Streit um neues Sturmgewehr für die Bundeswehr geht in die nächste Runde

Eine Überraschung ist es nicht: Der Streit, wer das neue Sturmgewehr der Bundeswehr liefern wird, geht jetzt vor Gericht. Nach der Entscheidung der Vergabekammer beim Bundeskartellamt, die einen Ausschluss der Suhler Firma C.G. Haenel bestätigt hatte, reichte das Unternehmen dagegen Beschwerde beim Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf ein. Damit verzögert sich die Beschaffung der neuen Standardwaffe der Streitkräfte weiter.

Die Vergabekammer hatte am 10. Juni entschieden, dass das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAInBw) korrekt entschieden habe, Haenel von der Ausschreibung für den Nachfolger des Sturmgewehrs G36 auszuschließen und die Vergabe an den Konkurrenten Heckler&Koch vorzusehen. Das Suhler Unternehmen war mit der Anrufung der Kammer gegen den vom BAAInBw auch in einem Nachprüfungsantrag bestätigten Ausschluss vorgegangen.

Die Kammer hatte ihre Entscheidung, das war das Überraschende, nicht mit den laufenden Patentstreitigkeiten zwischen den beiden Unternehmen begründet – sondern damit, dass inzwischen eine neue Kostenberechnung ergeben habe, dass Heckler&Koch das wirtschaftlich günstigere Angebot abgegeben habe. Damit war grundsätzlich der Weg frei für die Auftragsvergabe an dieses Unternehmen für dessen Sturmgewehr HK416.

Allerdings hatte die Vergabekammer darauf verwiesen, dass Haenel innerhalb von zwei Wochen dagegen Beschwerde bei der nächsten Instanz einlegen könne, und genau das ist zum letztmöglichen Termin auch passiert: Nach Angaben des OLG Düsseldorf ging der entsprechende Schriftsatz fristgerecht am 24. Juni ein. Damit muss sich jetzt das Düsseldorfer Gericht mit dem Fall befassen, eine Entscheidung dürfte erst in einigen Monaten zu erwarten sein.

Unabhängig von dem Ausgang dieses Verfahrens ist der Wortlaut der Entscheidung der Vergabekammer interessant, den das Bundeskartellamt in der vergangenen Woche veröffentlichte. Denn darin macht die Kammer deutlich, dass es aus ihrer Sicht Probleme bei den Preisverhandlungen des BAAINBw mit den beiden Anbietern gab. Unter anderem war zwischendurch die Vermutung geäußert worden, das Amt habe Haenel die Möglichkeit zur Nachbesserung seines Angebots gegeben – und eine Passage in der Begründung der Kammer-Entscheidung scheint das zu bestätigen:

Die Antragsgegnerin [das BAAINBw] beabsichtigt zu Recht, der Beigeladenen [Heckler&Koch] den Zuschlag zu erteilen, weil diese das wirtschaftlichste Angebot abgegeben hat. Ihr Angebot ist auch nicht auszuschließen.

a) Das Angebot der Antragstellerin [C.G.Haenel] ist nicht das wirtschaftlichste und könnte den Zuschlag schon aus diesem Grund nicht erhalten. Maßgeblich hierfür ist, dass die Aufforderung der Antragsgegnerin [das BAAINBw] an die Bieter, ihr Angebot hinsichtlich der [redacted] sowie deren [redacted] zu bestätigen bzw. anzupassen, unzulässig war. Die insoweit von der Antragstellerin [C.G. Haenel] vorgenommene Änderung ihres Angebotspreises durfte nicht berücksichtigt werden.

Wer sich detaillierter mit den Feinheiten des Vergaberechts auseinandersetzen will: Hier der Wortlaut der Entscheidung zum Nachlesen, außerdem auch als Sicherungskopie fürs Archiv:
20210610_Kartellamt_Sturmgewehr_VK1-34-21

(Foto: Katalogfoto des MK556 bei der Vorstellung 2017 – Werksfoto C.G. Haenel)