Mali-Sammler: Neuer Präsident, Abwarten in Berlin

Nach dem erneuten Militärputsch in Mali ist ein Militär als Übergangspräsident des westafrikanischen Landes eingesetzt worden. Oberst Assimi Goïta, der nach dem Putsch im vergangenen Jahr das Amt des Vizepräsidenten übernommen hatte und sich jetzt an die Spitze des Staates setzte, schlug in seiner Antrittsrede Töne an, die international wohl beruhigen sollen: Er kündigte sowohl die Fortsetzung des Weges zu den geplanten Wahlen im Februar kommenden Jahres als auch die Fortsetzung des Prozesses zur Befriedung des Landes an.

Die Antrittsrede Goïtas, der am (heutigen) Montag als Präsident vereidigt wurde, wurde vor allem in Europa und auch in Berlin mit Interesse erwartet: Schließlich geht es darum, ob die europäischen Truppen ihre Missionen zur Bekämpfung des islamistischen Terrorismus und zur Ausbildung malischer Truppen fortsetzen werden. Die entscheidenden Passagen aus der vom Präsidialamt via Twitter* und Facebook veröffentlichten Rede:

Es geht um die Umsetzung der vorrangigen Maßnahmen, die für den Erfolg des Übergangs auf der Grundlage des Fahrplans notwendig sind, insbesondere um die Durchführung glaubwürdiger, fairer und transparenter Wahlen zum vorgesehenen Zeitpunkt. (…)
Bevor ich meine Ausführungen schließe, möchte ich daran erinnern, dass wir die im Rahmen der intelligenten und effizienten Umsetzung des Abkommens für Frieden und Versöhnung in Mali, das aus dem Algier-Prozess hervorgegangen ist, begonnene Arbeit fortsetzen werden, um optimale Bedingungen für einen dauerhaften Frieden zu schaffen. Die Schlussfolgerungen des inklusiven nationalen Dialogs werden daher weiterhin mit Augenmaß umgesetzt.
(Übersetzt mithilfe von  DeepL.com)

Wegen des erneuten Putsches hatte Frankreich in der vergangenen Woche die militärische Zusammenarbeit mit den malischen Streitkräften vorerst ausgesetzt. In Berlin äußerte sich die Bundesregierung – vor der Rede Goïtas – recht vorsichtig zu der Frage, ob und wie die Ausbildung von Soldaten der Armee Malis in der EU-Trainingsmission Mali auch mit Bundeswehrsoldaten weitergehen könne. Aus der Bundespressekonferenz mit Andrea Sasse vom Auswärtigen Amt, Fregattenkapitän Christina Routsi für das Verteidigungsministerium und Regierungssprecher Steffen Seibert dazu:

Frage: Frankreich setzt gemeinsame Militäreinsätze und auch Beratungsmissionen in Mali aus. War das mit der Bundesregierung und der EU abgesprochen? Wir sehen jetzt die deutschen Pläne aus?
Sasse: Zu Mali kann ich zum einen auf die Ausführungen aus der letzten Woche verweisen; denn wir haben uns ja am vergangenen Montag bereits ausführlich zur Lage eingelassen. Selbstverständlich stehen wir in sehr enger Abstimmung mit Frankreich über die Lage vor Ort und auch die Maßnahmen und den Einsatz, auf den die Kollegen des BMVg sicherlich noch näher eingehen können.
Frankreich hat vorerst seine gemeinsamen Militäroperationen mit den malischen Streitkräften ausgesetzt. Sie wissen, dass Herr Goïta heute eine Rede halten wird. Die läuft, soweit ich weiß, parallel zu dieser Pressekonferenz. Davon wird natürlich auch viel abhängen. Wir werden unser Engagement danach natürlich im Lichte dieser Rede bewerten.
Routsi: Vielen Dank für die Frage. – Sie wissen ja, dass die französische Operation Barkhane eine bilaterale Operation mit Mali ist, bei der französisches Militär gemeinsam mit dem malischen Militär gegen Terroristen vorgeht. Die Einsätze der Bundeswehr, EUTM Mali und MINUSMA, sind ja jeweils in multinationale Rahmenbedingungen eingebettet. Für uns zeichnet es sich im Moment so ab, dass die Vorgänge in Mali keinen Einfluss haben und auch die Sicherheitslage entsprechend unverändert ist. Selbstverständlich beobachten wir das nach wie vor weiter. Auch die Bundeskanzlerin hat ja sehr deutlich gemacht, dass ein militärisches Engagement in Mali erforderlich bleibt.
Frage: Frau Sasse, gibt es da nicht eine Kleine Differenz zwischen beiden Ministerien? Sie sagten, man warte jetzt die Rede ab und beurteile danach, wie man weiter vorgehen möchte, und das Verteidigungsministerium sieht keinen Einfluss auf das deutsche Engagement, weil es multinational sei. Worauf bezieht sich dann also das, was das Auswärtige Amt nach der Rede der Machthaber in Mali eigentlich neu bewerten möchte?
Routsi: Herr Kollege, darf ich da ganz kurz einhaken? Wenn ich das nicht gesagt haben sollte, dann tue ich es jetzt: Derzeit! Die Lage ist natürlich volatil, ist veränderbar, und die Einschätzung, die Sie von mir bekommen, ist eine Momentaufnahme.
Zusatzfrage: Gut, aber dann muss ich an Sie eine Nachfrage richten: Heißt „derzeit“ nur „bis zur Rede, die es in einer oder zwei Stunden geben wird“?
Routsi: Wir werden das natürlich mit großem Interesse verfolgen und auswerten. Die Bundeswehr setzt ihre Aufträge natürlich im Rahmen der Mandate fort, und dieser Mandatierungsprozess ist ja festgezurrt. Wenn sich eine neue politische Lage ergibt, dann wird das unter Umständen natürlich auch zu Veränderungen führen. Aber ich kann Ihnen jetzt nur einen aktuellen Sachstand geben, der so ist, dass das im Moment keinen Einfluss hat.
Sasse: Vielleicht noch einmal kurz zur Klarstellung, Herr Rinke: Für uns steht natürlich weiterhin in Mali im Vordergrund, dass der zivile Übergangsprozess fortgesetzt wird und dass auch die für Februar geplanten Wahlen stattfinden. Im Lichte dieser Interessen, die ich gerade dargestellt habe, werden wir die Entwicklung prüfen und begutachten.
Frage: Ich habe zwei Fragen, zum einen – – –
Vorsitzender Feldhoff: Eine Frage, eine Nachfrage!
Zusatzfrage: Nein. Ich möchte darauf hinweisen, dass eine Frage, die letzte Woche gestellt wurde und zu der die Antwort nachgereicht werden sollte, noch nicht beantwortet wurde, nämlich ob die Bundeswehr diejenigen ausgebildet hat, die jetzt die Regierung weggeputscht haben. Darauf schulden Sie uns noch eine Antwort.
Habe ich es zweitens richtig verstanden, dass die Franzosen die malische Armee jetzt nicht mehr ausbilden, zumindest temporär, aber wir weiterhin schon? Ist das korrekt?
Routsi: Was die Nachreichung angeht, Herr Kollege: Da sind wir dran. Das haben wir Ihnen ja auch am Freitag zugesagt. Ich hoffe, dass ich vielleicht bis spätestens zur kommenden Regierungspressekonferenz am Mittwoch Informationen zusammentragen und ermitteln kann.
Falls Sie Fragen zur französischen Operationsführung haben, müssen Sie die an das französische Verteidigungsministerium richten.
Zusatz: Aber es wurde ja schon öffentlich beantwortet, dass sie aktuell die Ausbildung aussetzen. Warum setzt die Bundeswehr die Ausbildung dann nicht aus?
Routsi: Wir haben zwei mandatierte Aufträge, und denen kommen wir nach.
Seibert: Die französische Operation Barkhane – das ist ja hier gesagt worden – hat in der bilateralen Zusammenarbeit zwischen Barkhane und den malischen Streitkräften einen anderen Inhalt als unsere multilaterale Beteiligung an den Trainingsmissionen. Deswegen müssen Sie sich nach dem französischen Einsatz dann bei den Franzosen erkundigen. Aber es gibt da erhebliche operative Unterschiede.

Jetzt ist die Rede da, und wir warten mal auf die angekündigte Bewertung der Bundesregierung.

Zum – nicht besonders erfreulichen – Gesamtbild für die Situation in Mali und im Sahel gehört auch der Hinweis auf den Terroranschlag im benachbarten Burkina Faso, bei dem am Wochenende mindestens 160 Menschen ums Leben kamen. Und der Bericht des UN-Generalsekretärs vom 1. Juni für den UN-Sicherheitsrat zur aktuellen Lage in Mali.

*Die Rede Goïtas als pdf:
20210607_Mali_Goita_Antrittsrede

(Archivbild Januar 2020: Bundeswehrsoldaten patrouillieren in der Nähe von Gao/Mali im Rahmen der Mission MINUSMA – Philipp Hoffmann/Bundeswehr)