Angriff auf deutsche Patrouille in Mali: Explosion 20 Meter vor dem Tanklaster
Die deutschen Soldaten, die in der vergangenen Woche in Mali bei ihrer Aufklärungsmission von einem Selbstmordattentäter angegriffen wurden, sind möglicherweise nur knapp einer noch größeren Katastrophe entgangen: Die Autobombe des Angreifers explodierte wenige Meter vor einem Tanklaster, dessen Ladung aber nicht in Brand geriet. Bei dem Anschlag wurden zwölf deutsche und ein belgischer Soldat verwundet.
In einer Sondersitzung des Verteidigungs- und später des Auswärtigen Ausschusses informierte der Parlamentarische Staatssekretär Thomas Silberhorn am (heutigen) Mittwoch die Abgeordneten über die bisherigen Erkenntnisse zu dem Angriff am vergangenen Freitag. Nach Angaben aus Ausschusskreisen blieben allerdings noch wesentliche Fragen offen – unter anderem, wie die Soldaten versucht hatten, das Fahrzeug des Selbstmordattentäters zu stoppen.
Nach den bisherigen Erkenntnissen war die gemischte Aufklärungskompanie des deutschen Kontingents, zu der auch irische und belgische Soldaten gehören, im Auftrag der UN-Mission MINUSMA zu einer Aufklärungsmission unterwegs. Einen Auftrag zur Begleitung einer malischen Armeeinheit auf dem Weg nach Kidal im Norden Malis, den MINUSMA zuvor genannt hatte, gab es nicht – die deutsche Kompanie sollte allerdings Informationen für den geplanten Marschweg der Malier liefern.
Im Rahmen der mehrtägigen Aufklärungsmission wurde ein Nachtlager bei Tarkint rund 180 Kilometer nordöstlich des deutschen Stationierungsortes Gao aufgeschlagen, bei dem nach der üblichen Vorgehensweise ein äußerer Ring aus geschützten und ein innerer Ring aus weniger oder ungeschützten Fahrzeugen aufgebaut wurde. In diesem inneren Ring stand auch der Tanklaster vom Typ Zetros. Während dieser Ruhephase galt die Regel, dass jeweils zwei Drittel der Kompanie zur Sicherung abgestellt waren, während ein Drittel schlafen konnte.
Am Morgen – die Zeit hatte die Bundeswehr bereits zuvor mit 06.28 Uhr Ortszeit, 08.28 MESZ angegeben – fuhr nach den bisherigen Erkenntnissen ein weißer Pickup, mit Holzlatten beladen, mit hoher Geschwindigkeit auf der am Nachtlager vorbei führenden Nationalstraße. Der Wagen sei dann, hieß es aus Ausschusskreisen, plötzlich von der Straße abgebogen und habe den äußeren Fahrzeugring des Lagers durchbrechen können. Knapp vor dem inneren Ring sei dann die Sprengladung auf dem Pickup explodiert – 20 Meter vor dem Tanklaster. Der wurde zwar schwer beschädigt und musste als nicht mehr rollfähig gesprengt werden, die Beladung mit Kraftstoff wurde jedoch von der Explosion nicht in Brand gesetzt oder selbst zur Explosion gebracht.
Unklar ist den Informationen zufolge bislang, inwieweit die Autobombe durch Waffen zum Stillstand gebracht wurde und warum das Fahrzeug den äußeren Ring durchbrechen konnte. Zum Zeitpunkt des Anschlags wurde die Patrouille nicht von einer Drohne überwacht: Die Heron 1-Drohnen des deutschen Kontingents hatten die Aufklärungskompane zwar tagsüber auf ihren Marschwegen begleitet, nicht aber in der Nacht.
(Wird ggf. ergänzt)
@ Mohamed Jarrayc
Zustimmung !
Es kann keinen „gerechtfertigten“ Krieg geben wenn man das militärische Kontingent für die falschen Ziele einsetzt.
Die CDU in den 1980 Jahren wusste das noch mit ihrem Wahlkampf-Slogan „Gerechtigkeit schafft Frieden“.
Von der Gerechtigkeit (sprich gleichmäßige Partizipation an den nationalen Ressourcen von Mali) sind die verschiedenen Bevölkerungsgruppen in Mali noch weit entfernt. Und leider stabilisiert die MINUSMA-Mission nur den Status Quo der ungerechten Verteilung der nationalen Ressourcen und nicht deren Angleichung.
In der Konsequenz ist er damit zum Scheitern verurteilt !
Hans Dampf sagt: 01.07.2021 um 8:19 Uhr
Früher war alles besser. Gerade auch wie die Römer mit der SVBIED-Bedrohung umgegangen sind, das war wirklich vorbildlich!
Folgt ihr „umaßgeblicher Eindruck“ der im Grunde nur aus negativen Anwürfen und Beschuldigungen und Vorurteilen besteht, auch nachweisbaren Fakten? Vielleicht schauen Sie als Historiker nochmal, was Droysen so für Sie zur Quellenkritik aufgeschrieben hat. ;-)
In einem anderen Faden hat jemand vorgeschlagen per Los 20 Politiker ein paar Monate in den Einsatz zu schicken. Ich meine, das sollte man auch mit einigen Kommentatoren machen, um mal den Versuch eines Abgleichs von Theorie und Praxis zu probieren.
@Mohamed Jarrayc sagt: 01.07.2021 um 10:40 Uhr
Sie schreiben von Machtvakuum in Mali nach dem Zerfall Libyens und verkennen dabei den Einflus Ghaddafis auf die Staaten der Sahel-Zone. Den Konflikt gab es eigentlich schon immer, er wurde nur mit der Knute unter der Decke gehalten. Das jetzt den UN-Soldaten in die Schuhe schieben zu wollen, ist schon etwas dreist.
„Doch nun ziehen sich viele Länder, welche die UN -Truppen gestellt haben immer mehr zurück. In Deutschland wird das auch diskutiert. Nach den Motto: Heiliger Sankt Floriansprinzip. So ähnlich wie in Afghanistan. Alle ziehen ab und überlassen die Afghanen den Taliban zum Fraß.“
Niemand ist gezwungen, sich bis zum Sankt Nimmerleinstag an einer Mission zu beteiligen. Und auch eine Herauslösung von Truppenkontingenten kann durchaus Teil der von Ihnen so vehement geforderten Neupositionierung sein.
Anmerken möchte ich noch, das ein Großteil der Taliban eben auch Afghanen sind, wie Sie das bezeichnen. Genauso wie die islamistischen Kämpfer nach Ihren Ausführungen Malier sind. Offensichtlich ist die Unterstützung in Teilen der Bevölkerung so groß und die ethisch-moralischen Hemmungen so niedrig, das man seinen Mitbürgern nach dem Leben trachtet. Und das ist eine Gemengelage, die man militärisch mit fremden Soldaten auf Dauer nicht lösen kann.
Was die Bewertung des Regimes in Bamako angeht, bin ich bei Ihnen. Auch ich halte diese Junta nicht für unterstützenswert. Aber leider sind da noch handfeste wirtschaftliche Interessen (Rohstoffe) im Spiel. Ansonsten würde sich niemand für Mali interessieren.
@pirat77 sagt:
01.07.2021 um 13:01 Uhr
Zum
Zetros Tanklaster
Der Zetros bei der Bundeswehr ist ein zwei Achser mit geschütztem Führendenhaus und Ladefläche Plane Spriegel
Es gibt nun 2 Möglichkeiten wie der Diesel aufgeladen ist
1. Auf Kanisterpaletten in 20 Liter Blechkanister
2. In großen Blechtanks mit Zapfanlage, da sollten max zwei davon draufpassen.
Der Zetros ist jedenfalls kein spezieller Tankwagen mit festem Tankaufbau.
Also könnte das Fahrzeug mit Gestell und Plane soweit getarnt sein.
Gefahrguttafeln natürlich entfernt.
Kanisterbetankung ist natürlich am flexibelsten aber halt aufwändig im Vergleich zum Schlauch.
Guten Tag in die Runde,
ich bin bisher nur ein Mitleser gewesen, möchte mich aber dennoch hier mal zu Wort melden. Ich selber bin aktiver Soldat und frage mich wie sich einige der Kommentatoren hier überhaupt ein Urteil erlauben können über etwaige Umstände wie es dazu kam oder aber schon von taktischen Fehlverhalten sprechen OHNE dabei gewesen zu sein. Keiner weiß wie er selber in einer Extremsituation handeln oder reagieren würde, niemand (Annahme) der hier Anwesenden war dabei.
Mal abgesehen von den Verletzten, was an sich schon sehr tragisch ist, werden alle anderen Soldaten vor Ort diese Erlebnisse auch erstmal verarbeiten müssen ebenso wie die Kameraden aus der Heimat. Was im Hintergrund geschiet (Abläufe im Einsatzland sowie in den Heimatstandorten), sei es vor Ort in MALI oder auch im Heimatstandort, können wenn überhaupt hier nur wenige Beurteilen. Die Führung vor Ort wird die Ereignisse auch aufarbeiten, aber davon auszugehen nach 24 h einen kompletten Bericht für die Öffentlichkeit bereitzustellen bzw. alle Informationen offen zu legen halte ich für Illusion. Auch die Führer vor Ort müssen erstmal das Ereignis verdauen, immerhin wurden ebenfalls ihre Soldaten verletzt und auch die Führer vor Ort werden sich schon selber fragen ob sie alles richtig gemacht haben (Welches eine enorme Belastung für jeden Darstellt der Personalverantwortung hat).
Daher ist das interpretieren von Informationen nicht hilfreich, von Personen welche nicht vor Ort dabei gewesen sind, und von taktischen Fehlverhalten zu reden. Das steht meiner Meinung nach niemanden zu, der nicht dabei war oder die Ereignisse gerade mit belastbaren Informationen aus erster Hand aufarbeitet und untersucht.
Ich denke wir sollten den Soldaten vor Ort Zeit lassen sich davon zu erholen und es selber aufzuarbeiten anstatt Vermutungen anzustellen und Vorwürfe (taktisches Fehlverhalten) zu machen. 101 Soldaten davon 13 physisch verletzt und bei allen anderen nicht absehbar ob auch psychisch. Da sind Spekulationen und Vorwürfe nicht hilfreich.
Horrido
@ pirat77
Das ist nicht korrekt.
Den Zetros gibt es im mil. Kontext mit Tank zum Verladen innerhalb einer Rahmenstruktur um den Behälter.
Eben dieser war dort vor Ort.
Link zum Bild
https://www.armyrecognition.com/idex_2015_news_official_online_show_daily_coverage/mercedes-benz_unveils_new_zetros_1833a_4x4_off-road_truck_with_tank_body_at_idex_2015.html
( Einfach einen Rahmen für Be-/Entladung imaginieren, statt fester Installation )
MkG
@ pirat77
Der Sachhinweis kann korrekt sein, muss es aber nicht.
Auf den Lkw 5t Zetros kann auch die Tankanlage 4.600 Liter verlastet werden. Das macht daraus zwar immer noch keinen Tank-Lkw wie von Aral oder einen „Straßentankwagen 18.000 Liter“, es ist dann aber trotzdem ein Tankfahrzeug.
1. Niemand kann aus der Entfernung beurteilen, ob und welche Fehler gemacht wurden
2. Jeder aber sollte sich Gedanken machen, was schief gelaufen sein könnte. Dabei sind Spekulationen nicht nur unvermeidbar, sondern auch erwünscht.
3. Denn hier geht es nicht um ein ausgewogenes und endgültiges Urteil (das uns nicht zusteht), sondern um die freie Diskussion von Möglichkeiten und Alternativen.
@pirat77:
Zetros Tankwagen in Tarnfarben:
https://images.app.goo.gl/NnHJuNhg2YF8hLx69
Authentizität kann ich nicht bestätigen.
@einSoldat: BZ! Auf der anderen Seite zeigt die Debatte auch Interesse an der Lage in den Auslandseinsätzen.
Ich hoffe, dass wenn vertretbar, Einblicke in Geschehnisse vergleichbar Aufarbeitung Karfreitagsgefecht gegeben werden. Also in ein paar Monaten zum Beispiel.
Die Öffentlichkeit würde sich gerade nach Aussetzung Wehpflicht und entsprechende Vorbildung auch mal mit taktischem Klein-Klein befassen (müssen).
Es ist der Wähler, der letztendlich Soldaten entsendet und hat eine weit unterschätzte Schwarmintelligenz. Der Blog hier ist Teil davon.
Joho
Ich habe mir, wie Schnallendorf, die Gegend via Google Maps angesehen. Die Straße selbst scheint, den Spuren nach, eher eine freundliche Empfehlung zu sein, der man folgen kann oder eben nicht. Das Terrain ist auch ziemlich übersichtlich. Man hätte den sich nähernden Pick-up also von weitem sehen müssen. Aber ein Pick-up auf einer Straße ist ja noch lange kein Grund für einen Alarm.
Es gibt keine Information darüber wie stark die Route befahren ist und wie viel Aufmerksamkeit dieses spezielle Fahrzeug hätte wecken müssen.
Ich schließe mich aber Voyageur und Roter Milan mit ihren Einschätzungen an. Das Lager war zu dicht an der Straße. Zwischen dem plötzlichen Abbiegen des Fahrzeugs und seinem Eindringen in den äusseren Ring verging einfach zu wenig Zeit für einen Abwehrversuch.
Das bedeutet auch, das eine Luftaufklärung per Drohne den Angriff nicht verhindert hätte. Und das hätte auch für einen Versuch gegolten, dass Bombenfahrzeug mittels Waffeneinsatz von einer bewaffneten Drohne zu stoppen.
Ich verstehe einfach nicht, warum das Camp nicht einfach weiter weg von der Strasse aufgeschlagen worden war. Schließlich ist das Gelände sehr offen und praktisch überall befahrbar.
Leider hält sich die Bundeswehr mit Angaben zu Art und Anzahl der Fahrzeuge zurück. Warum eigentlich? Schließlich wissen unsere Gegner offensichtlich bereits bestens Bescheid. Ich vermute aber mal, dass die Fahrzeuge nicht gerade Stoßstange an Stoßstange gestanden haben.
Damit stellt sich die Frage, warum keine Maßnahmen ergriffen wurden, um ein Eindringen zu verhindern? Eine Kette gespannt zwischen zwei Trucks hätte den Pickup schön deutlich ausgebremst, das Fahrzeug wäre dem Lager aber immer noch zu nahe gekommen. Definitiv rechtzeitig gestoppt worden, wäre das Fahrzeug durch eine Nagelsperre, wie sie die US-Armee verwendet. Auch dann, wenn die Posten des Camps komplett gepennt haben sollten. Das Ausbringen und Einsammeln solcher Sperren dauert nicht lange und sie hätten den Fahrer auch nicht verletzt. Vielleicht kann mir jemand sagen ob die Bundeswehr solche Sperren überhaupt hat.
Der Zetros ist ein Lkw mit geschützter Fahrerkabine aber für eine Tankwagenvariante finde ich keine Referenz. Ich vermute mal, das der Zetros mit Tankmodulen (Centaur?) beladen war. Wäre von der Logistik her jedenfalls sehr praktisch (zu meiner Zeit wurden die Fahrzeuge im Biwak noch mit 20 l Kanistern betankt).
Anmerkung (und ich möchte damit wirklich keinen Shitstorm auslösen): Die Bundeswehr ist jetzt seit gut acht Jahren in Mali. Die Aufklärungsmission war vermutlich auch nichts, was die Soldaten nicht schon x-mal davor getan hatten. Damit meine ich Aufklärungsmissionen, die über die nomale Einsatzreichweite der Fahrzeuge hinausgehen und die Mitnahme eines Tankwagens erfordern. Unsere Regierung wird nicht müde zu betonen, dass der Einsatz in Mali gefährlich ist. Aber wenn dem so ist, warum hat man dann nicht für den Kraftstofftransport Module, die wie bei Flugzeugtanks konstruiert sind. Also mit Selbstsversiegelung und Brandunterdrückung. Oder ist das bereits der Fall und ich mache mir grundlos einen Kopf?
Ich teile die Meinung von @einSoldat.
Niemand bzw. die wenigsten der hier Diskutierenden haben eine Vorstellung oder Kenntnis von den momentan gültigen TTV’s/ TTP’s der FORCE PROTECTION COY für MINUSMA.
Desweiteren bezweifele ich ebenfalls stark, dass Historiker/Offiziere die antike Beispiele nutzen um auf die Bedrohungen des 21. Jahrhunderts zu reagieren, es in ihrer Dienstzeit weiter als zum MainGate geschafft haben oder ihre Erfahrungen außerhalb klimatisierter Büro-Container gemacht haben.
Die realität ist einem jedem Fremd, der in letzter Zeit nicht selbst außerhalb des Camps durchs Einsatzland gefahren ist.
Ich würde mir wünschen, dass Diskussionen von Leuten geführt werden, die sich auch in der Position befinden zu diskutieren.
Der Rest darf natürlich gerne dersrtige Diskussionen verfolgen, sollte sich aber dennoch fragen, ob eine qualifizierte Meinungsabgabe möglich ist.
Zum Thema ZETROS:
Nur weil es Aufbauten, Anbauten, Umbauten und der gleichen gibt, bedeutet das nicht, dass diese auch Verwendet werden…
Vielleicht (also ziemlich sicher) hat ja jemand IM EINSATZ BEFINDLICH festgestellt, dass er seinen Auftrag mit einem kompletten Tank-Zetros nicht durchführen kann und stattdessen den Pritschen-Zetros gewählt weil er auch noch sein Werkzeug und Ersatzteile mitführen muss…
Und mal ehrlich…
Jeder dressierte Affe weiß dass das wichtige Zeug niemals außen steht sondern immer in der Mitte…
Also fahre ich meine VBIED doch nicht an den Rand wenn ich bis zur Mitte komme?
Was hat der Kerl denn noch groß zu Verlieren? Ob er jetzt 100m vorher gestoppt wird oder nicht ist dem egal, der fährt Richtung Mitte bis er ankommt und wenn er nicht weiterkommt drückt er trotzdem seinen Zauberknopf…
Man möchte meinen, Menschen vorzufinden die schlichtweg logisch überlegen und sich auch mal Gedanken darüber machen was sie öffentlich von sich geben.
Eigentlich zum Fremdschämen…
@Jens Scharmel:
„Denn, ich meine BW-Soldaten waren beteiligt, ja, aber als UN-Sondaten, wird einem dann nicht automatisch das „offensive“ Recht der Handlung genommen und man ist daher der „Operation Barkhane“ oft dankbar?“
Ich habe den Eindruck in ihrer Sichtweise haben sich mehrere Mißverständnisse oder Fehlinformationen eingeschlichen:
1. MINUSMA ist kein klassischer Blauhelmeinsatz, der nur auf Selbstverteidigung begrenzt ist, sondern umfasst auch die Möglichkeit zur Gewaltanwendung zur Erfüllung des Auftrages. Völkerrechtlich also vergleichbar mit ISAF
2. Selbstverteidigung umfasst auch die Abwehr einer unmittelbaren Gefahr (z.B. ein Fahrzeug kommt in hoher Geschwindigkeit auf mich zu). Dies ist immer möglich und wird ggf. nach deutschem Notwehrrecht bewertet (das vergleichsweise weitgehend ist und auch subjektive Begründungen kennt)
3. Sind für die Umsetzung der Einsatzregeln und ggf. deren Einschränkungen und insbesondere die Einsatzvorbereitung die jeweiligen Nationen zuständig.
Es ist also eine irrige Annahme, das sdeutsche Soldaten sich weniger gut selbst verteidigen dürfen, nur weil sie in diesem oder einem anderen UN-Einsatz sind.
Das Problem liegt meist eher in der Art der Einsatzvorbereitung der Bundeswehr (!) in der wesentliche Lehren des ISAF-Einsatzes zu Rechts- und Handlungssicherheit (ROE und deren Interpretation, Selbstverteidigung als gesonderte Handlungsgrundlage, daran orientierte Führungsgrundsätze, zweckmäßige Einsatzvorbereitung, wahrscheinliche Rechtsfolgen) institutionell verloren gegangen sind.
Diese ganze Diskussion hier wäre unnötig wenn man langsam mal akzeptieren würde das in einem Kriesengebiet Soldaten verletzt werden oder fallen.
Klar, man kann bei jedem stopp mit Dachs oder Kodiak Gräben ziehen. Aber man muss auch mal die Kirche im Dorf lassen. Es gibt auch immer noch den Grundsatz der Zweckmäßigkeit.
Wer 100%ige Sicherheit will, geht nicht in den Einsatz. Und ja, im y Magazin gibt’s Artikel die Soldaten beschrieben die vor Ende der Dienstzeit noch in den Einsatz wollen, und im Intranet gibt es Handlungsweisungen wie man sich freiwillig meldet.
Mister Riös sagt:
01.07.2021 um 9:46 Uhr
„…Ihr virtuelles Auftreten ist halt einfach zu „Chairforce“ … dass das …NICHT bedeutet sie wären nach HEUTIGEN Maßstäben „combat approved“. Sie hätten es besser gemacht? Das ist mindestens überheblich und sicher Imagination….“
Bevor ich auf den oben zitierten Quatsch von Mister Riös eingehe und den Bogen dann wieder zum konkreten Fall in Mali spannen möchte, möchte ich hier anlassbezogen auf ein sehr gutes Beispiel für die Wichtigkeit von EHRLICHER Einsatzauswertung hinweisen: Ich habe mir gerade die Sondersendung im ZDF zum Abzug der BW aus AFG in der Mediathek angesehen:
https://www.zdf.de/nachrichten/zdfheute-live/afghanistan-bundeswehr-truppenabzug-krieg-video-100.html
Dort wird zu Beginn der Herr Mutschke interviewt, der beim sog. Karfreitagsgefecht im Jahr 2010 schwer verwundet worden war. Bei seiner Darstellung erklärt er, dass es der Auftrag gewesen wäre, „die Zufahrtstrasse nach ISA-KHEL“ auf IEDs hin zu untersuchen („IED-Sweep“) und dabei auch die MIKADO Drohne eingesetzt worden war, die dann verlustig ging ….usw…
Dies finde ich deshalb bemerkenswert, da gem. ZMS Auswertung der IED-Sweep doch entlang der LOC PLUTO erfolgen sollte, und die Gruppe des GOLF Zuges dann „zur Sicherung und weiteren Aufklärung“ in den Vorort ISA KHELS verlegt hatte, auf einem „zuvor erkundeten Umgehungsweg“.
Die Darstellung von Herrn Mutschke stimmt hier nicht genau mit der Darstellung des ZMS überein. Man kann sich zwar streiten inwiefern sich Herr Mutschke in dem Interview vielleicht unabsichtlich etwas missverständlich ausgedrückt hat, aber wenn ich eine so schwere Verwundung erleide würde ich mir vorstellen, dass ich den Auftrag dieses lebensverändernden Einsatzes (abgesessener Sicherungsauftrag in linker Flanke für einen IED-Sweep entlang LOC LITTLE PLUTO) ganz klar benennen können müsste, egal ob ich vor einer Kamera etwas nervös bin oder nicht.
Ich verweise hier auf meine taktischen Überlegungen die ich auf augengeradeaus anläßlich des 10-jährigen Gedenkens formuliert hatte:
https://augengeradeaus.net/2020/04/zehn-jahre-nach-dem-karfreitagsgefecht-wie-es-bundeswehr-und-gesellschaftlichen-blick-veraenderte/
Sindbad sagt:10.04.2020 um 14:07 Uhr….Karfreitagsgefecht 2010 – Taktische Überlegungen…
Im Ergebnis hatte ich festgestellt, dass m.E. der Einsatz (Karfreitagsgefecht) nie richtig taktisch ausgewertet wurde, mit später fatalen Folgen, da kurz darauf derselbe Fehler (mangelnde Auflockerung/ Zusammenballung an einem Kfz das auf ein IED fährt) erneut zu Verlusten für die Bw führte.
Wenn ich also heute höre, dass selbst ein verwundeter Soldat von damals den Auftrag seiner Einheit nur sehr unpräzise darstellen kann dann macht das auf mich wirklich keinen guten Eindruck hinsichtlich sauberer Einsatzauswertung in der Bundeswehr. Kennt denn der zu Schaden gekommene Soldat bis heute womöglich gar nicht den wirklichen Auftrag, den er damals ausführen sollte?! – Auch seine verwendete Begrifflichkeit „IED-Sweep“ stellt für mich ein unpräzises ‚Denglisch‘ dar, bei dem man nicht genau erfährt, was denn der eigentliche Zweck des Auftrags war. (Wie bereits von mir in meinen taktischen Überlegungen ausgeführt war das Suchen nach IEDs auf LOC LITTLE PLUTO völlig sinnlos, wenn man im Anschluss die (komplette) Strasse nicht 24/7 bewachen wollte. Bereits am nächsten Tag hätten dort ja wieder neue IEDs vergraben sein können.) Früher musste man einen Auftrag in einfache und klare Worte fassen können und auch immer benennen können WOZU man den Auftrag durchführt (….um zu…)
Kommen wir in diesem Zusammenhang (Einsatzauswertung) aber wieder zurück zum SVBIED Anschlag in Mali.
Vorher aber noch kurz meine Anmerkungen zu Mister Riös und seinen unqualifizierten Aussagen oben. Auch Mister Riös liebt das Denglisch. Er verwendet selbst den Begriff ‚combat approved‘. Da frage ich mich, was das denn sein soll? Ich kenne ‚Einsatzbereit‘, und das ist für mich eine Truppe nur dann wenn sie taktische Mindeststandards wie VASE (Verbindung-Aufklärung-Sicherung-Erkundung) und FAST (Feuerbereitschaft-Auflockerung-Schanzen-Tarnen) beherrscht. Aber Mister Riös spricht ja auch von ‚heutigen Massstäben‘. Also, Mister Riös, ich warte darauf, dass sie uns allen hier mitteilen, wo diese ‚heutigen Massstäbe‘ schriftlich niedergelegt zu finden sind und ganz konkret, wie denn die nun gültige Definition für ‚combat approved‘ lautet. Und wer verleiht denn dieses Prädikat? – Wieviele Klimmzüge muss man machen und wieviele Dosen Bier in Mazar-eh-Sharif muss man man dafür gesoffen haben?! – Klären sie uns bitte auf!
Ach ja, und bitte benennen sie auch noch die Stelle an der ich ausgesagt haben soll, ich hätte es besser gemacht. Ich kann mich an so eine Aussage nicht erinnern, aber sie beleidigen mich deshalb als ‚arrogant‘. Also benennen sie Stelle, oder entschuldigen sie sich.
…zurück zur Sache…
Mehrere Leser wollen im vorliegenden Fall nicht gelten lassen, dass ich hier ein ‚Versagen‘ im Sicherungsauftrag festgestellt habe und möchten keine Kritik zulassen. Allen diesen möchte ich hier sagen, dass sie sich damit GEGEN eine Einsatzauswertung aussprechen. Denn das was ich hier tue ist nichts anderes als der erste Schritt im anerkannten ‚Lessons Learned‘ Prozess wie er NATO-übergreifend durchgeführt wird nach entsprechenden Standards. Nachzulesen u.a. im NATO Lessons Learned Handbook.
https://nllp.jallc.nato.int/iks/sharing%20public/nato_ll_handbook_2nd_ed_final_web.pdf
Immer wenn erwartete Standards nicht erreicht werden muss man im Rahmen des LL-Prozesses tätig werden. „For a given activity, an expected outcome exists. If expectations are … not met … there is something to learn.“
Ich denke mal wir können uns zumindest soweit einigen, dass ein (aus Feindsicht erfolgreicher) SVBIED Anschlag gegen eine Truppe, die sich extra dagegen gesichert hat – ein Ergebnis ist, das wir (aus unserer Sicht der sichernden Truppe) NICHT wiederholen möchten.
Also liegt hier eine ‚observation‘ vor, und ich verwende hierfür den Ausdruck ‚Versagen‘. Denn irgendwas oder irgendwer hat versagt, sonst hätten wir als Ergebnis nicht 13 Verletzte (und eine Beinahekatastrophe eines zusätzlich explodierenden Tankfahrzeuges) sondern stattdessen ein gestopptes und zerstörtes SVBIED ohne Schaden bei der Truppe. Und dieses Ergebnis liegt – leider – in diesem Fall nicht vor.
Zum Thema Ausrüstung: Diese Diskussion brauchen wir gar nicht führen. Die Truppe hatte in jedem Fall eine gute Ausrüstung mit hervorragenden Aufklärungsmitteln und geschützte Kfz.
Und hier verweise ich auf die Schrift ‚Üben und Schiessen‘ des Heeresamts von 1986…
https://kupdf.net/download/uuml-ben-und-schiessen-hilfen-f-uuml-r-den-gefechtsdienst_590f8cc1dc0d60b049959e89_pdf
…in der man nachlesen kann (S.17 grüner Kasten unten):
„Aufgabe des Führers ist es bei der Dfg seines Auftrags mit den VORHANDENEN Kräften und unter geringen Verlusten den größtmöglichen Erfolg zu erzielen….“
Selbstverständlich hätte jeder militärische Führer immer noch mehr Truppe, noch mehr Ausrüstung, noch bessere Ausrüstung etc. Aber das ist IRRELEVANT. Jeder mil Führer muss seinen Auftrag mit den zur Verfügung stehenden Kräften und Mitteln durchführen. Punkt.
Und jetzt sind wir bei einem weiteren Thema, was ich an den junden Soldaten und Führern oft feststelle: sie beherrschen die Auftragstaktik einfach nicht mehr! Sie wollen alles irgendwo als SOP (Standard-operating-procedure) reglementiert sehen. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf den anderen Kameraden hier zu diesem Thema, der davon gesprochen hatte dass der ‚Wagenburgbau“ ja schliesslich in der EinsVorbAusb gelehrt werden würde. – Genau diesen Unfug meine ich damit! – Je nach Stärke und Bewaffung und Ausrüstung der Truppe muss der jeweilige Führer seine Sicherung doch entsprechend UNTERSCHIEDLICH einrichten! – Lageangepasst! – Da gibt es keine ‚one-size-fits-all‘ Wagenburg! – Und wenn der Führer denkt eine S-Draht-Rolle oder Schanzarbeiten sind erforderlich, ja dann befiehlt er das einfach! – Sein Auftrag ist der Schutz seiner Soldaten und nicht, seinen Soldaten einen netten Biwakabend zu bescheren. Er muss nicht der beste Kumpel seiner Untergebenen sein und er muss sich mit ihnen auch nicht ‚high-5en“ oder andere Begrüßungsrituale aus der Bronx durchführen. Er schuldet ihnen aus Fürsorgegründen viel mehr eine harte Ausbildung!
Statt einer Wagenburg-SOP gibt es allgemeingültige Einsatzgrundsätze die es im jeweiligen konkreten Fall lagegerecht anzuwenden gilt. Das ist die Kunst und die Aufgabe des Führers. WIE er das macht ist seine Sache. AUFTRAGSTAKTIK eben. dafür trägt er dann aber natürlich die Verantwortung für seinen Entschluss. So ist das im Militär eben.
Da macht die Bundeswehr derzeit ständig Offizier-Werbung auf twitter mit ‚jung führen‘ und dann will am Ende aber kein Offizier mehr Verantwortung im Einsatz übernehmen.
Am Ende ist es immer die Politik und die schlechte oder angeblich fehlende Ausrüstung, wenn ein suboptimales Ergebnis erzielt wird.
Sehe ich nicht so.
Und wenn Soldaten zu Schaden kommen, dann sollte die Bw endlich aufhören zu vertuschen sondern SCHONUNGSLOS aufklären, um zukünftig besser zu werden und Verluste zu verhindern.
[Pardon, aber so geht das nicht. Sie fühlen sich beleidigt, nun gut, und reagieren mit Beleidigungen von Ihrer Seite. Bringt keinen weiter. Dann folgt ein überlanger Aufsatz, wie Sie die Sache sehen. Wenn Sie Ernst genommen werden wollen, dann verhalten Sie sich bitte auch so – derzeit legen Sie es auf Provokation an und tun dann so, als würde Ihnen bei der Reaktion auf Ihre Provokation bitter Unrecht getan. Und ob wir hier „eine Diskussion gar nicht führen brauchen“, entscheiden Sie schon mal gar nicht. T.W.]
@Neckarschwimmer: Suchen Sie bei Google mal nach „Führerhaus“ und dann nach „Führendenhaus“. Sie werden überrascht sein….
Wir hatten in Mali übrigens meistens dir Kanisterbetankung dabei. Der LKW war sonst noch mit diversen Ersatzreifen und Kleinkram vollgepackt.
@ alle Tankbescheidwisser.
Danke für die Info. Vor einigen Jahren war das dort noch anders. Das ist ja mal generell eine gute Entwicklung.
Nochmal zum Begriff „Straße“ für die fragliche Region in Mali. Ich hatte schon bewusst den Begriff „Rollbahn“ gebraucht. Es handelt sich offenkundig um eine undefinierte Fläche auf belastbarem Untergrund die in deutlicher Breite (wohl 50 – 100 m) in allgemeiner Richtung befahren wird.
Dementsprechend ist ein gesicherter Abstand zur „Straße“ nicht herstellbar, weil Fahrzeuge die gesamte Breite der Befahrbarkeit ausnutzen und damit der Wagenburg (ich bleibe bei diesem anschaulichen Begriff) auch ohne böse Absicht nahe kommen können. Man kann versuchen dass mit Zeichen, behelfsmäßigen Sperren und dahinter ausgelegten Nagelbrettern usw abzusichern, das wird aber nie zu 100 % gelingen, weil ein Fahrer der nachts (ohne Straßenbeleuchtung, Fahrbahnmarkierung usw.) schon in größerer Entfernung weit am Rand der Rollbahn fährt, möglicherweise auf die Innenseite hinter der Behelfssperre einfädelt. Eine Sperre die weniger als 100 m von der Wagenburg entfernt ist dürfte nicht so viel nutzen.
Telepolis hat einen Bericht, der sich offenkundig auf Aussagen einiger MdBs stützt, die in der Sondersitzung des VertA waren. Link aus bekannten Gründen nicht, kann der Hausherr ergänzen wenn er den für unschädlich hält.
Wichtig an dem Bericht ist die erneute Aussage, das noch nicht alle Soldaten befragt werden konnten. Das stützt meine früher gemachte Aussage, das Führungspersonal der gem. Aufklärungskompanie unter den Verwundeten ist.
Da es auch schwere Brandverletzungen gab kann das auch noch eine ganze Weile dauern bis die Verwundeten sich klar äußern können. Solange die intensivmedizinisch betreut werden müssen jedenfalls eher nicht.
Ich wünsche den Verwundeten gute Besserung mit vollständiger Wiederherstellung.
Für die Auswertung und den lessons learned Prozess werden wir aber wohl noch eine ganze Weile mit unvollständigen Informationen leben müssen.
Schlammstapfer sagt: 01.07.2021 um 19:47 Uhr
„Eine Kette gespannt zwischen zwei Trucks“
„eine Nagelsperre, wie sie die US-Armee verwendet“
Zusätzlich zu den Gräben?
Leute, Leute.. passt auf, dass ihr beim „aufregen“ und „besserwissen“ nicht völlig in andere Sphären abhebt. Was ich hier zum Teil lese sind amateurhafte realitärsferne Quatschgedanken, die als militärisch, taktisch usw. sinnvoll präsentiert werden. Die Chairforce-Commanders kennen als Rüstzustände des Zetros und erklären der unfähigen Bundeswehr mal wieder auch sonst ihre ganzen Fehler. Allein, das diese ganze Debatte langsam wieder mal nur in und um technische Details eines Lastwagens abdriftet, gibt mir einen Hinweis darauf wie es mit dem wirklichen militärischen Sach- und Fachverstand einiger hier wirklich aussieht. Der fällt bei aller technischen Detailsliebe dann nämlich hinten runter, aber technische Datenblätter, die können wir schon lesen.
Nagelsperren, Ketten.. überlegen Sie mal, wie lange man täglich braucht, um eine komplette Nagelsperre in genügendem Abstand um eine TOB zu verlegen und wieder einzuholen. Wer führt dieses zusätzliche Materialumfang mit? Ketten: genau das gleiche. Zwischen zwei Trucks spannen und dann? Fährt der durch und ist eh schon zu nach dran. Was ist mit den Trucks? Zusätzlich beschädigt, dann noch einsatzbereit?
Zweckmässigkeit ist hier das richtige Stichwort. Kam auch schon an anderer Stelle..
Marder!! Gräben!!!! Nagelsperren!!!!!!! Ketten!!!!!!!!!! Bemüht gefälligst die Historie (!!), ihr Looser…
Ihr macht hier echt Heldenvorschläge, die wirklich keinem helfen.
Eure Reaktion, dass was ihr hier macht ist nun auch endlich hinlänglich bekannt.
Formuliert Christoph Reuter in einem Kommentar auf SPON
„Abzug der Truppen aus Afghanistan, die große Illusion“
Zitat: „Eine hochgerüstete Truppe landet in Kunduz oder sonst wo. Wird sie aber angegriffen und erleidet Verluste beginnt der Rückzug: erst hinter immer mehr Betonwälle, schließlich aus dem Land.“
Glückwunsch Chairforce-Commanders, ihr habt dazu gelernt!
Sindbad sagt: 01.07.2021 um 23:33 Uhr
Genau Sie sind einer von denen. Dass Sie in ihrer theatralen Aufgeregtheit vom heimischen Sofa aus Menschen mit ihren Kommentaren „verbal ins Gesicht spucken“, die derzeit vielleicht die schlimmsten Stunden ihres Lebens erleben, das merken Sie beim bashen (sorry fürs denglisch) gegen Ihre Kritiker nicht mehr? Fahren Sie sich runter. Ich denke auf Ihre sog. „taktischen Überlegungen“ können wir hier getrost verzichten. Allein die Dokumente die Sie aufführen.. Handbücher aus den 80gern. Also bitte.. genau das ist das Problem der Chairforce: In diesem Zeit ist ihr taktische Denken stehengeblieben.
@ Sindbad:
01.07.2021 um 23:33 Uhr
Vorweg – zu den „Stil und Form“ – Fragen hat T.W. sich geäußert, als Hausherr ist dies sein Privileg und ist anzunehmen.
Allerdings sollten wir gegenseitig darauf achten, dass gerade bei Kritik der gültige Maßstab an Höflichkeit und Respekt erhalten bleibt, wir allerdings auch nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen.
Daher sehe ich den Beitrag nicht so sehr unter dem Gesichtspunkt Beleidigung/Provokation.
Wir sind uns sicher einig, dass wir den Frauen und Männern im Einsatz höchsten Respekt zollen und uns auch nicht hineinsteigern, aus der Ferne alles besser zu wissen.
Allerdings haben die meisten von uns, soviel Erfahrung (Ausbildung/Übung aber auch eigene Einsätze), um sich ein Urteil zu bilden. Das kann daneben liegen, dann bekommt man das hier gesagt.
Daher teile ich manche Ansichten zur Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit.
Die Schuldzuweisung „Die Politik ist schuld“ oder „die da oben“ führt zu nichts. Ehrlich machen, nicht bei Tagungen zum Thema „Fehler“, sondern schlicht und auch mal mutig im Alltag.
Jetzt wird es etwas heereslastig, sorry.
Das Beherrschen taktischer Grundsätze/Verfahren/Abläufe hat nachgelassen. Es folgt dem Zustand, dass in den Hochzeiten Stabilisierung/KUK vieles zu kurz gekommen ist. Man hat sich auf die einsatzvorbereitende Ausbildung gestützt (verlassen). Was man da errreichen kann/konnte, wissen viele hier. Intensive forderne Übungstätigkeit und Ausbildung hatte zu viele einschränkende Faktoren (z.B. Mat/Ausrüstungsdefizite).
Militärische Taktik und taktisches Können müssten sich sehr viel dynamischer und rascher entwickeln als z.B. als militärische Strategie, weil sich sowohl auf Ebene der Verbände wie im auch im Bereich der Waffentechnik im Laufe der Einsätze sehr viel Entwicklungen ergeben haben. Die Zeit der Zukunft ist von hybriden/asymmetrischen und ‚klassischen Konflikten (gleichermaßen) geprägt, so dass ein konstant hohes Entwicklungsniveau im taktischen Bereich zu verzeichnen sein müsste. Dies drückt sich natürlich auch in den militärischen Strategien aus.
Nicht zu vergessen: Feind/Gegner wird auch taktisch immer gewiefter.
Ist taktische Gefechtsführung schlecht, muß diese Erkenntnis zum Handeln(Abstellen) führen. Schön reden hilft nichts. Die dafür erforderliche Ehrlichkeit verlangt von Vorgesetzten viel. Ich habe diese nicht immer erlebt. Gern wird ‚gekonnt‘ schöngefärbt und -geredet.
Eng damit verbunden ist das Thema Auftragstaktik/Schwund von Auftragstaktik
Die Auftragstaktik verlangt Einheitlichkeit im Denken, Urteils- und Entschlußkraft sowie verantwortungsbewußtes Handeln auf allen Ebenen.
Zum Zusammenhang zwischen Auftragstaktik und Kampfkraft/Gefechtswert muss ich mich in dem Fachblog nicht weiter äußern, das wissen die meisten.
Einsatzerfahrungen zeigen, nicht nur kommt der straffen Führung eine weit wichtigere Rolle als z.T. angenommen zu, auch hängt der Grad der Selbstständigkeit und Initiative unterer Führer stark vom Führungsverständnis des Vorgesetzten ab.
Dieses Verständnis und die Umsetzung betriffte nicht nur Truppenführer (BrigKdr++) sondern z.b. die tatsächliche Selbsttätigkeit von Zug- oder Gruppenführern, ja auch Mannschaftsdienstgrade.
Da ist die Entwickung sehr holprig.
Es würde meinen Beitrag zu lang machen, daher nur Stichworte der Defizite (im Blog oft erwähnt, nicht nur Grundbetrieb auch Einsatz):
Absicherungsmentalität, Regulierungswut, Mikromanagment.
Einsätze haben gezeigt, dass man zunehmende „stringenter“ in den untergebenen Bereich eingegriffen hat und auf der anderen Seite zu oft nicht in der Lage war, die zur Auftragsdurchführung unabdingbaren Mittel bereitzustellen. Das läßt sich auf den Grundbetrieb übertragen.
P.S.
Ja, es hat mit dem Thema zu tun. Am Ende des Tages führt die Betrachtung dieser Punkte zu höherem Einsatzwert. Mali oder LV/BV.
@ Sindbad
„Und wenn der Führer denkt eine S-Draht-Rolle oder Schanzarbeiten sind erforderlich, ja dann befiehlt er das einfach!“
Genau Sindbad und dann holt der KTF in Ihrer Märchenwelt Aladins Wunderlampe heraus, reibt dran und schon kann er sich 180 km von der Truppe abgesetzt: zusätzlich Zeit, Personal und Material herbeiwünschen. Drei Wünsche reichen ganz genau aus! Das haben Sie schön berechnet.
Achtung! böser Sarkasmus: Was dann wirklich passiert, wenn „der Führer“ denkt und einfach befiehlt, das können Ihnen vielleicht die Historikeroffiziere mal in Ruhe (und nicht hier) erklären. Wahrscheinlich sind aber auch in diesem Fall immer die Untergebenen schuld.
„Sein Auftrag ist der Schutz seiner Soldaten und nicht, seinen Soldaten einen netten Biwakabend zu bescheren. Er muss nicht der beste Kumpel seiner Untergebenen sein und er muss sich mit ihnen auch nicht ‚high-5en“ oder andere Begrüßungsrituale aus der Bronx durchführen.“
Sie waren wohl dabei, beim netten Biwakabend? Das meine ich mit „verbalem Ausspucken“ vor den Betroffenen. Schämen Sie sich.
@ Sindbad, 01.07.2021 um 23:33 Uhr
Und jetzt sind wir bei einem weiteren Thema, was ich an den junden Soldaten und Führern oft feststelle: sie beherrschen die Auftragstaktik einfach nicht mehr! Sie wollen alles irgendwo als SOP (Standard-operating-procedure) reglementiert sehen.
Ich glaube, das ist ein richtige und wichtiger Punkt, wenngleich ich fürchte, dass das Problem umfassender und nicht nur „den Jungen“ anzulasten ist: Es geht hier um Fehlerkultur. Wenn man als Führer sich darauf berufen kann (oder muss?!?), dass man eine „anerkannte SOP“ angewandt hat, dann vielleicht auch deshalb, weil man einen auf den Deckel bekommt oder zu oft schon bekommen hat, wenn man etwas selbst entschieden hat.
Das heisst, als junger militärischer Führer/in hat jemand Entscheidungen getroffen, die sich am Ende auch mal als Fehler herausgestellt haben. Jetzt ist die spannende Frage, was daraus resultiert.
a) „Sie haben einen Fehler gemacht! Jetzt schauen wir uns mal an, was man hätte ander/besser machen müssen, und Sie machen das dann zukünftig so. Ich habe weiterhin Vertrauen in Ihre Entscheidungen!“
b) „Sie haben einen Fehler gemacht! Sie werden nie wieder einen Fehler machen, weil sie nie wieder eine vergleichbare Entscheidung fällen werden dürfen! Ab jetzt sage ich (höherer Führer [bis ganz nach oben…]), was Sie zu tun und zu lassen haben. Außerdem gibt es jetzt eine entsprechende Vorsschrift, die alles genau regelt (zumindest für diesen Sonderfall). Noch so’n Ding, und Sie sind raus!“
So, ich hoffe, ich habe jetzt nicht eine weitere globalgalaktische Thematik angestoßen…
Es ist meine Hoffnung, dass manch einer der hier Kommentierenden die Gelegenheit erhält, sein profundes Wissen in die Wirklichkeit zu übertragen. Mit wie vielen Annahmen da arugumetiert wird, und ein wahrer Grundsatz besagt: „Das Unglück fing mit der ersten Annahme an!“
Natürlich darf, kann und sollte man diskutieren und auswerten, die richtigen Leute an der richtigen Stelle. Wer sich dazu berufen fühlt, einfach dem Personalführer einen deutlichen Hinweis geben, mit ein bißchen Glück hat man vielleicht demnächst den Job.
Angesichts der Möglichkeit, dass an dieser Stelle vielleicht Betroffene und/oder deren Angehörige mitlesen, empfinde ich es als unangebracht, mit einer nicht nachvollziehbaren Vehemenz das Versagen der militärischen Führer vor Ort zu postulieren.
Ich erachte es als kameradschaftlich, wenn man davon absieht derlei Behauptungen ohne fundierte Kenntnisse aufzustellen. Sollten Fehler gemacht worden sein, dann werden daraus Lehren gezogen, und demnächst dann auch als neue oder umgestellte Ausbildung zur Einsatzvorbereitung relevant werden.
Manchmal finde ich die Art und Weise bedenklich, wie sich an Ortes Stelle geäußert wird. Argumentieren und Diskutieren finde ich gut. Manchem scheint der persönliche Angriff aber ein besonderes Anliegen zu sein.
Das erstickt dann eine sachliche Auseinandersetzung. Und wir lesen ja nur das, was @TW durchläßt, ich möchte gar nicht so genau wissen, was da alles im Rechen hängenbleibt. Ich diesem Sinne, nochmal vielen Dank an den Hausherrn für seine Mühe und seinen unermüdlichen Einsatz.
Mohamed Jarrayc sagt: 01.07.2021 um 10:40 Uhr
„Die Bundeswehr unterstützt indirekt ein korruptes System der Einheimischen schwarzen Eliten gegen die vernachlässigten/ unterdrückten Tuareg im Norden.“
Ich muß noch einmal wiederholen, was ich an anderer Stelle bereits sagte:
Die Bundeswehr ist ein Teil des außenpolitischen Baukastens der Bundesregierung. Insofern unterstützt die Bundeswehr an sich erst einmal gar nichts! Vorwürfe (berechtigt oder unberechtigt) muß man an die Regierung richten – und da bin ich dann voll bei Ihnen. Die strategische Weitsicht in sicherheitspolitischen Belangen scheint mir insgesamt etwas …. unterentwickelt.
@ sputo.di.rospo
Wenn Sie gelesen hätten, was ich geschrieben habe, statt, was Sie meinen zu lesen, dann wüssten Sie, dass ich meine unmaßgeblichen (und ich meinte dies exakt so) Erfahrungen/Beobachtungen mancherorts (auch dies habe ich explizit betont) beschrieben habe – insofern gehe ich nicht weiter auf Ihren Anwurf ein, denn diese Beobachtungen/Erfahrungen macht man nicht im Kdo XY, sondern in Übung und Einsatz.
Welche „Fakten“ Sie nun erwarten, ist mir ein Rätsel – ich habe nicht den Anspruch auf Allgemeingültigkeit meiner Erfahrungen/Beobachtungen erhoben. Wenn Sie das für Ihre Ausführungen tun, bitte, ich tat es nicht und werde es auch nicht tun.
Ich habe mir erlaubt, darauf hinzuweisen, dass vor bummelig 2.000 Jahren Soldaten erst noch Gräben ausgehoben haben (nachdem sie tagsüber marschiert sind und womöglich gekämpft haben), bevor es zur Nachtruhe ging und ich etwas Vergleichbares heute nicht mehr als überall gesichert annehme bzw. etwas vergleichbares ganz offenkundig im vorliegenden Fall mit 101 Soldaten vor Ort nicht gegeben hat. Wenn Sie darin einen „Anwurf“ sehen, tut es mir zwar leid, aber ich erkenne ihn nicht.
So, Leute. Jetzt kommt der Punkt, an dem ich die div. gegenseitigen (!) persönlichen Anwürfe nicht mehr lesen mag. Und ich glaube, das geht vielen so.
Entweder wird’s ab jetzt sachlich, ohne Beschimpfungen aus allen Richtungen, oder wir machen einfach Schluss mit der Debatte an dieser Stelle.
Können aktive Soldaten mal berichten wie die Rechtslage für Waffeneinsatz in der Einsatzvorausbildung Mali dargestellt wird?
Wir da primär auf zivile „Notwehr/Nothilfe“ abgestellt oder auf humanitäres Völkerrecht abgehoben? Unter selbigem ist die Tötung eines militärischen gegners (inklusive irregulärer kombattanten mit hinreichendem organisationsgrad bzw gegenwärtiger bewaffnung) nämlich grundsätzlich zzulässig, Auch ohne konkrete „Notwehrlage“. Ferner sperrt humantiäres „Kriegs“ Völkerrecht da zivile Strafrecht. (Instruktiv für den Laien die Klein Entscheidungen)
Geht man also von der anwendbarkeit humanitären völkerrechts aus kann man sich diese ganzen zivilen „Notwehr“ Überlegungen sparen. Dann gibt es auch, rechtliche, Handlungssicherheit für den Soldaten.
tl.dr. läuft mali bezüglich deutscher ROE unter zivilem Notwehrrecht oder gem LOAC?
Ein Offtopic, aber vielleicht ja ganz hilfreich um so manche Debatte mal einzuordnen und zu beenden (und ja, es ist eine „chairforce“-Rechnung):
Der Aushub für das Marschlager einer (genauer: zweier) römischen Legion dürfte in etwa 1500m³ betragen haben (600*450m Lager, von einem Graben umschlossen der 1,50 breit und 0,9m tief war – je nach Periode war das Lager vielleicht auch 600*600m groß). Das war allerdings ein Lager für 18.000 bis 40.000 Mann. Entsprechend gering ist dann der Arbeitsaufwand pro Person (bei 40.000 Mann wärens ca 0,016m³), selbst wenn nicht alle Soldaten mit Schanzarbeiten beschäftigt waren.
Die Gräben die hier gedanklich um das Lager in Mali gezogen wurden, dürften bei einem Radius von 200m (von dem ich als Zivilist mal bezeifle, dass der ausreicht) und einer angenommenen gleichen Breite und Tiefe einen ähnlichen Aushub benötigen – um und bei 1700m³. Die wollen wir dann aber mit 100 Mann (abzgl. Sicherung usw.) ziehen? Sportlich sag ich mal.
Nachtrag: Da schlich sich natürlich ein Fehler in meiner Rechnung ein, die Römer brauchten knapp 3000m³Aushub. Anyway, für die Argumentation dürfte es keinen Unterschied machen: Antike Armeen waren schlicht größer und hatten mehr manpower, die bei einer solchen Aktion auch heutzutage entscheidend sein wird.
Werter Herr Wiegold,
„Froschspucke“ hat mich Loser genannt. Das empfinde ich als sehr beleidigend. Bitte tun Sie etwas dagegen.
Darüber hinaus möchte Ich Sie auch wissen lassen, dass ich seit geraumer Zeit und mit erheblicher Sorge, einen allgemeinen Verfall der Umgangsformen innerhalb der Kommentarspalte Ihrer Internetzseite beobachte.
Da dies nicht mehr der Nivea entspricht, welche ich bisher mit dieser Seite verband und stets schätzte, muss ich ich Ihnen leider mein Abschiedsgesuch stellen. Ich kann und will so nicht mehr weiter lesen.
Keine Angst Herr Wiegold, ich werde hier nicht persönlich werden…
Ich finde es vielmehr hochinteressant – im Zusammenhang mit unserem Vorfall in Mali und früher in AFG – wie diese Beiträge der jüngeren Offiziersgeneration einen Einblick in deren Denkmuster und Massstäbe geben. Das erklärt dann m.E. vieles was in den Einsätzen passiert.
Eines dieser Denkmuster und dieser Standards haben wir in diesem Thread bereits sehr gut feststellen können: die Einsatztage! Da werden als Qualifikation beispielsweise mal 400+ Tage Einsatz in den Ring geworfen. Oder alleine schon der Begriff ‚Chairforce‘ oder ‚Chairborne‘, der Altgedienten als Totschlagargument entgegengebracht wird, anstatt sich zur Sache zu äussern. Hier ist man dann immer versucht, mit der Geschichte vom Esel Friedrichs des Grossen zu kontern, der ja auch 7 Feldzüge mitgemacht hat, aber deshalb trotzdem kein Feldherr geworden ist, sondern ein Esel geblieben ist.
Als weiteres fällt auf, dass immer wieder englische Begriffe verwendet werden – manchmal offenbar selbsterfunden, wie z.B. ‚combat approved‘ – die nirgends trennscharf definiert sind und die auch nicht erklärt werden (Wir alle warten weiterhin auf die offizielle Definition von ‚combat approved‘ und ich denke wir werden auch weiter vergeblich darauf warten müssen). Im Zusammenhang mit dem Karfreitagsgefecht ist der Begriff ‚IED-Sweep‘ z.B. so ein Fall. Bis heute habe ich nirgends den Entschluss im Wortlaut lesen können, der die Grundlage für diesen so prominenten Einsatz darstellt. Stichwort „5Ws“. Stattdessen ‚versteckt‘ man sich hinter dem Begriff ‚IED-Sweep‘ und damit soll jeder Aussenstehende ‚eingeschüchtert‘ werden, weil er ja so doof ist, dass er diese SOP der ‚Profis‘ ja offenbar nicht kennt, wenn er es wagt nachzufragen. Nachfragen daher unerwünscht, und wenn doch, dann eben arrogantes Verweisen auf die eigene ‚combat-approval‘ und die Feststellung des Fehlens derselben auf Seiten des Nachfragenden. Kritikfähigkeit null. Wen wundert es da noch, dass immer wieder dieselben (Anfänger-)Fehler im Einsatz passieren?! (Anmerkung zum Verständnis der Benutzung des Begriffs ‚Anfängerfehler‘: Sicherung ist eine allgemeine Aufgabe im Einsatz; jeder Soldat sollte dazu gem. Vorschrift bereits in der allgemeinen Grundausbildung befähigt werden.)
Nächster Standard: SOP! – Irgendetwas wird irgendwo soundso gemacht/ausgebildet, und das ist es dann. Z.B. ‚Wagenburg‘. „Das macht man in Mali so. Hat man schon in AFG gemacht. Ist ganz tolle Einsatzlehre. SOP!“ Altgediente dürfen sich nicht dazu äussern, denn die sind weder combat-approved, noch waren sie bei der Ausbildung des Oberstabsgefreiten XY dabei, als der das damals in der Betreuungseinrichtung in Kunduz ausgebildet hat – vermutlich nach Eingebung durch den Einsatzgott, denn eine schriftliche Grundlage gibts nicht und wird erwartbar auch nie veröffentlicht werden. (Sarkasmus, ja ich gebe es zu…)
Nächster Standard: Angehöriger einer (oftmals eingebildeten) Elitetruppe. ‚Ich der Adler/Eagle!‘ und wie die twitter-Seiten alle heissen wo man supercoole memes posted und spätpubertäre comedy-podcasts produziert über eigentlich viel zu ernste Themen. Da wird dann der Fallschirmjäger-Oberstabsgefreite mit 400+ Tagen ‚Einsatz‘ in AFG und erweiterter Grundbefähigung [EGB] zum Professor für operative und strategische Fragen.(400+ Tage MeS können allerdings durchaus ganz schön auf die Leber gehen…) Und in dieser Rolle gefallen sich sehr viele dieser selbsternannten ‚Professoren‘. Der Ex-Oberstabsgefreite Johannes Clair macht sogar gutes Geld damit und wird selbst 10 Jahre nach seinem letzten Einsatz immer wieder als Experte vor die TV-Kamera gezerrt um dem nichtgedienten Publikum Militärstrategie zu erklären. (EGB-Lehrgang!)
Was dagegen keineswegs als Standard zählt sind militärische Vorschriften aller Art, schriftlich festgehaltene Einsatzerfahrungen und schon gar nicht das Wissen und die langjährige Erfahrung anderer. „Ihre taktischen Überlegungen wollen wir nicht!“ – Ist ja klar, wer läßt sich schon gerne Kritik gefallen. Schadet ja nur dem Selbstbewusstsein und gefährdet die selbstverliehene Expertise als ‚combat-approvder‘ Kriegsveteran. Die Misserfolge in AFG konnte man ja bislang auch immer schön mit ‚Materialmangel‘ begründen; dabei war man sich auch nicht zu schade, selbst das hervorragende G36 zu beschuldigen, wobei am Ende an den Vorwürfen ja nix dran war, wie sich später herausgestellt hat.
Und die allerletzte ‚Line of Defense‘ haben wir in den letzten Beiträgen auch wieder kennengelernt: Das Argument, weil Soldaten zu Schaden gekommen sind, dürfe man nunmehr keine Kritik mehr üben, das wäre unkameradschaftlich oder unethisch. „Schämen sie sich!“ hört man da. De vulneratis nihil nisi bene.
Genau das Gegenteil ist aber der Fall: Gerade weil Soldaten zu Schaden gekommen sind, muss man sich kritische Fragen gefallen lassen.
Es wird höchste Zeit, wieder allgemeingültige Standards einzuführen und die falschen Standards zu ersetzen.
[Sie können es nicht lassen… Ich habe Ihre parteipolitische Propaganda am Schluss entfernt, ist auch so schon eine hinreichende Philippika. Sagte ich nicht was von sachlicher Debatte? T.W.]
Lieber Sindbad! Mal von einem 55 jaehrigen OTL zum anderen:
In der Kuerze liegt die Wuerze,. Deinem Gesinnungsaufsatz zu folgen stellt schon eine intellektuelle Herausforderung dar. Weniger ist meistens mehr.
Das LL Handbook der NATO zu zitieren ist sicherlich clever, aber wenn dann richtig und nicht nur passende Schipsel raussuchen:
„Also liegt hier eine ‚observation‘ vor, und ich verwende hierfür den Ausdruck ‚Versagen‘. Denn irgendwas oder irgendwer hat versagt, sonst hätten wir als Ergebnis nicht 13 Verletzte (und eine Beinahekatastrophe eines zusätzlich explodierenden Tankfahrzeuges) sondern stattdessen ein gestopptes und zerstörtes SVBIED ohne Schaden bei der Truppe. Und dieses Ergebnis liegt – leider – in diesem Fall nicht vor.“
Der LL Process ist, wie der Einsatz in AFG oder Mali, meist viel komplexer als sich das der unbedarfte und unerfahrene Laie so im Allgemeinen vorstellt (siehe S.11 des Handbuchs). Aber es klingt zugegebener Massen immer cool wenn man im Alltag mit so tollen Begriffen wie Lessons Identified/Lessen Learned um sich wirft. Leider machst Du hier den kapitalen Fehler eine „Beobachtung“ sofort und ohne Analyse zu bewerten (=Versagen). Annahmen (assumptions), auch wenn die sich auf fast 40 Jahre alte Heeresschriften ( nicht Vorschriften) abstuetzen, zaehlen da nicht. Und wie die Amerikaner in diesem Falle so treffend zu sagen pflegen: when you assume, you make an ass out of u and me (ass-u-me). Jetzt bitte nicht gleich wieder beleidigt sein! Nach 36 jahren in der truppe sollte man vielleicht ein etwas dickeres Fell haben und nicht nur austeilen sondern auch einstecken koennen!
In diesem Sinne: Schoenes Wochenende!!!!
@all
Schönes Schlusswort von IamGroot – da es ja nur noch um Berechnungen von Erdraumaushub geht oder, alternativ, um Spekulationen auf dünner Faktenlage, welche Fehler gemacht wurden, können wir diese Debatte auch beenden und beim Vorliegen neuer Informationen wieder weiterführen.