KSK bleibt bestehen – Meyer wird neuer Kommandeur (Nachtrag: BMVg)
Der derzeitige Kommandeur des deutschen Kontingents in Afghanistan, Brigadegeneral Ansgar Meyer, wird neuer Kommandeur des Kommandos Spezialkräfte (KSK). Die Einheit selbst soll in ihrer bisherigen – und in den vergangenen Monaten teilweise veränderten – Struktur erhalten bleiben. Diese Entscheidung teilte Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer den Verteidigungspolitikern der Bundestagsfraktionen mit.
Nachdem Generalinspekteur Eberhard Zorn in der vergangenen Woche seinen Abschlussbericht zu den Strukturuntersuchungen des KSK als Folge vor allem rechtsextremistischer Vorfälle in dem Verband vorgelegt hatte, hatte die Ministerin am (gestrigen) Montag die Einheit in Calw besucht. Am (heutigen) Dienstagmorgen informierte sie die Parlamentarier über das weitere Vorgehen.
Die wesentlichen Punkte:
• Das Kommando Spezialkräfte bleibt erhalten – der Bericht des Generalinspekteurs hatte das schon nahegelegt: Die strukturellen Veränderungen des vergangenen Jahres kämen faktisch einer Neuaufstellung dieses Verbandes gleich.
• Im Einsatzführungskommando wird die Stelle eines Direktors Spezialkräfte im Rang eines Brigadegenerals geschaffen.
• Der derzeitige KSK-Kommandeur Markus Kreitmayer, der im Juni 2018 diesen Posten übernommen hatte, wechselt zum 1. September als Abteilungsleiter Ausbildung in das Streitkräfteamt. Die Versetzung ist nach dieser Zeit nicht ungewöhnlich; interessant daran: diese Stelle hat bislang Brigadegeneral Georg Klein inne, der als Oberst und Kommandeur des Provincial Reconstruction Teams in Kunduz in Afghanistan den umstrittenen Luftschlag im September 2009 anordnete. Der Posten im Streitkräfteamt scheint damit eine Art Abklingbecken für Offiziere, die in einer öffentlich kontroversen Situation sind. Gegen Kreitmayr laufen weiterhin dienstrechtliche und strafrechtliche Ermittlungen wegen seiner Anweisung, die straffreie Rückgabe von Munition im KSK zu ermöglichen.
• Der 56-jährige Panzeroffizier Ansgar Meyer wird nach Beendigung des Abzugs aus Afghanistan recht bald die Führung des KSK übernehmen. Der Brigadegeneral, der zahlreiche Verwendungen in der Truppe und im Ministerium hinter sich hat, gilt als Spezialkräfte-affin.
• Ebenfalls zum Herbst wird der bisherige Kommandeur der Division Schnelle Kräfte, Generalmajor Andreas Hannemann, neuer stellvertretender Kommandeur des Deutsch/Niederländischen Korps in Münster und bleibt dort Zwei-Sterne-General. Die Ministerin habe betont, dass diese Versetzung schon länger geplant gewesen sei, hieß es aus Ausschusskreisen. Hannemanns Nachfolger wird Brigadegeneral Dirk Faust, derzeit Unterabteilungsleiter Militärpolitik und Einsatz in der Ministeriumsabteilung Strategie und Einsatz.
Nachtrag: Das Verteidigungsministerium veröffentlichte dazu auch eine Pressemitteilung, in der allerdings die Benennung des künftigen KSK-Kommandeurs nicht erwähnt wird. Auszüge daraus:
Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer hat entschieden, dass das reformierte Kommando Spezialkräfte (KSK) fortbestehen wird. Darüber informierte sie am Morgen des 15. Juni die Obleute des Verteidigungsausschusses.
Kramp-Karrenbauer: „Klar ist, dass wir die einzigartigen militärischen Fähigkeiten brauchen, die im KSK vorhanden sind. Geht der Verband den eingeschlagenen Weg konsequent weiter, wird er auch künftig ein strategisches Instrument der Sicherheitsvorsorge im nationalen Rahmen und im Verbund mit unseren Partnern sein.“
Grundlage ihrer Entscheidung waren die Empfehlungen des Generalinspekteurs und nicht zuletzt ein Besuch beim KSK in Calw am 14. Juni. Dort überzeugte sie sich davon, dass im Verband ein positiver Wandel eingesetzt hat und der überwiegende Teil der Soldatinnen und Soldaten die Reformen mitträgt und aktiv umsetzt. Kramp-Karrenbauer: „Der professionelle Anspruch des KSK beschränkt sich nicht nur auf die hochintensiven Einsätze, sondern auch auf die Materialbewirtschaftung und den administrativen Stabsdienst. Die Regeln, die für die gesamte Bundeswehr gelten, werden jetzt auch vom KSK eingehalten.“
Das Kommando Spezialkräfte wurde seit dem 1. Juli 2020 von Grund auf neu organisiert. Die Tragweite der vorherigen Vorkommnisse, Verfehlungen und Defizite machten grundlegende Veränderungen erforderlich, um verkrustete Strukturen aufzubrechen und extremistischen Tendenzen dauerhaft den Nährboden zu entziehen.
Mindestkriterium für einen Weiterbestand des KSK war und ist, dass seit Beginn der Umsetzung der Reformen keine weiteren Verdachtsfälle für Rechtsextremismus aufgetreten sind. Zudem gilt es zu bewerten, ob die ergriffenen Maßnahmen dazu geeignet sind, eine auf Dauer angelegte positive Wirkung mit dem dafür nötigen Kultur- und Mentalitätswandel zu entfalten. (…)
Zum 1. Oktober 2021 wird ein Direktor Spezialkräfte beim Einsatzführungskommando der Bundeswehr etabliert. Truppendienstliche und fachliche Führungsstränge werden dort durch die Bündelung von Kompetenz und Verantwortung miteinander zusammengeführt. Damit werden Beratungsfähigkeit, Kohärenz und internationale Kooperation der Spezialkräfte gestärkt.
Die gesamte Mitteilung:
20210615_KSK_Pressemitteilung_BMVg
(Archivbild Juni 2019: Brigadegeneral Ansgar Meyer als Kommandeur der Panzerbrigade 21 – StagiaireMGIMO, Ansgar Meyer (2019), Ausschnitt, CC BY-SA 4.0)
Wen juckt wer der neue KSK Kommandeur wird? Wenn Calw die nächsten 3 Jahre nicht mehr in den Nachrichten auftaucht, hat der doch schon seinen Job gemacht. Und das “strategische Instrument” KSK ist operativ für Deutschland so wertvoll wie ein Schweizer Flugzeugträger. Ein Verband, der seinen Kernauftrag (retten + befreien) in Realität noch nie durchgeführt hat und auch nie wird durchführen können! Die Bw könnte noch nicht mal ihre paar H145 LUH SOF mal so eben global verlegen. Von anderen fehlenden Fähigkeiten (Aufklärung, Logistik, close air support usw.) gar nicht zu reden. Und auch in der LV/BV ist das KSK in seiner jetzigen Struktur herzlich nutzlos. Da war die Fernspähtruppe deutlich sinnvoller!
Interessant finde ich, dass die in Abwicklung befindliche SKB dem Heer einen Einsterner abnimmt und im SKA unterbringt, statt sich zuerst einmal um die eigenen Generale zu kümmern, die ja bald freifallen.
Im Gegenzug kann das Heer, dass ja maßgeblich die Zerschlagung der SKB betrieben hat, einen zusätzlichen Einsterner generieren (Dir SpezKr). Und wenn die Gerüchte um ULM stimmen, passiert das in Kürze noch einmal!
Das verstehe ich nicht. Wie kann die SKB sich das gefallen lassen?
Eine Erklärung könnte sein, dass die Bundeswehr jetzt immer mehr vom Heer mit dem GI an der Spitze sowie dem StvGI und den Abteilungsleitern des BMVg (AL Pers!) in Heeresuniform dominiert wird.
@Tresckow
Drei H145 LUH SOF mal so eben global verlegt, in den Niger, sogar mit A400M.
https://soldat-und-technik.de/2021/05/mobilitaet/27213/h145m-luh-sof-spezialkraefte-der-luftwaffe-verlegen-nach-afrika/
Das “strategische Instrument” KSK ist operativ für Deutschland was bitte?
Ein strategisches Instrument wirkt strategisch, selbst dann, wenn ein KSK-Kdo in taktischer Größenordnung Aufträge erfüllt.
Weil: das KSK wird nur mit strategische Auswirkung verwendet, für Deutschland, wie Sie richtig anführen.
Bsp.: HFw XY setzt die entscheidende Aktion zur Festnahme/Tötung des international meist gesuchten Terroristen des Sahel, dann handelt er taktisch vorbildlich mit strategischer Wirkung für Deutschland.
@Tresckow sagt: 17.06.2021 um 11:43 Uhr
„Wen juckt wer der neue KSK Kommandeur wird?“
Schon in normalen Zeiten würde ich Ihnen widersprechen. Von den 200 Generalen/Admiralen sind noch nicht einmal 10% Truppenführer, da ist einer der wenigen Führer schon relevant.
Und jetzt besonders, da es gilt den Verband wieder zurück in die richtigen Fahrwasser zu bringen. Ich glaube, da kommt es immens auf den richtigen Kommandeur an. Das Spagat zu schaffen zwischen die geknickte Seele der Kommandos wieder aufzurichten, aber im formalen Bereich sie auf dem richtigen Weg zu halten.
@Tresckow:
Weltweit ist schwierig aber innerhalb der für uns relevanten Reichweite des A400M geht es im echten Bedarfsfall sicher sehr schnell
@Sailor 1995 sagt: 17.06.2021 um 12:20 Uhr
„Das verstehe ich nicht. Wie kann die SKB sich das gefallen lassen?“
Ganz ehrlich, das ist jetzt ziemlich OT, aber ich denke Sie unterliegen einem fundamentalen Missverständnis was die Personalführung von Offizieren und vor allem von Generalen angeht.
Es gibt überhaupt keine SKB/CIR Generale und auch bei den Offizieren gibt es nur sehr wenige, für die eine gemeinsame Personalführung existiert.
Für manche DP gibt es eine TSK-Codierung und für manche nicht und bei denen bei denen es eine solche gibt, gibt es solche die traditionell auch mal „quer“ vergeben werden und solche, bei denen das eng gehandhabt wird.
Insgesamt sind die Generale aber quotiert, so dass die hier H/Lw/M sich gegenseitig nichts wegnehmen und wenn es mal eine Abweichung gibt, dann wird die bei nächster Gelegenheit wieder ausgeglichen.
Bei den Einsternern und Zweisternern sind die drei TSK also immer gleich und gerecht bedacht.
Mit Blick auf Drei- und Viersterner kommt es wie gesagt manchmal zu temporären Abweichungen, aber davon hat vor allem die Marine in den letzten Jahren profitiert, die weit oberhalb ihrer Quoten platziert war (zwei Viersterner in Folge).
Fachfremde Brigadekommandeure können stark negativ wirken wenn sie sich nicht von ihrer Herkunft lösen können und ihre intellektuellen Stabsoffiziersfähigkeiten, insbesondere die intellektuelle Neugier, verkümmern ließen. Ich hatte das mal „umgekehrt“ zum hier diskutierten Fall, ein Fallschirmjäger als Kommandeur der Logistikbrigade. Der Mann war vielleicht ein guter Soldat aber in dem Dienstposten (und vielleicht auch in dem Dienstgrad) fehl am Platz und gefährlich.
@Koffer
Prinzip erkannt, vielen Dank.
Bedeutet das denn am Ende, dass der InspSKB (inkl Ausland), CIR und die Befehlshaber EFK und JSEC keinen Einfluss auf die Besetzung der Flag Officers haben?
[Wir sind schon arg weit weg vom eigentlichen Thema, oder? T.W.]
@KPK @ Nachhaltig
Dass das KSK an sich ein Haus stürmen, die Geiselnehmer neutralisieren und die Geisel retten kann, bezweifle ich ja gar nicht, schließlich haben die Calwer uns genau das in ihren Image-Filmen ja schon oft stolz gezeigt ;)
Problem ist nur, dass das vielleicht gerade mal 5% des Aufwandes einer solchen Operation ausmacht. Die Bw hat nicht die globalen Fähigkeiten (Logistik, Aufklärung, Unterstützung etc.), die die USA haben. Für eine “standard“ Geiselbefreiung in Afrika, setzen die USA alleine 15 air Assets ein. https://www.thedrive.com/the-war-zone/37738/americas-elite-flying-unit-that-made-the-recent-long-range-hostage-rescue-in-africa-possible
Wenn morgen in einem x-beliebigen afrikanischen Failed-State deutsche Staatsbürger entführt werden sollten, währe die Bw nie in der Lage, dort auch nur ansatzweise militärisch einzugreifen. Eine Katastrophe ist das keinesfalls, der deutsche Ansatz, unter Federführung von BND und AA in solchen Lagen Verhandlungen aufzunehmen oder andere diplomatische Kanäle zu bemühen, ist in der Bilanz fast immer erfolgreich.
@Tresckow: Jo – 4 Ospreys, 7 Hercules und eine Poseidon – um eine Geisel zu befreien. Das hätten wir mit unserem Dispositiv an A400M, drei Helikoptertypen und diversen Tankeroptionen auch zusammengestellt bekommen.
@Sailor1995 sagt: 17.06.2021 um 16:55 Uhr
„Bedeutet das denn am Ende, dass der InspSKB (inkl Ausland), CIR und die Befehlshaber EFK und JSEC keinen Einfluss auf die Besetzung der Flag Officers haben?“
Ganz kurz (wegen der Mahnung des Hausherren):
„Ja“, sie haben für den eigenen Bereich Einfluss. Auch wenn sie kein formelles Wahlrecht bzw. Ablehnungsrecht haben (Generale werden durch Leitungsentscheidung versetzt und durch Kabinettbeschluss befördert), so können sie doch für bestimmte Kandidaten und gegen bestimmte Kandidaten votieren und bis zu einem gewissen Grade folgt man häufig (aber nicht immer) diesen Wünschen. Aber im Ergebnis „Nein“ denn, am Ende müssen die TSK Quoten halt wieder stimmen.
„Abklingbecken“ macht keinen Sinn, Herr Wiegold, weil der aktuelle Posten nicht Kleins erster nach seinem Einsatz in Kunduz war, er war vorher noch im BAPersBw und ist dort auch Brigadegeneral geworden.
@Nachhaltig
„Drei Helikoptertypen“ – die alle nicht luftbetankbar sind . Viel Spaß die mal eben (konspirativ) nach Afrika zu verlegen.
Die Bw käme schon an ihre Grenze, wenn sie irgendwo in Afrika die Position einer Geisel aufklären müsste.
@Tresckow,
es wäre schön wenn man sich wieder dem eigentlichen Kommentargegenstand widmet, statt irgendwelche Diskussionen zu einem völlig anderen Thema hier Gegenstand werden lässt.
Ebenso die Diskussion über die Besetzung von ggf. querschnittlichen Dienstposten gehört hier nicht hin.
Wenn den jeweiligen Schreibern diese Bereich so am Herzen liegen können sie ja einen eigenen Thread diesbezüglich dazu eröffnen.
[In Ihrer Aussage stimme ich Ihnen völlig zu! Allerdings muss ich erneut versuchen, einem anscheinend unausrottbarem Irrtum zu begegnen: Augen geradeaus! ist eben kein Forum im üblichen Internet-Sinne – sondern ein journalistisches Angebot mit der Möglichkeit zum Kommentieren. Deshalb gibt’s eben auch nicht die Möglichkeit, „einen eigenen Thread diesbezüglich dazu zu eröffnen“. Da muss ich einfach auf andere Angebote im Internet verweisen. Aber ich versuche schon, mühsam genug, darauf zu achten, dass nicht Lieblingsthemen als Off Topic hier endlos ausgewalzt werden… T.W.]