Anschlag auf Bundeswehr in Mali im Juni: Keine Schüsse auf die Autobombe

Bei dem Angriff eines Selbstmordattentäters auf eine Bundeswehr-Patrouille in Mali im Juni gab es nach bisherigen Ergebnissen keinen Versuch, die Autobombe mit Schüssen zu stoppen. Das geht aus einem Zwischenbericht der Bundeswehr von Mitte Juli hervor. Bei dem Anschlag waren zwölf deutsche und ein belgischer Soldat verwundet worden.

Der Angriff hatte die rund 100 Personen starke Patrouille – überwiegend deutsche Soldaten, außerdem Iren und Belgier – in den Morgenstunden des 25. Juni rund 160 Kilometer nördlich des Stationierungsortes Gao getroffen. Ein mit – nach den bisherigen Berechnungen – mit mindestens 100 Kilogramm Sprengstoff beladenes Fahrzeug war auf die so genannte Nachtaufstellung der Patrouille, praktisch eine Wagenburg, zugerast. Die Autobombe zündete innerhalb des äußeren Sicherungsrings, wenige Meter vor einem Tanklaster.

Der Ort des Angriffs (rote Markierung), rechts die Route Zebra

Die an der Anschlagstelle entlangführende Straße (Main Supply Route Zebra) ist eine ortsübliche Piste ohne klare Begrenzungen. Die Entfernung von dieser Straße zum Ort des Anschlags kann daher nur mit ca. 2 km beziffert werden.
Es gab unmittelbar vor dem Anschlag nach bisher vorliegenden Erkenntnissen keine Schussabgabe. Weiteres ist derzeit Gegenstand laufender Ermittlungen.

heißt es in einer Unterrichtung des Verteidigungsministeriums für den Verteidigungsausschuss des Bundestages vom 12. Juli. (Hinweis: Wegen meines Urlaubs im Juli greife ich das erst jetzt auf; nach meinen Informationen gibt es seitdem keinen neuen Sachstand dazu.)

Nach den Angaben des Ministeriums ist es der vierte bekannte Angriff mit einem fahrzeuggestützten, täterausgelösten Sprengsatz (Suicider Vehicle Borne Improvised Explosive Device, SVBIED) in Mali in diesem Jahr – jedoch der erste in dieser Gegend. Zwei solcher Angriffe hätten sich gegen die französische Antiterror-Operation Barkhane gerichtet, der Anschlag am 25. Juni und ein weiterer gegen die UN-Mission MINUSMA. Die anderen Anschläge hätten sich jedoch mehrere hundert Kilometer vom Ort des Angriffs auf die deutsche Patrouille entfernt ereignet.

Bereits Ende Juni hatten Generalinspekteur Eberhard Zorn und der Parlamentarische Staatssekretär Thomas Silberhorn dem Verteidigungsausschuss in wesentlichen Zügen den Hergang des Angriffs auf die Patrouille geschildert. Dabei wurde auch deutlich, dass der Angreifer den äußeren Sicherungsring des Lagers durchbrechen konnte, aber vor dem inneren Ring explodierte:

Ein weißer, mit Holz beladener Pkw Pickup fuhr am 25. Juni 2021 gegen 06:15 Uhr Ortszeit (08:15 MESZ) parallel auf der Ost-West-Achse im nördlichen Bereich der Nachtaufstellung der Aufklärungskompanie. Das Fahrzeug näherte sich mit hoher Geschwindigkeit, machte aber den Anschein einer Vorbeifahrt. Plötzlich änderte das Fahrzeug die Fahrtrichtung und durchbrach die äußere Sicherung des A-Zuges (Sicherungsfahrzeug Eagle), fuhr direkt auf den Lkw Multi FSA mit Tankcontainer zu und setzte ca. 20 m vor diesem und dem inneren Ring um. (…)
Drei Fahrzeuge, der Lkw Multi FSA mit Tankcontainer mit noch ca. 6000l Betriebsstoff, ein Lkw Zetros und ein ATF2 Dingo waren aufgrund ihrer starken Beschädigungen nicht mehr rollfähig. Der ZETROS und ein DINGO konnten im weiteren Verlauf geborgen werden, der Lkw Multi FSA wurde vor Ort unbrauchbar gemacht. Restkraftstoff wurde abgetankt.

(Hinweis: In den bekanntgewordenen Aussagen vom 30. Juni war von einem Zetros als Tanklaster die Rede; dabei handelte es sich offensichtlich um ein Missverständnis.)

Zu dem Angriff hatte sich Anfang Juli die Jama’at Nusrat al Islam wal Muslimin (JNIM, „Gruppe für die Unterstützung des Islams und der Muslime“) bekannt, zusammen mit weiteren Anschlägen auf malische und französische Truppen.

Die Patrouille war im Auftrag der UN-Mission unterwegs, in der Aufklärungsmission Magpie 9 sollte die Umgebung der Route Zebra bis etwa 200 Kilometer nördlich von Gao erkundet werden. Hinweise auf eine konkrete Bedrohung der Blauhelmtruppe bei dieser Mission gab es nach Angaben des Verteidigungsministeriums nicht, allerdings galt die grundsätzliche Warnung vor Sprengfallen: Am Tag vor dem Anschlag hatte eine Einheit der malischen Armee nur fünf Kilometer vom Lagerplatz der Patrouille entfernt ein solches Improvised Explosive Device (IED) ausgelöst.

(Karten: Open Street Map)