UN-Einsatz in Mali: Die Briten auf Patrouille
Die britische Armee ist mit Aufklärungskräften in der UN-Mission MINUSMA in Mali im Einsatz; wie die Bundeswehr von Gao aus. In diesen Tagen haben die Streitkräfte ihrer Majestät offensichtlich eine (heimische) Medienoffensive gestartet und einige Journalisten mit auf ihre Patrouillen genommen – eine Auswahl:
• BBC:
Mali: The world’s ‚most dangerous peacekeeping mission‘
(Das Einbetten dieses Videos – unten – scheint nicht immer zu funktionieren; über den Link hier drüber müsste es aber gehen)
… und der Beitrag in einer noch etwas anders geschnittenen Fassung:
• The Times
Islamists melt into Mali desert as British troops advance
(bislang noch ohne PayWall lesbar)
Wird ggf. ergänzt; gerne auch Hinweise in den Kommentaren.
Das ist doch mal ein Pfund, von Null auf Dreihundert, und dann noch bei diesem wohl Hauptauftrag:
„British troops are conducting long-range reconnaissance patrols“!
Das ausführende „light dragoons regiment“ has a light cavalry role and specialises in mounted and dismounted reconnaissance. (Wiki)
Beruhigend, dass nunmehr Briten eingesetzt sind.
LRRP, ein Auftrag, den bis April 2019 NLD Korps Commandotroepen (KCT) ~ KSK wahrnahmen.
https://www.defensie.nl/onderwerpen/missie-in-mali/nederlandse-bijdrage
Es handelt sich dabei wohl um die erste Langzeitpatrouille der Briten (mehr als einen Monat unterwegs):
https://www.army.mod.uk/news-and-events/news/2021/04/op-seka-mali/
Ein taktisch durchaus interessanter Ansatz, dabei sollten die operativen und strategischen Probleme des Einsatzes nicht vergessen werden.
Ohne echten Willen und Plan kann man kurz, lang oder gar nicht in der Wüste herumfahren, das Ergebnis bleibt gleich.
Vielen Dank für die Information.
Interessant finde ich, dass die Kommentare unter dem Times-Artikel sich inhaltlich genau so anhören, wie die unter Artikeln zu Bw-Auslandseinsätzen hierzulande.
Schicker Video-Schnipsel!
Es bleibt fraglich, inwiefern die Briten vor Ort wirklich einen Unterschied machen. Der Zweifel kommt in der Aussage des Lieutenant im Video gut rüber.
Der Ansatz ist richtig, auch dort zu patrouillieren, wo das Gelände unwegsam ist und nicht nur an den großen Straßen des Sektors zu kleben, wie es ja ein Großteil der UN-Truppen tut. Aber für Schweden, Briten und Deutsche (inkl. Belgier) ist der Raum einfach deutlich zu groß.
Zum Times-Artikel: Interessant, dass das Foto (mit dem Jackal im Hintergrund) mit TESSIT als Ort betitelt wird, wo erst vor kurzem ein Angriff die FAMA stattfand.
(https://africa.cgtn.com/2021/03/16/two-mali-soldiers-killed-8-injured-in-attack/, falls dieser Link i.O. ist)
Medial kommt Mali bei uns gefühlt momentan, auch Corona-bedingt, in den Massenmedien nur wenig an, trotz der sich immer mehr verschlechternden Sicherheitslage vor Ort. Auch von Bundeswehr-Seite aus kamen nach der Web-Serie kaum mehr größere Beiträge, oder weiß da jemand mehr?
Und welches tiefere Interesse hat GB in Mali? Im Sicherheitsrat sind sie schon und an reine Nächsteliebe glaube ich nicht.
@Dante sagt: 02.05.2021 um 12:33 Uhr
Und welches tiefere Interesse hat DEU in Mali? Im Sicherheitsrat sind sie nicht (mehr) und an reine Nächstenliebe glaube ich nicht.
Das können wir doch (sinnloserweise) mit jeder teilnehmenden Nation spielen. Und was bitte hat ein Platz im Sicherheitsrat damit zu tun?
@ pio Tw hat hier einen Link reingestellt, der dieFrage beleuchtet weshalb die BW in afrika ist. Mal den Faden durchsuchen.
@ Dante sagt: 02.05.2021 um 12:33 Uhr
„Und welches tiefere Interesse hat GB in Mali? Im Sicherheitsrat sind sie schon und an reine Nächsteliebe glaube ich nicht.“
War da nicht mal so etwas, wie eine Schmuggelroute durch die Sahara über welche Drogen und Menschen transportiert wird? Eine der viele Endstationen in Europa ist das Vereinigte Königreich.
@Trevor Faith:
Damit kann man dann so ziemlich jeden Einsatz begründen.
Wir sind dort, weil die Franzosen das wollen (so wie bisher in Afghanistan die Amerikaner).
Die Briten sind dort, da sie sich als Mitglied im UNSR und als enger Partner von Frankreich bei MINUSMA und Barkhane sichtbar engagieren wollen.
Ist aber meiner Meinung nach, doch auch nen ganzes Stück Symbolpolitik dabei.
Drogenschmuggel ist ein guter Punkt,
AQIM (al-Quaida in the Islamic Maghreb) finanziert sich wesentlich über Drogenschmuggel nach Europa.
Ausgangspunkte liegen in südamerikanischen Häfen, Anlandepunkte in Mauretanien und Guinea-Bissau. Von dort verlaufen die Routen durch Mali, Algerien in libysche Häfen und weiter nach Süditalien, alles geschützt auf Lkw durch so genannte „Toyata-Krieger“. (1)
Die so Handelnden werden auch als „Gangster-Dschihadisten“ bezeichnet,
Dass London ein ureigenstes Interesse an Unterbrechung solcher Routen und Abschöpfung der Schwarzgelder zur Terrorfinanzierung hat, ist folgerichtig.
(1) Mali und westlicher Sahel, ZMSBw, 2021
Wie kann man sich sowas vorstellen? Fahren da 50 Fzg im Tross durch die Wüste mit mehreren Tankwagen, einem gehärteten Dixicontainer einer Feldküche als Anhänger und die Soldaten schlafen über einen Monat sitzend in den Autos?
Das die Patroullie Wirkung zeigt beweisen die auftretenden „verdächtigen“ Motorräder. Man dringt in Gebiete vor, welche andere guerillamäßig organisierte Parteien als Rückzugsraum wahrnehmen.
Dennoch wird auch deutlich, die Bevölkerung ist eingeschüchtert. Mehr davon und es kann zum Erfolg führen.
@ Dante
Ihre bemühte Ironie nervt so langsam und wir haben auch begriffen, dass sie die Briten leichtgläubig, obrigkeitshörig und blöd finden… Zudem finden sich im englischsprachigen Netz zahlreiche Berichte inkl. Fotos zum Thema, einfach mal Zeit investieren und nachschlagen. Übrigens sind Langstreckenpatrouillen in der Wüste seit der Long Range Desert Group 1940/41 quasi britisches Standardrepertoire. Gibt echt Armeen, die das ohne Arbeitszeitregelung und Dixies hinbekommen, wer hätte das gedacht – obwohl auch die deutsche QRF in AFG um 2010 herum längerfristig außerhalb fester Feldlager operierte, wenn dies auch nicht unbedingt direkt vergleichbar ist.
@Dante
The Royal Anglian Regiment (@RAnglians)
If you missed the news over the weekend, check out this @bbcnews report. It explains our contribution to the UN mission in Mali and what a Royal Anglian led taskgroup will be doing in the near future.
https://t.co/lGrqXM3iPd?amp=1
Was die Light Dragoons und nunmehr das Royal Anglian Regiment abliefern, kann mit dem Oberbegriff „Fernspäh-Aufklärung“ beschrieben werden, bzw. LRRP (Long Range Recce Patrol).
Hauptauftrag ist das Gewinnen von Schlüsselinformationen tief hinter oder auch zwischen feindlichen Linien in Bezug auf den Gegner. Wo ist er, was macht er, wo sind seine HQ, seine VersStützpunkte. Soweit die Grundsatzaufgabe.
Bei der StabOp MINUSMA wird allerdings ein „Smile and Wave“ eine Hauptrolle einnehmen, da zur Stützung der Bamako-Regierung der Zuspruch der Tuareg-Stämme nördlich des Niger-Flusses wesentlich ist. Die Patrouille lässt sich in Ortschaften sehen, der PatrFhr kontaktiert Stammesführer und Clanchefs.
Praktisch sind Patrouillen (im Grundsatz ist die LRRP < Kp stark) +/- 7 Tage unterwegs, voll versorgt und autark, bei Bedarf durch KHS verstärkt. Eine Anschlussversorgung mit, wenn überhaupt nur Mun/Bstf/Wasser, erfolgt durch die Luft am "forward supply point".
Dies können vorgeschobene Stützpunkte eigener Truppe sein, oder auch geplant eingerichtete, durch HubSchr befüllte temporäre Einrichtungen.
BBC macht heftig Propaganda: "Our brave men and women are undertaking the longest desert reconnaissance patrols since WWII"
[Das wird langsam ein Sport hier? Die verlinkte YouTube-Version ist eine leicht anders geschnittene Fassung des oben verlinkten BBC-Berichts… T.W.]
@ voodoo Dass war nicht ironisch gemeint. Es war tatsächlich die Frage wie ich so eine Truppe über einen Monat in der Wüste versorge. Und da gehört schlafen, trinken, essen und eben das Gegenteil dazu. Die Frage war enstgemeit. Schläft man bei solchen Patrolien über wochen im Sitzen und ernährt sich von EPA?
@ Dante
Man schläft in der „Wagenburg“ entweder im/auf dem Auto, bzw. auf dem Feldbett unter der Plane neben dem Auto, und lebt tatsächlich von Wasser und EPA – und evtl. von dem, was man ggf. in Dörfern oder von Einheimischen kaufen kann (wenn man nicht deutscher Soldat ist, denn die dürfen aufgrund Weisung ZSan nichts draußen erwerben und verzehren… :-) ). Versorgung kann dabei, wenn nötig, aus der Luft erfolgen und wird daher entweder vorgeplant oder in der laufenden Operation angefordert.
Und oft stützen sich solche längeren Operationen in der Fläche auch auf UN-Camps ab. GAO ist nicht das einzige UN-Camp im östlichen MALI……
Erste Patrouille des „The Royal Anglian Regiment“ (@RAnglians)
The Long-Range Reconnaissance Group (LRRG) is part of the UN Peacekeeping mission in Mali, MINUSMA.
28 Tage in Bildern.
https://medium.com/voices-of-the-armed-forces/in-pictures-28-days-outside-the-wire-in-mali-265803117041
Und auch die militärische Supermacht Königreich Dänemark mach sich auf den Weg zu TAKUBA.
Es geht um den Einsatz von 105 SOF, die auch Cyber-Fähigkeiten abbilden sollen.
„Dänemark plant außerdem, ab Mitte 2021 drei Stabsoffiziere und von Ende dieses Jahres bis Anfang 2023 ein logistisches Unterstützungselement von zehn Soldaten zu entsenden“.
https://www.forcesoperations.com/amp/task-force-takuba-la-contribution-danoise-en-detail/?__twitter_impression=true
Klaus-Peter Kaikowsky (KPK) sagt:
03.05.2021 um 15:33 Uhr
„Was die Light Dragoons und nunmehr das Royal Anglian Regiment abliefern, kann mit dem Oberbegriff „Fernspäh-Aufklärung“ beschrieben werden, bzw. LRRP (Long Range Recce Patrol)….Praktisch sind Patrouillen (im Grundsatz ist die LRRP < Kp stark) +/- 7 Tage unterwegs, voll versorgt und autark,"
Sie haben zwar die Grundsätze der Fernspähaufklärung (long range reconnaissance) beschrieben, verabsäumen aber die Stärke der dabei eingesetzten Fernspäher zu benennen. In diesem modus operandi haben der FeSpKp des Heeres, aber auch 24 SAS Regt(V), aber auch 22SAS während der Falkland Campaign in einer patrol-Stärke von mind. 4 Soldaten(auftragsabhängig) operiert.
Zum Einsatz des britischen MINUSMA-Kontingents (zit. aus Soldier Magazine):
"The Long Range Recce Group (Mali) (LRRG (M)) covered more than 1,500km and visited more than 60 villages, engaging with and protecting the local population, the Army said.Troops also helped to secure the primary supply route from Gao, in the east of the country where they are based, further south to Ansongo, ….Lieutenant Colonel Tom Robinson, Commanding Officer, Light Dragoons, said the deployment had caused a "significant reduction in violence against the locals" in the region. He also called it the "first opportunity to make a real contribution" to the UN's MINUSMA (United Nations Multidimensional Integrated Stabilisation Mission in Mali) peacekeeping mission."
Damit ist der britische Ansatz (leAufklKr + Inf) auch im Hinblick auf seine PR-Wirkung, aber auch in der Absicht, den MINUSMA-Operationen, die überwiegend Selbstschutz und Sicherung der Versorgungsstraßen dienen, von gelegentlichen Patrouillen um Gao herum abgesehen. UK will diesem statischen Ansatz mehr Dynamik verleihen und die global power-Kompetenz demonstrieren. Könnte auch die Einsätze des Bw-Kontingents beeinflussen. Viel mehr als show of force and british professionalism war dieser UK-Einsatz wohl nicht.
Nochmal KPK:
"Bei der StabOp MINUSMA wird allerdings ein „Smile and Wave“ eine Hauptrolle einnehmen, da zur Stützung der Bamako-Regierung der Zuspruch der Tuareg-Stämme nördlich des Niger-Flusses wesentlich ist. "
Empfehle, die Lage in Nordmali (von den Tuaregmilizen auch als AZAWAD proklamiert) etwas genauer zu analysieren. Da Nordmali ostw des vallée Tlimsi fest in der Hand der MNLA bzw der djihadistischen ANSARDINE sind, MINUSMA-Stützpunkte unregelmäßig angegriffen werden, die Barkhane-Kräfte ausgespart und die malischen Armee "nicht willkommen" ist, kann vom Zuspruch der Tuareg wohl kaum die Rede sein.
Die Lage ist in der Tat weitaus komplexer; mittlerweile ist MINUSMA auch in Zentralmali engagiert, da dort ethn. Konflikte bürgerkriegsartig ausgetragen werden. Von dem triangle de la mort ganz Gourma-Liptako als Hauptoperationsgebiet von BARKHANE abgesehen. Die äußerst kritische Sicherheitslage in der Region Gao (Camp Castor ausgenommen) bleibt eine weitere Aufgabe für MINUSMA.
Zu der Bedrohung IED, die durch den BwKdr in Gao so beurteilt wird, daß der Schutz der BW-Fahrzeuge ausgereicht habe, Fakt ist, daß die hohen personellen Verluste bei MINUSMA, malischer Armee aber auch bei BARKHANE überwiegend durch IED verursacht wurden. MRAP bedeutet resistance, keinen Totalschutz. Die IED-Bedrohung ist nach wie vor akut; der glimpfliche Ausgang der Angriffe auf Bw-Patrouillen sollte daher Anlaß sein, den Schutzstandard der Fahrzeuge zu überprüfen und ggfs weiter zu verbessern.