Strukturen für die ‚Bundeswehr der Zukunft‘: Viel Unruhe, wenig Klarheit
Über weitgehende Umstrukturierungen der Bundeswehr sind nach Darstellung von Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer bislang noch keine endgültigen Entscheidungen getroffen worden. Es gebe dazu noch kein fertiges Papier und schon gar keines, das sie bereits unterzeichnet hätte, sagte die Ministerin nach Angaben von Teilnehmern am (heutigen) Mittwoch vor dem Verteidigungsausschuss des Bundestages. Allerdings kursieren seit Tagen Hinweise auf einen weitgehenden Umbau, mit dem unter anderem die Streitkräftebasis und der Sanitätsdienst in anderen Bereichen aufgehen sollen.
Hintergrund ist die Ankündigung von Kramp-Karrenbauer und Generalinspekteur Eberhard Zorn vom Februar, aufgrund gewandelter Anforderungen unter anderem durch die Bedrohungslage die Bundeswehr der Zukunft neu aufzustellen:
Wir erlassen im Mai 2021 Eckpunkte für die Bundeswehr der Zukunft und legen damit konkrete Vorschläge zur Weiterentwicklung der Streitkräfte hinsichtlich ihrer Fähigkeiten, Strukturen und Einsatzbereitschaft vor.
Diese Eckpunkt soll es nach den Worten der Ministerin vor dem Ausschuss in der zweiten Maihälfte geben, ein nach den militärischen Vorarbeiten abgestimmtes Papier auf politischer Ebene gebe es bislang nicht. Ungeachtet dessen sickern natürlich Details dieser Planungen durch, unter anderem in einer Meldung der Deutschen-Presseagentur am (heutigen) Mittwoch. Danach zeichnet sich ab:
• Künftig soll es vier Teilstreitkräfte geben: Neben Heer, Luftwaffe und Marine der Bereich Cyber- und Informationsraum (der damit vielleicht nicht formal, aber inhaltlich zur Teilstreitkraft aufgewertet würde)
• Die Streitkräftebasis und der Zentrale Sanitätsdienst werden im Wesentlichen in diesen vier Teilstreitkräften aufgehen
• Analog zum Einsatzführungskommando soll es ein Territoriales Führungskommando mit einem Nationalen Befehlshaber geben (da es bereits ein Kommando Territoriale Aufgaben und darüber einen Nationalen Territorialen Befehlshaber gibt, nämlich den Inspekteur der Streitkräftebasis, ist dann natürlich die Frage, was wo integriert wird)
Die ganze Umstrukturierung soll ohne Verringerung an Dienstposten funktionieren, aber im Interesse einer schnelleren Einsatzfähigkeit der Bundeswehr die Zahl der Stäbe und damit auch der Schnittstellen verringern. Ob das tatsächlich so funktioniert, wird natürlich auch davon abhängen, wie nötige neue Schnittstellen organisiert werden.
So wird bei einer Integration von Teilen des Sanitätsdienstes ins Heer geklärt werden müssen, wie die Versorgung Verwundeter an eine andere Organisationseinheit funktioniert – das Heer wird kaum ein Feldlazarett betreiben wollen und können (das natürlich nicht mehr so heißt, sondern Role 2). Ähnliches gilt für die Logistik.
Unklar ist bislang, inwieweit die geplanten Strukturveränderungen noch vor der Bundestagswahl eingeleitet werden oder gegebenenfalls erst von einer neuen Bundesregierung umgesetzt werden. Auch werden die Bundestagsabgeordneten, die sich – wie zu hören ist, quer durch alle Fraktionen – bislang unzureichend informiert fühlen, bei Grundzügen der Bundeswehrstruktur zumindest beteiligt werden.
Öffentlich kam entsprechende Kritik aus den Koalitionsfraktionen, von der verteidigungspolitischen Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Siemtje Möller:
Zu den möglichen Veränderungen im Organisationsaufbau der Bundeswehr und der angedachten Auflösung der Organisationsbereiche Sanität und Streitkräftebasis haben uns allerdings anstatt echter Informationen nur alarmistische Signale und eine große Unruhe in den zahlreichen Standorten erreicht. Die Gerüchte und Halbinformationen verunsichern die Streitkräfte. Erklärungen werden unabgesprochen lanciert und wieder gelöscht, das ist in Anbetracht der Auswirkungen auf die persönliche, berufliche Situation von 60.000 Soldatinnen und Soldaten, von denen ein Großteil jeden Tag bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie und in der medizinischen Versorgung in den Einsatzgebieten eingesetzt ist, unangemessen.
Eine umfängliche und gewissenhafte Umstrukturierung lässt sich zudem weder während einer Pandemie noch kurz vor der Bundestagswahl zufriedenstellend abschließen. Die Bundeswehr würde so, in einer durch den Abzug aus Afghanistan bestimmten Umbruchsphase, zusätzlich destabilisiert.
Denn mit der Umstrukturierung wird sich natürlich auch die Frage nach den Standorten stellen – auch wenn das Verteidigungsministerium versichert, dass bei den erwogenen Plänen keine Standortentscheidungen beabsichtigt seien. Ob das mit einer Verschiebung zum Beispiel von großen Teilen der Logistiktruppe zum Heer funktioniert, wird sich noch zeigen müssen.
Nachtrag: Eine überraschend deutliche Aussage kommt von außerhalb der Bundeswehr, nämlich vom Spitzenverband der Fachärzte Deutschlands, der unter anderem bemängelt:
Das Vorhaben einer Eingliederung in die Teilstreitkräfte zeigt zudem auch ein Bild der Spitze des Ministeriums vom freien Beruf Arzt, das einen schon ratlos zurücklässt. Ärztinnen und Ärzte im Dienst der Bundeswehr müssen sich in jeder Situation hier in Deutschland und erst recht im Einsatz darauf verlassen können, dass sie ihre medizinischen Entscheidungen auch und gerade innerhalb einer Befehlskette nur unter der Befehlsgewalt eines Arztes treffen können und am Ende auch verantworten müssen. Alles andere gefährdet die ärztliche Unabhängigkeit, die wiederum Voraussetzung für das Vertrauen der Soldatinnen und Soldaten ist, dass gerade im Einsatz alles medizinisch Mögliche für Leib und Leben getan wird.
(wird ggf. ergänzt)
(Archivbild Mai 2017: Sanitäter der allgemeinen und notfallmedizinischen Versorgung (Role 1) behandeln einen Verwundeten im Rahmen der Übung Red Griffin/Colibri 50 – Jane Schmidt/Bundeswehr)
Wir brauchen eine BW die LV/BV und globale Missionen kann?
d.h. IMHO die BW und speziell die Enabler müssen Joint genug aufgehängt aber auch so in die TSK integriert sein um beides effizient zu können und dabei so effektiv wie möglich.
Allerdings dürfen die TSK dabei nicht vergessen, das die Enabler nicht bedingungslos automatisch wie gewünscht funktionieren.
Die Sanität hat eine Verpflichtung eigener Art gegenüber ihren Patienten,
AFAI“K“ hatte die schweizer Armer um ca 1900. Sanitätsoffiziere, die keine Ärzte waren.
Gleichzeitig befördert die Bundesregierung die Vergrößerung der EUBG auf Brigadestärke:
https://www.reuters.com/world/europe/eu-seeks-rapid-response-military-force-two-decades-after-first-try-2021-05-05/
Wir schaffen schon die NATO-Verpflichtungen nicht ansatzweise, aber vergrößern noch die Verpflichtungen ggü. der EU. Zudem in einem fragwürdigen Bereich, denn was sollen denn diese Kräfte wirklich bewirken?
Mittlerweile fehlen ja nicht nur Hubschrauber, sondern auch Fallschirme und luftverlastbare Fahrzeuge. Zur Führungsausstattung muss man ja nichts mehr sagen.
Aber wir treiben noch weiter Initiativen mit voran, die noch mehr Einsatzbelastung erbringen.
Hat man im BMVg eigentlich noch ansatzweise den Überblick und einen durchdachten Plan?
Nun mir fällt zum Einen hier auf dass man auf den SanDst fokussiert und zum Anderen hier auch oftmals Einsatz mit LV/BV gleichgesetzt bzw. verwechselt wird.
Hier sollten nochmal alle in sich gehen, die Emotionen außen vor lassen und bei Patienten-Einsatz-Versorgung nochmal gründlich überlegen ob diese Argumentation in LV/BV stand hält – auch wenn das nicht gehört wird, im Schieß-Krieg gibt es nun mal leider Verluste.
Zum Thema allgemein wäre es wünschenswert wenn die Vorschläge ganz klar auf LV/BV ausgerichtet sind, was bedeutet dass die Truppe zum Kampf befähigt werden muss und dieses eine ad-hoc-Fähigkeit darstellen muss die nicht über monatelange Antragsverfahren erreicht werden soll – derzeit meist unter Bauchschmerzen in Teilen erreicht wird. Eine fachliche Zentralisierung, dafür aber truppendienstliche Dislozierung ist durchaus in einigen Bereichen denkbar; auch ist vorstellbar dass eben der „grüne“ SanDst im Frieden die des „weißen“ SanDst am StO wahrnimmt – was bedeutet dass bei Übungen Einsätzen temporäre Lösungen gefunden werden müssen. Und ja die TrÄrzte müssten dann auch entsprechende „Praktika“ an den Krhs machen um hier ihre Expertise aufrechtzuerhalten. Ich denke es gibt viele Möglichkeiten beide Seiten der Medaille in Einklang zu bringen.
Kern ist die stringente Ausrichtung an LV/BV und die Verwässerungen des Ansatzes „vom Einsatz her denken“ mit einem AFG-Bild vor Augen negieren und zum Besseren wenden.
Erst aus einer Struktur können dann Ableitungen auf DP-Dotierungen usw. gezogen werden – sofern man eben einfach mal den „Bestand“ außen vor lässt.
Die dann ggf. aufgezeigten Fähigkeitslücken gilt es dann zu bewerten und ggf. auch in einem europäischen Rahmen zu betrachten – ggf. muss ja nicht jedes Land alles vorhalten. In dem derzeitigen Umfeld halte ich eine rein nationale Betrachtung nicht für zielführend, da ich davon ausgehe dass BV vor einer LV greift.
@ SanStOffz (ohne 2) … das ist ja der wesentlichen Punkt, warum wir überhaupt Krankenhäuser haben mit jeder Menge Zivilpatienten. Hier geht es nicht um Geld verdienen, sondern um das Üben am lebenden Objekt.
Und die Idee, den Sanitätsdienst in der Fläche zu „zivilisieren“ – ob nun mit eigenem Zivilpersonal oder gar dem Versichertenkärtchen „Soldat – ist ja auch nicht neu … bei letzterer Option hat man gar nichts mehr in der Hinterhand für den Ernstfall, bei Option Zivilpersonal bleibt es ein gefährliches Spiel, ob dann dieses im „Ernstfall“ in die Uniform springt.
Und aus der eigenen Erfahrung heraus … wenn man nur für zwei Wochen im Jahr in die Kuration geht, dann ist man nach kurzer Zeit schon fast eine Gefahr für die Patienten … man kann eben nur das, was man tagtäglich tut. So ist vielleicht das Spannungsfeld guter Arzt und gleichzeitig guter Soldat fast nicht aufzulösen …
Sehr interessante und vielschichtige Diskussion – vielen Dank, man lernt nie aus!
Ganz allgemein und doch besonders muss man vor dem Hintergrund der x-ten sog. Neuausrichtung der Bundeswehr den Soldaten, die oftmals über Jahrzehnte diesen von der Politik vorgegebenen Zirkus ertragen und in der anhaltenden Misere dennoch ihr Bestes geben, größten Respekt zollen und Vater Staat müsste ihnen jedes Jahr zum Sold einen ordentlichen Batzen Schmerzensgeld drauflegen!
@Koffer:
„Aber Sie wissen doch auch, dass man SanOffz nicht aufgrund einer übergreifenden und umfassenden Führungsausbildung wird, sondern im Kern auf der Basis einer Approbation.
Das dann der normale SanOffz halt nicht führen KANN, wissen wir doch alle. Wenn jetzt dieser Mangel versucht wird dadurch zu heilen, indem man einen Truppenoffizier San erfindet (aber gleichzeitig die echten Führungsaufgaben weiterhin den Ärzten vorbehält), dann wird doch deutlich warum ZSan in der bisherigen Konstruktion nicht lernfähig ist, wenn es um LV/BV geht, oder?!“
Ich habe schon lange nicht mehr so eine vorurteilbehaftete, undifferenzierte und sachlich unhaltbare Äußerung zur Kenntnis nehmen müssen!
Seit je her gab es Truppenteile des Sanitätsdienstes, die natürlich auch durch approbierte Offiziere geführt wurden. In den „LazRgt“ waren auf den Ebenen unterhalb der Kompanie sanitätsdienstlich geprägte Offiziere ohne Approbation in TE-Führungsfunktionen. Und schon immer waren SanStOffze in in Stäbe auf allen Ebenen tätig. Das bedeutet, dass „Ärzte“ immer schon geführt haben und es somit nachweislich auch können!
Ihre Behauptung, „der normale (was auch immer die Definition dafür sein mag) SanStOffz könne nicht führen“, ist somit nicht nur haltlos sondern auch despektierlich. Und da wir ja über das Miltär sprechen, könnte man das auch als ehrabschneidend bezeichnen.
Wenn Sie meinen, der ZSanDstBw wäre in Bezug auf LV/BV nicht lernfähig, dann müssten Sie das bitte etwas begründen.
Nach meiner Kenntnis entwickelt der ZSanDst plausible Konzepte für die Unterstützung der TSK im LV/BV-Szenario. Wenn diese Konzepte die TSK nicht überzeugen, dann muss kommuniziert werden, im Diskurs, im konstruktiven Austausch.
Eine Auflösung des ZSanDstBw würde der Bundeswehr mE mittel- bis langfristig schaden, weil die Qualität der sanitätsdienstlichen Versorgung zurückgienge und in der Folge ein Imageschaden entstünde, der sich auf die Qualität des Nachwuchses negativ auswirken würde. In Zeiten des Fachkräftemangels eine strategisch falsche Entscheidung.
Man soll ja Koffer nicht füttern, aber es ist schon erstaunlich wie pauschal hier Abqualifizierungen des ZSanDstBw – SanStOffz können nicht führen, der ZSanDstBw gefährdet die Auftragserfüllung der Streitkräfte – unter Pseudonym veröffentlicht werden. Ebenso wenig fair wäre es, Truppenoffizieren durchgängig ein undifferenziertes „Wirkung vor Deckung“ zu unterstellen. Es erscheint aus meiner Sicht besser verbal abzurüsten und zugleich in guter Tradition mit offenem Visier Argumente auszutauschen. Wir alle werden neu organisiert und sollten danach immer noch in gemeinsamer Auffassung einer eben nur gemeinsam stemmbaren Aufgabe zusammenarbeiten können. Leider ist das Erheben der eigenen Position zum Drehpunkt, um den die Welt des jeweils Anderen zu kreisen habe, ein gesamtgesellschaftliches Problem. Professionell erscheint mir das nicht.
Zur Frage aufgeblähter Führungsstrukturen des ZSanDstBw sei an den Bericht des BRH vom 29.10.2019 über die Prüfung Querschnittsaufgaben im Kdo SanDstBw und im Kdo SKB verwiesen; Verbesserungen im Detail sind immer möglich, pauschale Aussagen jedoch eher nicht haltbar. Allgemein erscheint mir nicht unmittelbar einleuchtend, wie die Verteilung von zu wenig Dienstposten und Material auf die TSK bei gleichzeitiger Aufgabe fein austarierter Werdegangsmodelle zu einer Lageverbesserung führen sollte. Möglicherweise wird von uninformierter Seite auch schlicht die Komplexität der Aus-, Fort- und Weiterbildung sowie Inübunghaltung medizinischen Fachpersonals unterschätzt. Gleiches scheint mir manchmal für die Herausforderungen der Realversorgung mit Zugang zu einem von Subspezialisierung und Kostendruck gekennzeichnetem zivilen Gesundheitsmarkt zu gelten.
Da aber im Grunde derzeit nichts Belastbares existiert, auf dessen Grundlage eine sinnvolle Diskussion des im BMVg erstellten Lösungsansatzes für das Ergebnis einer – ebenfalls nicht klar kommunizierten – Problemanalyse geführt werden könnte, hilft Abwarten und Tee trinken. Die noch laufende Pandemie reicht mir und meinen Leuten für die tägliche Erdung.
@SanStOffz
Offen gesagt, mir ist immer noch unklar, warum unter Sanitätsoffizieren die Gewissheit zu herrschen scheint, dass keine Regelung für den Friedensbetrieb gefunden werden könne, die den Bedenken der Ärzte Rechnung trägt – und sei es durch die Einschränkung der Befehlsgewalt der nichtärztlichen Vorgesetzten.
Ich bin zu sehr Laie, um die Bedenken vom Tisch zu wischen. Trotzdem kommt mir ein kategorisches Nein, bevor die Modalitäten zur Diskussion gestellt wurden, seltsam vor. Und dass im Verteidigungsfall die Qualität der medizinischen Individualversorgung mitunter zurückstehen muss, dürfte unstreitig sein.
Was die allgemeine Kritik vor allem aus Politik und Presse anlangt … ich würde ja gerne glauben, dass sie einer in Pandemiezeiten wiederentdeckten Bewunderung für die Bundeswehr im Allgemeinen und die Sanität im Besonderen entspringt.
Das zu glauben fällt jedoch schwer, wenn selbst der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Hellmich, die durchgesickerten Reformpläne im Endeffekt als sinnlos abkanzelt und kritisiert, die Soldaten würden unnötig beunruhigt. Zur Zielsetzung sollte ein Fachpolitiker mehr zu sagen haben. Und dann: Beunruhigt? Ernsthaft?
Wir haben die Bundeswehr radikal verkleinert, zahllose Standorte geschlossen, ganze Truppengattungen außer Dienst gestellt, die Leute quer durch die Republik versetzt und uns kaum jemals um ihre Bitten nach besserer Ausrüstung gekümmert … und jetzt sorgen wir uns auf einmal um den Seelenfrieden der Truppe?
Das ist doch das reine Wahlkampfgeplänkel.
@ Marc P.
Ich muss @Koffer leider beipflichten: Gerade die Ärzte in Führungspositionen, die ich in meiner Zeit erleben durfte, haben eindrucksvoll unterstrichen, dass man Führung lernen muss – und zwar nicht in einem 3-Monats-Kurs an der SanAk oder in Feldkirchen (quasi nebenher), sondern von der Pike auf, so wie jeder andere militärische Führer als Fw oder Offz in den anderen TSK auch. Ein Studium als Eintrittstor reicht nicht.
Eben deshalb ist mir nur eine handvoll dieser Personen in der Sanität in positiver Erinnerung geblieben, bei der breiten Masse blieb der Eindruck, dass Schlimmeres nur verhindert wurde, weil der erfahrene Offz milFD als Einsatzoffizier bzw. Stellvertreter im Hintergrund rotiert ist.
Zudem scheint ihre Kennntis schlicht falsch zu sein – der ZSanDBw entwickelte eben keine plausiblen Konzepte, sondern drehte sich hauptsächlich um sich selbst. Sonst stünde er jetzt nicht vor der Abwicklung und wäre ferner nicht schon mehrmals angezählt worden. Kurzum: Die Zeit des Diskurses und des freundlichen Austausches ist (hoffentlich) vorbei.
@Marc P. sagt: 07.05.2021 um 11:02 Uhr
Um das mal etwas von Emitionen zurück zu Fakten zu führen.
Führung im militärischen Sinne besteht vor allem aus Menschenführung und Operationsführung.
Beides können manche Truppenoffiziere besser und manche schlechter. Das gleiche gilt für Sanitätsoffiziere. Manche können das besser und manche schlechter.
Aber querschnittlich ist der normale Truppenoffizier zu beidem weit besser qualifiziert. Durch Ausbildung und Verwendungsaufbau.
Ich wüsste nicht, wieso das peinlich für einen Sanitätsoffizier sein sollte. Das ist halt so. Am Anfang stand die Wahl der Laufbahn.
Übrigens: Querschnittlich können Sanitätsoffiziere übrigens besser medizinische Handlungen vornehmen als Truppenoffiziere. Dafür sind sie üblicherweise besser qualifiziert durch Ausbildung und Verwendungsaufbau. Und auch das ist nicht peinlich für den Truppenoffizier. Am Anfang stand die Wahl der Laufbahn.
Nun ist das in einer Struktur nicht problematisch, wo der eine sich auf das eine konzentriert und der andere auf das andere.
Aber wenn, wie in ZSan, per Struktur objektiv geringer (relativ!) qualifizierte querschnittliche Führungsaufgaben wahrnehmen, dann ist es doch nicht verwunderlich, wenn das in einem LV/BV Szenario, wo es eben nicht primär auf Fachaufgaben, sondern primär auf Unterstützung der Operationsführung ankommt suboptimal läuft.
Jetzt kommt es einfach darauf an, die Ärzte das machen zu lassen was sie gut können und die Struktur so zu gestalten, dass die Qualität des deutschen Sanitätsdienstes zum Gesamtoperationserfolg optimal beiträgt (primäre Aufgabe) und darüber hinaus die indivuduelle sanitätsdienstliche Versorgung so gut wie möglich unter Berücksichtigung der Primäraufgabe ist (sekundäre Aufgabe).
@Florian Helm sagt: 07.05.2021 um 12:17 Uhr
„Man soll ja Koffer nicht füttern“
Solche Angriffe „ad hominem“ sagen mEn mehr über den Schreiben als über den Empfänger aus…
@Koffer ➡️ @Marc P.
Schuster bleib bei deinem Leisten.
Oder
Tu nichts, wovon du nichts verstehst; rede nicht über etwas, womit du dich nicht auskennst.
Ärzte operieren im OP
Operateure operieren im Feld.
Jeder macht das, was er gelernt hat.
Irgendwie driftet – nicht nur hier – die Diskussion um eine Bundeswehrreform in Randthemen ab.
Unabhängig vom Ausbildungsgang von Sanitätsoffizieren und der strukturellen Abbildung der Fähigkeiten der SKB müsste doch die Kernfrage sein:
Welchen militärischen Beitrag muss Deutschland (aufgrund von Zusagen) gegenüber der NATO und der EU leisten bzw. welche nationalen Verpflichtungen gibt es? Da ist das Fähigkeitsprofil weiterhin ein gutes Zielsystem.
Welche dieser Aufgaben sind absehbar mit dem Rahmen an Finanzen und Personal nicht mehr leistbar?
Auf was soll somit verzichtet werden?
Dabei ist Quantität kaum mehr ein Spielraum, sondern Qualität.
Also bewusst herbeigeführter Verlust von Fähigkeiten.
Der bisherige Verlauf der Diskussion legt den Verdacht nahe, dass es stattdessen erneut zu einem unplanmässigen Verlust von Fähigkeiten kommt.
Gleichzeitig werden auch vom BMVg neue Themen vorangetrieben wie eine Art AMF (L) der EU – siehe oben.
In der Gesamtschau ist es dann bspw. auch egal, ob es Heer und SKB weiter in der heutigen Form gibt oder nicht. Da die Kästchen durch Umgliederung und Fusion ja nicht deutlich mehr Personal und vorallem Material bekommen bzw. einsatzbereit halten können.
@Voodoo sagt:
07.05.2021 um 13:38 Uhr
Eben deshalb ist mir nur eine handvoll dieser Personen in der Sanität in positiver Erinnerung geblieben, bei der breiten Masse blieb der Eindruck, dass Schlimmeres nur verhindert wurde, weil der erfahrene Offz milFD als Einsatzoffizier bzw. Stellvertreter im Hintergrund rotiert ist.
Ergänze
Oder engagierte Unteroffiziere. Leider wachsen erfahrene Offz milFD nicht auf Bäumen. Und da eine Teilnahme von größeren SanEinrichtungen in Übungen auch nicht alltäglich sind, fehlt es an Möglichkeiten diese zu generieren um Erfahrungen zu sammeln in Hinblick auf die Unterstützung eines Kampf Verbandes.
Zusätzlich wäre es interessant, ob sich die aktuellen Einsatzgrundsätze und Strukturen des ZSan auch im Rahmen von LV/BV umsetzen lassen.
Hier nochmal ein Blick aus der internationalen Perspektive mit besonderem Blick auf Deutschland:
„For instance, in our assessment, an addition of a handful of mechanized brigades suitable for offensive operations in the Suwalki corridor area, improved combat support — especially artillery, air defense, and engineering — and particularly improved capabilities for suppressing Russian air defenses, would shift the likely outcome of this scenario considerably. None of this is easily or cheaply achievable, but neither should it be insurmountable.
(…) For Europe north of the Alps and the eastern Balkans, this would mean taking a major role in deterring Russia, with especially Germany needing to play a more assertive role.“
https://warontherocks.com/2021/05/autonomy-cacophony-or-coherence-the-future-of-european-defense/
In der deutschen Debatte habe ich oft den Eindruck, dass nicht einmal ansatzweise verstanden wird, was die Erwartungshaltung in Europa an uns ist.
Aufgrund unserer wirtschaftlichen Stärke, unserer geopolitischen Lage, der politischen Einstellung und unserer bisherigen militärischen Expertise sind wir für viele Verbündete weiterhin der logische Ansprechpartner für (mechanisierte) Landstreitkräfte zur Abschreckung.
Alldas scheint bei den Diskussionen um eine neue Struktur keine Rolle zu spielen, weil es offenbar gar nicht mehr präsent ist.
Da ja hier zwischen „weißer“ und „grüner“ Sanität unterschieden wird:
Wer hat denn „früher“ den „Sanitätsbereich“ einer Kaserne bemannt?
Angenommen, es gäbe wieder Bataillonsärzte und Sanitätszüge, was spräche dagegen, diese für die Realversorgung am Standort im Sanitätsbereich einzusetzen?
Und es klang ja bereits an; Der NATO wurden einsatzbereite und kriegstüchtige Divisionen angezeigt – keine SKB und auch kein ZSanDstBw. Man hat es ja im Übungsgeschehen der letzten Jahre gesehen: Großverbände des Heeres, die sich unerlässliche Fähigkeiten aus den OrgBer SKB und ZSanDst zusammenborgen müssen und letztlich auf deren Wohlwollen angewiesen sind, sind nicht einsatzbereit. Also gehören diese Fähigkeiten – oftmals ja ohnehin von Heeresuniformträgern dargestellt – genau wieder dorthin.
Und wenn sich jetzt schon die ersten Landesminister um den Fortbestand von Kommandobehörden in ihrem Bundesland sorgen, dann merkt man doch schon wieder, woher der Wind weht. Da spielen wieder alle möglichen Motive eine Rolle, aber nicht nicht die militärischen.
Zu dem Themenkomplex der Vorbereitung des Sanitätsdienstes der Bundeswehr auf die Herausforderungen der Landes- und Bündnisverteidigung empfehle ich den Artikel von GA Dr. Backus „Der Sanitätsdienst in der Landes- und Bündnisverteidigung im 21. Jahrhundert – Herausforderung und Chance“ vom Oktober 2020.
Aus der Erfahrung verschiedener Verwendungen in mehreren TSK und milOrgBer auf allen Ebenen von der Einheit bis zur Kommandoebene, aus Einsätzen und Grundbetrieb, Ausbildung und Planung habe ich festgestellt, dass es gute und schlechte Führer sowohl unter Truppen-, und Sanitätsoffizieren gibt und dass eine Begabung zur Operationsplanung und -führung nicht unbedingt mit einer Begabung zur Menschenführung einhergeht.
Als weitere Erkenntnis lässt sich zu häufig ein mangelndes Verständnis für die Relevanz der Einsatzunterstützer feststellen.
Die Anpassung von Organisation und Strukturen ist zwar ein probates, oft empfohlenes Mittel zur Effizienzsteigerung, vermag aber nicht ein krasses Missverhältnis von Zielen, Ambition und finanziellen und personellen Ressourcen aufzulösen oder demographische und gesellschaftliche Entwicklungen zu negieren.
[Hm, der Link ist im Grenzbereich, weil eine deutsche Verlagswebseite…. Bei der Zeitschrift Wehrmedizin halte ich ihn aber ausnahmsweise für vertretbar:
https://wehrmed.de/fuehrung-organisation/der-sanitaetsdienst-in-der-landes-buendnisverteidigung-im-21-jahrhundert-herausforderung-chance.html
T.W.]
@Memoria
Allerdings ist die Einschätzung der Wahrscheinlichkeit eines RUS Angriffs im Suwalki Corridor „highly unlikely“ (wie auch überhaupt kinetische Operationen gg. NATO Staaten), zumal dann Kaliningrad nicht mehr lange russisch wäre.
Selbst den Einsatz von „grünen Männchen“ in den baltischen Staaten halte ich für sehr unwahrscheinlich.
@Memoria
„In der deutschen Debatte habe ich oft den Eindruck, dass nicht einmal ansatzweise verstanden wird, was die Erwartungshaltung in Europa an uns ist“
Natürlich ist das verstanden, nur hält deutsche Politik diese Schlussfolgerungen für falsch und beurteilt die zugrunde liegende Lage eben nicht wie Sie und ich, bzw. die Masse der SiPo Filterblase hier bei AG oder in sonstigen Medien.
Die Ratio des Einsatzes der Streitkräfte als Mittel der Politik wird ausgeschlossen, parteiübergreifend. Alle wohl klingenden Bekundungen politischer Zunge zu LV/BV sind halbherzig, bzw bewusst unwahr.
Wäre dem nicht so, stünden wir besser da.
@Koffer
Übrigens: Querschnittlich können Sanitätsoffiziere übrigens besser medizinische Handlungen vornehmen als Truppenoffiziere. Dafür sind sie üblicherweise besser qualifiziert durch Ausbildung und Verwendungsaufbau. Und auch das ist nicht peinlich für den Truppenoffizier. Am Anfang stand die Wahl der Laufbahn
Heißt das jezt im Umkehrschluß, das grundsätzlich jeder Offizier über eine sanitätsdienstliche Qualifikation verfügt, die über die Grenze der Sofortmaßnahmen am Unfallort hinausgeht? *Besser* vornehmen heißt: Gleiche Ausbildung.
Das kommt einer Anmaßung gleich, die seinesgleichen sucht.
@Thomas Melber:
Das ist sicherlich sehr unwahrscheinlich, aber so funktioniert glaubwürdige Abschreckung.
Gleichzeitig versucht Russland nicht nur in der Ukraine, sondern auch in anderen Gegenden an Einfluss zu gewinnen (https://www.atlanticcouncil.org/blogs/ukrainealert/putins-stealth-takeover-of-belarus-gains-momentum/).
Was ist die Antwort der NATO und was bedeutet das für die Bundeswehr der Zukunft? Die baltischen Staaten sehen diese Entwicklungen sehr kritisch.
Auch Kaliningrad wäre dann nicht zwangsweise in Frage gestellt.
Russland versucht auf allen Ebenen und in allen Bereichen die NATO zu spalten.
Bei uns wird alldas schlichtweg ignoriert und es wird stattdessen über die Symbolpolitik mit der Fregatte Bayern im Indo-Pazifik fabuliert.
@Memoria sagt: 07.05.2021 um 21:45 Uhr
„In der deutschen Debatte habe ich oft den Eindruck, dass nicht einmal ansatzweise verstanden wird, was die Erwartungshaltung in Europa an uns ist.
Aufgrund unserer wirtschaftlichen Stärke, unserer geopolitischen Lage, der politischen Einstellung und unserer bisherigen militärischen Expertise sind wir für viele Verbündete weiterhin der logische Ansprechpartner für (mechanisierte) Landstreitkräfte zur Abschreckung.
Alldas scheint bei den Diskussionen um eine neue Struktur keine Rolle zu spielen, weil es offenbar gar nicht mehr präsent ist.“
Leider haben Sie recht, allerdings schiebe ich das mehr auf den Unwillen der Politik, der Bevölkerung klare sicherheitspolitische Vorgaben zu machen und Deutschlands Interessen zu definieren. Statt dessen wird seit 2014 rumgeeiert und mit der jetzigen, in groben Umrissen, angedeuteten Auflösung ZSan und SKB weitere Nebelkerzen geworfen.
Man muss doch nur mal schauen, was aus den markigen Ankündigungen der NATO 2014 und den angekündigten Trendwenden Personal und Material einschließlich des neuen Weißbuchs seitdem in Deutschland geworden ist – nichts.
Ich erinnere nur mal an die Aufgabe des „dynamischen Verfügbarkeitsmanagements“ und Auffüllung des Materials (vor allem Großgerät) auf 100% des geplanten Solls. Alles Makulatur. Stattdessen wird in 2021 in der Truppe immer noch rotiert, um das Material für die deutschen Anteile der nächsten deutschgeführten VJTF-Brigade zusammen zu kratzen. Und dann wird rüstungstechnisch darüber nachgedacht, das 2. Los Puma abzubestellen, das 1. Los nicht vollständig nachzurüsten und statt dessen den Marder noch ein bisschen zu behalten, dessen Grundkonzeption mittlerweile mehr als 50 Jahre alt ist. Nur mal so als herausstechendes Beispiel, davon gibt es natürlich noch viel mehr.
Die Linke ist die einzige Partei, die sich die Abschaffung der Bundeswehr offiziell in das Wahlprogramm geschrieben hat. Überflüssigerweise, CDU und SPD arbeiten seit 20 Jahren daran und die letzten 10 Jahre waren in der Richtung ziemlich erfolgreich :-(. Besserung ist auch nicht in Sicht. Selbst dann nicht, wenn eine der anderen im Bundestag vertretenen Parteien an die Regierung kommen sollte.
@KPK:
„Natürlich ist das verstanden, nur hält deutsche Politik diese Schlussfolgerungen für falsch und beurteilt die zugrunde liegende Lage eben nicht wie Sie und ich,“
Wenn sie sich die politischen Diskussionen rundum 2% BIP, 10% der Fähigkeiten der NATO, NDPP (wenn überhaupt bekannt) genauer anschauen, dann kann man da durchaus Zweifel bezüglich des Verständnisses haben.
Das Problem beginnt mittlerweile nicht bei den Schlussfolgerungen, sondern beim Gesamtverständnis. Stattdessen wird mit großer Hektik ein immer neues Thema durch die Manege getrieben.
Für eine zweckmäßige Struktur ist das keine gute Grundlage.
@Koffer
Können Truppenoffiziere dann das Fachspezifische Äquivalent zum Arzt genauso gut wie ein Sanoffz Arzt ?
Ist er genauso etwas verpflichtet wie der Arzt eine Pflicht gegenüber seinen Patienten hat?
@Herr Einer: 08.05.2021 um 0:31 Uhr
Ich kann mir nicht helfen, aber da wollten sie den Kommentator „Koffer“ wohl gehörig mißverstehen.
Er hat mitnichten behauptet, dass Truppenoffiziere auch Mediziner wären, sondern lediglich, dass beide zwar bei der Bundeswehr tätig sind, durch die Wahl ihrer jeweiligen Laufbahn aber für etwas anderes qualifiziert sind.
Wenn sie es als anmaßend empfinden, wenn hier wohl nicht wirklich ernst gemeint die Binse festgestellt wird, dass Ärzte aufgrund ihrer Ausbildung die besseren Mediziner sind als ein PzGrenOffz, dann wundere ich mich nur über ihre Aufregung darüber.
Letztendlich ist jeder durch seine Ausbilung zu anderen Dingen qualifiziert und in jedem Bereich gibt es besser und schlechter Qualifizierte. Wenn man einmal davon ausgeht, dass Ärzte auch keine Wundertiere sind die Dank ihres Studiums in jeder Position auch ohne Erfahrung und Ausbildung bestehen können, dann, können eben Truppenoffziere das was sie über die Jahre erlernt und eingeübt haben besser als der Internist in Uniform.
Warum also sollte nicht jeweils der Fachmann das tun, wozo er am besten befähigt ist, wenn es nicht nur um einen VErteilungskampf zwischen höher dotierten Führungspositionen zwischen Menschen mit und ohne Approbation geht=
@Herr Einer
„Heißt das jezt im Umkehrschluß, das grundsätzlich jeder Offizier über eine sanitätsdienstliche Qualifikation verfügt, die über die Grenze der Sofortmaßnahmen am Unfallort hinausgeht? *Besser* vornehmen heißt: Gleiche Ausbildung.
Das kommt einer Anmaßung gleich, die seinesgleichen sucht.“
Da kann man nur hoffen dass das ein Scherz war…..Würde aber so manches in den Diskussionen erklären wenn nicht…
@Herr Einer sagt: 08.05.2021 um 0:31 Uhr
„Das kommt einer Anmaßung gleich, die seinesgleichen sucht.“
Wenn Sie mich bewusst mißverstanden haben um zu provozieren, dann habe ich Ihnen nichts zu sagen.
Wenn Sie mich unabsichtlich mißverstanden haben, dann verweise ich auf den Beitrag von @Mediator sagt: 08.05.2021 um 13:16 Uhr, der dürfte Ihr Missverständnis aufklären.
@ThoDan sagt: 08.05.2021 um 13:00 Uhr
„Ist er genauso etwas verpflichtet wie der Arzt eine Pflicht gegenüber seinen Patienten hat?“
Selbstverständlich! Sogar noch viel weiter.
Ein truppendienstlicher, militärischer Vorgesetzter hat eine umfassende, gesetzliche Fürsorgepflicht, die weit über die medizinische Verpflichtung eines Arztes hinausgeht. Die Fürsorgepflicht eines truppendienstlichen Vorgesetzten umfasst z.B. auch umfassend das gesundheitliche Wohlergehen der Soldaten. Damit Truppenoffiziere ihrer diesbezüglichen Verpflichtung nachkommen können, ist ihnen ja eben der SanOffz als Unterstützer an die Seite gestellt.
@ln036 sagt: 07.05.2021 um 22:31 Uhr
„Als weitere Erkenntnis lässt sich zu häufig ein mangelndes Verständnis für die Relevanz der Einsatzunterstützer feststellen.“
Das ist in der Tat ein immer schon vorhandenes Problem bei den Operateuren gewesen.
Das umfasst aber nun nicht nur die sanitätsdienstliche Unterstützung, sondern auch den Rest der logistischen Unterstützung und auch der Führungsunterstützung, des MilNW etc. etc.
Umgedreht ist es auch immer ein Problem vieler Unterstützer (egal ob mit blauen, gelben oder anderen Litzen), dass sie nicht verstehen, das ihr primärer Auftrag der der „Ermöglichung“ ist und sie ihre Leistung nach dem Primat der operativen Autragserfüllung auszurichten haben.
Das von Ihnen geschilderte Problem besteht also in der Tat, aber halt in beide Richtungen.
Aber da der SanDst nun einmal dazu da ist die Operation zu ermöglichen, muss er sich halt an den TSK ausrichten und an dem daraus resultierenden Problem der „Unterschätzung/Vernachlässigung“ des nun wieder eingegliederten SanDst muss halt kontinuierlich gearbeitet werden. In der Offizier-/Unteroffizierausbildung, in der Führerweiterbildung, auf realitätsnahen Übungen (da lernt ma das nämlich ganz, ganz schnell, dass man nicht der Held auf dem Gefechtsfeld wird, wenn man die Unterstützer vernachlässigt ;)
@Pio-Fritz:
Die Probleme sind ja weiterhin auch auf Bataillonsebene massiv:
https://mobile.twitter.com/Inspekteur_Heer/status/1387431550749380615
Das hat alles mit glaubwürdiger Abschreckung nichts zu tun.
Aber ist dies wirklich im Kern ein Strukturproblem?
Ich denke eher es ist eine Frage von politischem Anspruch und politischer Strategie; mentaler, charakterlicher und Intellektueller Ausrichtung in den Streitkräften (ein oft unterschätztes Problem); der Finanzausstattung und dann auch noch der Struktur.
Bei der Diskussion hier könnte man aber den Eindruck gewinnen, dass die militärische Ausbildung der Sanitätsoffiziere das Hauptproblem der Bundeswehr ist.
@chris
Das sollte kein Scherz werden. Und es ist auch keiner. Ein Uralter Satz sagt: Schuster bleib bei deinen Leisten. Wir haben in den vergangenen 20 Jahren ZSanDstBw insgesamt eine Hochwertausbildung sowohl für das eigene Sanitätspersonal, als auch in der Qualifikation von NichtSanitätspersonal geschaffen. Stichwort: Vom Ersthelfer über den Helfer im Sanitätsdienst zum EH-B und höher. Eine Qualitätsverbesserung im Ergebnis, die ihresgleichen sucht.
Ich empfinde aber es als eine Abart, die Qualifikation des Anderen dahingehend madig zu machen, daß der Sanitätsdienst nicht für Führungsaufgaben befähigt sei. An dieser Stelle sei @Koffer insbesondere in seine Schranken verwiesen. Ich kann Sie nur einladen, kommen Sie vorbei und übernehmen Sie die Wache, oder besser: Bewerben Sie sich für einen Tag im Praktikum in einer Sanitätseinrichtung.
Der Nillenflicker- und Urinkellnerdienst ist lange vorüber.
Mag sich Koffer um Worte vergriffen, oder geirrt haben.
Allein der Satz: „Übrigens: Querschnittlich können Sanitätsoffiziere übrigens besser medizinische Handlungen vornehmen als Truppenoffiziere.“
Löst einen innerlichen Kackreiz aus. Weil hier unterstellt wird, das TrOffz sebstverständlich SanOffz ersetzen könnten. Vielleicht querschnittlich nur nicht ganz so gut.
DEU verfügt derzeit über einen hoch leistungsfähigen, wenn nicht sogar über den leistungsfähigsten Sanitätsdienst, mit dem sich andere Staaten erstmal messen (können) müssen.
Kern der Sache scheint es zu sein, dass Heer, Luftwaffe und Marine unzufrieden sind mit ihrer Sanitäts- und Logistikversorgung. Die fehlende und (Dank der zivilen Rüstungsbürokraten) schleppende Materialausstattung spielt hier aber eine entscheidende Rolle.
Konsequent wäre es dann eigentlich auch Heer, Luftwaffe und Marine um- und irgendwo anzugliedern: Der Inspekteur des Heeres bekommt schließlich kaum mehr als 80 km Frontlinie aufgebaut, bei der Luftwaffe fliegt kaum ein Flugzeug und wieviele U-Boote fahren gerade bei der Marine?
Ein Grund für die Schaffung des zentralen Sanitätsdienstes war 2001 auch die schlechte Versorgung der Patienten im Heer im Vergleich zu Luftwaffe und Marine. Nur zu, wenn es dahin zurück gehen soll!
@Herr Einer sagt: 08.05.2021 um 15:54 Uhr
Ich lasse jetzt mal außer acht, dass Sie nun auch noch die Ihnen erläuternden Worte von @Mediator ignorieren und mich weiterhin versuchen persönlich zu attackieren.
Da solche Argumente „ad hominem“ gemeinhin dazu genutzt werden um von Sachfragen abzulenken, versuche ich Sie (erneut) zurück zu eben dieser zu Sachfrage lenken.
„DEU verfügt derzeit über einen hoch leistungsfähigen, wenn nicht sogar über den leistungsfähigsten Sanitätsdienst, mit dem sich andere Staaten erstmal messen (können) müssen.“
Das kommt darauf an. Genau das ist nämlich die Frage!
Der Sanitätsdienst sieht sich genau so. Deswegen ja auch offensichtlich die emotionale Abwehrreaktion des InspSan und anderer.
Aber diejenigen um die zur Erfüllung des Art 87a GG primär aufgestellt wurden, nämlich die Teilstreitkräfte und um deren Unterstützung alleine willen der ZSan überhaupt aufgestellt wurde, sehen es halt anders.
Es geht hierbei nicht um die unbestritten hohe Qualität der Einzelversorgung. Es geht um den Kern des Auftrags des Sanitätsdienstes: um die Unterstützung der Operationsführung!
Der ZSan hat aber seit seiner Aufstellung sich immer weiter von diesem Kernauftrag hinzu dem „gewünschten“ Auftrag (der Einzelversorgung auf höchstem Niveau) entfernt.
Deswegen eben jetzt die konsequente Reaktion.
@Peter Bamm sagt: 08.05.2021 um 16:37 Uhr
„Ein Grund für die Schaffung des zentralen Sanitätsdienstes war 2001 auch die schlechte Versorgung der Patienten im Heer im Vergleich zu Luftwaffe und Marine.“
Dafür hätte ich gerne Belege. Qualitative oder quantitative tragfähige. Nicht anekdotische.
Übrigens der Begriff „Patienten“ sagt mEn einiges über Ihre Ausgangsposition für die Argumentation aus…. Aber vielleicht irre ich mich und interpretiere hier zu viel hinein. Aber es ist nach meiner Wahrnehmung auch die gedankliche Ausgangsposition des ZSan und mEn einer der Gründe, warum die TSK so unzufrieden mit dem ZSan sind.
@Koffer:
„In der Offizier-/Unteroffizierausbildung, in der Führerweiterbildung, auf realitätsnahen Übungen“.
Genau da liegt aus meiner Sicht das weitaus größere Problem als in der Struktur.
Die Offizierausbildung im Heer würde nun endlich wieder verbessert, nachdem jedem der OA-Btl in Frage stellte von ganz oben bescheinigt würde, dass er keine Ahnung hat.
Notwendig wären zudem realitätsnahe Übungen. Die taktischen Grundlagen dafür könnten heutzutage sogar deutlich stärker virtuell erfolgen.
Nur kann ich nicht erkennen, dass dies wirklich gewollt oder gar gemacht wird.
Aber eines sollte klar sein:
Mit Amateuren verliert man Kriege.
Die Struktur ist dabei natürlich nicht unwichtig, aber eben nicht alles.
Und nun überlasse ich die Diskussion wieder dem Thema Heeresoffizier vs. Sanitätsoffizier…
@Peter Bamm 08.05.2021 um 16:37 Uhr
Es wird hier im blog ab und an Abwegiges geschrieben, Sie setzen aber neue Höchstmarken zur gegenwärtigen Leistungsfähigkeit H, Lw, Mar.
Das Heer soll 80 km Frontlinie „aufbauen“, woher haben Sie das denn?
Das Heer führt 6 mechBrig, dezentral verwendbare Inf und spezInf der DSK sowie eine Halb-InfBrig der D/F Brig.
Eine mechBrig deckt in der Verteidigung max 10 km Breite ab, wodurch das Heer auf 60 km käme, in der Theorie.
Da Truppe aber nicht nach Schachbrettmuster verwendet wird, stehen im Grundsatz von Operationsführung 2 Brig vorn, nebeneinander, die dritte im Verteidigungsraum dahinter.
Allein qua Zahl der mechBrig lautete eine diesbezügliche Forderung, rein national also – was schon abwegig genug ist – Abdecken von 40 km Breite im Verteidigungsraum.
Zur Luftwaffe maße ich mir ein abschließendes Urteil nicht an. Mit A400M aber, weltweit eingesetzt (s. MENA und Indien) sowie Eurofighter im Air Policing fliegt so ziemlich alles. Die CH53 fällt ab.
In der Marine sind nach mir bekannten Info aus Reihen TKMS/Kiel von sechs U-Booten der Deutschen Marine alle 6 verfügbar. So Sie andere Info haben, lassen Sie hören.
Ein Menetekel muss also nicht betont werden. Die Phase ist lange überwunden.
In vergangenen Jahrhunderten wären den bisherigen Kommentaren
Dutzende von Duellforderungen gefolgt.
Ein hingeworfener Knochen Strukturreform und schon werden aus Kameraden Straßenköter.
@Memoria sagt: 08.05.2021 um 17:49 Uhr
„Notwendig wären zudem realitätsnahe Übungen. Die taktischen Grundlagen dafür könnten heutzutage sogar deutlich stärker virtuell erfolgen.
Nur kann ich nicht erkennen, dass dies wirklich gewollt oder gar gemacht wird.“
Ich stimme absolut zu.
Sowohl hinsichtlich der Volltruppenübungen, als auch hinsichtlich der Stabsübungen und Stabsrahmenübungen sind wir zumindest mit Blick auf Landoperationen katastrophal. Bis es zu Trident Juncture 2018 haben wir ja praktisch 20 Jahre keine Großübung mehr gehabt.
Und das hat mEn auch zu der langen Akzeptanz von SKB, ZSan und am Ende auch CIR geführt.
Wenn wir eben nur über punktuelle Abstellungen, kleinere Übungen und die Einsatzunterstützung reden, dann funktionieren die Konzepte der drei milOrgBer halt. Denn genau dafür sind sie ja auch damals aufgestellt worden.
Im Heer hat niemand das Konzept gemocht, aber es tat halt mehr oder weniger seine Schuldigkeit.
Und da wir nicht mehr realgeübt haben und in allen Stabsübungen und Stabsrahmenübungen vollkommen schönfärberische Annahmen getroffen wurden mussten wir uns als Bundeswehr insgesamt auch nicht eingestehen, dass wir eine dysfunktionale Struktur haben wenn es zu LV/BV kommt.
Aber das ist jetzt halt vorbei. Jetzt kann es halt niemand mehr ignorieren.
Ich hoffe auch, dass wir ab jetzt auch in den „simulierten“ Übungen mit real und realistischen Rahmenbedingungen arbeiten und damit meine ich nicht nur die sanitätsdienstliche und logistische Unterstützung, sondern auch die Kampfunterstützung und die Kampftruppe selbst.
Wir können ja nicht wirklich unsere Strukturen optimieren, wenn wir nicht ehrlich analysieren was schief läuft :(
„Mit Amateuren verliert man Kriege.“
Ich würde hier anpassen: mit „LV/BV-Amateuren“. Unbestritten ist doch, dass derzeit jeder in seinem Teilbereich hinreichende bis teilweise sogar sehr gute Leistung erbringt (die Qualität der Einzelversorgung durch ZSan z.B. ist glaube ich unstrittig hervorragend). Das entscheidende ist doch, dass wir alle (damit meine ich auch das Heer, die Lw und Marine, nicht nur die unterstützenden milOrgBer) verlernt haben Soldat am scharfen Ende der Waffe im hochintensiven, hochskalierten Szenario zu sein.
@all
Was @fischer zwei Kommentare weiter oben sagt. Ich denke, die persönlichen Befindlichkeiten sind jetzt hinreichend ausgetauscht, ich lege jetzt bei solchen Anwürfen ne etwas schärfere Messlatte an.
Auch ein sachlicher Diskurs mag durchaus kontrovers geführt werden. Es ist doch auch gut, emotionale Kommentare aus sich herauszulassen. Sonst kommt eine tiefe Frustration nie an die Oberfläche.
Auch eine Neuausrichtung auf LV/BV im Kern bedeutet nicht, nur in Förmchen und Kästchen zu denken. Systemverständnis für den Gesamtverbund ist gefordert. Das mag den Einzelschützen verdrießlich stimmen, ist aber zur Verbesserung Leistungsfähigkeit des Gesamtkomplexes erforderlich. Gebündelte Kräfte sind redundant und verfügbar.
Ich erinne in diesem Zusammenhang an ein wohl gut bekanntes (sinngemäß) Zitat.
Wer keine Reserven bildet, wird irgendwann Zuschauer großer Ereignisse.
@Koffer:
„Aber das ist jetzt halt vorbei. Jetzt kann es halt niemand mehr ignorieren.
Ich hoffe auch, dass wir ab jetzt auch in den „simulierten“ Übungen mit real und realistischen Rahmenbedingungen arbeiten
( …)
Das entscheidende ist doch, dass wir alle (damit meine ich auch das Heer, die Lw und Marine, nicht nur die unterstützenden milOrgBer) verlernt haben Soldat am scharfen Ende der Waffe im hochintensiven, hochskalierten Szenario zu sein.“
Genau das ist ja das Amateurhafte – ist ja keine individuelle Schuld von motivierten und qualifizierten Soldaten, Beamten und Angestellten. Es passt halt „nur“ alles nicht zum Auftrag.
Der SPIEGEL berichtet übrigens, dass sich die Ministerin bereits von der geplanten Strukturreform distanziert.
Anscheinend ist die Kritik in der Koalition erheblich. Die Verantwortung wird vorallem beim Leiter des Leitungsstabes im BMVg gesehen.
Und in Sachen Übungen vielleicht noch ein Blick nach Osten:
https://www.osw.waw.pl/en/publikacje/analyses/2021-04-28/troops-withdrawing-russian-forces-still-ukraines-borders
@Herr Einer sagt: 08.05.2021 um 22:47 Uhr
„Gebündelte Kräfte sind redundant und verfügbar.“
In der Tat, das war ja auch die Motivation hinter der Schaffung von ZSan und SKB.
Aber der Einsatzwert von Unterstützern steigt halt immens, wenn sie bereits von Anfang an organische Teile der unterstützten Kräfte sind (keine Reibungsverluste durch anlassbezogene Unterstellung, Vorhandener passener „Mindset“, bessere Unterstützung auch im Tagesdienst durch kurze Wege, etc.).
Das ist dann in der Tat nicht mehr effizient, aber halt effektiver. Und gerade in LV/BV Szenaren geht Effektivität halt vor Effizienz.
Bisher dreht sich die Diskussion hier ja im wesentlichen um den ZSanDstBw.
Aus meiner Froschperspektive als UmP der ABC-Abwehrtruppe würde ich eine Auflösung der SKB und Reintegration ins Heer sehr positiv sehen.
Ich habe in den vergangenen Jahren nicht den Eindruck gewonnen, dass die Ausbildung bzw. Führung durch Bündelung unter einem Fähigkeitskommando entscheidend besser geworden ist. Stattdessen fehlt eher der regelmäßige Kontakt und Austausch mit den anderen Truppengattungen, die es ja im Ernstfall zu unterstützen gilt.
Sicherlich war in früheren Strukturen nicht alles besser aber die aktuelle Gliederung ist mMn nicht mal ansatzweise LV/BV-tauglich.
Die hier erzählte Story ist schon bemerkenswert…
Die Sanis sollen sich auf ihre Fachlichkeit zurückziehen und das Führen des Profi-TrDst-GenStlern überlassen.
Entschuldigung- aber genau die haben uns diesen Schlamassel ja überhaupt eingebrockt!
Wir haben offenkundig Zusagen an die NATO gemacht, die jetzt und auch absehbar (!) nicht mit funktionsfähigen Strukturen hinterlegt sind.
Das Fähigkeitsprofil ist bereits jetzt überplant, ohne die dort vorgesehen Strukturen für Wirkung im Ziel mit den erforderlichen Unterstützungskapazitäten hinterlegt zu haben, sprich es wurde Kampftruppe ausgeplant, die nicht hinreichend mit Unterstützung wie Logistik, Führungsunterstützung und San hinterlegt ist.
Welche militärische Führung hat das denn zu verantworten? Ist das großes Führungskönnen?
Das war im übrigen die gleiche militärische Führung, die auch Waffensysteme wie den Puma und den Boxer bestellt hat, die nicht mehr zügig instandgesetzt werden können, sondern im Falle eines Falles erstmal für 24 Stunden aus dem Spiel sind und über Distanzen von mehreren 100 km hinweg der Instandsetzung zugeführt werden müssen. Und die gleiche militärische Führung, die seit Jahrzehnten bei Thema Casecav auf Lücke setzt, denn sonst müssten wir mal nennenswerte Drehflügler-Kapazitäten haben, um Verwundete auch zügig nach hinten bringen zu können- meinetwegen auch „nur“ durch Ersthelfer erstversorgt.
Verwundete einfach auf dem Gefechtsfeld liegen zu lassen, ist seit der Schlacht von Solferino nicht mehr angezeigt.
Wieso planen wir im 21. Jahrhundert unverändert mit dem Magic Move, der unsere Kräfte in Lichtgeschwindigkeit über die Karte wandern lässt- und zwar in beide Richtungen? Alle wissen es- keiner geht dagegen an. Hauptsache wir haben irgendwann drei bemannte und ausgestattete Divisionen- nur mit Blick auf die Kampftruppe selbst versteht sich.
Das ist kein gutes Führungskönnen!
Und das hat überhaupt nichts mit dem vermeintlichen Anspruch auf sanitätsdienstliche Überversorgung zu tun! Die dort geforderten zusätzlichen Kräfte sind nun x Mal nachgerechnet und bis heute nie widerlegt worden- auch außerhalb des ZSan.
Hier sollen einfach die Boten mundtot gemacht werden – und zwar aus beiden OrgBereichen mit dem Ergebnis, dass wir dann irgendwann reichlich Kampftruppe haben, die eben nicht autark eingesetzt werden kann. Ist das das Ziel? Ist das dann solide Planung und Führung!
Die richtige Antwort bei limitierten Ressourcen wäre ja wohl gewesen, weniger Kampftruppe auszuplanen, diese aber vernünftig zu alimentieren.
Das haben aber die brillant ausgebildeten militärischen Führer nicht gemacht – und schieben nun anderen die Schuld dafür zu.
Welcher militärischen Tugend, dieses Verhalten entspricht, vermag ich nicht zu sagen.
Der Hausherr hat die Lage im Deutschlandfunk zusammengefasst:
https://www.deutschlandfunk.de/umbau-der-truppe-wenig-konkretes-bei-der-bundeswehr-der.720.de.html?dram:article_id=496964
@KPK:
Das Heer ist – das wissen sie sich auch – aktuell in der Lage unterhalb der Brigadeebene im hochintensiven Gefecht eingesetzt zu werden. Die Divisionen sind administrative Ebenen, die Brigaden sind ebenfalls ausgehöhlt und ernsthafte Übungen auf Brigadeebene fehlen gänzlich.
Alles andere sind potemkinsche Dörfer – passend zum 9. Mai.
Russland setzt mit der Parade zum Tag des Sieges erneut ein starkes Signal der militärischen Einsatzbereitschaft und Modernität.
Reformen bringen naturgemäß mit sich, dass bestehende Strukturen hinterfragt werden, was wiederum das Establishment beunruhigt, gerät doch der eigene, vorgewärmte Sessel ins Blickfeld. Insofern sehe ich als Außenstehender einen Bw-internen Machtkampf abrollen, in welchem die Frau Minister instrumentalisiert wird, was wiederum der sensationslüsternen Presse zupass kommt, um ihr eins auszuwischen.
Meine Erfahrung mit Führungsfähigkeit im Sanitätsdienst liegt zwar rund 45 Jahre zurück, als ich es vor meinem Studium als SaZ immerhin zum Unteroffizier gebracht habe. Die damals in der Ausbildung vermittelten Anforderungen an diesen Dienstgrad kamen mir nach dem Studium noch zugute und halfen mr auf dem weiteren Berufsweg bis zum Chefarzt immens.
Daher halte ich es für sinnvoll, dem Ärztlichen Personal (jedenfalls denjenigen, die nicht als Bw-Angehörige studierten) eine gründliche militärische Ausbildung zu vermitteln, einschließlich derjenigen in der Personalführung. Die Bw muss allerdings die herausfiltern, die über entsprechendes Führungstalent verfügen, denn nicht jeder Oberstabsarzt kann militärisch den Major bringen, erlernen kann man das nicht!
Ansonsten wäre es weder ökonomisch noch medizinisch-fachlich sinnvoll, den hochwertigen Sanitätsdienst aufzusplittern. Hier müssten Modelle gefunden werden, die kämpfende Truppe mit dauerhaft eingebundenen Sanitätskräften zu versehen und gleichzeitig deren medizinisch-fachliche Unabhängigkeit zu erhalten. Das kann nicht so schwer sein.
Seit 1990 beschäftigt die Bundeswehr sich im Schwerpunkt mit sich selbst. Es sind ja nicht nur die dauerhaften Strukturreformen, sondern, salopp gesprochen, auch die ständige „kollektive Psychotherapie“, die die einfachen Soldaten und deren Führung daran hindern, sich mit harten Übungen um die Verbesserung ihrer militärischen Kernfähigkeiten zu kümmern. Am Ende kommt eine beliebige uniformierte Beamtenarmee dabei heraus und nicht ein „kompaktes Ganzes“, dass als zielgerichtet ausgerichtete Armee agieren kann. Man wurschtelt sich weiter so durch. Leistungsfähige und disziplinierte Armeen kann man bereits am äußeren Erscheinungsbild leicht erkennen. Wenn man sich Bilder von russischen und chinesischen Truppenverbänden, nicht nur bei Paraden, anschaut, dann kann man erahnen, wo die Bundeswehr im Vergleich mit diesen Armeen steht.
@Harry:
Bei der Gesamtschau sollte der Blick auf alle Bereiche der Landstreitkräfte liegen.
Also bei Führungsunterstützung, Einsatzunterstützung, Kampfunterstützung und Kampftruppe.
Auch zwischen den zuletzt genannten Bereichen ist bereits heeresintern ein Ungleichgewicht erkennbar.
Pläne zur Anpassung gibt es zuhauf.
Jedoch nicht das notwendige Geld.
Nach der Wahl wird die Frage aufkommen welche NATO-Verpflichtungen man noch erfüllen will.
Theoretisch wäre auch die Erfüllung aller Zusagen umsetzbar, das notwendige Geld und Personal ist gesamtstaatlich grundsätzlich vorhanden.
Die Bundeswehr der Zukunft wird eine wesentliche Weichenstellung.
Entweder Deutschland will (!) noch einen wesentlichen Beitrag zur Sicherheit Europas leisten oder aber man will sich weiter durchwursteln.
Ein erneuter Kurswechsel wird militärisch und industriell nicht möglich sein.
Schon die Reform von Struck war eine Art „Wette mit der Weltgeschichte“ mit Blick auf Russland. Auch da ohne breite und fundierte Debatte.
Nun könnte mit den „Trendwenden der Trendwenden“ bei Finanzen, Material, Personal der Schlusspunkt folgen.
Die militärische und industrielle Basis zu einem später vielleicht wieder erwünschten Aufwuchs ist dann nicht mehr vorhanden.
Vorallem, wenn man bei LV/BV Landstreitkräfte als zentrales Element ansieht.
Interessante Argumentationslinien, die einige hier aufbringen. Habe heute einen Artikel auf Spiegel online gelesen, welcher sich auch auf das Reformvorhaben bezieht. Titel „AKK schwebt in einem Orbit – und ist für Realpolitik nicht erreichbar.“ Daraus wird deutlich, wie zerrüttet das Verhältnis zwischen AKK und den Verteidigungspolitikern der Union sein muss. Erneut wird als Problemperson AKKs Vertrauter Nico Lange verantwortlich gemacht. Nun, kann sein, dass er als Leiter Leitungsstab im BMVg nur begrenzt gut koordiniert, aber die Verbindung ins Parlament sollten vielmehr die parlamentarischen Staatssekretäre halten, daher kann ich die Kritik nicht nachvollziehen. Da gibt es nach dem Weggang von Herrn Tauber nur noch einen. Zusätzlich soll Herr MdB Otte (vtdgpol Sprecher der Union) sauer sein, weil AKK diesen als Nachfolger nicht akzeptierte. All das ist weder gut für eine IBuK noch gut für ein Reformvorhaben der Bundeswehr. Was die Reform anbelangt, verstehe ich nicht wirklich die Aufregung. Von Anfang an hieß es, dass bis Mitte Mai Vorschläge erarbeitet und sodann vorgelegt werden soll. Bislang steht der 19. Mai als Informationstag für den Verteidigungsausschuss. Bis dahin werden wir nun noch warten und das Theater drumherum beobachten können. Auch wenn ich aktuell im KDO SKB diene, bleibe ich tiefenentspannt, solange nicht jemand daran arbeitet die Bundeswehr wieder einer Komplettreform zu unterziehen. Auf der Homepage des DBwV habe ich folgenden Artikel gefunden. Auch eine Einordnung: https://bit.ly/3o1S8yB . Die wesentlichen Entscheidungen fallen eh erst nach der Bundestagswahl.
Ansonsten allen einen schönen Muttertag / Sonntag
@ Harry: ich mische mich in die Debatte bezüglich ZSanDst gegen andere mit all den unterschiedlichen Aspekten nicht ein. Ein InspSan wird das sicher mit dem GenInsp erörtern. Was die Auftragslage und die Zusagen an die NATO anbelangt, bleibt die Verantwortung im Bereich der Politik. Es ist jetzt schon einige Tage her, aber ich kann mich noch gut an meine Zeit im BMVg erinnern als Gen Wieker und GenLt Bühler die von Ihnen benannte Lücke / Überplanung aufgezeigt hatten. Warum vdL sodann eine Entscheidung mit welcher zusätzlichen Beratung getroffen hat, ist mir nicht bewusst. Sollten Sie mehr wissen, bin ich ganz Ohr oder Auge. Für mich bleiben Nato-Zusagen erstmal Zusagen. Und vielleicht steht im Eckpunktepapier gar nichts von Ihren drei, sondern nur noch von einer Division, die wir für entsprechende Aufträge vorhalten. Unabhängig von den politischen Zusagen und der dadurch erwachsenen Auftragslage ist für mich dennoch deutlich geworden, dass unsere Strukturen und Prozesse einfach nicht mehr passen. Selbst die freie Wirtschaft ist nach all den Versuchen mit einer agilen Organisationsform oder Matrixorganisation gerade wieder auf dem Weg zurück: Aufgabe, Verantwortung, Zuständigkeit und Ressourcen werden wo immer möglich gebündelt und damit Führung / Management wieder einfacher gestaltetet. Warten wir ab, was passiert. Ich höre, dass noch nichts entschieden sei. Viel spannender wird sein, wer die BT-Wahl gewinnt und künftig im Ressort Verantwortung übernehmen wird.
Nur um das Bild anzurunden: Die Schlacht um die Deutungshoheit wird weitergeführt und hat auch den „Infobrief Heer – April 2021“ vom Förderkreis Heer erreicht: Generaloberstabsarzt Dr. Baumgärtner: „Der Sanitätsdienst ist einsatzrelevant!“ (sic).
Die Einschläge gingen wohl verdammt nahe, dass da jetzt medial so aufgefahren wird…
Frage: wieso gibt es den weißen San dienst überhaupt? Kann denn ein Soldat nicht ganz normal zum Hausartzt gehen oder in ein Ziviles Krankenhaus und der San dienst beschränkt sich auf die im Einsatz (oder bei LvBv) verwundeten auf die Erstversorgung? Erscheint mir auf den ersten Blick als wenig sinnvoll, dass BW ein paralleles Gesundheitssystem betreibt.
[Auch diese Frage wurde hier schon sehr ausführlich debattiert… vielleicht nachlesen? Ansonsten bin ich sicher, dass sehr schnell eine Antwort hier kommt. T.W.]