Frankreich setzt Zusammenarbeit mit malischer Armee vorerst aus (Update)
Die französischen Streitkräfte in der Sahel-Zone haben nach dem erneuten Militärputsch in Mali ihre Zusammenarbeit mit den Streitkräften des westafrikanischen Landes vorerst ausgesetzt. Bis zur Klärung der politischen Entwicklung werde es keine gemeinsamen Aktionen der französischen Operation Barkhane mit der malischen Armee und auch keine Ausbildung geben, hieß es am (heutigen) Donnerstagabend aus Paris.
Die Erklärung aus dem französischen Verteidigungsministerium*:
ECOWAS und die Afrikanische Union haben Anforderungen und rote Linien festgelegt, um den Rahmen für den politischen Übergang in Mali zu klären. Es liegt an den malischen Behörden, schnell zu reagieren.
In Erwartung dieser Garantien hat Frankreich nach Unterrichtung seiner Partner und der malischen Behörden beschlossen, gemeinsame militärische Operationen mit den malischen Streitkräften sowie nationale Beratungsmissionen in deren Auftrag vorübergehend auszusetzen.
Diese Entscheidungen werden in den kommenden Tagen im Lichte der Antworten der malischen Behörden neu bewertet werden.
(Übersetzt mithilfe von www.DeepL.com)
In der vergangenen Woche hatten malische Militärs erneut geputscht und die Übergangsregierung weitgehend abgesetzt, die erst im vergangenen Jahr ebenfalls nach einem Militärputsch ins Amt gekommen war. Sowohl die UN-Mission MINUSMA als auch die EU-Trainingsmission Mali (EU’TM) hatten dennoch ihre Arbeit in dem Land fortgesetzt. An beiden Missionen ist die Bundeswehr beteiligt; der Einsatz in Mali ist inzwischen der größte Auslandseinsatz der deutschen Streitkräfte.
Im Unterschied zu diesen beiden Missionen hat die französische Mission Barkhane in erster Linie den Auftrag, Terroristen zu jagen und gegen islamistische Gruppierungen in Mali vorzugehen. Dabei arbeiten die französischen Streitkräfte eng mit der malischen Armee zusammen.
Ob und wenn ja welche Auswirkungen die französische Entscheidung auf die anderen Missionen in Mali hat, ist bislang noch offen. Ein Sprecher des deutschen Verteidigungsministeriums sagte am Donnerstagabend, auf die Sicherheitslage und die Situation der deutschen Soldatinnen und Soldaten im Land habe das bislang keinen Einfluss. Allerdings steht eine politische Bewertung noch aus – vor allem für die Europäische Union und ihre Trainingsmission.
*Update: oben die deutsche Übersetzung des Originals der französischen Mitteilung ergänzt. Der Originaltext:
Des exigences et des lignes rouges ont été posées par la CEDEAO et par l’Union africaine pour clarifier le cadre de la transition politique au Mali. Il revient aux autorités maliennes d’y répondre rapidement.
Dans l’attente de ces garanties, la France, après information de ses partenaires et des autorités maliennes, a décidé de suspendre, à titre conservatoire et temporaire, les opérations militaires conjointes avec les forces maliennes ainsi que les missions nationales de conseil à leur profit.
Ces décisions seront réévaluées dans les jours à venir au regard des réponses qui seront fournies par les autorités maliennes.
(Archivbild: Soldaten aus Frankreich und Mali bei einer gemeinsamen Operation Mitte Mai 2021 – Foto französische Streitkräfte)
Der Putsch, der den Putsch beseitigt ist dann wohl ein Putsch zuviel.
Wir sollten halt einmal ernsthaft Reflektieren wie lange man in und an hoffnungslosen Missionen festhalten will. Ausbildung könnte man auch in Nachbarländern oder bei uns betreiben. Oder braucht man immer so eine #wirsindheldenmission?
Wenn die Franzosen ihre Mission einstellen / evtl. beenden / ggf. überdenken… dann sollten wir unsere Unterstützungszusage an die französische Regierung als Erfüllt betrachten und der UN anzeigen, dass man die Mission verlässt. Wäre nur konsequent!
Interessant wird es wenn die malische Regierung (Junta) Frankreich auffordert, BARKHANE einzustellen und das Land zu verlassen. Davon ab: was bringt Macron dazu anzunehmen, die Putschisten würden mit dem radikalen Islam sympathisieren?
Zudem: BARKHANE kann ja autonom durchgeführt werden, das ist bei EUTM MALI naturgemäß nicht der Fall.
Vernünftige Maßnahme der Franzosen. Man sollte it EUTM und MINUSMA gleich hinterherziehen. Was soll man in dem Land oder in den Sahel G5 noch stabilisieren? Im Tschad hat man doch das annähernd gleiche Problem.
In diesen Staaten geht es doch nur um Machterhalt gewisser Familienclans/-stämme und somit um Geld. State building oder Ähnliches liegt doch gar nicht in deren Interesse.
„Interessant wird es wenn die malische Regierung (Junta) Frankreich auffordert, BARKHANE einzustellen und das Land zu verlassen.“
Achtung, dieser Post könnte Verschwörungstheorien, Sarkasmus oder schwarzen Humor enthalten:
Der (ehemalige) Präsident Idris Déby hatte genau dies gefordert….
Er sagte, die Regierung im Tschad habe genug von der französischen Bevormundung, und das Land könne seine Probleme selbst besser lösen-und er hat sich dafür eingesetzt, sämtliche französischen Truppenteile nach seiner Wiederwahl im Frühjahr 2021 abzuziehen.
Merkwürdigerweise wurde er-nachdem sein Sohn sich mit Präsident Macron getroffen hat-zusammen mit 25 seiner höchsten Generäle-bei einem Besuch an der Front getötet…..
Sein Sohn hat das Präsidentenamt übernommen, und erklärt, sich weiterhin FÜR den Einsatz französischer Kräfte im Tschad einzusetzen…..
Honi soit qui mal y pense….
@all
Vorsorglich der Hinweis: Frankreich stellt die militärische Zusammenarbeit mit der FAMA vorerst ein – aber davon, dass Frankreich seine militärischen Aktivitäten in Mali einstellen würde, ist mit keinem Wort die Rede…
@TW
Kein souveräner Staat kann es sich leisten, daß auf seinem Gebiet fremde SK „sich austoben“ ohne daß dies mit eigenen Kräften koordiniert würde.
Ich gehe daher davon aus, daß die FAMa zumindest weiterhin zumindest informiert werden.
@ Huey
Wie es aussieht, kennen auch die Franzosen den Satz: „Er ist zwar ein Hurensohn. Aber er ist unser Hurensohn.“ Oder so ähnlich.
Achtung, auch dieser Post könnte Verschwörungstheorien, Sarkasmus oder schwarzen Humor enthalten:
Die Timeline des Coups 2.0 unter https://aje.io/jegss nennt Namen und Fraktionen, welche in den letzten beiden Monaten den kürzeren zogen. Evtl. kann man sich dann ein Bild machen.
Es sieht so aus, als ob die M5 Bewegung besonderes Interesse an einer Absetzung der Führungsriege hatte und so womöglich Interesse am Putsch.
Der M5 ist https://en.m.wikipedia.org/wiki/Mahmoud_Dicko zuzuordnen, welcher sich aber aus der Politik zurückgezogen hat.
Zieht er die Fäden? Ist er der Islamist? Wo wühlt er? Warum ist Al- Jazeera so aktiv in Mali?
Und warum kolportierten türkische Staatsmedien derartige Stimmungsmacher?
France’s neo-colonial ‘War on Terror’ in Mali – Read More: https://www.trtworld.com/opinion/france-s-neo-colonial-war-on-terror-in-mali-25757
Muslimbruderschaft auf Kollisionskurs mit unserem französischen Alliierten in Nordafrika?
P.S: Auch TRT berichtet aus Mali intensiv. Gibt auch da Timelines, Namen etc…
Man sollte nicht vergessen, dass hier auch andere Player mitspielen.
Beim ersten Putsch gab es ernstzunehmende Gerüchte, dass da einige Einflussstränge nach China laufen.
Diesmal? Kein Ahnung.
Vielleicht hatten die USA was gegen den Chinesischen Einfluss.
Oder französich ausgebildete Offiziere haben selber gemerkt, dass das mit China auch nicht das Wahre ist.
Vielleicht geht es tatsächlich nur um politische Macht der beteiligten Clans.
Oder es gibt innerhalb des Malischen Militärs Sympatisanten von ISIS.
Wir wissen es nicht. Hoffentlich weiss es Macron (durch seine Geheimdienste) und handelt entsprechend.
Bis dahin bleibt uns nicht viel als abzuwarten.
Meine Voraussage: Wenn es in die letzte Richtung geht, wird ECOWAS Truppen schicken, um die Lage zu bereinigen.
Spanien. Ich habe Spanien vergessen …
https://www.youtube.com/watch?v=VoYl54kkpM8
huey sagt:
04.06.2021 um 9:35 Uhr
Präs Deby:“zusammen mit 25 seiner höchsten Generäle-bei einem Besuch an der Front getötet…..“
Können sie diese Aussage mit Fakten oder A1-Meldungen belegen? Deby galt bis dato als der rocher de bronce der „franceafrique“-Politik. Gleichwohl liegen über seinen Tod an der Front (unmittelbar nach seiner Wiederwahl) keine weiteren Einzelheiten vor.
Zur Ergänzung: der 2.Putsch der Junta wurde u.a. durch die Regierungsumbildung ausgelöst, bei der die von 2 Junta-Colonels besetzten Schlüsselministerien (Vg, Inneres) durch weniger prominente Generäle ersetzt wurden, ohne dies mit dem Junta-Chef Goita (mit tréma) abzusprechen. Durch die Absetzung des Präsidenten Daw (ehem. Colonel) rückte sein Stellvertreter Goita nach, wodurch die Junta noch direkter Einfluß nehmen kann. Als geschickter Schachzug könnte sich die Ernennung eines Politikers der bisher nicht beteiligten Oppositionsbewegung M5-RFP zum Regierungschef herausstellen, die ja maßgeblich den 1.Putsch mit vorbereitet hatte. Innenpoiitische Lage in Mali ist noch weitaus komplexer(will ja nicht langweilen), aber bei deren Beurteilung vertraue ich auf die bewährten Analysten und Entscheider im AA und BMVg, die ja das dt Engagement in der Sahelzone bislang umsichtig und im Schulterschluß mit unserer europäischen Primärpartnernation betrieben haben.
Lustig. Wer meint, dass MINUSMA nun Mali verlassen würde, denkt sicher auch es sei Zufall das Camp Castor mitten in der Wüste, aber in der Nähe von gewissen Minen errichtet wurde.
Unsere Bemühungen dort Sicherheit zu erzeugen werden sicher fortgeführt.
[Und zufällig wurde die ganze Stadt Gao, in deren Nähe das Camp Castor liegt, wg. der Minen errichtet? T.W.]
@briscard: Könnte eben das von ihnen beschriebene Szenar die Rote Linie Macros sein, gegeben der Verdacht erhärtet sich, dass die Muslimbruderschaft (Prominent Erdogans Türkei / Qatars Al-Jazeera) in einem Stellvertreterkonflikt mit Frankreich eine weitere Front eröffnen wollen?
M5 und Diko waren ja einst Hoffnungsträger zur politischen Integration des Nordens mit dem Süden. Türkischer Anspruch wäre neben Streit vor Griechenland und in Libyen für Macron ein rotes Tuch. Zudem Mali eine potentielle Achillesferse Frankreichs.
Und bitte, langweilen sie so gut wie sie können, dafür ist die Kommentar – OSINT hier ja berühmt berüchtigt. 😉
AoR sagt:
04.06.2021 um 11:54 Uhr
Da liegen Sie gar nicht so falsch.
Col. Goita würde gerne einen Krieg gewinnen. Aber er hat weder die Mittel dazu noch die angeblich Verbündeten dazu..
Ist er ein Putschist?- Ja.
@TW: anders formuliert: Gao zu befreien und zu beschützen könnte deshalb so wichtig sein, weil Minen in der Nähe sind.
Mir ist schon klar, dass das wieder gefährlich nah am Aluhut ist, anders kann ich mir dieses punktuelle Interesse an gewissen Ländern und Gebieten jedoch kaum erklären.
Den Hinweis zu den Minen bekam ich von einem Soldaten vor 2 Jahren als ich vor Ort war.
@Eric Hagen: Was so viel bedeutet wie Merkel und Macron setzen Schranken um einen zukünftigen Frieden nicht zu verlieren, während Col. Goita erstmal den Krieg gewinnen will?
Wenn ich aber den „Islamistenbegriff“ richtig interpretiert habe, dann wäre die Entente mit Goita nur eine Etappe zu deren Endziel: Das Kalifat von Marrakesh.
Südmali wäre dann entweder vom Norden getrennt oder müsste sich der Knute eines religiös-fanatischen Diktators beugen.
AFP-Mali Karte Ethnien-Flüchtlinge-Operationsgebiete:
https://mobile.twitter.com/AFP/status/1028853445158035457/photo/1
@M_Wolffsohn
„SO ist der Mali-Einsatz sinnlos – Kolumne in @BILD“
Professor Wolffsohn betrachtet den deutschen aber auch französischen Einsatz in Mali kritisch, nicht grundsätzlich, aber hinsichtlich von Umsetzung und Wirksamkeit.
Mit Blick auf den jüngsten Putsch sorgt ihn eine mögliche islamistische Teilhabe an der Macht und in der Folge Flüchtlingspolitik als Machtpolitik gegen Europa.
„Durch eine Machtergreifung der Islamisten in Mali und der Sahelregion wären wir von jenen Terroristen erpressbar. Sie könnten den „Migrantenhahn“ nach Belieben auf- und zudrehen. Ihr zu erwartendes Mörderregime würde zudem den Flüchtlingsstrom zusätzlich anschwellen lassen. So gesehen ist es richtig, dass vor allem Frankreich und Deutschland sich am UN-Einsatz in Mali beteiligen“.
Die Fortsetzung in bisherigem Stil lehnt er ab und fordert die Konzentration auf inner-afrikanischen Föderalismus als Chance von Machtbeteiligung in den Regionen zur „Austrocknung“ der Islamisten.
Worauf er nicht eingeht ist, die traditionellen Zentralregierungen müssen von partiellem Machtverzicht/~teilung erst noch überzeugt werden. Ob die traditionell immer noch nomadisch lebenden „weißen“ Tuareg im Norden und die weitgehend agrarisch orientierten „schwarzen“ Ethnien südlich des Niger dazu bereit sind, bleibt zweifelhaft.
Wesentlich wird in allen Bevölkerungsteilen die ökonomische Existenzsicherung sein. Dennoch, dem „Toyota-Dschihadismus“ (ZMSBw) der Tuareg muss ein Ende gemacht werden, wie auch immer.
@KPK: Sollte es Goita schaffen, die Tuareg in den Kampf gegen die Djihadisten einzubinden, würde den Terroristen das Höschen brennen.
Die Tuareg sind ein Indigenes Volk und wurden wie viele andere resiliente, unkooperative Völker durch koloniale Grenzziehung in MENA marginalisiert (vgl. Kurden). Das war eben der Hintergrund von Wolfsohns damaliger Aussage, die postkolonialen Staaten der Region seien Totgeburten.
Also es wäre jetzt langsam wichtig zu wissen, wen Macron mit Islamisten meint?
Klaus-Peter Kaikowsky (KPK) sagt:
07.06.2021 um 20:31 Uhr:
„dem „Toyota-Dschihadismus“ (ZMSBw) der Tuareg muss ein Ende gemacht werden“.
Hinsichtlich der in Mali operierenden djihadistischen Gruppierungen wäre vom ZMSBw eine etwas differenzierte Analyse zu erwarten gewesen. Neben den unter der FF der AQIM (Al-Qaida in the Islamic Maghreb) aktiven Katibas hat sich auch der IS-Ableger ISGS (Islamic state in the Greater Sahara) im sogen. Dreiländereck (Mali/Niger/Burkhina Faso) festgesetzt, während in Nord-/Zentralmali und mittlerweile auch im Süden Malis die Al-Qaida-geführten Gruppen(JNIM= Jama’a Nusrat ul-Islam wa al-Muslimin‘ (Arabic: جماعة نصرة الإسلام والمسلمين, JNIM; French: Groupe de soutien à l’islam et aux musulmans, GSIM English: Support Group for Islam and Muslims) ) sich ausbreiten. Alle djih. Gruppierungen rekrutieren sich – neben den Veteranen aus Algerien,Libyen und Nahost – zZt hauptsächlich aus den in Mali ansässigen arabischen Ethnien, den Tuareg und zum immer größer werden Teil aus der Ethnie der Fulbe(Peulhs-Katiba Macina). Insofern greift der Ansatz, die Aktivitäten der djihadistischen Tuareg in Nordmali zu beenden, zu kurz; die Konfliktzone hat sich durch die Vielzahl der Akteure über die Ethnie der Tuareg hinaus auf den größten Teil Malis sowie auf den Norden Burkhina Fasos und dem Westteil Nigers längst erweitert.
Und: der Einsatz der Bundeswehr in Mali ist ein allenfalls solidarischer Beitrag im Rahmen der UN zur Lösung eines Konfliktes, der mit den aktuell verfügbaren und bereits eingesetzten militärischen Ressourcen allein wohl nicht mehr eingegrenzt geschweige denn gelöst werden kann. Die sich immer noch verantwortlich fühlende Ex-Kolonialmacht FR ist gefordert, nicht nur im Hinblick auf die bevorstehende Präsidentenwahl.
@briscard
Das ZMSBw hat auf 280 Seiten die Lage analysiert: “ Mali und westlicher Sahel“.
(Ferdinand Schöningh- Verlag 2021)
O.g. Schlagwort stammt aus einem der Beiträge, überschrieben „Extremismus im westlichen Sahel/Geschäftsmodel Drogenschmuggel“
Dem ZMSBw erwachsen keinerlei Vorwürfe. Es wurde von insgesamt 21 Autoren, die Lage historisch im 9. Jahrhundert beginnend, sorgfältig erarbeitet.
Der Schwerpunkt liegt richtigerweise in der Kolonialzeit nach dem 2. WK mit Frankreich als herrschender Macht, der Entwicklung nach staatlicher Unabhängigkeit sowie dem Einfluss des zusammen gebrochenen Gaddafi-Libyen auf die Tuareg.
Stichwort dazu: „Gangster Dschihadisten“. – Zur Lektüre empfohlen – .