft‘ und ‚Verwestlichung‘ erlebter Einflussnahme des Westens ausgebildet und perpetuiert worden ist. Erklärtes Ziel der Taliban ist es, ein dauerhaft islamistisch-nationalistisches Regime in Kabul zu errichten, wobei sowohl Islamismus als auch Nationalismus ideologische Klammern sind, um die verworrene ethnische Vielfalt innerhalb Afghanistans einigen zu können. Ganz anders der IS in seiner originalen Form: ein mit Kalifatsanspruch versehenes aber weltweit agierendes dschihadistisches Staatsgründungsprojekt mit Ad-Hoc-Strategie, dem jede nationale Orientierung wie auch jede Orientierung am islamischen Mainstream fremd war und das weithin als Ansammlung von Ketzern und Häretikern betrachtet wurde. Beides hat nur sehr wenig miteinander zu tun; schon gar nicht sind die Taliban „ein IS im Kleinen.“
Davon abgesehen ist es verkürzt, auf vermeintliche ideologische Gemeinsamkeiten zu schauen; überhaupt spielt Ideologie in der politischen Praxis nur selten die Rolle, die wir ihr gerne zuschreiben. Und, notabene, wenn sich die Taliban für die Scharia einsetzen, dann ist damit zunächst einmal tradiertes islamisches Recht gemeint, wie es in den meisten Staaten der arabischen Welt zur Anwendung kommt – mal in stärkerem, mal in schwächerem Ausmaß. Scharia, das sind nämlich im Kern nicht westliche Fantasien zum „Handabhacken“ o. Ä., sondern vor allem zivil-, familien-, und erbrechtliche Angelegenheiten, deren juristische Behandlung oft nur eingeschränkt kodifiziert ist und immer auch von ihrer lokalen, regionalen und kontextuellen Besonderheiten lebt.
Alpha November sagt:
25.08.2021 um 13:02 Uhr
+ 1
Korrekt.
@Katja
zum 2. Absatz:
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